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Pandemie Spezial
Zweimal 30 Sekunden oder mehr Alkohol
Hygienische Händedesinfektion mit WHO-Originalrezepturen erfordert zweifache Anwendung
Im Jahr 2009 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den 5. Mai zum „Internationalen Tag der Handhygiene“ und veröffentlichte parallel dazu zwei Rezepturen für Händedesinfektionsmittel. Diese sollten vor allem im lokalen Rahmen in Entwicklungsländern hergestellt und dort die Prävention postoperativer Wundinfektionen gewährleisten.
Die Europäische Gemeinschaft hatte bisher weitgehend ungehinderten Zugang zu konfektionierten Händedesinfektionsmitteln, die je nach Anforderung ausreichend bakterizid, levurozid und viruzid entsprechend den DIN-Normen wirken. Sie erlauben in der Regel eine hygienische Händedesinfektion in 30 Sekunden, eine chirurgische in 90 Sekunden. Vor diesem Hintergrund waren die WHO-Rezepturen hierzulande lange Zeit irrelevant.
Das änderte sich mit dem Ausbruch von COVID-19 und dem nicht mehr zu deckenden Bedarf an Händedesinfektionsmitteln.
Um den Mangel zu beheben, dürfen zurzeit auch Apotheken aufgrund einer Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zeitlich befristet Händedesinfektionsmittel herstellen, die unter anderem auf Rezepturen der WHO basieren. Voraussetzung ist jedoch, dass diese Produkte in Bezug auf Wirksamkeit, Unbedenklichkeit, Qualität und Praktikabilität den kommerziellen Produkten in nichts nachstehen.
Die ursprünglichen Original-Rezepturen WHO I und II (s. Tab.) sollten sowohl für die hygienische Händedesinfektion im privaten Bereich als auch für die chirurgische Patientenversorgung ausreichend wirksam sein, was jedoch nicht der Fall war. In zwei unabhängigen Laboren wurde die unzureichende Wirksamkeit nachgewiesen. Trotzdem einigten sich die WHO-Experten darauf, dass bei einer mindestens dreifachen Anwendung über insgesamt drei bis fünf Minuten beide Rezepturen für die chirurgische Händedesinfektion angewendet werden können.
Formulierung | Einwirkzeit „bakterizid“ | Einwirkzeit „begrenzt viruzid“ | spezielle Daten zur Viruswirksamkeit | |
---|---|---|---|---|
DIN EN 1500(hygienisch) | DIN EN 12971 (chirurgisch) | DVV/RKI-Leitlinie, DIN EN 14476 | ||
WHO I Original*
| 2 × 30 s | keine ausreichende Wirksamkeit in 5 min | – | 30 s BVDV, HCV, Adenovirus, MNV, SARS-CoV-2* |
WHO I modifiziert
| 30 s | keine ausreichende Wirksamkeit in 5 min | – | – |
WHO I modifiziert*
| 30 s | 5 min | 30 s | 30 s SARS-CoV-2 SARS-CoV-1, MERS-CoV, BCoV, ZIKV, Ebola, HCV, Influenza A (H1N1) |
WHO II Original*
| 2 × 30 s | keine ausreichende Wirksamkeit in 5 min | – | BVDV, HCV SARS-CoV-2 |
WHO II modifiziert
| 30 s | keine ausreichende Wirksamkeit in 5 min | ‑ | – |
WHO II modifiziert*
| 30 s | 5 min | 30 s | 30 s SARS-CoV-2 SARS-CoV-1, MERS-CoV, BCoV, ZIKV, Ebola, HCV, (H1N1) |
* In der Allgemeinverfügung der BAuA vom 9.4.2020 aufgeführt BVDV: Bovines Virusdiarrhoe-Virus, HCV: Hepatitis-C-Virus, MNV: murines Norovirus, SARS CoV: schweres akutes respiratorisches Syndrom Coronavirus, MERS: Middle East Respiratory Virus, BCoV: Bovine Coronavirus, ZIKV: Zikavirus |
* Hier wurde gegenüber der Print-Ausgabe der DAZ ergänzt: SARS-CoV-2. Wir danken unseren aufmerksamen Lesern!
Alkoholgehalt deutlich erhöht
Darüber hinaus wurden die WHO-Rezepturen weiterentwickelt und Modifikationen so vorgenommen, dass die Anforderungen in kürzerer Zeit erreicht werden können. Während der H2O2-Anteil unverändert blieb, wurden vor allem die Alkohol-Konzentrationen erhöht. In der Isopropanol-haltigen Rezeptur wurde der Isopropanol-Anteil von 75% (v/v) auf 75% (w/w) erhöht, was volumenbezogen einem Anteil von 81,3% (v/v) entspricht. In der Ethanol-basierten Rezeptur wurde der Ethanol-Anteil von 80% (v/v) auf 80% (ww) erhöht, was einem volumenbezogenen Ethanol-Anteil von 85,5% (v/v) entspricht. Für diese modifizierten WHO-Rezepturen wurde nachgewiesen, dass sie innerhalb von 30 s sowohl bakterizid als auch begrenzt viruzid wirksam und zur hygienischen Händedesinfektion geeignet sind. Sie fallen jedoch nicht unter die Allgemeinverfügung der BAuA.
Wird der Glycerolanteil in den modifizierten Rezepturen zusätzlich halbiert, dann können diese modifizierten Rezepturen auch zur chirurgischen Händedesinfektion eingesetzt werden, die Einwirkzeit muss hier fünf Minuten betragen. Diese Varianten werden derzeit als beste Optionen für die Eigenherstellung angesehen und sind in der Allgemeinverfügung des BAuA entsprechend aufgeführt.
Vorhandene Bestände der ebenfalls von der Allgemeinverfügung erfassten Original-Rezepturen sollen jedoch nicht vernichtet werden, sondern unter Berücksichtigung ihrer Eignung und der verlängerten Einwirkzeit (2 × 30 Sekunden!) aufgebraucht werden. |
Quelle
[1] Händedesinfektion unter den Bedingungen der SARS-CoV-2-Pandemie. Epidemiologisches Bulletin Online-Vorabpublikation vom 4. Mai 2020
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