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Therapien im Gespräch
Ungelöstes Problem Verunreinigungen
NDMA in Metformin und 4-Chloranilin in Paracetamol waren keine Überraschung
Als erstmals das Problem von verunreinigtem Metformin Ende 2019 öffentlich wurde, hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) betont, dass nur Spuren einer Verunreinigung mit NDMA in einer „geringen Anzahl von Metformin-haltigen Arzneimitteln außerhalb der Europäischen Union (EU)“ gefunden worden waren. Doch eine angespannte Liefersituation in Deutschland und die Metformin-Rückrufe in Kanada ließen erahnen, dass im Fall Metformin noch keine endgültige Entwarnung gegeben werden konnte. Zur Versorgungssituation von Metformin in Deutschland schrieb das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) am 14. Mai 2020: „Eine periodisch angespannte Situation ist unter anderem auf die Durchführung der auf europäischer Ebene vereinbarten Maßnahmen im Zusammenhang mit Nitrosaminverunreinigungen und den daraus entstehenden in Teilen zeitlichen Verzögerungen der Chargenfreigabe zurückzuführen.“ In den USA mussten noch fünf Firmen auf Veranlassung der FDA ihre verunreinigten Metformin-Präparate zurückrufen (DAZ 24, S. 40).
Für weitere Irritationen sorgte der Fund von der karzinogenen Verbindung 4-Chloranilin in Paracetamol. Wie schon in Sachen NDMA in Metformin (DAZ 2019, Nr. 51, S. 36) haben sich Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe, Prof. Dr. Fritz Sörgel und Dr. Helmut Buschmann auf Spurensuche begeben, haben sich die Synthesewege und ihre Schwierigkeiten angeschaut und einen Blick auf die im Europäischen Arzneibuch gelisteten Verunreinigungen geworfen. Ihr Fazit: Der Fund von 4-Chloranilin ist keine Überraschung: Für die bedenklich hohen Konzentrationen von 4-Chloranilin in Paracetamol kommen prinzipiell zahlreiche Ursachen in Abhängigkeit vom angewandten Syntheseverfahren infrage. Zum Schluss ihres Beitrags stellen die Autoren sich die Frage, wie häufig wir Berichte über solche „unerwarteten“ Verunreinigungen, ob nun toxisch oder nicht, noch erwarten dürfen. Im Unterschied zu den Nitrosaminen in den Sartanen handele es sich in diesem Fall nicht um eine im engeren Sinne unerwartete Verunreinigung, denn das Auftreten von 4-Chloranilin könne mehrere Ursachen haben. Grundsätzlich gelte, dass kleine Änderungen eines Syntheseweges, wie z. B. der Reaktionsbedingungen, der Aufreinigungen oder der Wechsel eines Startmaterial-Herstellers, schon zur Entstehung von bis dahin nicht beobachteten Verunreinigungen führen können. Die Autoren betonen, dass dies im Grunde für alle Arzneistoffe gilt. Ihre Forderung: Bei der Planung einer Wirkstoffsynthese muss immer eine Risikoanalyse durchgeführt werden, auch dann, wenn es sich um einen bereits gut bekannten Herstellungsweg handelt. Dabei müssen alle Verunreinigungen der bei der Synthese verwendeten Ausgangsstoffe, Katalysatoren und Hilfsstoffe sowie der Lösungsmittel, deren Reaktionen untereinander sowie deren Verschleppung in die nächsten Reaktionsschritte, die Reaktivität der Zwischenprodukte und ggf. Zersetzungsprodukte beachtet werden. Außerdem müssen kleine Abweichungen der Reaktionsbedingungen und auch Qualitätsänderungen der verwendeten Chemikalien in die Analyse Eingang finden. Daraus erwächst schnell eine komplexe Matrix, die in die Qualitätsanalytik mit eingehen muss. Die Autoren weisen zudem darauf hin, dass in den letzten Jahren die Analysenverfahren, insbesondere die massenspektrometrischen Detektionsmöglichkeiten der HPLC/UPLC, immer empfindlicher geworden sind, so dass man auch kleinste Mengen finden und sie aufgrund der Genauigkeit der Massenbestimmung auch einer Summenformel zuordnen könne. Zwar würde man so immer mehr Verunreinigungen finden können, aber Nitrosamine sollten nicht in Sartanen und 4-Chloranilin nicht in Paracetamol gefunden werden (DAZ 33, S. 40). |
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