Umweltpharmazie

Von Aktionstagen bis hin zur Adhärenzförderung

Um den Arzneimitteleintrag in die Umwelt und speziell die Belastung von Gewässern zu reduzieren, kann tatsächlich jeder einen Beitrag leisten. In den öffentlichen Apotheken lassen sich aktuelle und zukünftig mögliche Maßnahmen initiieren, um Kunden und Patienten einen umweltbewussten Umgang mit Arzneimitteln zu vermitteln.

Dazu gehören Maßnahmen bezüglich der Entsorgung von Altarzneimitteln und Arzneimittelresten, der Complianceförderung und dem reflektierten Umgang mit Arzneimitteln sowie bezüglich der wirkstoffbezogenen Informationen.

Entsorgung von Altarzneimitteln

Die Information der Kunden und Patienten über die richtige Entsorgung von nicht genutzten oder abgelaufenen Arzneimitteln sollte Einzug in jedes Beratungsgespräch halten. Im Vorhinein lassen sich vom örtlichen Abfallentsorger oder unter www.­arzneimittelentsorgung.de die entsprechenden Hinweise abrufen und für das Team aufbereiten. Unterstützende Informationsmedien können Flyer, Plakate, Bildschirme (dig. Sichtwahl), Schaufenster, die Apothekenwebsite oder auch andere Formate sein.

Als weiterer Kundenservice, even­tuell verbunden mit einem Wettbewerbsvorteil, können Apotheken die Rücknahme von Altarzneimitteln anbieten. In Berlin existiert beispielsweise die sogenannte „Meditonne“, ein Sammelsystem für private Unternehmen mit Kleincontainern auf Miet- oder Kaufbasis.

Regelmäßige Aktionstage oder -wochen können ergänzend dazu dienen, das Thema Arzneimittelentsorgung in den Mittelpunkt zu rücken. Beispielsweise lässt sich im Sinne eines „Frühjahrsputz“ die Hausapotheke checken. Gleichzeitig sollten die Kunden über die richtige Entsorgung von nicht genutzten oder abgelaufenen Arzneimitteln informiert und bei der Entsorgung unterstützt werden. Das Thema Entsorgung kann auch Bestandteil von Besuchen in Schulen und Betrieben sein. Darüber hinaus sollte das Personal von Alten- und Pflegeheimen regelmäßig mit dem Thema konfrontiert werden. Eine wichtige Frage für diesen Bereich ist: Wie ist der korrekte Umgang mit Arzneimittelresten nach Verlegung oder Versterben von Bewohnern? Wie lassen sich Angehörige in dieses Thema integrieren? Auch Ärzte stellen wichtige Ansprechpartner dar. In den Pflege­heimen sind meist sehr wenige Ärzte für Betreuung und Behandlung zuständig. Daher sind auch sie zentrale Ansprechpartner.

Foto: imago images/Future Image

Compliance-/Adhärenz­förderung

Folgende Grundannahme soll verdeutlichen, dass die Förderung von Compliance bzw. Adhärenz bei Patienten und Kunden die Umweltbelastung durch Arzneimittel reduzieren kann: Bei korrekter Arzneimitteleinnahme/-anwendung werden Medikationszeiträume verkürzt bzw. zusätzliche Therapien vermieden. Dies kann zwar kurzfristig zu einer höheren Belastung der Umwelt führen als eine Nicht-Einnahme der Mittel, langfristig und insgesamt ist aber mit einer niedrigeren Belastung zu rechnen. Dies wird durch die Beratung und die Analyse in Fällen von Polypharmazie gefördert. Bei einer Bedarfs­medikation kann unter Umständen die Packungsgröße verringert werden. Ein Austausch der Darreichungsform kann die Einnahmetreue verbessern. Für die Beratung und die Platzierung in der Sichtwahl können umweltverträgliche Präparate (pflanzliche) in den Fokus genommen werden, außerdem sind beispielsweise bei Erkältungen oder Schmerzen nicht-medikamentöse Maßnahmen – wenn möglich – vorzuziehen.

Wirkstoffbezogene Informationen

Aktuell noch eingeschränkt möglich ist die Berücksichtigung des Umweltaspekts bei der Auswahl von Arzneimitteln, vor allem im verschreibungspflichtigen Bereich. Denkbar wäre aber die folgenden Kaskade: a) indikationsbezogene Beratung aufgrund der Symptomatik, b) Beachtung von Wechselwirkungen, c) Kosten d) Umwelt. In Schweden existiert für die Entscheidungsfindung bereits eine entsprechende Datenbank (www.fass.se). Zukünftig wäre es denkbar, dass Präparate im OTC- bzw. Sichtwahlbereich entsprechend ihrer Umweltwirkung gekennzeichnet werden. Für Rx-Arzneimittel sollte es Datenbanken und Listen geben, die den verordnenden Ärzten eine entsprechende Einstufung bieten. Diese sollten vom Umweltbundesamt (UBA) als der für die Umweltrisikobewertung zuständigen Behörde, erstellt und aktualisiert werden. Ein Sonderfall stellen In-vivo-Diagnostika dar. Sie werden nur von ausgewählten Apotheken an die entsprechenden Ärzte geliefert. Hier kann eine Beratung seitens der Apotheker gegenüber dem Arzt stattfinden.

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