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Pandemie Spezial
Positive Botschaft zum Welt-MS-Tag
Möglicherweise schützen bei multipler Sklerose eingesetzte Arzneistoffe vor SARS-CoV-2
Multiple Sklerose (MS), eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, ist bis heute nicht heilbar. Die Therapie stützt sich auf Arzneistoffe, die antientzündlich und immunmodulierend wirken. Viele Betroffene haben aktuell Angst, aufgrund dieser Therapie ein erhöhtes Infektionsrisiko für SARS-CoV-2 oder, im Falle einer Erkrankung, schwerere Verläufe zu haben.
Schübe vermeiden
Einige Patienten spielen sogar mit dem Gedanken die Therapie abzubrechen. „Diese Kurzschlusshandlung schadet oft mehr, als das sie nutzt“, erklärt Prof. Dr. Heinz Wiendl, Sprecher des Kompetenznetzes Multiple Sklerose. Patienten würden damit unnötige MS-Schübe riskieren. Nachteilig ist, dass die bei einem Schub eingesetzte Cortison-Pulstherapie kurzfristig das Infektionsrisiko und somit auch das Risiko, an COVID-19 zu erkranken, erhöht. In Zeiten der Pandemie sollte daher laut der Deutschen Multiple-Sklerose-Gesellschaft eine Cortison-Therapie bei leichten Schüben hinterfragt werden. Ist sie unvermeidlich, sollten die Betroffenen bei Berufstätigkeit gegebenenfalls eine begrenzte Arbeitsunfähigkeit in Anspruch nehmen.
Unbedenkliche Interferone
Weltweit sind sich die MS-Experten einig, dass die seit über 20 Jahren in der MS-Therapie eingesetzten Interferone kein erhöhtes Infektionsrisiko für SARS-CoV-2 mit sich bringen, da sie nicht immunsuppressiv wirken sollen. Damit wird auch das Infektionsrisiko nicht erhöht. Das Gleiche gilt für Glatirameracetat (z. B. Copaxone®). Auch der erste monoklonale Antikörper gegen MS, Natalizumab (Tysabri®), scheint nach Einschätzung internationaler Experten nicht mit einem erhöhten Risiko für COVID-19 einherzugehen und kann bei einer notwendigen Intensivierung der Therapie weiterhin eingesetzt werden.
Nutzen-Risiko-Abwägung
Schwierig einzuschätzen ist dagegen die Therapie mit sogenannten immundepletierenden Medikamenten wie Rituximab (z. B. Mabthera®), Ocrelizumab (Ocrevus®) und Alemtuzumab (Lemtrada®). Hier kann die Immunabwehr gegen bestimmte Erreger während und nach der Gabe beeinträchtigt sein. Die Beeinträchtigung hängt dabei jedoch stark vom Präparat ab. Patienten, die mit diesen Medikamenten behandelt werden, sollten bei Bedarf zusammen mit ihrem behandelten Neurologen eine Nutzen-Risiko-Bewertung der eingesetzten Medikamente durchführen. Mögliche Entwarnung geben jedoch erste Fallberichte und Registerauswertungen von an SARS-CoV-2 erkrankten MS-Patienten, die mit Ocrelizumab behandelt werden. Hier gab es keine Hinweise auf schwere Verläufe, in einigen Fällen wird sogar ein milderer Verlauf durch die Wirkung von Ocrelizumab diskutiert.
Schutz durch MS-Medikamente?
Bekanntermaßen treten bestimmte Infektionen, vor allem ausgelöst durch Herpesviren, unter Fingolimod (Gilenya®) und Siponimod (Mayzent®) gehäuft auf. Andererseits weist Fingolimod durch seinen Wirkmechanismus möglicherweise eine protektive Wirkung auf, indem es Zytokinstürme, die für schwere COVID-19-Verläufe verantwortlich sein sollen, verhindern kann. Fingolimod aktiviert als Agonist den Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor auf der Oberfläche der T-Lymphozyten in den Lymphknoten und verhindert so deren Auswanderung ins ZNS. Es kommt zu einer Down-Regulation des Immunsystems. Im Moment wird in einer Studie untersucht, ob das Risiko für ein akutes Lungenversagen bei COVID-19-Patienten durch die Gabe von Fingolimod gesenkt werden kann. Ebenso wird aktuell ein Wirkstoff aus der Gruppe der Dihydroorotat-Dehydrogenase(DHODH)-Inhibitoren, zu denen auch Teriflunomid (Aubagio®) zählt, bei COVID-19 getestet. Teriflunomid ist bekannt dafür, die Replikation bestimmter Viren einzudämmen. Zusammenfassend kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon ausgegangen werden, dass MS-Therapien zwingend mit einem höheren COVID-19-Risiko verbunden sind. Einige eingesetzte Arzneistoffe könnten möglicherweise sogar schützen. |
Literatur
Positive Signale aus der Forschung zum Welt-MS-Tag: Einige MS-Medikamente könnten vor SARS-CoV-2/COVID-19 schützen. Presseinformation der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der Deutschen MS-Gesellschaft und des Kompetenznetzes-MS. 28. Mai 2020
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