Gesundheitspolitik

Schmidt warnt vor Wild-West-Manieren

ks | Botendienst vom Großhandel, Telemedizin vom Arzneimittelversender – ABDA-Präsident Schmidt fordert die Politik auf, diesen Geschäftsmodellen entgegenzusteuern.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Friedemann Schmidt: Die Politik muss jetzt genau hinsehen!

Es sind gleich zwei Entwicklungen im Apothekenmarkt, die ABDA-Präsident Friedemann Schmidt derzeit Sorge bereiten: Das neue Angebot der Noweda an Apo­theken, für sie den Botendienst zu übernehmen – und die Übernahme des Telemedizin-Anbieters TeleClinic durch die Schweizer DocMorris-Mutter Zur Rose.

Botendienst gehört nicht in die Hände Dritter

Im ABDA-Newsroom hat er am vergangenen Donnerstagabend „Klartext“ gesprochen: Der Botendienst sei eine wichtige Versorgungsleistung der Apotheken vor Ort und dürfe aus guten Gründen nur von weisungsgebundenem Personal durchgeführt werden, das bei der Apotheke selbst angestellt ist. „Nur so bleibt die unmittelbare Verantwortung des Inhabers für eine sichere Versorgung und konsequente Beratung der Patienten gewährleistet.“ Schmidt weiter: „Wenn sich jetzt Dritte ganz salopp anbieten, den Botendienst für die Apotheke zu übernehmen, und dabei Buchstaben und Geist der gesetzlichen Regelung ignorieren, dann erweisen sie den Apotheken damit einen Bärendienst. Das kann man so nicht laufen lassen.“

Tatsächlich steht in der einschlägigen Regelung in der Apothekenbetriebsordnung (§ 17 Abs. 2 ApBe­trO) lediglich, dass die Zustellung durch „Boten der Apotheke“ erfolgen müsse. Die ABDA hatte sich bei der Änderung dieser Regelung im vergangenen Jahr ausdrücklich dafür eingesetzt, hier klarzustellen, dass es sich um „Personal der Apotheke“ handeln müsse – „um zu verhindern, dass Dritte auch aus rein ökonomischen Interessen in die Organisation des Botendienstes eingebunden werden können“. Die Empfehlung wurde allerdings nicht aufgenommen. Tatsächlich heißt es in der Begründung des Verordnungsentwurfs sogar ausdrücklich, dass unter die Regelung nicht nur Apothekenpersonal, sondern auch externes Personal falle – das allerdings „der Weisungshoheit der Apotheken­leitung untersteht“. Gewollt war hier eine Abgrenzung zum Versandhandel, bei dem externe Dienstleister zum Einsatz kommen. Die Noweda erklärt nun, in ihrem Modell bleibe der Bote aus der Großhandelssphäre weisungsgebunden. Eine Auffassung, die die ABDA ­offensichtlich hinterfragt. „Wir ­sehen mit großer Sorge, wie verschiedene Akteure derzeit versuchen, ihre Geschäftsmodelle zu optimieren, indem sie die Arzneimittelversorgung bzw. die Gesundheitsversorgung insgesamt in eine vertikale Integration bringen“, so Schmidt.

Und wenn dann noch das eRezept kommt ...

Genau diese Entwicklung sieht der ABDA-Präsident auch im Fall Zur Rose/TeleClinic – wo „ein Arzneimittelversender einen Telemedizin-Anbieter kauft und ärztliche und pharmazeutische Betreuung dadurch ökonomisch in eine Hand geraten“. Die Konsequenz sei stets dieselbe: „Auf mittlere Sicht werden persönliche Verantwortung und fachliche Entscheidungsfreiheit des Heilberuflers kompromittiert und die Wahlfreiheit des Patienten eingeschränkt. Damit werden Grundprinzipien des Gesundheitswesens einfach einer verlängerten Wertschöpfungskette profitorientierter Player untergeordnet.“ Schmidt ist überzeugt: Die Versorgung wird darunter leiden. Er sieht daher auch die Politik gefordert, genau hinzusehen und konsequent gegenzusteuern. „Sonst setzen sich spätestens mit Einführung des eRezeptes vollends Wild-West-Manieren im Gesundheitswesen durch.“

Das Verständnis in der Politik scheint bis zu einem Maße vor­handen (siehe Seite 1 „Großes Ver­trauen in das Makelverbot“). Allerdings ist man gerade in den Regierungsfraktionen der Meinung, dass im Fall von Zur Rose/Tele­Clinic die kommenden Regelungen zum Makel- und Beeinflussungsverbot ausreichen werden. |

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