Pandemie Spezial

AProof®-Abgabe auch in Apotheken

Berlin und Sachsen geben grünes Licht für Vertrieb von Corona-Antikörper-Testsets

Nachdem kürzlich ein Leipziger Unternehmen den Corona-Antikörpertest „AProof“ für Zu Hause auf den Markt gebracht hat, gingen die Meinungen auseinander: Verbietet die Medizinprodukteabgabeverordnung eine Abgabe dieses Tests in Apotheken an Laien? Oder dürfen Apotheken den Test bedenkenlos verkaufen? Die ABDA positionierte sich klar gegen die Abgabe in der Apotheke – nun erklärt aber das Sächsische Sozialministerium: Der Test ist freiverkäuflich und darf überall abgegeben werden – auch in Apotheken.

Am 1. September 2020 stellte die Firma Adversis Pharma ihren Antikörper-Test „AProof“ medienwirksam vor: Einfach, schnell und zuverlässig sei das Medizinprodukt, das für 49 Euro bundesweit in Apotheken erworben oder online bestellt werden könne. Umgehend informierte die ABDA Kammern und Verbände über ihre rechtlichen Bedenken zur Abgabe von COVID-19-Tests an Patienten in Apotheken. Sie vertrat die Auffassung, dass Apotheker keine solchen Tests an medizinische Laien abgeben dürfen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erklärte allerdings gegenüber DAZ.online, im Fall von AProof kein Problem mit der Medizinprodukteabgabeverordnung zu sehen. Das sorgte für erhebliche Verwirrung.

Foto: Alex Schelbert

In Sachsen und Berlin darf ein Antikörpertest für zu Hause abgegeben werden. Der mit wenigen Tropfen Blut getränkte Teststreifen wird nach dem Trocknen zur Auswertung an ein Labor geschickt.

Vorreiter Berlin

Es folgte eine Stellungnahme des BMG gegenüber der ABDA. Wie die Apothekerkammer Berlin bereits am 11. September informierte, differenziert das Ministerium bei Bluttests für zu Hause zwei Testszenarien:

  • Schnelltests für die Laienanwendung, die zu Hause durchgeführt werden und dort auch zu einem Ergebnis führen, und
  • Tests, die im Labor durchgeführt werden, für die jedoch die Probenahme zu Hause durch den Laien durchgeführt wird.

Nur im ersten Fall sei die Medizinprodukteabgabeverordnung zu beachten, nach der bestimmte In-vitro-Diagnostika nicht an medizinische Laien abgegeben werden dürfen – und das sind auch Tests auf SARS-CoV-2. Ebenfalls unzulässig sei demnach die Anwendung derartiger Tests an Patienten in der Apotheke.

Dagegen sei die Abgabe eines Probenahme-Sets für die spätere Durchführung eines Tests auf SARS-CoV-2 in ­einem Labor nicht von der Abgabebeschränkung nach § 3 Abs. 4 MPAV erfasst. Ein Probenbehältnis gelte zwar als In-vitro-Diagnostikum, sei aber keines, das für den Nachweis eines Krankheitserregers oder einer Infektion bestimmt ist. Es diene allein der Entnahme, Aufbewahrung und Übersendung der aus dem menschlichen Körper stammenden Probe.

Wie die Apothekerkammer Berlin ­weiter erklärte, teilen die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und die zuständige Landesüberwachungsbehörde für Medizinprodukte, das LAGeSo, diese Einschätzung des BMG. Berliner Apotheken sei es also erlaubt, reine Probennahme-Sets für die spätere Durchführung ­eines Tests auf SARS-CoV-2 in einem Labor an Privatpersonen abzugeben.

Sachsen zieht nach

Nun hat auch die sächsische Landes­direktion das Test-Set nachträglich genehmigt, nachdem der Hersteller offenbar vergessen hatte, den Antrag bei der Landesbehörde rechtzeitig zu stellen. In einer Presseerklärung heißt es: „Im Freistaat Sachsen darf nunmehr der Coronavirus-Antikörpertest ,AProof` freiverkäuflich, auch über Apotheken, abgegeben werden.“ Tatsächlich: Es muss nicht einmal eine Apotheke sein, die den Test verkauft. Das Ministerium bestätigte auf Nachfrage von DAZ.online: „Der Test kann auch online bestellt werden. Er kann überall abgegeben werden, da die Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) keine Anwendung findet“.

Grundsätzlich sei die Entwicklung ­eines Antikörpertests positiv zu werten, erklärt das Ministerium weiter. „Durch die Landesdirektion Sachsen musste jedoch noch eine Bewertung erfolgen, damit für medizinische Laien ein sicherer Umgang mit dem Antikörpertest sichergestellt werden kann.“

Jedes Bundesland muss selbst entscheiden

Landesgesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) deutete bereits am 23. September am Rande eines Pressetermins an, dass die Genehmigung kommt, erklärte aber auch, dass jedes Bundesland selbst entscheiden müsse. Die sächsische Genehmigung bedeute demnach nicht, dass der Test bundesweit durch Apotheken vertrieben werden darf. „Nach intensiver Abwägung und Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen können wir nunmehr grünes Licht für die Abgabe der Tests durch sächsische Apotheken geben“, sagte Köpping. „Wir wissen, dass die Apotheken als Teil der patientennahen Gesundheitsversorgung die beste niederschwellige Beratung bieten können. Sie können daher die bei der Abgabe der Coronavirus-Antikörpertests wichtige Aufklärung leisten.“

Apothekenleiter in der Verantwortung

Auch für die sächsische Landesapothekerkammer ist die Verkehrsfähigkeit des Antikörpertests AProof® nun rechtlich geklärt. Sie weist aber darauf hin, dass der Deutsche Ethikrat sich am 22. September zur Einführung von COVID-19-Immunitätsausweisen und zum Einsatz verfügbarer Antikörpertests differenziert geäußert habe. Vor diesem Hintergrund obliege es nun der fachlichen Verantwortung jeder Apothekenleiterin und jedes Apothekenleiters, über die Abgabe des Tests in seiner Apotheke selbst zu entscheiden“, teilte die Kammer mit.

Auch die ABDA hat ihre Auffassung mittlerweile geändert. Eine Sprecherin erklärte auf Nachfrage, dass der AProof-Hersteller die Kennzeichnung des Probenentnahmesets zwischenzeitlich angepasst und die Zweckbestimmung des Tests nachgebessert habe. „Nun wird klar, dass es sich nicht um einen Selbsttest handelt, sondern dass Laien sich nur selbst Blut entnehmen und dass der Test auf eine Sars-CoV-2-Infektion in einem ärztlichen Labor stattfindet. Diese Probenentnahmesets dürfen von Apotheken abgegeben werden“, heißt es nun seitens der ABDA.

Alles, was es für das Durchführen des Tests braucht, sind laut Hersteller wenige Tropfen Blut, die auf einen Teststreifen gegeben werden. Sobald das Blut getrocknet ist, kann der Teststreifen an ein Labor geschickt werden. Jedem Test-Set liegt ein individueller Zugangscode bei, ­unter dem man sich registriert und das Ergebnis online abrufen kann. |

Anja Köhler, Kirsten Sucker-Sket

 

Weiterer Beitrag des Pandemie Spezial in DAZ 2020, Nr. 40

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