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Pandemie Spezial
Impfstoff Nummer vier
EU-Kommission genehmigt COVID-19-Vektorvakzine von Johnson & Johnson
Am 11. März hat die Europäische Kommission eine bedingte Zulassung für die COVID-19 Vaccine Janssen (COVID-19-Impfstoff (Ad26.COV2-S [rekombinant]) erteilt (Zul.-Nr. EU/1/20/1525). Entwickelt wurde der Impfstoff von Janssen Pharmaceutica NV, einem Unternehmen der Pharmasparte des Konzerns Johnson & Johnson, mit Sitz im belgischen Beerse. Nur wenige Stunden vor der Entscheidung der EU-Kommission hatte der Ausschuss für Humanarzneimittel (HMPC) bei der EMA das befürwortende Votum ausgesprochen und erst am 16. Februar 2021 hatte Janssen den Zulassungsantrag bei der EMA eingereicht. Die fortlaufende Überprüfung der Daten (Rolling Review) war allerdings schon am 1. Dezember gestartet worden. Auch bei den Konkurrenten Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca hatte die Kommission auf die HMPC-Empfehlung im Turbo-Modus mit der Zulassung reagiert. Die COVID-19 Vaccine Janssen ist der vierte Corona-Impfstoff in der EU (Tab. 1) und der erste, der nur einmal verabreicht werden muss. Zudem muss er weder verdünnt noch tiefgekühlt werden und ist deshalb auch für die Anwendung in Arztpraxen gut geeignet.
Comirnaty® Biontech/Pfizer | COVID-19 Vaccine Moderna | COVID-19 Vaccine AstraZeneca | COVID-19 Vaccine Janssen | |
---|---|---|---|---|
Name des Wirkstoffs | BNT162b2 | mRNA-1273 | AZD1222 | Ad26.COV2-S |
Impfstofftyp | mRNA LPN | mRNA LPN | Vektor-basiert (ChAdOx1), nicht replizierend | Vektor-basiert (Ad26), nicht replizierend |
Empfohlene Altersgruppe | ab 16 | ab 18 | ab 18 | ab 18 |
Anzahl der Impfungen und Abstand | 2 3 Wochen | 2 4 bis 6 Wochen | 2 9 bis 12 Wochen | 1 |
Wirksamkeit* | bis 95% | bis 94% | bis 59,5% (EMA) bis 70% (STIKO) | bis 67% |
Lagerung | -90 bis -60 °C 5 Tage bei 2 bis 8 °C | -25 bis -15 °C 30 Tage bei 2 bis 8 °C | 2 bis 8 °C | 2 bis 8 °C |
EU-Zulassung | 21.12.2020 | 06.01.2021 | 29.01.2021 | 11.03.2021 |
LPN: Lipidnanopartikelformulierung *Prozentsatz, um die die Wahrscheinlichkeit bei den Geimpften sinkt, an COVID-19 zu erkranken |
Wie wirkt die Vakzine?
Ein Vorteil von vektorbasierten gegenüber mRNA-basierten Impfstoffen besteht darin, dass es für diese bereits über mehr als zwei Jahrzehnte klinische Erfahrungen gibt und dass sie sich in den dazu durchgeführten Studien weitestgehend als sehr sicher erwiesen haben (Näheres siehe DAZ 2021, Nr. 8, S. 25). Ebenso wie die Vakzine von AstraZeneca nutzt die neue COVID-19 Vaccine Janssen ein nicht vermehrungsfähiges Erkältungsvirus (Adenovirus), um die genetischen Informationen zur Herstellung des SARS-CoV-2-Spikeproteins (S) nach der Impfung in Körperzellen zu transportieren. Im Gegensatz zu dem Schimpansen-Adenovirus (ChAdOx1) des AstraZeneca-Impfstoffs ist das Adenovirus Serotyp 26 (Ad26) jedoch ein humanes Adenovirus. Auch Sputnik V setzt Ad26 für seine erste Impfdosis ein. Die zweite ist dann ein Adenovirus Serotyp 5 (Ad5). Welcher Vektor auch immer verwendet wird, nach der Impfung nehmen einige wenige Körperzellen diesen auf, lesen den genetischen Bauplan des Spikeproteins von SARS-CoV-2 ab und produzieren dieses auf Basis des Bauplans. Das Immunsystem erkennt es als fremd und bildet Antikörper und Immunzellen, die dann bei einer späteren Konfrontation des Immunsystems mit dem Virus Schutz vor einer Erkrankung bieten sollen.
ENSEMBLE-Studie mit 44.000 Teilnehmern
Grundlage für die bedingte Zulassung der COVID-19 Vaccine Janssen in der EU sind die bisherigen Erkenntnisse aus der laufenden randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie ENSEMBLE (NCT04505722), die in den Vereinigten Staaten, Südafrika und Lateinamerika bei Erwachsenen ab 18 Jahren durchgeführt wird. An der Studie nahmen über 44.000 Menschen aus acht Ländern teil. Die Hälfte erhielt eine Einzeldosis des Impfstoffs und die andere Hälfte Placebo. Das Durchschnittsalter bei den Empfängern der Vakzine lag bei 52 Jahren (18 bis 100 Jahre). Knapp 80 % waren 18 bis 64 Jahre alt, etwas über 20% 65 Jahre oder älter und 3,8% 75 oder älter. Knapp 40% hatten mindestens eine bereits bestehende Komorbidität mit einem erhöhten Risiko für die Progression zu COVID-19. Die Schutzwirkung vor einer moderaten bis schweren Erkrankung wurde nach 14 und nach 28 Tagen ermittelt.
Nach 14 Tagen zu 67% wirksam
14 Tage nach der Impfung ergab die Studie eine 67%ige Verringerung der Anzahl symptomatischer COVID-19-Fälle bei Personen, die die Janssen-Vakzine erhalten hatten (116 Fälle von 19.630 Personen versus 348 von 19.691 Personen, denen Placebo verabreicht wurde). Die Wirksamkeit gegen schweres COVID-19 wird zum selben Zeitpunkt mit 76,7% Prozent angegeben (14 Fälle in der Impfstoffgruppe versus 60 unter Placebo). 28 Tage danach wurde eine Wirksamkeit von 66% ermittelt bzw. 85,4% gegen schweres COVID-19.
Die Wirksamkeitspunktschätzungen für Teilnehmer mit und ohne medizinische Komorbiditäten mit einem hohen Risiko für schweres COVID-19 waren ähnlich und die Wirksamkeit zwischen älteren (≥ 65 Jahren) und jüngeren Personen (18 bis 64 Jahre) konsistent. Die Dauer des Schutzes und der Einfluss auf die Übertragbarkeit des Virus lassen sich aktuell nicht ableiten.
Wirksamkeit gegen die neuen Varianten
Die Studie liefert jedoch bereits Erkenntnisse zu einer etwaigen Wirksamkeit gegen die neuen Virusvarianten, denn sie wurde in einigen relevanten Zielländern durchgeführt. So lag die Wirksamkeit 14 Tage nach der Impfung in den USA bei 72%, in Brasilien bei 66,2% und in Südafrika bei lediglich 52%. Nach 28 Tagen waren die Werte vor allem in Südafrika mit 64% allerdings deutlich besser. Schweres COVID-19 konnte die Janssen-Vakzine nach 28 Tagen in allen Regionen zu über 80% verhindern. Insgesamt wurden Proben von rund 72% der Fälle für die Primäranalyse sequenziert. Hiernach entfielen in den USA 96,4% der Stämme auf die Wuhan-H1-Variante D614G, in Südafrika 94,5% der Stämme auf die 20H/501Y.V2-Variante (B.1.351 Linie) und in Brasilien wurden 69,4% der Stämme als eine Variante der P.2-Linie und 30,6% als Wuhan-H1-Variante D614G identifiziert.
Welche Nebenwirkungen gibt es?
Die Nebenwirkungen des COVID-19-Impfstoffs Janssen waren in der Studie normalerweise leicht oder mäßig und klangen innerhalb weniger Tage nach der Impfung ab. Die häufigsten waren Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskelschmerzen und Übelkeit. Damit ist das Sicherheitsprofil vergleichbar mit dem der anderen Impfstoffe.
Wie viel Impfstoff kommt nach Deutschland?
Die Europäische Kommission hat bereits am 8. Oktober einen Vertrag mit Janssen genehmigt. Hiernach kann das Unternehmen ab dem zweiten Quartal 2021 mit der Lieferung von 200 Millionen Dosen seines als Einzeldosis zu verabreichenden Impfstoffs an die EU beginnen. Außerdem können die Mitgliedstaaten weitere 200 Millionen Dosen der neuen Vektorvakzine erwerben. Zu den aktuellen Liefermengen von Impfstoffdosen der vier zugelassenen Corona-Impfstoffe nach Deutschland siehe Tab. 2.
Firma | Über die EU | National | Geplante Lieferungen bis Ende März 2021 |
---|---|---|---|
Biontech/Pfizer | mindestens 64,1 | Option auf weitere 30 | 12 |
Moderna | 50,5 | 1,76 | |
AstraZeneca | 56,3 | ca. 0,95 | |
Johnson & Johnson/Janssen | 36,7 | ||
CureVac | mindestens 54,1 | Option auf weitere 20 | |
Sanofi/GSK | mindestens 55 | ||
BMG, Stand 12.03.2021 |
Ausweislich der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels (SmPC) wird die Janssen-Vakzine in Belgien und in den Vereinigten Staaten produziert. Nach einem milliardenschweren Deal mit den USA von August letzten Jahres sollen 100 Millionen Dosen auch dort verbleiben, mit der Option auf weitere 200 Millionen. Einer Pressemitteilung des Unternehmens vom 22. Februar zufolge will der französische Pharmakonzern Sanofi Janssen an seinem Standort in Marcy-l‘Étoile ab dem dritten Quartal 2021 mit der pharmazeutischen Formulierung und Abfüllung der Vakzine in einer Größenordnung von rund zwölf Millionen Dosen pro Monat unterstützen.
In den nächsten Wochen könnte es Schlag auf Schlag mit weiteren Zulassungen in der EU weitergehen. Seit Anfang Februar läuft der Rolling Review für den proteinbasierten Impfstoffkandidaten NVX-CoV2373 des US-amerikanischen Biotech-Unternehmens Novavax, seit dem 12. Februar für die mRNA-Vakzine CVnCoV von CureVac, und am 4. März ist die EMA nun auch in die fortlaufende Überprüfung von Sputnik V (Gam-COVID-Vac) aus dem russischen Gamaleya-Institut eingestiegen. |
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