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Arzneimittel und Therapie
Mehr Opioide nach Benzodiazepin-Gebrauch
Höherer postoperativer Schmerzmittelbedarf bei Anxiolytika-Patienten
In den USA ist die Todesrate durch Opioid-Überdosierung von 1999 bis 2017 jährlich um den Faktor 5 gestiegen. Dabei wurde in verschiedenen Studien der perioperative Einsatz der Schmerzmittel als relevanter Risikofaktor für langfristigen Missbrauch identifiziert. In einer retrospektiven Kohortenstudie mit fast einer Million Patienten sollte untersucht werden, ob ein präoperativer Benzodiazepin-Gebrauch den postoperativen Opioid-Bedarf beeinflusst. Die in die Studie eingeschlossenen 945.561 Patienten im Alter von 18 bis 89 Jahren (mittleres Alter 59,8) waren im Jahr vor dem chirurgischen Eingriff nicht mit Opioiden in Berührung gekommen. Die häufigsten Eingriffe waren Katarakt-OP, Kaiserschnitt und Cholezystektomie. Primärer Endpunkt der Studie war der Opioid-Gebrauch drei bis zwölf Monate nach der Operation, im sekundären Endpunkt wurde der Opioid-Gebrauch bis zum dritten Monat betrachtet einschließlich der assoziierten Gesundheitskosten. 2,5% der Probanden galten als Langzeit-Benzodiazepin-Anwender (mehr als zehn Verschreibungen oder Einnahme an mindestens 120 Tagen im Jahr vor dem Eingriff), 5% nutzten die Anxiolytika gelegentlich. Benzodiazepin-Nutzer waren typischerweise älter, eher weiblich und hatten mehr Begleiterkrankungen.
Längerer Schmerzmittelgebrauch und höhere Dosierungen
14,2% der Studienteilnehmer benötigten im Zeitraum von drei bis zwölf Monaten nach dem Eingriff ein Opioid. Es zeigte sich ein klarer Zusammenhang zwischen präoperativem Benzodiazepin-Gebrauch und einem längeren postoperativen Opioid-Gebrauch. Auch nach Einbeziehung von Störfaktoren (u. a. Begleiterkrankungen) und entsprechender Adjustierung betraf das sowohl die Gruppe, die über lange Zeit Anxiolytika eingenommen hatte (Odds Ratio: 1,59; 95%-Konfidenzintervall: 1,54 bis 1,65), als auch die mitintermittierendem Gebrauch (OR: 1,47; 95%-Konfidenzintervall: 1,44 bis 1,51; beide p < 0,001). Zusätzlich benötigten die Langzeit-Benzodiazepin-Anwender auch eine um 44% höhere Opioid-Dosierung als Patienten, die keine Anxiolytika eingenommen hatten. Bei intermittierenden Anwendern war die langfristige Opioid-Dosierung dagegen nicht signifikant erhöht.
Auch im sekundären Endpunkt, dem postoperativen Zeitabschnitt bis Tag 90, stieg der Opioid-Bedarf um 32% (Langzeit-Benzodiazepin-Anwender) und 9% (intermittierende Anwender).
Im Zusammenhang damit stiegen auch die 30-Tage-Gesundheitskosten im Zeitraum der ersten drei Monate bei Patienten mit intermittierendem Benzodiazepin-Gebrauch um durchschnittlich 5% (1155 $). Bei Langzeit-Benzodiazepin-Gebrauch war dagegen der Kostenanstieg nicht signifikant.
Auch in einer zweiten statistischen Analyse, in der die quantifizierte präoperative Benzodiazepin-Dosierung (gemessen in DME = Diazepam Milligram Equivalents) mit der postoperativen Opioid-Dosierung (gemessen in MME = Morphine Milligram Equivalents) verglichen wurde, erwies sich ein analoger Zusammenhang. Dies bestätigte eine zusätzliche Sensitivitätsanalyse für jede Art des medizinischen Eingriffs, die eine Abhängigkeit von der Höhe der jeweiligen präoperativen Benzodiazepin-Dosierung offenbarte. Das Studienergebnis korrespondiert mit zwei weiteren Studien. Eine US-Studie legt nahe, dass präoperativer Benzodiazepin-Gebrauch sowohl den Erfolg der Operation als auch die Nebenwirkungsrate negativ beeinflusst. Ebenso demonstriert eine isländische Studie einen Zusammenhang mit erhöhtem Risiko von postoperativem Opioid-Gebrauch und dosisabhängigen Nebenwirkungen. Unabhängig davon scheinen weitere Untersuchungen zu Störfaktoren und Subgruppen-Differenzierungen notwendig. |
Literatur
Rishel CA et al. Association Between Preoperative Benzodiazepine Use and Postoperative Opioid Use and Health Care Costs. JAMA Network 2020. doi:10.1001/jamanetworkopen.2020.18761
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