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Recht
Immer Ärger mit der Steuer?
Wie sich die Regeln zur Alkoholsteuer in der Apotheke praktisch umsetzen lassen
Abgaben und Steuern auf Branntwein bzw. Alkohol gehören zu den ältesten Steuern überhaupt. Bereits im Mittelalter erhoben verschiedene Städte indirekte Steuern, damals „Ungelt“ oder „Akzise“ genannt, auf den Ausschank von Branntwein, Bier und Wein. Später gab es das Branntweinmonopol, das – stark vereinfacht – sicherstellen sollte, dass die Herstellung, der Import und der Verkauf von Alkohol ausschließlich unter staatlicher Aufsicht stattfand. Geichzeitig schuf es die Regelungen zur Branntweinsteuer, die kaum verändert bis heute gelten. Das Branntweinmonopol selbst wurde später wegen Verstößen gegen das EU-Recht abgeschafft; die darin enthaltenen Steuerregelungen aber wurden beibehalten und in das seit 2018 anwendbare Alkoholsteuergesetz überführt.
Das Ziel der Alkoholsteuer, die eine sogenannte Verbrauchsteuer ist, besteht darin, den beim Konsumenten verbrauchten Alkohol einer Steuer zu unterwerfen. Begründet wird dies unter anderem mit dem Gesundheitsschutz. Aber nicht jeder Alkohol unterliegt auch der Alkoholsteuer. Tatsächlich wird die Alkoholsteuer von 13,03 Euro pro Liter reinen Alkohols nur auf Ethylalkohol erhoben, der sich nicht in Bier, Wein, Sekt oder sogenannten Zwischenerzeugnissen findet. Insbesondere die auch im Pharmabereich verwendeten anderen Alkohole wie Isopropanol, unterliegen nicht der Alkoholsteuer. Insgesamt nimmt der Bund durch die Alkoholsteuer ziemlich konstant rund 2 Mrd. Euro jährlich ein.
System der Steuer
Um dem Ziel der Alkoholsteuer als Verbrauchsteuer gerecht zu werden – den Konsum des Alkohols zu besteuern – gibt es ein sehr formalistisches System der Steuerentstehung: Kern und Angelpunkt dieses Systems sind die sogenannten Steuerlager. Alkoholsteuerlager sind Orte, an denen oder von denen alkoholsteuerpflichtige Waren unversteuert hergestellt, be- oder verarbeitet, gelagert, empfangen oder versandt werden dürfen. Umfasst sind dabei nicht nur „Lager“ im allgemeinen Sprachsinn. Sondern alle Betriebsräume, in denen mit Alkohol gearbeitet wird – also gerade auch die Offizin einer Apotheke. Ein Alkoholsteuerlager wird bei der zuständigen Behörde, dem Hauptzollamt, beantragt. Dabei teilt man nicht nur mit, was man darin mit welchem Alkohol zu tun gedenkt (Herstellen? Nutzen? Lagern? Versenden?). Sondern man muss auch einen Bauplan einreichen, welche Räume oder Gebäude oder sonstige Flächen des Betriebs zum Steuerlager erklärt werden sollen.
Erhält man schließlich die Erlaubnis, das genau be- und gezeichnete Lager zu führen, ist man einerseits frei und andererseits streng begrenzt: Frei deshalb, weil man innerhalb des Lagers nun kaum steuerlichen Restriktionen unterworfen ist, wenn man die der Behörde mitgeteilten Tätigkeiten ausübt. Streng begrenzt fast im wörtlichen Sinne ist man allerdings, sobald man die Grenzen des Lagers erreicht: Sobald Alkohol die räumlichen Lagergrenzen verlässt, entsteht die Alkoholsteuer automatisch. Dabei spielt es keine Rolle, ob man wissentlich oder aus Versehen den Alkohol aus dem Steuerlager entfernt hat. Stellt also ein Mitarbeiter die alkoholhaltigen Waren aus Versehen im falschen Raum, Gebäude oder in der falschen Ecke eines Fabrikgeländes ab, entsteht sofort die Steuer, die der Steuerlagerinhaber dann an das Hauptzollamt zahlen muss. Auch ein Zurückholen der Waren in das Steuerlager ändert daran grundsätzlich nichts. Dies geht sogar soweit, dass selbst ein Diebstahl aus dem Lager die Steuer auslösen kann.
Von dieser streng formalistischen Anknüpfung an die Lagergrenzen gibt es nur zwei Ausnahmen: Es ist erlaubt, Alkohol entweder unter Nutzung eines bestimmten elektronischen Verfahrens an andere Steuerlager zu liefern, ohne dass die Steuer entsteht. Oder man liefert ihn an genau bezeichnete Empfänger, die ihn für bestimmte steuerbefreite Zwecke einsetzen, die sogenannten Verwender, auch dann entsteht keine Steuer.
Besonderheit: Verwendererlaubnis
Diese Verwender sind Personen oder Unternehmen, die zwar selbst nicht unbedingt ein Steuerlager haben, aber denen die Erlaubnis erteilt wurde, unter bestimmten Bedingungen steuerfrei Alkohol zu erwerben und damit zu arbeiten. Dabei gibt es im Detail zahlreiche Unterschiede bei den Anforderungen an den genutzten Alkohol, je nachdem, was der Verwender damit machen möchte. Für bestimmte Zwecke darf Alkohol nur dann steuerfrei bezogen werden, wenn er vergällt ist. Vergälltem Alkohol werden bestimmte in den entsprechenden Regelungen genannte Mittel zugesetzt, die ihn möglichst dauerhaft genussuntauglich machen (z. B. Methylethylketon).
Insbesondere für die Herstellung von Arzneimitteln darf aber auch unvergällter Alkohol steuerfrei bezogen und verwendet werden. Dabei ist gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Situation aber zu beachten, dass es sich stets um ein Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz – oder, sofern Arzneimittel für den ausländischen Markt hergestellt werden, nach dem dort geltenden Recht – handeln muss. Dies umfasst – anders als noch früher – auch reine Alkohol-Wasser-Mischungen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich im fertigen Arzneimittel auch tatsächlich noch Alkohol befindet, oder ob der Alkohol anderweitig im Produktionsprozess verwendet wird. Dies umfasst richtigerweise auch Alkohol, der zur Reinigung der Gerätschaften eingesetzt wird. Normalerweise muss die Berechtigung, ein Arzneimittel zu produzieren, vom Hersteller auch dem Hauptzollamt nachgewiesen werden. Nicht aber bei Apotheken: Inhaber einer Apotheke benötigen für die Herstellung von Arzneimitteln im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs keine arzneimittelrechtliche Herstellungsberechtigung, es genügt die Betriebserlaubnis nach dem Apothekengesetz. Grundsätzlich wird die Erlaubnis nur erteilt, wenn mindestens 25 Liter reiner Alkohol im Jahr bezogen und verwendet werden.
Voraussetzungen und Folgen der Verwendererlaubnis
Voraussetzung dafür, dass tatsächlich keine Steuer anfällt ist aber stets die vorherige Erteilung der Verwendererlaubnis durch das Hauptzollamt. Steuerpflichtiger ist grundsätzlich der Inhaber der Apotheke, dieser muss die Erlaubnis beantragen. Dies ist auch dann der Fall, wenn mehrere Filialen betrieben werden. Wichtig bei der Beantragung der Verwendererlaubnis im Filialverbund ist dann allerdings, dass klar ist, in welchen Räumlichkeiten (also in welchen Filialen) der Alkohol eingesetzt wird.
Wie man vorgeht, um eine Verwendererlaubnis bei der Zollverwaltung zu beantragen, finden Sie im Kasten auf S. 60. Erst wenn man die Erlaubnis erteilt bekommen hat, darf man tätig werden, eine rückwirkende Geltung der Erlaubnis ist ausgeschlossen. Dies ist entscheidend: Denn selbst wenn man sich tatsächlich an alle (sonstigen) Vorgaben gehalten hat und die Arzeimittelproduktion eigentlich steuerfrei wäre, aber die Erlaubnis (noch) fehlt, entsteht die Steuer! Diese schuldet dann auch derjenige, der ohne Erlaubnis gehandelt hat.
Auch nach Erteilung der Erlaubnis sind laufende Pflichten zu beachten: Der Verwender darf die Waren grundsätzlich nur an den angemeldeten Orten lagern. Jede geplante Änderung der Verhältnisse (z. B. Rechtsform, räumliche Ausgestaltung etc.) muss vor der Änderung dem Hauptzollamt angezeigt werden. Der Erlaubnisschein ist unverzüglich zurückzugeben, wenn beispielsweise die steuerfreie Verwendung eingestellt wird. Der Verwender hat außerdem ein Belegheft sowie ein Verwendungsbuch zu führen und Aufzeichnungen über die Zu- und Abgänge zu fertigen. Ein entsprechendes amtliches Muster stellt das Hauptzollamt zur Verfügung. Zu- und Abgänge von Alkohol sind unverzüglich aufzuzeichnen. Dies dient dazu, sicherzustellen, dass kein unversteuerter Alkohol zweckwidrig verwendet wird, also beispielsweise nicht zu einem Arzneimittel verarbeitet wird. Auch hier gibt es aber für Apotheken Erleichterungen: Ein Verwendungsbuch muss den Verwaltungsanweisungen der Zollverwaltung zur Folge und nach entsprechender Genehmigung durch des Hauptzollamt dann nicht geführt werden, wenn Apotheker nicht mehr als 100 Liter unvergällten Alkohol pro Jahr steuerfrei beziehen. Im Übrigen kann auch beantragt werden, dass an Stelle eines Verwendungsbuchs die Buchhaltung oder andere betriebliche Aufzeichnungen zugelassen werden, aus denen zweifelsfrei alle Zu- und Abgänge an Alkohol verzeichnet werden. Außerdem ist einmal jährlich eine Bestandsaufnahme durchzuführen. Dies kann zwar zusammen mit der jährlichen Inventur geschehen, muss aber dem Hauptzollamt drei Wochen zuvor mitgeteilt werden. Das Ergebnis ist dann ebenfalls dem Hauptzollamt zu melden und zwar schriftlich innerhalb eines Monats nach Abschluss mit amtlich vorgeschriebenem Vordruck. Das zuständige Hauptzollamt kann allerdings zu (fast) all diesen Anforderungen jeweils gesonderte Anordnungen treffen beziehungsweise Erleichterungen zulassen.
Jederzeit und ganz ohne Erlaubnis zulässig ist im Übrigen der Einsatz von versteuertem Alkohol, was sich dann allerdings im Preis niederschlagen wird. Auch ein Mittelweg ist möglich: Wenn neben unversteuertem Alkohol (beispielsweise zur Arzneimittelproduktion) auch versteuerter Alkohol (beispielsweise zum Direktverkauf) bezogen, verwendet und verkauft wird, ist dies zulässig. In diesem Fall erhöhen sich lediglich die Aufzeichnungspflichten, weil nicht nur der unversteuerte Alkohol detailliert nachverfolgt werden können muss, sondern gleiches dann auch für den versteuerten Alkohol gilt, obwohl für versteuerten Alkohol ansonsten keine derartigen Steuerpflichten bestehen. So soll sichergestellt werden, dass nicht versehentlich unversteuerter Alkohol an Kunden abgegeben wird.
So funktioniert die Beantragung beim Zoll
Die Beantragung erfordert ein wenig „Papierkram“, die entsprechenden Formulare sind bei der Zollverwaltung abrufbar und müssen schriftlich (also nicht online oder per E-Mail) eingereicht werden. Neben dem Formular zur Beantragung der Erlaubnis (Formular Nr. 2740 abrufbar unter: www.zoll.de) sind insbesondere eventuelle Handelsregisterauszüge, die Apothekenbetriebserlaubnis sowie ein Lageplan mit Verzeichnis der Räume, in denen der Alkohol verwendet werden soll, beizufügen. Außerdem ist eine Betriebserklärung über den genauen Zweck und die Art und Weise der Verwendung des Alkohols mitzusenden (Formular Nr. 2741, abrufbar unter: www.zoll.de). Sollten Rückfragen auftauchen, wird sich das Hauptzollamt melden, anderenfalls erteilt es schriftlich die Verwendererlaubnis.
Sonderfall: Corona-Krise
Die vergangenen Monate haben eindrucksvoll bewiesen, dass es in größeren Krisenfällen wie einer Pandemie unbedingt auch Ausnahmeregelungen geben muss: So war Apotheken bis vor Kurzem die Herstellung von Desinfektionsmitteln laut der europäischen Biozid-Verordnung eigentlich nicht erlaubt. Außerdem mangelte es zeitweise an Ausgangsstoffen in der vorgeschriebenen Qualität. Die Bundesstelle für Chemikalien bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sorgte während der Corona-Hochphase somit für Ausnahmeregelungen: Per Allgemeinverfügung wurde unter anderem den Apotheken die Herstellung der Desinfektionsmittel gewährt – befristet für 180 Tage, wie es die Biozid-Verordnung vorsieht. Dabei durfte sogar Ethanol aus Schnapsbrennereien bezogen werden.
Darüber hinaus ließ die zuständige Zollverwaltung im vergangenen März zu, dass Apotheken auch unvergällten Alkohol zur Herstellung von Desinfektionsmitteln als Biozide steuerfrei einsetzen dürfen. Eigentlich greift die Steuerbefreiung nur für Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz und kommt für Alkohol-Wasser-Mischungen, die keine Arzneimittel sind, sondern z. B. unter die Biozid-Verordnung fallen, nicht zur Anwendung. Darüber hinaus sind Alkoholerzeugnisse laut Alkoholsteuergesetz nur von der Steuer befreit, wenn sie gewerblich „zur Herstellung von Arzneimitteln durch dazu nach dem Arzneimittelrecht Befugte“ verwendet werden (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 AlkStG). Zunächst war diese Regelung bis Ende Mai befristet – sie wurde jedoch verlängert – mittlerweile bis auf den 31. Dezember 2020, wie auch die ABDA per Mitteilung am 13. Juli 2020 bekannt gab.
Auch für die Beschaffung des Alkohols gibt es derzeit gültige Erleichterungen: Weder bestehen Bezugsmengenbeschränkungen oder Beschränkungen hinsichtlich bestimmter Gebindegrößen, noch Beschränkungen hinsichtlich der Konzentration des Alkohols. Selbst der Bezug des Alkohols von Brauereien, die Alkohol aus der Entalkoholisierung von Bier abgeben wollen, ist nun gestattet. Daneben sind pharmazeutische Großhändler berechtigt, auf Bestellung der Apotheken für diese bestimmten unversteuerten Alkohol entgegenzunehmen und an die Apotheken auszuliefern. Bei den Großhändlern ist aber Vorsicht geboten: Weder eine Bevorratung noch ein Umfüllen auf kleinere Gebinde ist erlaubt. Unproblematisch ist also nur der „Durchhandel“.
Die bestimmungsgemäße Verwendung des Alkohols (nur zu Desinfektionsmitteln eingesetzt) wird anhand der von den Apotheken in deren Auftrag geführten Herstelldokumentation überprüft. Weitere, extra für Steuerzwecke zu führende Aufzeichnungen, sind dagegen – vorübergehend bis zum Ablauf der Sonderregelung – nicht erforderlich.
Fazit
Auch wenn in der Corona-Krise derzeit deutliche Erleichterungen beim Bezug und Umgang mit Alkohol gelten, bleibt die Alkoholsteuer insbesondere bei der Planung der Produktionsabläufe ein dringend zu berücksichtigender Faktor.
Zwar wird in Apotheken in aller Regel kein Alkohol hergestellt, sondern typischerweise fertig bezogen und dann weiterverarbeitet. Vor diesem Hintergrund wird sich in vielen Fällen das Beantragen einer Alkoholsteuerlagererlaubnis als überflüssig erweisen – wenn es auch die oben genannten Vorteile hinsichtlich der Flexibilität innerhalb des Lagers bietet.
Stattdessen bleibt das Mittel der Wahl für Apotheken, die mit unversteuertem Ethanol zu tun haben, die Verwendererlaubnis. Dabei ist der Verwaltungsaufwand aus Anträgen, Nachweisen und Aufzeichnungspflichten gegen den Vorteil der steuerfreien Nutzung von Alkohol abzuwägen. Insbesondere für Apotheken, die in größerem Umfang Alkohol nutzen und veräußern, dürfte der Kostenvorteil, den steuerfreier Alkohol gegenüber unversteuertem Alkohol aufweist (über 13 Euro/Liter Alkohol), durchaus ins Gewicht fallen.
Hier ist aber auf zweierlei zu achten: Die Erlaubnis muss stets vor Beginn des Alkoholbezugs wirksam erteilt worden sein. Und sie muss auch passgenau für die geplanten Zwecke (immer noch) gültig sein. Wird bei einer bestehenden Erlaubnis zur Arzneimittelproduktion später beispielsweise beschlossen, weitere Produkte herzustellen, die den Anforderungen des Arzneimittelgesetzes nicht entsprechen, die Produktion zu verlagern oder ähnliches, so ist zwingend vor Tätigwerden auch die Erlaubnis zu erweitern oder anzupassen. Anderenfalls entsteht die Alkoholsteuer. Daher lohnt es sich immer, in regelmäßigen Abständen einen Blick auf die bestehenden Abläufe und Erlaubnisse zu werfen, um sicher zu gehen, dass das tatsächliche Leben mit der alkoholsteuerlichen Papierform übereinstimmt. |
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