Management

Was will ich wirklich in meinem Leben?

Die eigenen Lebensziele finden, verfolgen und verwirklichen

„Manche Menschen planen einen zweiwöchigen Urlaub mehr als ihr Leben!“ Dieser Spruch steht auf einer der Coaching-Karten, mit denen ich gerne arbeite. Es ist eine schlichte Feststellung und doch führt sie bei den Teilnehmern, die an dieser Karte vorbeilaufen, immer wieder zu einem Moment des Innehaltens. Vielleicht weil die Karte auf den ersten Blick freundlich wirkt in ihrem unscheinbaren Rosé, aber bei genauerem Hinsehen konfrontiert sie einen. Sie fragt: „Was ist mit deinen Lebens­zielen? Hast du überhaupt welche? Tust du das, wofür du in diesem Leben angetreten bist, oder lässt du dich vor den Karren spannen?“

Der Umgang mit Lebenszielen ist so unterschiedlich wie die Lebensziele selbst. Es gibt Menschen, die wissen schon als Kind, was sie einmal werden möchten. An anderen rauscht das Leben vorbei und irgendwann heißt es: „Ups, schon 60! Wie ist das denn passiert?“ Es kann Stolpersteine auf dem Weg zum Lebensziel geben oder die dreispurige Autobahn, der es lediglich zu folgen gilt. So unterschiedlich kann es laufen. Die erste Hürde ist sicher das Aufspüren der Lebensziele.

Foto: RioPatuca Images/AdobeStock

Da hoch will ich auch Ein noch unbewusstes, aber klares Ziel. Haben wir für unser Leben bewusste Ziele?

Lust über sich hinaus­zuwachsen

Es gibt einiges an Literatur zum Thema Lebensziele. Wenn es darum geht, die Lebensziele zu bestimmen, lassen sich Aussagen finden wie: „Natürlich lässt sich im Leben nicht alles erreichen.“ Begründet wird damit, dass es immer ungünstige Umstände geben kann: manchmal ist es die Herkunft, manchmal bringt man nicht die persönlichen Fähigkeiten mit, die nötig wären, manchmal passen die Umgebung oder die eigene Verfassung nicht.

Ich denke dann immer: „Wie hübsch. Wer sich mit dem Thema beschäftigt, aber noch eine gute Ausrede braucht, damit er sein ­Lebensziel nicht verwirklichen muss, der bekommt auch hierzu tolle Tipps.“ Natürlich, irgendwas ist ja immer und ein gutes Pferd springt eh nicht höher, als es muss. Mit dieser Haltung lässt sich ein Leben gestalten.

Wer aber Lust hat, über sich hinauszuwachsen, der sollte sich nicht von dem, was andere für machbar halten, beirren lassen. Bei der Suche nach den Lebenszielen ist der altehrwürdige Realismus nicht der richtige Berater, den braucht es erst viel später.

Wie lassen sich jetzt diese Lebensziele finden, sofern wir noch keine haben, aber welche haben möchten? Eine Methode von vielen ist im Folgenden beschrieben.

Dinner for me

Wir springen ein paar Jahre in die Zukunft. Es ist Ihr 80. Geburtstag. (Die engagierten Kollegen, die bereits 80 Jahre alt sind und nach wie vor die Fachliteratur an dieser Stelle verfolgen, denken bitte an diesen Tag zurück.)

  • Wer ist an diesem Tag dabei – Freunde, Familie, Ihr Mann oder Ihre Frau?
  • Wo findet der Geburtstag statt?
  • Was gibt es Leckeres zu essen?
  • Welche Highlights Ihres Lebens kommen in der Festrede zur Sprache?

Lassen Sie Ihr Leben Revue passieren. Fragen Sie sich, worauf Sie besonders stolz sind und was die schönsten Erfahrungen in Ihrem Leben waren. Gibt es etwas, das Sie bereuen? Besonders interessant ist, wenn Sie bereuen, etwas nicht getan zu haben.

Diese „Retrospektive“ lässt Lebensziele aufblitzen und wichtig werden, die Ihnen vorher nicht bewusst waren, z. B.:

  • Mehr Zeit mit der Familie
  • Ein eigenes Haus
  • Einen einmonatigen Aufenthalt im Kloster
  • Ein Praktikum in einer Manufaktur für Füllfederhalter
  • Ein Segelboot

Es kann auch etwas vollkommen anderes sein. Die Lebensziele sind so individuell wie die Menschen, zu denen sie gehören.

Vorbilder suchen

Wenn Sie ein Lebensziel haben, ist die Erreichung dieses Ziels unter Umständen schwieriger als gedacht. An Neujahr noch ganz oben auf die Liste der guten Vorsätze geschrieben, dann kommt der Alltag und schon ist wieder Weihnachten. (So geht es mir auf jeden Fall mit einem meiner lang ersehnten Lebensziele. Mal sehen, wie ich mich dieses Jahr schlage.)

Der Autor John Strelecky stellt in seinem Bestseller „The Big Five for Live: Was wirklich zählt im Leben“ das Thema Lebensziele auf eine narrative Weise dar. Er rät, sich Vorbilder zu suchen, die das Lebensziel, welches man anstrebt, bereits erreicht haben. Zwar startet jeder, der diesen Weg geht, mit anderen Voraussetzungen, doch Vorbilder geben eine erste Orientierung. Sie dienen als Wegweiser und geben die Gewissheit, dass es gelingen kann. Es geht darum, den ersten Schritt zu tun. Im Weiteren schlägt Strelecky die Methode „Sampling“ vor, also das „auf den Geschmack bringen“. Sobald Sie Ihr Lebensziel bestimmt haben, schreiten Sie häppchenweise voran. Jeden Tag gönnen Sie sich vorerst nur eine kleine Kostprobe Ihres neuen Lieblingsthemas. In der ersten Woche beschäftigen Sie sich 5Minuten pro Tag und wirklich nur 5 Minuten mit dem neuen Thema. In der zweiten Woche sind es 10 Minuten und wirklich nur 10 Minuten, dann 15 Minuten, 20 Minuten und so weiter. Wozu soll das gut sein? Diese Restriktion wird Sie am Anfang auf die Palme bringen, aber die Restriktion unterwandert auch den Selbstzweifel und die „Wie soll ich das im Alltag unterbringen?“-Überlegungen. Es sind ja nur 5 Minuten. Die Motivation wächst, Sie werden selbstsicherer. Nach ein paar Wochen wird es Ihnen wahrscheinlich zu bunt und Sie beginnen konsequent an der Erfüllung Ihres Traumes zu arbeiten. Dieses Vorgehen ist sozusagen ein individueller Lebensziel-Schnupperkurs.

Dem Realismus Raum geben

Umso weiter jeder auf seinem Weg voranschreitet, umso mehr kommt die eigene Persönlichkeit zum Tragen. Ich hatte versprochen, dass der Realismus den Raum bekommt, der ihm gebührt. Wenn es nicht so recht gelingen mag, helfen ein paar ehrliche Fragen weiter: Worum geht es mir eigentlich? Habe ich ein wichtiges Kriterium übersehen, was ich in die Recherche hätte einbeziehen sollen? Muss ich den Weg bis zu Ende gehen oder ist ein Teil des Weges auch ein Erfolg? Was wäre genug?

Unerreichbare Ziele sind nicht so demotivierend wie allgemein angenommen, sie können einen sehr positiven Effekt auf uns haben. Sie entwickeln eine Zugkraft, die uns viel weiter kommen lässt im Leben, als wenn wir vor lauter realistischer Betrachtung gar nicht angefangen hätten. Einige unserer Ziele dürfen deswegen Träumereien bleiben, einen Vorteil haben wir trotzdem.

Nach meinem Studium hatte ich naiv meiner Bankberaterin erzählt, was ich in den nächsten Jahren für mich realisieren wollte. Die Rückzahlung meines BAföG war zu diesem Zeitpunkt gerade am Anfang und ich war solo. Neben dem Musikunterricht standen ein eigenes Haus, ein fahrtüchtiges Auto, ein Mann und anderes auf der Wunschliste. Sie fragte mich, wie ich denn vorhabe, das Geld für all diese Wünsche zusammenzubekommen, den Mann mal ausgenommen. Dieser Frage entnahm ich, dass ich für die Verwirklichung wohl kein Geld von der Bank kriegen würde und mich selbst darum kümmern musste. Beantworten konnte ich die Frage ad hoc jedoch nicht.

Etwas über 10 Jahre später weiß ich, dass alle Punkte dieser Liste abgehakt sind oder ich sie im Laufe der Zeit guten Gewissens gestrichen habe. Ohne diesen inneren Kompass würde mein Leben heute deutlich anders aussehen, weil es viele kleine Entscheidungen sein können, die uns zum Lebensziel hin oder von ihm wegführen.

Geschafft!

Leicht gerät das, was wir im Leben schon erreicht haben, in Vergessenheit. Sportler bekommen Medaillen oder haben Pokale auf dem Schrank stehen. Unsere erreichten Lebensziele bleiben häufig unsichtbar. Das geht nicht, sie sind zu kostbar, die Erinnerung daran macht stolz und motiviert dazu, die nächsten Sternstunden im Leben wahr werden zu lassen. Einige Menschen führen zu diesem Zweck ein Erfolgsjournal.

Eine Alternative, die alles noch sichtbarer werden lässt, ist das Vision Board. Es ist eine visuelle Zusammenfassung der erreichten Lebensziele aus allen Lebens­bereichen und erinnert immer wieder aufs Neue an unsere Wüsche, Träume, Visionen und Bedürf­nisse. Es besteht aus Zeichnungen, Fotos, Zeitungs­ausschnitten oder anderem.

Eigene Vision Boards darf es für aktuelle Projekte geben, für Lebensziele, die sich gerade noch in Arbeit befinden. Was wir jeden Tag vor Augen haben, lässt sich nicht so leicht vergessen. Wir denken daran, prägen es uns ein und setzen uns damit auseinander. Unser Lebensziel wird alltäglich präsent und wir nehmen uns fast automatisch die Zeit für die Dinge, die uns glücklich machen.

Und was kommt danach?

Es gibt große und kleine Lebensziele. Der Protagonist in „The Big Five for Live“ arbeitet mit fünf Lebenszielen. Die Arbeit an den Lebenszielen darf ein Prozess sein, der Sie bis zum letzten Tag begleitet. Wer sich voll und ganz auf nur ein Ziel fixiert, läuft Gefahr, den Halt zu verlieren, wenn das Ziel erreicht ist oder sich als nicht erreichbar herausstellt.

Die Zeit und die Energie, die wir zur Verfügung stellen, sind wertvolle Ressourcen. Es sollte also ein Innehalten erlaubt sein, um sich zu fragen: Bin ich gerade produktiv oder nur aktiv? Mache ich wieder ganz, ganz viel, was mich von der Erreichung meines eigentlichen Ziels ablenkt? Messe ich mein Jahr immer noch in Tagen oder in Sonnenunter­gängen, deliziösem Kaffee, Lachen und Meeresbrisen? Wenn Sie Lust haben, mich an Ihrem Weg zum Lebensziel teilhaben zu lassen, dann schreiben Sie mir gerne an folgende Adresse: mail@anjakeck.de. Ich freue mich darauf. |

Anja Keck ist Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie, Master-Coach (DGfC) und Systemische Beraterin; www.anjakeck.de

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.