- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 3/2020
- Muss Ranitidin in den Kü...
Arzneimittel und Therapie
Muss Ranitidin in den Kühlschrank?
Hohe Lagerungstemperaturen fördern NDMA-Bildung
Die US-Versand-Apotheke Valisure hatte bei eigenen Analysen im Oktober vergangenen Jahres Nitrosamin-Verunreinigungen im Magensäureblocker Ranitidin (Zantac® und Generika) entdeckt und daraufhin per „citizen petition“ (Bürgerantrag) die Food and Drug Administration (FDA) dazu aufgefordert, die Präparate zurückzurufen. Allerdings kamen die immens hohen von Valisure gefundenen Mengen von bis zu 3 mg N-Nitrosodimethyl-amin (NDMA) durch die Bedingungen während der Analyse zustande. Die FDA forderte daher die Hersteller lediglich auf, alle Chargen zu testen und die, die einen bestimmten NDMA-Grenzwert überschreiten, zurückzuhalten. Die Behörde verwies dabei auf eine Analysemethode, die den Abbau von Ranitidin während der Analyse und somit auch die NDMA-Bildung verringern soll. Einige Hersteller lieferten daraufhin ihre Präparate nicht mehr aus, andere riefen freiwillig zurück oder beschlossen, den Verkauf einzustellen, solange die Angelegenheit noch nicht abgeschlossen ist. Wieder andere Präparate blieben im Markt.
Doch damit, dass alle Ranitidin-Chargen vom Hersteller vor der Auslieferung auf NDMA getestet werden, scheint die Sache nicht erledigt zu sein. Darauf weisen Analysen eines anderen Labors namens Emery Pharma hin. Diese haben ergeben, dass der NDMA-Gehalt oft erst ansteigt, wenn die Packungen die Fabrik längst verlassen haben. Nämlich dann, wenn Ranitidin beim Transport oder der Lagerung hohen Temperaturen ausgesetzt wird. Und das passiert nach Ansicht des Labors regelmäßig, wenn es beispielsweise in die Südstaaten der USA, den mittleren Osten, Südostasien oder andere warme Gegenden transportiert wird. Bei 70 Grad Celsius geht es den Analysen zufolge rapide aufwärts mit dem NDMA-Gehalt, bei der Reinsubstanz noch schneller als bei dem in Tabletten verarbeiteten Wirkstoff. Bei 25 Grad Celsius hingegen wurde kein signifikanter Anstieg gezeigt. Das heißt aber, eine Packung mit Ranitidin kann beim Hersteller noch völlig im erlaubten Rahmen sein. In dem Moment, in dem der Patient die Tabletten einnimmt, kann der NDMA-Gehalt aber weit über dem von der FDA als tolerierbar erachteten Grenzwert liegen. Emery Pharma hat deswegen ebenfalls eine „citizen petition“ erstellt.
Eine mögliche Lösung des Problems wäre es, die Tabletten nicht beim Hersteller auf NDMA zu untersuchen, sondern erst dort, wo sie verkauft werden, heißt es darin. Emery Pharma räumt allerdings selbst ein, dass das nicht für alle Apotheken praktikabel ist. Um aber zu verhindern, dass die Arzneimittel hohen Temperaturen ausgesetzt werden, solle bei Ranitidin die Kühlkette eingehalten werden, also Transport mit Temperaturkontrolle und Lagerung im Kühlschrank. Außerdem sollten nach Ansicht von Emery Pharma die Packungen mit einem klaren Warnhinweis bezüglich der Lagerungsbedingungen versehen werden und zudem einen Temperatur-Indikator tragen, der den Patienten darüber informiert, dass sie zu warmen Temperaturen ausgesetzt war.
Weiter fordert Emery Pharma nun verschiedene Maßnahmen. So sollen beispielsweise alle im Handel befindlichen Packungen zurückgerufen und gesperrt werden. Zudem solle man die Öffentlichkeit über das Risiko der Lagerung von Ranitidin bei zu warmen Temperaturen informieren. Und Ranitidin-haltige Arzneimittel sollen in Zukunft aus Sicherheitsgründen nur noch auf ärztliche Verschreibung hin zu haben sein. Im Idealfall wären sie dann zuvor auf NDMA getestet worden – vor Ort in der Apotheke und nicht beim Hersteller – oder zumindest mit einem Temperatur-Indikator versehen, so Emery Pharma. |
Literatur
Emery Pharma Ranitidine: FDA Citizen Petition. Pressemitteilung vom 7. Januar 2020. https://emerypharma.com
Food and Drug Administration (FDA). Liquid Chromatography-High Resolution Mass Spectrometry (LC-HRMS) Method for the Determination of NDMA in Ranitidine Drug Substance and Drug Product. www.fda.gov
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.