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Management

Das Salomon-Paradoxon überwinden

Warum der Ratschlag an andere uns leichter fällt als die eigene Problemlösung

Probleme treten auf und müssen gelöst werden. Das ist in allen Lebensbereichen so. Doch ins­besondere die Lösung eigener Konflikte und Problemstellungen kann sich schwierig gestalten. Anderen Menschen einen guten Ratschlag zu geben, ist hingegen meist einfacher. Warum ist das so? Das Salomon-Paradoxon ist ein Grund dafür, warum wir vor allem im eigenen Wald den Überblick vor lauter Bäumen verlieren.

Manchmal stecken wir regelrecht in der Zwickmühle. Sei es im Privaten oder auch im beruflichen Umfeld, nicht immer liegt die Lösung eines Problems direkt auf der Hand. Zeitweise kann es sein, dass wir den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Interessanterweise ist das besonders im eigenen Wald schwierig. Sollte es uns nicht dort jedoch besonders leichtfallen? Schließlich kennt niemand unsere eigene Situation so gut wie wir selbst. Jedoch ist es ein durchaus weitverbreitetes Phänomen, dass es uns leichter fällt, anderen Menschen gute Ratschläge zu geben, als im eigenen „Dickicht“ der Probleme und Konflikte eine Lösung zu finden.

Auch im beruflichen Umfeld der Apotheke stehen wir uns hin und wieder selbst im Weg – oder kommen einfach nicht auf den besten Lösungsansatz. Der Arbeitsplatz Apotheke bietet durchaus Reibungspunkte. Apothekenintern kann es knirschen, sei es die Unzufriedenheit mit dem Führungsverhalten der Vorgesetzten oder mit der internen Kommunikation. Konflikte mit Kunden drehen sich immer wieder um die gleichen Bereiche. Retaxationen häufen sich ohne naheliegenden Grund. Besonders stressig kann sich zudem ein als schlecht empfundenes Betriebs­klima auswirken. Die Diagnose: Irgendwas läuft unrund. Doch nicht immer kommen die Betroffenen darauf, wie die Probleme zu lösen sind. So kann eine gewisse Betriebsblindheit hinderlich sein. Häufig kommt zusätzlich ein Phänomen zum Tragen, das unter dem Namen „Salomon-Paradoxon“ bekannt ist. Was verbirgt sich dahinter? Und wie kann es überwunden werden?

König Salomon war ein guter Ratgeber – oder?

Die biblische Figur des König Salomon ist besonders durch das sogenannte „Salomonische Urteil“ im kollektiven Gedächtnis ge­blieben. Doch wer soll laut Überlieferung König Salomon gewesen sein? Und war seine Urteilskraft tatsächlich so weise – sprich so salomonisch? Wer etwas über den berühmten König erfahren will, muss sich biblischer Darstellungen bedienen. Er wird als der dritte König über Israel und Juda bezeichnet und soll im 10. Jahrhundert v. Chr. in Jerusalem gelebt haben. Jedoch sind weder seine Lebensdaten exakt über­liefert noch sind Spuren seiner Existenz außerhalb der Schriften der Bibel zu finden.

In den biblischen Erzählungen wird unter anderem von der berühmten Weisheit König Salomons berichtet. Weite Strecken sollen die Menschen damals in Kauf genommen haben, um sich seinen Ratschlag einzuholen. Bekannt ist insbesondere die Schlichtung eines Streits zweier Frauen um ein Kind. Beide behaupteten, die wahre Mutter dieses Kindes zu sein. Nur eine der beiden stimmte dem Vorschlag Salomons zu, das Kind in zwei Teile zu teilen. Durch diese Reaktion soll er die eigent­liche Mutter ermittelt haben, denn diese hätte einer solchen Idee niemals zugestimmt. Diese Erzählung steht seither als das klassische Beispiel der sprichwörtlichen „salomonischen Weisheit“.

Nicht so bekannt sind die weniger weisen Seiten König Salomons, wenn es um sein eigenes Leben ging. Er soll unter anderem verantwortlich für hohe Steuern und Frondienste gewesen sein, die seinem Volk abverlangt wurden. Außerdem werden eine extreme Vielweiberei und ein insgesamt unangemessener Lebensstil inklusive Geldverschwendung in den Erzählungen beschrieben.

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Buchstäblichen Abstand üben wir ja schon eine ganze Weile, aber schaffen wir es auch, zu unseren Problemen die richtige Distanz aufzubauen? Holen wir Rat von einer anderen Person, sind wir schon auf einem guten Weg.

Distanz erleichtert das Urteil

Bis zu einem gewissen Grad sind die meisten Menschen vom Salomon-Paradoxon betroffen. Der Name des israelitischen Königs steht für das Phänomen, die Probleme anderer Menschen leichter und umsichtiger betrachten zu können als die eigenen. Auffallend ist dabei, dass Menschen den Konflikten ihrer Mitmenschen mit mehr Einsicht begegnen und obendrein gelassener bleiben. Aus der größeren Distanz lässt sich meist leichter analy­sieren, urteilen und ratschlagen. Prioritäten können besser erkannt und eine verzerrte Wahrnehmung von Sachlagen eher vermieden werden. Eine zu große Nähe kann dagegen eine objektive Beurteilung von Problemen behindern oder sogar unmöglich machen.

(Fast) jeder kennt das: Die rich­tigen Schlussfolgerungen zu ziehen, ist schwieriger, wenn wir selbst betroffen sind. Es ist folglich nicht einfach, uns selbst einen guten Rat zu erteilen. Unsere inneren Konflikte aufzulösen und Verantwortung für unser Handeln zu tragen, ist alles andere als banal. Sich einfach selbst gut zuzureden, ist selten eine zielführende Strategie. Es reicht nicht aus zu sagen: „Das schaffst du schon!“ Leicht übersehen wir das Naheliegende. Wir sind zu sehr emotional verwickelt. Widrigkeiten, die sich uns in den Weg stellen, hemmen die Problemlösung. Je nachdem, wie schwerwiegend der Konflikt ist, in dem wir uns befinden, können sogar Angst und Unsicherheit dazukommen. Automatische Abwehrmechanismen erweisen sich als zusätzlicher Hemmschuh. Was also tun?

Den Blick von außen suchen

Wenn Sie zu den Menschen gehören, die gerne mal den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen – und das insbesondere in ihrem eigenen Wald –, dann können Ihnen vielleicht folgende grundsätzliche Betrachtungsweisen weiterhelfen:

  • 1. Psychologische Distanzierung: Dinge werden aus der Distanz klarer. Je weniger jemand von den Auswirkungen eines Problems selbst betroffen ist, desto ruhiger kann er die Lage beleuchten.
  • 2. Nicht Teil des Problems zu sein, hilft Lösungen zu finden.
  • 3. Die Rolle des externen Beobachters erleichtert nicht nur die Ideenfindung, sondern auch deren Umsetzung.

Dem Salomon-Paradoxon kann auf zwei unterschiedlichen Wegen begegnet werden. Beide Ansätze verbindet der Grundsatz, dass der Blick von außen – beziehungsweise die Distanzierung vom Problem oder inneren Konflikt, in dem wir uns befinden – zu einer besseren Sichtweise und zu besseren Lösungsstrategien führt.

  • 1. Den Ratschlag einer außen­stehenden Person einholen – als naheliegende Strategie, um Wahrnehmungsverzerrungen zu entgehen. Das erfordert allerdings im beruflichen Zusammenhang, dass die betreffende Person über eine ausreichende Sach- und Fachkenntnis verfügt und gleichzeitig nicht selbst in die Problematik eingebunden ist.
  • 2. Sich in Gedanken in die Rolle der ratschlagenden Person be­geben – also Punkt 1 simulieren. Die außenstehende Sichtweise wird dadurch von Ihnen selbst eingenommen. Sie treten mit sich selbst in einen inneren Dialog. Bei diesen Selbstgesprächen zeigt sich, dass es auch dort einen Unterschied macht, ob Sie den Inhalt an sich selbst adressieren – also die „Ich-Form“ benutzen –, oder ob Sie in der zweiten Person mit sich selbst sprechen. In diesem Fall nehmen Sie ebenfalls eine distanzierte Position ein. Diese Distanzierung hat sich in vielen Fällen als besonders erfolgreich herausgestellt.

Problemorientierung oder Lösungsfokussierung?

Egal, ob Salomon-Paradoxon, ob eigene Probleme oder die der anderen – eine Frage bleibt bestehen: Wie gehen wir mit Problemstel­lungen um? Fokussieren wir uns auf die Entstehung des Problems? Stellen wir also das „Warum“ des Problems in den Vordergrund? Warum kommt es beispielsweise immer wieder zu Kundenreklamationen, Retaxationen oder ungünstiger Lagerhaltung? In diesem Fall ist unsere Herangehensweise eine problemorientierte. Oder wenden wir eher eine Lösungs­fokussierung an?

Sich nicht zu intensiv mit der Ursachenforschung aufzuhalten, setzt leichter kreative Ideen frei.

In vielen Fällen wird die Ursachenforschung in den Mittelpunkt gestellt. Das ist aber nicht immer richtig. Schneller und zielorientierter ist der Weg der Lösungs­orientierung. Doch warum ist das so? Das reine Diskutieren und Nachdenken über die Ursachen des Problems beinhaltet (zunächst) keinen Fortschritt. Wer nach einer Lösung sucht, sollte dies auch in den Mittelpunkt stellen. Sich nicht zu intensiv mit der Ursachenforschung aufzuhalten, setzt zudem leichter kreative Ideen frei. Das Vertrauen in die Lösungskompetenz wird gestärkt, Ressourcen werden geschont. Prozesse in der Apotheke werden umgestaltet, immer wiederkehrende Probleme effektiver gelöst. Also: Nicht zu lange nach den „Schuldigen“ suchen und rückwärtsgewandt agieren. Sich besser gleich kräfteschonend möglichen Lösungs­wegen zuwenden.

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Auch Betriebsblindheit führt dazu, dass man den Wald vor ­läuter Bäumen nicht sieht ...

Betriebsblindheit – bei uns nicht!

Neben der Lösungsorientierung kann auch die Vermeidung von Betriebsblindheit weiter­helfen. Eigentlich ist es ja ganz banal, dass eine gewisse Routine auch eine gewisse Blindheit für Schwachstellen im Betriebs­ablauf mit sich bringt. Im Prinzip ist da eine Distanzierung, wie sie auch zur Überwindung des Salomon-Paradoxons benötigt wird, ganz hilfreich. Sonst sieht auch der ­Erfahrenste irgendwann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Trotz dieser Evidenz gibt es immer auch wieder den Fall, dass das Vorhandensein einer Betriebsblindheit von sich gewiesen wird. Ganz nach dem Motto: Das kommt bei uns nicht vor! Doch ist das wirklich so?

Routine kann gut sein, verstellt aber den Blick auf betriebliche Erfordernisse und notwendige Veränderungen.

Betriebsblindheit: Was ist das? Betriebsblindheit beinhaltet, dass aktuelle betriebliche Vorgänge nicht mehr neu beurteilt werden und stattdessen nur aufgrund von Routinen und aufgrund der Vergangenheit beibehalten und für richtig befunden werden. Natürlich ist Routine einerseits gut. Ohne sie könnten wir unsere täglichen Aufgaben nicht sicher und schnell erledigen. Andererseits verstellt sie uns den Blick auf die betrieblichen Erfordernisse und notwendige Veränderungen. Was also tun?

Zunächst einmal muss man sich der Problematik bewusst sein, dann die richtigen Fragen stellen und zielführende Strategien entwickeln. Vier grundsätzliche Punkte sollten Sie beherzigen:

  • 1. Selbstkontrolle ausüben: Kontrollieren Sie regelmäßig Ihre eigene Arbeitsweise. Begeben Sie sich in eine distanzierte Haltung und versuchen Sie, das eigene Handeln möglichst objektiv zu beobachten und zu hinterfragen. Bemühen Sie sich vor allem darum, den Routinefallen zu entgehen.
  • 2. Kritisch denken: Kritisches Denken bleibt eine dauerhafte Aufgabe. Das sollte ebenfalls dazu führen, dass Sie Tätigkeiten nicht nur aus Routine so aus­führen, wie Sie sie ausführen, sondern dass Sie stattdessen Ihr Tun regelmäßig hinterfragen.
  • 3. Feedback einholen: Das Einholen von qualifiziertem Feedback ist sehr wichtig, um nicht blind für die Probleme des Betriebes zu werden. Der bewusste Dialog mit Kollegen und mit Kunden kann zielführend sein.
  • 4. Veränderungen bewirken: Der Wille zur Veränderung sollte gepflegt werden. Verharren Sie nicht in Routinen. Helfen Sie auch Ihrem Team, nicht in Routinen zu ersticken. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran. |

Inken Rutz, Apothekerin und freie Journalistin

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