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Hörtest in der Apotheke

Partneraktion mit Akustikern bietet niederschwelligen Zugang bei Hörproblemen

Viele Menschen scheuen den Gang zum Hörakustiker, auch wenn sie längst merken, dass sie bei Weitem nicht mehr so gut hören wie in früheren Zeiten. Einen deutlich niederschwelligeren Zugang bietet dagegen die Apotheke: Wird dort in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Akustiker ein Hörtest angeboten, profitieren alle – der Kunde, weil eine eventuelle Schwerhörigkeit frühzeitig erkannt wird, der Akustiker, weil Betroffene sich an ihn wenden, und die Apotheke, weil sie sich als Gesundheitsdienstleister profilieren und möglicherweise auch Neukunden gewinnen kann.

In der Brücken-Apotheke am Rande der Bamberger Altstadt findet in einem kleinen Nebenraum der „Aktionstag Hören“ statt: ein Tisch, zwei Stühle, eine Plexiglaswand, dahinter die Hörberaterin Edda Hess. Und davor Herr Schneider, der gerade einen Hörtest macht. Herr Schneider ist Ende 70, war noch nie bei einem Hörakustiker und ist auch heute nur gekommen, weil seine Frau es will. Nach dem Test erklärt Hörberaterin ­Edda Hess: „Herr Schneider. Sie ­gehören versorgt!“ Und weiter: „Es gibt einen ganz klaren Zusammenhang zwischen schwierigen Hör­situationen und rechtzeitiger Versorgung mit Hörgeräten. Und wenn Sie jetzt nichts machen … Es ist nicht so, dass Ihnen eine spätere Hörgeräteversorgung gar nichts mehr bringt. Aber schwierige Hörsituationen werden dann schwierig bleiben.“ Herr Schneider scheint beeindruckt. Zum Abschied erhält er einen Flyer sowie ein paar Give-aways des lokalen Partnerbetriebs Knippen Hörakustik.

Seit 2007 ist Edda Hess regelmäßig als Hörberaterin im Einsatz, seit 2019 ist sie mit der Apothekenak­tion des Hörgeräteherstellers GN Hearing unterwegs. „Ich bin keine Hörakustikerin“, erklärt Edda Hess ihre Beratungsstrategie. „Ich will keine Hörgeräte verkaufen. Das ­sage ich jedem meiner Besucher. Ich komme von der Industrie. Und die weiß, dass es tolle Hörgeräte gibt, die in der Schublade liegen. Das liegt nicht an den Hörgeräten. Grund ist vielmehr, dass Leute zu lange zögern, ehe sie ins Hörakustikfachgeschäft gehen.“

Grundsätzlich – so Edda Hess – müsse sie jeden ihrer Besucher dort abholen, wo er oder sie sich gedanklich befindet. Bei Männern wie Herrn Schneider sei das mitunter schwieriger: „Männer ­kommen nicht freiwillig, Frauen schon. Das ist so in dieser Gene­ration. Die Männer glauben, sie dürfen keine Schwäche zeigen. Und viele 70- bis 80-Jährige sind ja noch topfit. Das macht es aber nicht leichter.“

Foto: GN Hearing

Mit Roll Up und Beachflag in der Apotheke Hörberaterin Edda Hess.

Auch wenn der Aktionstag vor allem mit einem kostenlosen Hörcheck wirbt, wichtig sei eigentlich etwas anderes: „Es geht vor allem darum, mit den Leuten zu sprechen, dabei ihre Vorbehalte und Ängste nicht auszuklammern. Erst danach kann ich ihnen nämlich wirklich vermitteln, wo Chancen und Risiken bestehen, wenn sie jetzt aktiv werden bzw. weiter ­abwarten. Und vor allem mache ich Mut: ‚Es kann Ihnen doch gar nichts passieren. Im schlimmsten Fall probieren Sie die Hörgeräte aus und wollen sie nicht. Aber wenn Sie Ihr Problem weiter ausblenden, kommt irgendwann der Punkt, an dem Sie feststellen, dass gar nichts mehr geht.‘“

90 Prozent würden nicht zum Akustiker gehen

Die Beraterin erklärt auch, warum es sich bei den GN Apothekenaktionen keinesfalls um klassische Hörtestpromotion handelt, wie man sie häufig auf Wochenmärkten oder in Einkaufszentren erlebt. „Entscheidender Unterschied ist, dass es bei uns fest vereinbarte Termine gibt. Auch die üblichen Hörtestaktionen sind eine tolle Sache. Aber da geht es um Masse. Man spricht jeden an und filtert einige heraus. Hier ­jedoch zählt vielmehr die Beratung.“ Wobei auch in der Apotheke Kunden durchaus spontan an der Aktion teilnehmen können, falls noch Termine frei sind.

Die Apothekenkunden, die zum Termin bei Edda Hess kommen, wissen mehr oder weniger schon, dass sie ein Hörproblem haben. „Aber sie haben bislang nichts dagegen unternommen – aus ganz verschiedenen Gründen. Oder sie hatten bereits etwas unternommen, aber der Erfolg blieb aus. In jedem Fall bietet ihnen die vertraute Apotheke einen guten Rahmen für die Beratung. 90 Prozent der Leute, die wir hier abholen, sind noch längst nicht so weit, dass sie von sich aus zum Akustiker gehen würden.“

Mit Mehrwert im Gespräch bleiben

Aber sie gehen zur Apotheke. Stellt sich die Frage, was die Apotheke eigentlich davon hat, ihren Kunden eine Höraktion anzubieten? Hartmut Held, Inhaber der Heldschen Apotheken in Bamberg, Strullendorf und Hirschaid, macht ebenfalls mit bei der Hörtestaktion. „Unsere Apotheken sollen nicht nur ein Platz zum Verteilen von Medikamenten sein“, erklärt Held. „Vielmehr verstehen wir uns als ein ‚Haus der Gesundheit‘, also als ganzheitlicher Gesundheits­anbieter. Und da gehören Themen wie Hören und Hörverlust natürlich auch dazu. Mit solchen Aktionen wollen wir unseren Kunden über die Medikamente hinaus einen Mehrwert bieten.“ Sicherlich könne man nicht direkt messen, inwieweit sich das für die Apotheke rechne. „Aber ich bleibe im Gespräch. Die Kunden sehen, dass bei uns auch mal etwas anderes angeboten wird. Es kommt unserem Image zugute. Und ich glaube schon, dass es unterm Strich auch wirtschaftlich etwas bringt.“

Der Akustiker als Höhle des Löwen

Statt hoher Barrieren baut Edda Hess eine möglichst niedrige Schwelle für den Einstieg. Doch was, wenn jemand zum Termin kommt, der noch gar keine Hörgeräte braucht? „Werden die Töne im Bereich der Sprache gehört und ist alles okay, dann sage ich das auch“, erklärt die Hörberaterin. „Aber wenn dem nicht so ist, dann erkläre ich: ‚Da können Sie sich anstrengen, wie sie wollen; was weg ist, ist weg … Die Buchstaben fallen Ihnen einfach aus den Wörtern. Und jetzt, mit den Atemschutzmasken, ist es dann umso schwieriger. Jeden Tag, den Sie weiter warten, entwöhnen Sie Ihr Gehör ein bisschen mehr.‘“

Sicherlich – so Edda Hess – gäbe es auch Besucher, die einfach gut hören. Und dass sie das beim Hörcheck dann erfahren, sei doch wichtig. „Wobei ich auch immer darauf hinweise, dass das Hörvermögen schwanken kann und es nicht schadet, noch einen genaueren Test beim Akustiker zu machen. Ich schicke also nicht nur diejenigen ins Fachgeschäft, die eine klare Indikation haben. Und nicht jeder, den ich heute oder morgen zu Herrn Knippen bringe, wird gleich mit einer Verordnung kommen. Aber dann war derjenige immerhin schon mal im Geschäft.“ Steter Tropfen höhle ja bekanntlich den Stein. Außerdem sei das Fachgeschäft anfangs in den Augen der Leute oft so eine Art Höhle des Löwen: „Erst mal fürchten viele, dass sie auf jeden Fall Hörgeräte bekommen, wenn sie dort hineingehen – und dann natürlich die teuersten. Ich spreche solche Ängste offen an und sage, dass es so gar nicht ist: ‚Kein Mensch der Welt kann Ihnen zu früh Hörge­räte verordnen oder verkaufen. Da gibt es eine ganz klare Versorgungswürdigkeit. Denken Sie mal nicht, dass eine Kasse zu früh Hörgeräte bezahlt!‘“

Foto: GN Hearing

Kleiner Tisch, zwei Stühle, Plexiglaswand Schon ein kleiner Raum reicht aus, um einen Hörtest durchzuführen.

Und wenn sich der Besucher partout gegen Hörgeräte sperrt, obwohl er sie braucht? „Dann lass ich los. Es bringt nichts, Druck auszuüben und jemandem etwas überzustülpen. Das hilft weder der Apotheke noch dem Akustiker. Der andere muss bereit sein, den nächsten Schritt zu nehmen. Das gelingt nicht immer. Manchmal geht jemand auf dem Weg ins Fachgeschäft verloren. Auch das ist in Ordnung. Dann braucht derjenige einen zweiten Anlauf.“

Auch der Inhaber von Knippen ­Hörakustik ist begeistert von der Apothekenaktion. Diese musste zunächst wegen der Pandemie verschoben werden, doch inzwischen habe sich die Lage etwas gewandelt. Natürlich müsse man vorsichtig sein. Aber die Pandemie mache vielen auch umso mehr bewusst, wie wichtig gutes Hören ist.

„Entscheidend für den Erfolg einer solchen Aktion ist natürlich auch Werbung“, so Reinhard Knippen. „Wir haben selbst die Werbetrommel gerührt, insbesondere über Facebook. Noch wichtiger ist, dass die Apotheke mitzieht. Sie hat die Aktionen schon im Vorfeld beworben. Die Mitarbeiterinnen haben Flyer verteilt und Termine gemacht. Frau Hess hat sich mehrfach mit der Apotheke abgestimmt. Und ich war auch dort, um ins Gespräch zu kommen. Schließlich soll von so einer Aktion auch jeder etwas haben.“

Detaillierte Planung und vielfältige Werbemittel

Alle Schritte für die Vorbereitung der Apothekenaktionen wurden vom Marketingteam der GN Hearing in enger Abstimmung mit ­Edda Hess exakt geplant. Üblicherweise meldet sich ein Hörakustikbetrieb bei dem Unternehmen. Es ist aber auch möglich, dass sich eine interessierte Apotheke meldet und der Hersteller einen passenden Akustiker vor Ort sucht. Ist das passiert, stimmt Edda Hess mit der Apotheke den Aktionstermin ab und erklärt alle Details. Parallel dazu erhält die Apotheke eine Sendung mit Werbematerialien und eine Zusammenfassung aller wichtigen Punkte.

„Es gibt eine Aktionsmappe mit sämtlichen Unterlagen“, so Sabine Thier, Marketingreferentin der GN Hearing und verantwortlich für die Apothekenaktionen. „Unsere Werbemittel sind bewusst neutral gehalten. Es ist nämlich wichtig, dass das Angebot als neutrale Information wahrgenommen wird – und nicht etwa als Verkaufsaktion.“

Zur Bewerbung des Tages bringt Edda Hess ein Roll Up und Beach Flags mit. Die Apotheke erhält vorab ausreichend Flyer sowie Plakate in A1 und in A4. Hinzu kommen Werbemittel, mit denen man die Aktion in diversen Kanälen ankündigen kann – digital sowie im Print. Das reicht von Anzeigenvorlagen und Textbausteinen für eine Kundeneinladung bis zu PR-Artikeln oder einem Werbeclip für Social Media. Auch eine Liste für die Termine und eine Vereinbarung für die Datenerfassung gibt es. Neu ist ein kleines Infoblatt, das über die besondere Bedeutung des guten Hörens in Zeiten von COVID-19 informiert.

Flyer mit Apothekenlogo

Wichtigstes Medium ist der Aktionsflyer, auf dem auch das Logo der Apotheke erscheint. „Die Apotheke sollte den Flyer aktiv anbieten und in die Kundenzeitschrift einlegen“, so Sabine Thier. „Außerdem sollten die Apotheken die Plakate natürlich auch aufhängen. Und es reicht nicht, den Flyer nur auszulegen. Die Leute müssen aktiv angesprochen werden.“

Eine Woche vor der Aktion meldet sich Edda Hess dann nochmals bei der Apotheke, fragt, wie die Vor­bereitungen aussehen, und gibt Tipps, falls es noch nicht genug Termine gibt. „Es gibt Aktionen, bei denen der Terminplan komplett voll ist“, so Sabine Thier. „Das steht und fällt mit der Apotheke. Hat die einen guten Draht zu ihren Kunden und bereits Erfahrungen mit Aktionen, dann macht das viel aus.“ |

Martin Schaarschmidt, PR-Berater und Fachjournalist, ist u. a. für die GN Hearing tätig.

Interessierte Apotheken erhalten Infos unter marketing@gnresound.de

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