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Luxemburg: Kleines Land mit 98 Apotheken – und ohne Apothekenbetriebsordnung

Das Nachbarland aus dem Blickwinkel der Überwachungsbehörde

Anlässlich der „Aschermittwochs-Fortbildung“ für pharmazeutische Überwachungsbeamte im Öffent­lichen Gesundheitsdienst am 17. Februar 2021 gab Marc Schmit von der Luxemburger Gesundheitsbehörde Einblicke in das Apothekenwesen von Luxemburg. Damit wurde die Tradition fortgeführt, deutsche Nachbarländer aus dem Blickwinkel der jeweiligen Überwachungsbehörde kennenzulernen. Die Fortbildung wird von der Akademie für öffentliches Gesundheitswesen, Düsseldorf, in Zusammenarbeit mit dem Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen ausgerichtet.

Auffallend aus deutscher Sicht ist die fehlende Apothekenbetriebsordnung, welche noch erarbeitet wird. Andere Besonderheiten ergeben sich aus drei Amtssprachen und einer kleinen Einwohnerzahl, die etwa dem Landkreis Recklinghausen entspricht. Zudem gibt es überdurchschnittlich viele EU-Pendler, die jeden Tag die Grenze überqueren und die Möglichkeit haben, sich in Luxemburg behandeln zu lassen. Ebenso ist es möglich, dass Rezepte aus Nachbarländern in Luxemburgs Apotheken eingelöst werden. Hierbei müssen die nationalen Gesetze beachtet werden, weil nicht jedes Arzneimittel zentral von der Europäischen Arzneimittel-Agentur zugelassen ist.

Anforderungen an Apotheken

Die Zahl von derzeit 98 Apotheken will die Gesundheitsbehörde erhöhen. Dies soll dem Ausbau eines flächendeckenden Gesundheitssystems dienen, eine Apotheke sollte somit etwa 5000 Einwohner versorgen. In Luxemburg besteht keine Niederlassungsfreiheit, vielmehr findet eine bedarfsgerechte Vergabe von Lizenzen statt. Für Gemeinden besteht die Möglichkeit, durch Anfragen bei der Division für Pharmazie und Arzneimittel eine Vergabe in die Wege zu leiten. Die ­Lizenzen werden nach Prüfung der Gesundheitsbehörde von der Gesundheitsministerin vergeben, ebenso die Genehmigungen zur Berufsausübung als Apotheker. Für die Vergabe einer Lizenz besteht ein Punktesystem. Mit jedem Berufsjahr, in dem ein Apotheker seinen Beruf ausübt, erhält er eine höhere Punktezahl. Die Übernahme einer Apotheke im jungen Lebensalter ist daher so gut wie unmöglich. Die 25 Apotheken, die anders als die 73 Staatskonzessionen in privater Hand sind, wurden vor diesem Konzessionssystem im 19. Jahrhundert gegründet.

Foto: Direction de la santé/Flavio da Costa

Die Luxemburger Gesundheitsbehörde in der Rue de Bitbourg in Luxemburg-Hamm.

In Luxemburg dürfen nur Vor-Ort-Apotheken über das Internet rezeptfreie Arzneimittel verkaufen und verschicken, allerdings gilt dies nicht für aus dem Ausland operierende Versandapotheken. Eine gesetzliche Regelung für Botendienste durch Apotheken besteht nicht, wird aber in Zeiten von Corona praktiziert.

Interessanterweise soll eine Apo­thekenbetriebsordnung, wie sie in Deutschland seit 1969 existiert, noch verfasst werden. Derzeitige Vorgaben für Apotheken leiten sich direkt vom Medikamentengesetz und dem Ethik-Kodex ab und werden im Konzessionsvertrag zwischen Lizenzinhaber und Gesundheitsministerium fest­gehalten. Ungewohnt für deutsche Apotheker ist auch, dass die Eingangsprüfung der Ausgangsstoffe für die Rezeptur entfällt, lediglich ein Ana­lysenzertifikat vom Lieferanten wird benötigt. Allerdings werden die Einwaagen genau dokumentiert und in einem Rezepturbuch für fünf Jahre aufbewahrt. Des Weiteren müssen Tierärzte Tierarzneimittel über eine Apotheke beziehen; dies soll zu hohe Margen auf beispielsweise Antibiotika verhindern.

Versichert sind die Luxemburger bei einer einzigen Krankenkasse, die um private Zusatzversicherungen ergänzt werden kann. Die vier Krankenhäuser des Landes sind bedarfsmäßig verteilt, ihnen sind Ärztehäuser direkt angegliedert. Durch eine Betreuung von Patienten in der Nacht helfen sie bei der Entlastung von Notaufnahmen. Die Gewährleistung einer nächtlichen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln erfolgt durch eine naheliegende Apotheke.

Apotheken- und Arzneimittelüberwachung

Dem Gesundheitsministerium ist die Gesundheitsbehörde untergeordnet, ihr gehört die Division Pharmazie und Arzneimittel an. Die Aufgaben der 18 Mitarbeiter erstrecken sich von der Apothekenüberwachung über die Verteilung von staatlichen Lizenzen bis hin zur Zulassung, Registrierung und Genehmigung von Arzneimitteln oder Kosmetika in Luxemburg. Die Apo­thekeninspektoren sind Beamte mit polizeilichen Funktionen, wodurch sie jederzeit eingreifen können.

Mit den Nachbarländern gibt es Übereinkommen für bestimmte Aufgaben. Ein Giftzentrum in Belgien und ein Zentrum für Pharmakovigilanz in Frankreich sind gleichermaßen für Luxemburg zuständig. Auch bei den Inspektionen der Hersteller wird mit Belgien zusammengearbeitet. Damit kann eine allzu persönliche Beziehung zwischen Inspektor und Her­steller in einem so kleinen Land verhindert werden.

Luxemburg stellt bei der Arzneimittelzulassung gegenüber dem EU-Ausland keine speziellen Anforderungen an die Arzneimittel, einzig die Sprache der Packmittel muss in einer der drei Amtssprachen sein – Luxemburgisch, Französisch oder Deutsch. Etwa 85% der in Luxemburg angewendeten Arzneimittel kommen aus Belgien. Für aus der Werbung der Nachbarländer bekannte OTC-Arzneimittel kann, ­sofern sie in der Apotheke häufig von Patienten verlangt werden, eine Zu­lassung beantragt werden. Die Preise entsprechen immer den Preisen des Herkunftslandes.

Weitere Aufgaben für Apotheker

In Pflegeheimen ist die Sterbehilfe mit bestimmten Arzneimitteln zulässig. Aufgrund einer aktuellen Verordnung wird der Apotheker wichtige Aufgaben in diesem Bereich übernehmen. Neben der Versorgung ist er zusätzlich für die Überwachung des ordnungsgemäßen Verbrauchs sowie der fachgerechten Lagerung verantwortlich. In gleicher Weise findet eine Überwachung durch Apotheker bei Sucht-Beratungsstellen mit Methadonprogramm und Beratungsstellen für Familienplanung mit Möglichkeiten zur Abtreibung statt. Besonderer Kontrolle unterliegt das Methadonprogramm, hier wird jede einzelne Verschreibung unabhängig überprüft.

Eine zentrale Entsorgung für übrig gebliebene Narkotika besteht mit dem „SuperDrecksKëscht“, zu Deutsch: ­Supermülleimer. Eine Rückgabe an die Gesundheitsbehörde entfällt, wenn eine Dokumentation der Ent­sorgung vorliegt.

In der Zukunft ist es für die Division Pharmazie und Arzneimittel vordringlich, gesetzliche Änderungen, welche nicht nur eine neue Apo­thekenbetriebsordnung betreffen, um­zusetzen. So fehlen bspw. Regu­larien für den Einsatz der PTA aufgrund verschiedener Diplome aus dem Ausland. Die Verpflichtung zur Weiter­bildung für Apotheker sowie das ­Konzept der pharmazeutischen Betreuung werden noch genauer fest­gelegt. |

Alina Bechtoldt, Münster, derzeit amtliche Arzneimitteluntersuchungsstelle NRW

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