Pandemie Spezial

Booster für das Immunsystem

Schützt ein Tuberkulose-Lebendimpfstoff vor COVID-19?

In den 1980er-Jahren wurden Forscher auf ein Phänomen aufmerksam, das sich nach Masernimpfungen bei Kindern in Westafrika zeigte: die Kinder hatten auch in Jahren ohne Masernepidemien ein geringeres Sterberisiko, waren also auch gegenüber anderen äußeren Einflüssen scheinbar besser aufgestellt als ungeimpfte Kinder. Ähnliche Zusammenhänge auf die Gesamtmortalität wurden bei der Verab­reichung eines anderen Lebendimpfstoffs, der Bacille-Calmette-Guérin(BCG)-Impfung gegen Tuberkulose, gesehen.

Booster für das Immunsystem


Kann eine unspezifische Aktivierung des Immunsystems durch Impfung mit Lebendviren auch vor anderen Infektionserkrankungen schützen?

Foto: Maria Sbytova – stock.adobe.com

Aus diesen Beobachtungen und wei­teren Erkenntnissen leitete man ab, dass eine Impfung – neben den spezifischen Wirkungen gegen den jeweiligen Krankheitserreger – auch unspezifische Effekte auf andere Infektionskrankheiten entfalten kann [1]. Mög­liche Mechanismen werden in der Aktivierung von T-Lymphozyten mit kreuzreaktivem Potenzial [2] und in einer Art Trainingseffekt des unspezifischen Abwehrsystems (Makrophagen und natürliche Killerzellen) gesehen [3, 4]. Die Weltgesundheitsorganisation WHO bestätigte 2014 in einer Übersichts­arbeit, dass eine BCG-Impfung in Regionen mit hoher Kindersterblichkeit zu einer Reduktion der Gesamtmortalität in den ersten sechs bis zwölf Lebensmonaten beiträgt, die nicht durch Verhinderung von Tuberkulosefällen begründet ist [5]. Kritiker argumentierten, dass der Impfstatus bei Kindern in Entwicklungsländern Ausdruck einer allgemein besseren medizinischen Versorgung sei. Kränkere oder besonders benachteiligte Kinder würden meist gar nicht geimpft.