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Hoffnungsschimmer oder Strohfeuer?
Das Apothekenrechenzentrum AvP und die (vermeintlichen) Fremdgeldkonten
Derzeit ist nach den Angaben des vorläufigen Insolvenzverwalters Hoos fraglich, ob das Guthaben in dreistelliger Millionenhöhe auf den Konten von AvP den Apotheken zusteht und sogenannte Aussonderungsrechte bestehen. Sollten Aussonderungsrechte zugunsten der Apotheken nicht angenommen werden können, dürfte eine zeitnahe Befriedigung ausscheiden und die Apotheken würden dann, wie die meisten anderen Gläubiger, am Ende eines Insolenzverfahrens eine einfache Insolvenzquote erhalten.
Was ist ein Fremdgeldkonto?
Der Begriff des Fremdgeldkontos suggeriert, dass es sich um kein laufendes Konto von AvP handelt, sondern auf diesem Konto Drittgelder getrennt vom Vermögen von AvP gehalten werden.
Die von AvP eingerichteten „Fremdgeldkonten“ sind keine Anderkonten, wie sie beispielsweise von Rechtsanwälten für ihre Mandanten eingerichtet werden. Die Anforderungen an solche Anderkonten sind normiert und nur bestimmten Berufsgruppen vorbehalten.
In Betracht kommen allenfalls „offene“ bzw. „verdeckte“ Treuhandkonten, die von AvP bei der kontoführenden Bank eingerichtet wurden. Diese beiden Treuhandarten unterscheiden sich nur durch die Offenkundigkeit der Treuhand. Ein offenes Treuhandkonto trägt in seiner Kontenbezeichnung den Zweck bzw. den/die Begünstigten aus dem Konto.
Eingeschränkter Treuhandcharakter
Aber auch ein verdecktes Treuhandkonto steht einer Sicherungswirkung nicht entgegen, kann aber der kontoführenden Bank Zugriffsrechte (Pfandrecht, Aufrechnung) gewähren, die bei einem offenen Treuhandkonto ausgeschlossen sind.
Ob, und wenn ja, welche Art von Treuhandkonto hier vereinbart wurde, kann zurzeit noch nicht beurteilt werden. Abzuwarten bleibt die Offenlegung der Verträge durch den Insolvenzverwalter.
Allerdings besteht bei Treuhandkonten jedweder Art das Risiko, dass eine Vermischung der Treugelder, vorliegend mit dem Vermögen von AvP, den Treuhandcharakter zerstört und das Guthaben mithin der Insolvenzmasse zugeordnet wird. Sollte dem nicht so sein, so haben die Insolvenzgläubiger die Chance, unter Umständen auch gemeinschaftlich (in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit), Rechte an dem Guthaben durchzusetzen. Die Klärung dieser Frage wird sich noch einige Zeit hinziehen.
Es lässt sich davon ausgehen, dass das Insolvenzverfahren noch in diesem Jahr eröffnet wird. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben die Gläubiger von AvP die Möglichkeit, ihre Forderungen im Insolvenzverfahren anzumelden und zugleich ihre Aus- und Absonderungsrechte gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen. Regelmäßig werden eben diese Aus- sowie Absonderungsrechte geltend gemacht und für den Ausfall dieser Sicherungsrechte die Forderungen im Insolvenzverfahren angemeldet. Entscheidend ist, dass diese Rechte aktiv von den Gläubigern eingefordert werden.
Gläubiger haben Mitbestimmungsrecht
Im weiteren Verfahren wird das Insolvenzgericht einen Berichts- sowie einen Prüftermin bestimmen. Der drei Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgelegte Berichtstermin dient nicht nur der Information der Gläubiger der Insolvenzschuldnerin. Die Insolvenzgläubiger können zudem zahlreiche, verfahrenslenkende Maßnahmen mitbestimmen: Die Einsetzung und Besetzung des Gläubigerausschusses, die Einstellung oder Fortführung des Betriebs, die Beauftragung des Insolvenzverwalters mit der Erstellung eines Insolvenzplans sowie zahlreiche weitere verfahrensbestimmende Entscheidungen unterliegen der Entscheidungsbefugnis der Gläubigerversammlung.
Im Rahmen des Prüftermins werden die von den Insolvenzgläubigern zuvor beim Insolvenzverwalter angemeldeten Forderungen geprüft und entschieden, ob diese zur Tabelle festgestellt oder bestritten werden. Berichts- und Prüftermin können auf denselben Tag bestimmt werden; eine dahingehende Pflicht besteht jedoch nicht, sodass diese auch an unterschiedlichen Tagen stattfinden können.
Webcast zur AvP-Insolvenz
Geben Sie auf DAZ.online in das Suchfeld den folgenden Webcode T2TB5 ein und gelangen Sie direkt zur Aufzeichnung des Interviews mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Dr. Jan-Phillip Hoos.
Wann kann mit ersten Zahlungen gerechnet werden?
Für die Gläubiger von AvP, insbesondere für die Apotheken, ist von Bedeutung, wann sie mit Zahlungen rechnen können. Dies wird u. a. von der Entscheidung des Insolvenzverwalters abhängen, ob dieser Aussonderungsrechte an den „Treuhandkonten“ bejaht oder nicht. Sollte er dahingehende Rechte der Apotheken verneinen, könnten Zahlungen erst nach möglicherweise langjährigen Rechtsstreiten erfolgen.
Gleichwohl ist es nach dem derzeitigen Kenntnisstand sinnvoll, auf etwaig bestehende Aus- und Absonderungsrechte nicht zu verzichten, sondern diese zu verfolgen. Denn feststeht, dass diejenigen Gläubiger, die keine Aus- und Absonderungsrechte geltend machen (können), auf eine Quote im Insolvenzverfahren beschränkt sind. Diese Insolvenzquote wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wesentlich niedriger sein, als die bestehende und zur Tabelle angemeldete Forderung.
Die Verteilung der freien Masse erfolgt regelmäßig erst am Ende des Insolvenzverfahrens im sogenannten Verteilungsverfahren, wenn der Insolvenzverwalter nicht vorab schon Abschlagszahlungen leistet, was eher die Ausnahme darstellt.
Gläubiger von AvP, die ihre Forderungen im Insolvenzverfahren nicht verfolgen, werden auch am Ende des Insolvenzverfahrens keine Insolvenzquote erhalten.
Das Insolvenzverfahren der AvP kann sich aufgrund der zahlreichen juristisch bisher nicht höchstrichterlich geklärten Fragen über mehrere Jahre hinziehen. Kurzum: Wer nicht tätig wird, kann auch nicht mit Zahlungen durch den Insolvenzverwalter rechnen.
Was passiert mit den Rezepten aus dem September?
eda | In einem aktuellen Schreiben an die von der AvP-Insolvenz betroffenen Apotheken machte der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos Anfang dieser Woche deutlich: Einzig die Apotheken, die aufgrund ihrer vertraglichen Regelungen ein Aussonderungsrecht haben, sollen die Rezepte für den Abrechnungsmonat September zurückerhalten. Die bei AvP verbleibenden Rezepte will Hoos bei Kostenträgern einreichen und abrechnen. Zahlungen der Kostenträger werden dann bis zu einer endgültigen Klärung der Rechtslage auf Treuhandkonten separiert. Ebenfalls treuhänderisch verwaltet werden soll das bei Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung vorgefundene Guthaben. Keine Rechte geltend machen will Hoos dagegen bei den Rezepten, die sich am Tag der Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung am 16. September noch in den Apotheken befanden.
Ausblick
Apotheken sehen sich einem womöglich langjährigen Insolvenzverfahren ausgesetzt und sollten dies im Rahmen ihrer aktuellen Planung berücksichtigen.
In welcher Höhe am Ende des Insolvenzverfahrens eine Insolvenzquote gezahlt wird, steht bislang noch nicht fest, da weder die freie Masse am Ende des Insolvenzverfahrens bekannt ist noch die Höhe der angemeldeten und tatsächlich festgestellten Forderungen. Zudem wird die Quote nicht unwesentlich davon abhängen, ob Aussonderungsrechte bestehen oder nicht. |
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