Gesundheitspolitik

TI-Ausfall: Welchen Schutz bieten Versicherungen?

Jetzt schon auf das E-Rezept vorbereiten / Nicht nur an Angriffe von Hackern denken

jb | Auch wenn nicht zum 1. Januar – das E-Rezept wird kommen. Apotheken sollten daher vorbereitet sein, zum Beispiel auf einen eventuellen TI-Ausfall, bei dem keine Belieferung und Abrechnung von E-Rezepten möglich ist. Kann man sich gegen solche Risiken versichern?

Fällt – aus welchen Gründen auch immer – die Telematikinfrastruktur (TI) aus, hat man bei der Belieferung eines E-Rezepts ein Problem. Zwar kann der Arzt bei technischen Problemen weiterhin Rezepte auf Papier ausstellen und die Apotheke kann diese weiterhin beliefern. Ist aber ein E-Rezept einmal auf den Server geladen, hat die Apotheke bei Technikausfall keine Chance. Eine Belieferung anhand des Ausdrucks, auf dem Informa­tionen zu den verordneten Arzneimitteln zu finden sind, ist nicht erlaubt. Kein Rezeptabruf, keine Belieferung, keine Abrechnung, kein Umsatz.

Dass die TI nicht unverwundbar ist, zeigen beispielsweise Berichte von vorvergangener Woche: Die Gematik hatte wegen der Sicherheitslücke log4j präventiv einige Dienste der TI vom Internet getrennt. Apothekenrelevante Anwendungen waren aber wohl nicht betroffen. Außerdem hatte schon im Dezember 2020 der Chaos Computer Club auf mehrere Schwächen im Zusammenhang mit dem E-Rezept aufmerksam gemacht.

Und nicht nur Hackerangriffe können die TI in der Apotheke lahm­legen, es geht auch deutlich profaner: Wasserschaden, Kaffee ins Gerät gelaufen, Karten zerbrochen oder ein Internetausfall. Apotheken, die das noch nicht getan haben, sollten also die Zeit bis zur flächendeckenden Einführung des E-Rezepts nutzen, um sich auf Ausfallszenarien vorzubereiten – soweit das möglich ist. Doch was kann man konkret tun? Gibt es Versicherungen, die nicht nur den Sachschaden, sondern auch Ertragsausfall absichern?

Ob eine Versicherung möglich ist oder eine bestehende einspringt, kommt laut dem auf Apotheken spezialisierten Versicherungs­makler Steffen Benecke, wie so oft, auf den Einzelfall an. „Für den Fall, dass ein Schadenereignis von außen auf die Komponenten in der Apotheke einwirkt, dürften die meisten Apotheken eine Feuer-, Leitungswasser-, Sturm-, Hagel- und Einbruchdiebstahl-/Vandalismusversicherung mit dazugehöriger Ertragsausfalldeckung abgeschlossen haben“, erklärt er auf Nachfrage der DAZ. Seit Juni dieses Jahres würden darüber hinaus auch verstärkt „weitere Elementarschäden“, wie zum Beispiel wegen Überschwemmung durch Stark­regen, witterungsbedingtem Rückstau oder wegen der Ausuferung stehender oder fließender Gewässer versichert. Bisher noch seltener anzutreffen sei eine grundsätzliche Allgefahrendeckung, die zum Beispiel auch Bedienungsfehler, Sturzschäden oder Getränke im Gehäuse, niemals aber Verschleiß versichere. Benecke hält es auf jeden Fall für angebracht, präventiv wegen der langen Lieferzeiten einen zweiten HBA in Reserve zu besitzen. So bleibt man, sollte dieser Schaden nehmen, diesbezüglich handlungsfähig.

Beim Thema TI und Versicherung denken die meisten Apotheker aber vermutlich eher an Hackerangriffe auf die IT der Apotheke als an ein Schadenereignis, das auf versicherte Sachen einwirkt. So eine „Netzwerkssicherheitsverletzung“ oder ein „unbefugter Eingriff in die IT-Systeme“ sei über eine Cyber-Risk-Police versicherbar, erläutert Benecke. Obwohl die Deckungs­umfänge noch sehr unterschiedlich seien, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass hier zum einen der Eigenschaden, wie die Wiederherstellung der Systeme, die Forensik und die Eliminierung von Schadsoftware, als auch ein etwaiger Ertragsausfall versichert sind.

Der Versicherungsexperte geht zudem davon aus, dass auch die Kosten für die Information von Kunden/Rezeptbesitzern, deren Daten abgeflossen sind, und die PR-Kosten zur Sicherung oder Wiederherstellung der Reputation der Apotheke gedeckt sind. Er weist außerdem darauf hin, dass in diesem Zusammenhang die Hilfestellungen, die Versicherer beziehungsweise deren Dienstleister im Schadensfall gewähren, nicht zu unterschätzen seien: „Nicht jeder weiß nach der Aufforderung, ‚zwei Bitcoin zu zahlen‘, exakt, was zu tun ist“, so Benecke.

Ob durch einen TI-Ausfall tat­sächlich ein Ertragsausfallrisiko besteht, ist in der Versicherungsbranche offenbar umstritten. Schließlich lasse sich das E-Rezept auch ausdrucken, so ihre Begründung. PharmAssec formuliert laut Benecke vorsichtshalber, dass „die Nichtabrechnungsmöglichkeit nach einem Hackerangriff“ als versicherter Schaden im Rahmen der Ertragsausfallversicherung für den Cyberbaustein gilt. Markel/Noventi hingegen gewähren klarstellend „Versicherungsschutz für unmittelbar entstandene Vermögensschäden, die durch vorsätz­liche Verwirklichung eines Ver­mögensdeliktes verursacht werden und im Zusammenhang mit dem E-Rezept stehen“.

Nicht versicherbar sind hingegen nach Aussage des Versicherungsprofis andere als die hier genannten Ausfälle, zum Beispiel durch Strom- oder Internetausfall oder durch einen Hackerangriff auf die Gematik. Für die Internetverbindung empfiehlt sich daher auf jeden Fall eine Back-up-Lösung. Möglich wäre z. B. ein LTE-Router, der bei Ausfall der stationären ­Internetverbindung über eine SIM-Karte eine Verbindung mit dem Mobilfunknetz herstellt. |

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