Arzneimittel und Therapie

Lern-Doping dank Dopamin

Psychostimulanzien wie Methylphenidat machen leistungsbereiter, aber nicht leistungsfähiger

Psychostimulanzien wie Methylphenidat (Ritalin®) werden missbräuchlich zur Leistungssteigerung beim Lernen verwendet. Sie sollen dabei helfen, sich besser konzentrieren zu können. Doch beeinflussen Amphetamine wirklich die Konzentrationsfähigkeit? In einer Studie wurde ein Zusammenhang zwischen Methylphenidat und seinem Einfluss auf die Kognition entdeckt.

Methylphenidat wirkt, indem es das Gehirn dazu bringt, die Aufmerksamkeit auf den Nutzen und nicht auf die „Kosten“ bevorstehender Aufgaben zu lenken. Man wird mit Methylphenidat also nicht zwangsläufig „besser“, man wird motivierter. Die Ursache für die Steigerung der kognitiven Motivation führen die Forscher auf eine Steigerung der Dopamin-Ausschüttung im Striatum zurück.

Das Striatum hat eine Schlüsselfunk­tion, wenn es um Motivation, Aktion und Aufmerksamkeit geht. Kognitive Aufgaben können zuweilen sehr fordernd sein. Diese ­Anstrengung aufwenden zu müssen, kann uns daran hindern, Herausfor­derungen anzunehmen. Unwillkürlich führen wir eine „Kosten-Nutzen-Analyse“ durch. Sind die Anreize gut ­gesetzt, siegt der Nutzen über die ­aufzuwendenden Kosten. Bei dieser mentalen Analyse spielt Dopamin eine modulierende Rolle. Aus früheren Forschungsarbeiten konnte man ableiten, dass Dopamin im Striatum eine belebende Wirkung auf die körperliche Aktivität hat, indem es einen Kompromiss zwischen körperlicher Anstrengung (Kosten) und dem guten Gefühl nach dem Sport (Nutzen) vermittelt. Forscher der Radboud Universität, Nijmegen (Niederlande) untersuchten, ob sich die Steigerung der körperlichen Leistungsbereitschaft auch darauf übertragen lässt, kognitive Schwierigkeiten zu bewältigen.

Foto: zamuruev – stock.adobe.com

Motivierende Neurotransmitter. Werden Dop­amin-Rezeptoren im Striatum stimuliert, sind wir eher dazu bereit, Herausforderungen anzunehmen.

In einer im Januar 2020 veröffentlichten randomisierten Doppelblindstudie wurden insgesamt 50 junge, gesunde Erwachsene (Frauen : Männer 1 : 1) im Alter zwischen 18 und 43 Jahren untersucht. Zunächst wurde bei jedem Probanden der natürliche Dopamin-Spiegel im Striatum bestimmt. Dann wurden die Studienteilnehmer vor die Wahl gestellt, ob sie gegen eine bestimmte Geldsumme an einer Reihe teils anspruchsvoller Tests teilnehmen würden. Je härter der Test, umso höher der mögliche Verdienst. Jeder der Probanden absolvierte das Experiment drei Mal: einmal nach der Einnahme eines Placebos, einmal nach der Einnahme von 20 mg Methylphenidat (Dopamin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer) und ein letztes Mal nach der Einnahme von 40 mg Sulpirid (siehe Kasten).

Es zeigte sich, dass Probanden mit einem niedrigen Dopamin-Spiegel eher dazu geneigt waren, schwierige Aufgaben zu meiden. Die Aussicht auf mehr Geld war ihnen dabei nicht Anreiz genug. Mit steigendem Dopamin-Spiegel konzentrierten sich die Probanden mehr auf den potenziellen Nutzen (Gewinn) der mit der Erledigung der schwierigeren Aufgaben einherging. Sie nahmen den Nutzen, der mit der anspruchsvollen Aufgabe einherging, höher wahr, während die wahrgenommenen Kosten niedriger eingestuft wurden. Dies war unabhängig davon, ob der Dopamin-Spiegel von Natur aus hoch war oder ob er forciert durch Arzneimittel erhöht wurde. Der Effekt des Noradrenalin- und Dopamin-­Wiederaufnahmehemmers Methyl­phenidat auf den Dopamin-Spiegel war in der Studie etwas höher als der unter Sulpirid.

Wie Sulpirid wirkt

Das atypische Neuroleptikum Sulpirid ist ein ­präsynaptischer D2-Rezeptor­antagonist. Hohe Dopamin-Konzentrationen im synaptischen Spalt hemmen über die Bindung an präsyn­aptische Auto-Rezeptoren eine weitere Dopamin-Ausschüttung. ­Sulpirid blockiert diesen Feedback-Mechanismus und steigert so die Dopamin-Konzentration im synaptischen Spalt.

Die Ergebnisse aus dieser Arbeit zeigen erstmals, dass Stimulanzien wie Methylphenidat Einfluss auf unsere individuelle Kosten-Nutzen-Analyse nehmen. Man wird nicht besser oder leistungsfähiger, man wird leistungsbereiter und motivierter. Diese neuen Erkenntnisse könnten in Zukunft dabei helfen, ein tieferes Verständnis für die Behandlung von ADHS, Depressionen, Angstzuständen und anderen psychischen Störungen zu erlangen. |
 

Literatur

Westbrook A et al. Dopamine promotes cognitive effort by biasing the benefits versus costs of cognitive work. Science, 2020;367(1):1362-1366

With Ritalin and similar medications, the brain focuses on benefits instead of costs of work, study finds. Pressemitteilung der Brown Universität vom 19. März 2020. www.brown.edu/news/2020-03-19/ritalin

Apothekerin Dorothée Malonga Makosi, MPH

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