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Tierpharmazie
Es juckt und juckt und juckt ...
Parasiten können bei Tieren starke Hautreaktionen hervorrufen
Starker Juckreiz kann eine Reaktion der Haut auf verschiedene Erkrankungen sein, und oft ist es schwer, eine Ursache für das Verhalten zu finden.
Häufiger Milbenbefall
Bei Haustieren findet normalerweise ein periodischer Haarwechsel im Verlauf eines Jahres statt. Dabei bildet sich die Haarpapille zurück und das Längenwachstum der Haare wird eingestellt. Meist findet ein einmaliger Haarwechsel im Frühjahr statt. Zu Beginn der kalten Jahreszeit wächst dann eine dichte Unterwolle nach. Fallen außerhalb dieser Zeit viele Haare aus, bilden sich kahle Stellen oder kratzt sich ein Tier vermehrt, könnte ein Befall mit Milben die Ursache sein. Die mikroskopisch kleinen Milben sind oft schwer mit dem bloßen Auge zu erkennen. Es gibt eine Vielzahl an Arten, die sich in ihrem Fressverhalten und den „Mundwerkzeugen“ unterscheiden, z. B. Saug- und Grabmilben. Oft leben sie auf dem Wirt ohne ihn zu beeinträchtigen. Erst ein massenhafter Milbenbefall kann einen Juckreiz oder Schädigungen der Haut hervorrufen. Bevorzugt auf dem Rücken und der Kruppe findet man sogenannte Pelzmilben. Diese Cheyletiellen ernähren sich von Sekreten und Hautschuppen ihres Wirts. Bei starkem Befall tritt ein heftiger Juckreiz auf, der mit intensivem Kratzen einhergeht und zu einer Dermatitis führen kann. Diese Ektoparasiten sind sehr ansteckend, sie können verschiedene Tierarten befallen und auch auf den Menschen übergehen. Saugmilben (Psoroptes) leben auf der Hautoberfläche, bevorzugt auf lang- und dichtbehaarten Hautstellen und Gelenkbeugen, und ernähren sich vom Blut und der Lymphflüssigkeit ihrer Wirte. Dazu bilden die Mundwerkzeuge eine Art Rüssel. Der Befall mit Saugmilben erzeugt häufig Dermatitiden und birgt die Gefahr der Übertragung von Viren oder Rickettsien. Besondere Bedeutung beim Tier – und auch dem Menschen – kommt den Grabmilben (Sarcoptes) zu. Sie können tiefe Bohrgänge in der Epidermis anlegen, in die das Weibchen ihre Eier ablegt.
Räude als Zoonose
Die entzündliche Reaktion auf eine Sarcoptes-Infektion wird beim Tier Räude, beim Menschen Krätze (Skabies) genannt. Die
Sarcoptes-Räude beginnt meist am Kopf (Augenbogen, Ohrränder) und breitet sich auf Beine (Ellbogen), Unterbauch und Brust aus. Anfänglich zeigen sich rote Flecken, Knötchen, Pusteln und vermehrte Schuppenbildung mit Juckreiz. Nach und nach verdickt sich die Haut, es kommt zu Haarausfall, Krusten- und Borkenbildung (s. Abb. 2). Die Sarcoptes-Milbe des Hundes kann auch auf andere Tierarten und den Menschen übertragen werden (Zoonose).
Kommt es zur Entzündung der äußeren Gehörgange, kann eine Ohrräude vorliegen, die durch die Otodectes-Milbe hervorgerufen wird. Sie geht mit einem massivem Juck- und Kratzreiz einher. Die Tiere schütteln so heftig den Kopf, dass ein Othämatom (Blutohr) entstehen kann.
Bei der Katze kann die Kopfräude auftreten, die durch Notoedres cati hervorgerufen wird. Sie beginnt am Kopf und kann sich auf andere Körperteile ausbreiten. Da Milben durch direkten Kontakt von Tier zu Tier übertragen werden, ist der beste Schutz vor einer Infektion die Isolation befallener Tiere.
Demodikose
Sehr viele Tiere sind Träger der Haarbalgmilben (Demodex), ohne jedoch zu erkranken. Die Parasiten vermehren sich erst, wenn die Widerstandskraft des Wirtstiers erheblich und über längere Zeit herabgesetzt ist. Die Demodikose kommt bei allen Haustieren vor, hat jedoch fast ausschließlich beim Hund klinische Bedeutung. Am häufigsten werden Demodex-Milben von einer säugenden Hündin auf ihre Welpen übertragen, erwachsene Hunde untereinander können sich kaum anstecken. Demodex-Milben sind nicht auf den Menschen übertragbar. Sind bei einem lokalen Befall nur einzelne Körperpartien betroffen, treten kreisrunde und haarlose Stellen auf, die teilweise von allein abheilen. Bei einem massiven Befall kann die Haut am ganzen Körper befallen sein, große Stellen sind kahl und jucken stark. Oftmals kommt es zur typischen „Brillenbildung“: das Tier hat kreisrunde kahle Stellen um die Augen herum. Das Breitspektrum-Insektizid Fipronil hat eine akarizide Wirkung gegen Flöhe, Zecken und Haarlinge, ist aber nicht in der Behandlung eines Milbenbefall wirksam. Eine unterstützende Behandlung mit pflanzlichen Präparaten ist möglich. Sie können zum Beispiel den repellierenden Wirkstoff Citriodiol aus dem Zitroneneukalyptus enthalten. Besonders vorsichtig sollte man aber bei der Anwendung von ätherischen Ölen bei Katzen sein. Da Katzen Phenole und Pyrethroide nicht verstoffwechseln können, sind Vergiftungen möglich (s. in dieser Ausgabe der DAZ auf S. 68: Müller-Bohn T. Hund, Katze, Maus - Wann lohnt sich für Apotheken der Einstieg in die (Haus-)Tierversorgung?). Wenn die Ohren von Milben befallen sind, können Ohrreiniger für ein weniger milbenfreundliches Milieu sorgen. Auch mit Shampoos kann ein Milbenbefall behandelt werden. Dem Tierarzt stehen makrozyklische Laktone (Avermectine und Milbemycine) zur Verfügung, die ein breites antiparasitäres Spektrum besitzen und gegen verschiedene Milbenarten, Würmer und Läuse eingesetzt werden können. Gleichzeitig gelten sie für den Wirt als gut verträglich. So werden Selamectin oder Moxidectin bei Hunden und Katzen als Spot-on angewendet. Bei der Ohrräude von Hunden und Katzen sind die Ohren gründlich zu reinigen, bevor Akarizide lokal verabreicht werden. Bei der Kopfräude der Katze können starke Krusten- oder Borkenbildungen durch Ölumschläge oder durch das Betupfen mit Tensiden oder Shampoo vorher aufgeweicht werden. Wichtig ist es, nicht nur das betroffene Tier, sondern auch Kontakttiere sowie die Umgebung in die Behandlung einzubeziehen. So sollten der Liegeplatz, Futternapf und Pflegegegenstände der Tiere gereinigt und desinfiziert werden.
Pyodermie
Die Pyodermie ist eine eitrige Entzündung der Haut und Anhangsgebilde. Ursächlich sind meist Staphylokokken oder Streptokokken. Es können oberflächliche oder tiefe Hautschichten betroffen sein, die Entzündung kann lokal begrenzt oder generalisiert auftreten. Das Krankheitsbild findet man bei allen Haustieren, besonders häufig beim Hund. Zur Pyodermie zählt beispielsweise die Intertrigo, die sich vorwiegend im Bereich von Hautfalten entwickelt. In dem dort vorherrschenden feucht-warmen Klima kommt es zu entzündlichen Reaktionen, die sich bakteriell infizieren. Typische Stellen sind Lippenfalten, Nasenfalten, Schwanzfalten, Zehen und überall dort, wo viel lockere Haut zu Falten aufgeworfen ist. Treten bakterielle Hautentzündungen wiederholt auf, sollte nach einer Primärursache gesucht werden (z. B. Allergien, hormonelle Störung, Parasitosen, anatomische Prädispositionen). Um den Erreger zu bekämpfen sollten die betroffenen Hautpartien geschoren und regelmäßig gründlich mit warmem Wasser und milden Antiseptika gereinigt werden. Praktisch sind spezielle feuchte Reinigungstücher z. B. mit Chlorhexidin. Mit diesen sogenannten CLX-Wipes können schnell und einfach prädisponierte Hautstellen wie die Nasenfalte bei einigen Hundearten gereinigt werden.
Flohekzem
Auch Flöhe können entzündliche Hautveränderungen hervorrufen. Durch das Herumwandern auf der Hautoberfläche, durch Bisse, die sich infizieren können, oder durch eine Sensibilisierung gegen den Speichel oder den Kot der Parasiten, kann es zu Irritationen der Haut kommen (Abb. 3). Flöhe sind Hautparasiten, die sich durch Blutsaugen ernähren. Durch die Flohbisse werden lokale Hautreaktionen mit starkem Juckreiz hervorgerufen. Die betroffenen Tiere sind sehr unruhig und kratzen, nagen, scheuern und lecken sich permanent, um den Reiz zu lindern. Bei Massenbefall kann sich ein Ekzem bilden, Hautrötung, Bläschenbildung, Krusten und Haarausfall können das klinische Bild bestimmen. Durch bakterielle Sekundärinfektionen kann sich eine eitrige Hautentzündung entwickeln. Kommt es zu einer Sensibilisierung der Haut gegen Speichel oder Kot der Flöhe, genügen schon wenige Parasiten, um eine allergische Dermatitis auszulösen. Zur Flohbekämpfung stehen eine Reihe von Wirkstoffen zur Verfügung: Fipronil, Imidacloprid, Nitenpyram und Pyrethroide (z. B. Permethrin, Flumethrin). Pyrethroid-haltige Präparate, die für Hunde zugelassen sind, dürfen keinesfalls bei Katzen angewendet werden, da sie bei ihnen schon in geringsten Dosen toxisch wirken. Flumethrin ist das einzige Pyrethroid, das nicht über die Leber verstoffwechselt wird und somit für Katzen ungefährlich ist. Da sich die erwachsenen Flöhe in der Regel auf dem Tier befinden, werden diese Substanzen direkt am Tier angewandt, entweder als Halsband, Puder, Shampoo, Spray oder als Spot-on-Formulierung.
Infektionen durch Pilze und Hefen
Vor allem Katzen sind häufig von Pilzinfektionen betroffen. Erreger wie Microsporum canis und Trichophyton mentagrophytes führen zu Dermatophytosen, die durch haarlose kreisrunde Stellen charakterisiert sind. Es werden aber auch atypische Verlaufsformen mit Papeln, Pusteln und ausgedehnter Schuppenbildung beobachtet. Zwar wird auch eine Selbstheilung bei ansonsten gesunden Tieren beschrieben, trotzdem sollte eine diagnostizierte Dermatophytose immer behandelt werden, denn die Ansteckungsgefahr für Menschen und andere Tiere ist groß. Die Behandlung kann sowohl mit fungiziden Topika als auch (in schweren Fällen) mit systemischen Arzneimitteln erfolgen. Itraconazol ist derzeit das einzige in Deutschland für Tiere zugelassene Präparat zur systemischen Behandlung von Pilzinfektionen. Die Zulassung gilt allerdings nur für Katzen. Enilconazol ist für Hunde und Pferde zugelassen und auch für Katzen geeignet, wenn diese nach der Waschung einen Halskragen tragen, damit sie die Lösung nicht ablecken. Empfohlen wird eine Waschbehandlung, zweimal wöchentlich über vier bis fünf Wochen. Auch Shampoos mit einer Kombination aus Chlorhexidin (2%) und Miconazol (2%) oder Waschlösungen mit Lime sulfur (Calciumpolysulfidmischung) können verwendet werden. Da die topische Therapie allein selten zu einer mykologischen Heilung führt, sollte sie mit einer systemischen Therapie kombiniert werden. Auch hier muss wieder die Umgebung desinfiziert werden, damit alle Pilzsporen getötet werden und einer Reinfektion verhindert wird.
Das Sommerekzem beim Pferd
Eine allergiebedingte Hautentzündungen bei Pferden ist das sogenannte Sommerekzem. Ausgelöst wird es durch Mückenstiche (Culicoides-Arten), aber auch eine genetische Disposition und allergische Reaktionen auf ein erhöhtes Eiweißangebot (frische Weide) werden diskutiert. Während der kühleren Jahreszeiten und bei Stallhaltung tritt das Krankheitsbild seltener auf. Anfangs bilden sich Knötchen, Bläschen und Schuppen, die Haare verkleben und fallen aus. Starker Juckreiz führt zu Scheuern und Benagen der Hautpartien und bakterielle Sekundärinfekte bedingen nässende, eitrige Entzündungen. Besonders betroffen sind Mähne, Kopf, Widerrist, Schweifansatz und der Bauch. Häufig tritt die Erkrankung wiederholt auf. Es sollte vor allem versucht werden, die Tiere mit Repellenzien oder sogenannten Ekzemerdecken vor Mücken zu schützen. |
Literatur
Daubenmerkl W. Tierkrankheiten und ihre Behandlung. 4. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2020
Jaksche A. Vierbeinige Lieblinge in der Apotheke – 66 Fragen zu Hunden und Katzen. Deutscher Apotheker Verlag 2017
Wanderburg S. Hautpilzerkrankungen bei Hund und Katze. DAZ 2013, Nr. 30, S. 50
Wanderburg S. Flohbefall bei Tieren – ganzjährig aktuell. DAZ 2010, Nr. 30, S. 46
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