Management

Der Durchsetzungsstil als Erfolgskriterium

Zwischen Immerlieb und Alpha-Ekel – wie Sie am besten Ihre Ziele erreichen

Dem lieb-braven Menschen gehört nicht immer die Welt, und zuweilen ist eine gehörige Portion Durchsetzungsver­mögen vonnöten, um Ziele zu erreichen. Wie gelingt es Apothekenleitern, mehr Biss zu zeigen und ihre Interessen mit Durchsetzungsstärke zu verteidigen? Und wann ist Durchsetzungsstärke kontraproduktiv?

Wenn ein Mitarbeiter Mobbing-Amok läuft und Kollegen drang­saliert oder gar schikaniert und damit die Apotheke als Intrigantenstadl missbraucht, muss und darf der Chef keine Rücksicht nehmen. Er sollte über die notwendige Durchsetzungsstärke, eine unnachgiebige Haltung und Ellbogenmentalität verfügen, um den mobbenden und intriganten Mit­arbeiter in die Schranken zu weisen. Doch im alltäglichen Umgang mit Kunden, Angestellten, Ärzten und Pharmareferenten ist das richtige Maß an Durchsetzungsstärke notwendig, um einerseits seine Ziele umzusetzen und andererseits Menschen nicht vor den Kopf zu stoßen. Hilfreich in diesem Zusammenhang ist es, wenn man einschätzen kann, welcher Durchsetzungstyp man ist.

Foto: Jana Krizova/AdobeStock

Welchen Druck baue ich auf, um mich durchzusetzen? Darüber nachzudenken hilft, den Durchsetzungsstil zu optimieren.

Durchsetzungsstil analysieren

Katharina Maehrlein beschreibt in der Zeitschrift managerSeminare (Heft 154, Januar 2011, S. 45) fünf Durchsetzungstypen, die einen bestimmten Durchsetzungsstil an den Tag legen: den Immerlieben, das Alpha-Ekel, den Entwickler/Umsetzer, den Sympathieträger und den nahbaren Souverän. Wer seinen Durchsetzungsstil optimieren möchte, kann analysieren, zu welchem Typus er gehört.

Von einem unsicheren Durch­setzungsstil wird gesprochen, wenn der „immerliebe“ Chef über ein nur wenig ausgeprägtes Selbstbewusstsein verfügt. In der Kommunikation mit Mitarbeitern droht die Gefahr, dass er als schwache Persönlichkeit wahr­genommen wird, der man „auf der Nase herumtanzen“ kann. Dieser Typus ist unter Apothekenleitern eher selten anzutreffen – wer aber dazu tendiert, sich immer und überall beliebt zu machen, kann prüfen, inwiefern es gelingen kann, mit mehr Selbstüberzeugung und Selbst­bewusstsein im Mitarbeiter- und im Kundenkontakt aufzutreten.

Mit anderen Herausforderungen hat das Alpha-Ekel zu kämpfen, das sich aggressiv durchzusetzen versucht, wobei diese Aggressivität oft eine innere Unsicherheit kompensiert. Bei Apothekenleitern, die sich im Selbstreflexionsprozess hier verorten, ist es angebracht, die Aggressivität zurückzufahren, da ihre Durchsetzungsstärke von Mitarbeitern und Kunden als sehr unangenehm wahrgenommen wird.

Hohe Durchsetzungsfähigkeit mit Tücken

Die weiteren Durchsetzungstypen – also Entwickler/Umsetzer, Sympathieträger und nahbarer Souverän – verfügen in der Regel über eine Persönlichkeitsstruktur, die ihnen hilft, ihre Ziele zu er­reichen. Der Entwickler/Umsetzer freut sich über eine hohe Durchsetzungsfähigkeit, die ihn zur Führungsfigur macht. Solche Chefs sollten allerdings darauf achten, dass sie ihre Mitarbeiter bei schwierigen Entscheidungen mitnehmen, überzeugen und für die Apothekenziele begeistern.

Dem Sympathieträger hingegen fällt es aufgrund seiner verbind­lichen und herzlichen Art leicht, andere für sich einzunehmen. Das ist im Kundengespräch meistens sehr nützlich, für den Umgang mit Mitarbeitern jedoch trifft dies nicht immer zu, etwa dann, wenn ein Mitarbeiter die freundliche und entgegenkommende Haltung ausnutzen will.

Der nahbare Souverän schließlich gilt als ideale Führungskraft, weil er es versteht, seine Durchsetzungsstärke dem jeweiligen Gesprächspartner und der jewei­ligen kommunikativen Situation so anzupassen, dass er seine Ziele erreicht und zugleich die Menschen dabei mitnimmt. Apothekenleitern ist daher zu empfehlen, in einem ersten Schritt den jeweiligen Durchsetzungsstil zu analysieren. Sie wissen dann, was zu tun ist, um sich sukzessive dem Ideal des Souveräns anzunähern.

Verhaltensveränderungen vornehmen

Wer sich auf der Skala der Durchsetzungsstärke in einem der Extrembereiche befindet – also entweder unter Durchsetzungsschwäche leidet und daher insbesondere von Mitarbeitern nicht akzeptiert wird oder allzu dominant agiert –, sollte auf jeden Fall Verhaltensveränderungen vornehmen. Der Ellbogentyp ist gut beraten, wenn er sich vor Augen führt, dass man in der Apotheke vor allem „gemeinsam stark“ ist und sich Apothekenziele dann am besten erreichen lassen, wenn jeder bereit ist, sein Bestes zu geben und seinen Beitrag dazu leisten will. Äußerst durchsetzungsstarke Chefs mit ­einem übersteigerten Ego stellen also in der Mitarbeitersitzung den Teamgedanken nach vorn, lassen den Mitarbeitern mehr Raum zur Entfaltung und zum eigenständigen Arbeiten und drängen so die eigene dominante Position etwas zurück. Sie schaffen mithin Rahmenbedingungen, die ihr Ego und ihre Durchsetzungsstärke einengen, indem sie den Mitarbeitern die Möglichkeit eröffnen und Anreize setzen, mehr Verantwortung zu übernehmen.

Eine gute Übung, um die dominante Durchsetzungsstärke ein­zudämmen, besteht darin, sich dezidiert vorzunehmen, den Mit­arbeitern zu danken und sie zu loben. Zudem ist es hilfreich, sich in deren Vorstellungswelt zu begeben und einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Es gilt: Alle Vorgehensweisen, die das eigene Ego ein wenig in den Hintergrund treten lassen, führen dazu, die eigene dominante Position zu relativieren. Die Folge: Das Umfeld interpretiert das Denken und Handeln zunehmend als weniger aggressiv.

Erfolge vergegenwärtigen

Chefs, die das Problem haben, allzu selbstlos zu agieren und darum von Mitarbeitern und Kunden als durchsetzungsschwach erlebt werden, ist zu empfehlen, sich auf die bisherigen Erfolge zu fokussieren. Allein schon die Tatsache, dass es gelungen ist, die Apotheke am Markt zu etablieren, ist ein deut­licher Beleg dafür, dass der Apothekenleiter Persönlichkeitseigenschaften und Kompetenzen hat, die ihn prädestinieren, etwas auf die Beine zu stellen, was nicht jeder schafft. Es ist an der Zeit, dass er sich diese Erfolge visualisiert und vor Augen stellt, um so Selbstbewusstsein zu tanken und sich von seiner Selbstwirksamkeit zu überzeugen.

Es gibt einfache Selbstcoachingtools, die ihm helfen, sich seiner Potenziale und Stärken bewusst zu werden. Dazu gehört, sich zu verschiedenen Kompetenzbereichen wie etwa der Sozialkompetenz (Interaktion mit Mitarbeitern und Kunden), der pharmazeutischen Fachkompetenz und der Veränderungskompetenz (Fähigkeit, sich in der Apotheke immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen) die Stärken und Potenziale zu notieren und dazu jeweils ein konkretes Beispiel zu nennen. Es unterstützt den Aufbau der Selbstsicherheit, wenn dies schriftlich erfolgt. Das Schema dabei: „Meine Stärke ‚Beziehungsaufbau zum Kunden‘ belege ich mit … Mein Potenzial ‚Mitarbeiter zu motivieren‘ belege ich mit …“ So gelingt es auch nicht so durchsetzungsstarken Menschen, Selbstvertrauen aufzubauen und über kurz oder lang die Durchsetzungsstärke positiv zu beeinflussen. |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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