Arzneimittel und Therapie

Fehlbildungen unter Modafinil

Narkolepsie-Therapie in der Schwangerschaft ist eine Herausforderung

Schadet eine Therapie mit Modafinil während der Schwangerschaft dem ungeborenen Kind? Bereits letztes Jahr kamen diesbezüglich Bedenken auf. Nun verdichten sich die Hinweise auf eine teratogene Wirkung.

Modafinil (Vigil®, Generika) ist ein Psychostimulans, dessen Wirkung zumind­est anteilig auf einer α1-Adrenozeptor-vermittelten zentralen Aktivierung beruht. Zugelassen ist der Wirkstoff zur Behandlung von exzessiver Tagesschläfrigkeit bei Narkolepsie. Off label wird Modafinil unter anderem auch zur Behandlung von Erschöp­fungszuständen bei Patienten mit multipler Sklerose angewendet. Aufgrund fehlender Sicherheitsdaten wurde auch bislang bereits von einer Einnahme während der Schwangerschaft abgeraten. Neuere Erkenntnisse deuten nun darauf hin, dass unter Moda­finil tatsächlich ein erhöhtes Risiko für kongenitale Fehlbildungen besteht: Der Hersteller Teva informierte im Juni 2019 die Fachkreise, dass im Zuge einer Interimsanalyse von Postmarketingdaten bei 15% der Kinder, bei denen im Mutterleib eine Moda­finil-Exposition bestand, schwerwiegende Fehlbildungen festgestellt wurden. Dies war nur bei 3% der nicht exponierten Kinder der Fall.

Foto: Syda Productions – stock.adobe.com

Modafinil wird zur Behandlung von Patienten mit Narkolepsie eingesetzt. In der Schwangerschaft ist jedoch Vorsicht geboten – als Alternative kommt Methyl­phenidat infrage.

Eine Forschergruppe der Universitätsklinik von Odense, Dänemark, hat nun eine Analyse aller Schwangerschaften des dänischen Gesundheitsregisters der Jahre 2004 bis 2017 publiziert. Modafinil-Expositionen wurden mit Verschreibungen innerhalb des ersten Trimenons der Schwangerschaft de­finiert. Verglichen wurden diese Schwangerschaften mit Schwangerschaften unter Methylphenidat, für das bisher keine Assoziationen zu Fehlbildungen bekannt sind, sowie mit Schwangerschaften ohne Einnahme einer der beiden Substanzen. Schwangere, die bekannte Teratogene einnahmen, wurden von der Analyse ausgeschlossen. Schwere Malformationen während der Schwangerschaft und bis zur Vollendung des ersten Lebens­jahres des Kindes wurden anhand der EUROCAT-Kriterien (European network of population-based registries for the epidemiological surveillance of congenital anomalies) festgestellt. Die Risiken der einzelnen Gruppen wurden anschließend ver­glichen. Dabei wurden potenzielle ­Verzerrungsfaktoren wie bestehende Grunderkrankungen, gleichzeitige Einnahme zentral wirkender Substanzen und das Alter der Mutter berücksichtigt. 49 Schwangere nahmen im ersten Trimenon Modafinil ein (0,006%), 963 (0,12%) Methylphenidat. 828.644 Schwangerschaften ohne eine Einnahme der Wirkstoffe dienten als Kontrolle.

Signifikant erhöhtes Risiko

Sechs schwerwiegende Fehlbildungen (12%) wurden unter Modafinil, 43 (4,5%) unter Methylphenidat und 32.466 (3,9%) in der Kontrollgruppe beobachtet. Ein signifikant erhöhtes Risiko für Fehlbildungen im Zusammenhang mit Modafinil wurde sowohl gegenüber der Kontrolle (adjustiertes Odds Ratio [OR] 2,7; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,1 bis 6,9) als auch gegenüber der Methylphenidat-Therapie (OR 3,4; 95%-KI 1,2 bis 9,7) festgestellt. Dagegen war die Einnahme von Methylphenidat im Vergleich zur Kontrolle nicht mit einem erhöhten Risiko assoziiert (OR 0,69; 95%-KI 0,69 bis 1,3).

Auch wenn die Studie Limitierungen aufweist, beispielsweise die vergleichsweise geringen Fallzahlen in der Modafinil-Gruppe, sprechen die statistisch signifikanten Ergebnisse für eine mögliche Teratogenität von Modafinil im ersten Trimenon. Narkolepsie selbst erhöht das Risiko bisherigen Erkenntnissen zufolge nicht. Die Studienautoren raten Frauen mit Kinderwunsch daher von einer Modafinil-Therapie ab. |

Literatur

Damkier P et al. First-trimester pregnancy exposure to modafinil and risk of congenital malformations. JAMA 2020;323(4):374-376

Apotheker Dr. Peter Meiser

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