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Kosmetik

Natürlich schön

Ansprüche an vegane Kosmetik

Der Onlinehandel mit veganen, tierversuchsfreien und nachhaltigen Pflegeprodukten boomt. Auf dem Markt und in den Kundenkreisen wird über Marken und Hersteller gesprochen, die in den Apotheken bisher eher eine untergeordnete Rolle spielten. Muss man dieses Feld zwangsläufig anderen Anbietern und Händlern überlassen oder besteht die reelle Chance, umwelt- und tierschutzbewusste Menschen zurück in die Apotheken zu holen? Ein sinnvoller Ansatzpunkt könnte sein, zunächst die veränderten Ansprüche an Kosmetika zu verstehen und daraufhin das eigene Produktsortiment kritisch zu hinterfragen. | Von Jessica Geller

Pflanzenbasierte Ernährung ist ein seit Jahren wachsender Trend. Laut einer Hochrechnung von Statista.de ordneten sich im Jahre 2020 ca. 1,13 Millionen der Deutschen ab 15 Jahren als Veganerinnen und Veganer ein. 2016 waren es mit 800.000 noch fast ein Drittel weniger. Insbesondere in Zeiten der Fridays-for-Future-Bewegung beschränkt sich die vegane oder auch vegetarische Lebensweise vieler Menschen nicht mehr ausschließlich auf den Tierschutz. Auch der Umweltschutz rückt immer stärker in den Fokus und ist neben der Tierliebe vielfach der erste Motivator für den Verzicht auf tierische Produkte. So setzen sich zunehmend mehr Menschen kritisch mit ihrem eigenen Einfluss auf ihre unmittelbare Umwelt und den ganzen Planeten auseinander. Trotz einiger Kontroversen – vor allem hinsichtlich potenzieller gesundheitlicher Bedenken in Bezug auf eine rein vegane Ernährung – zeigen wissenschaftliche Untersuchungen nämlich vermehrt, dass eine pflanzenbasierte Lebensweise immense Vorteile für die Umwelt mit sich bringt. Beispielsweise könnten laut einer Modellierung der Universität Oxford bis zum Jahr 2050 global etwa 63 bis 70% an Treibhausgasen eingespart werden, wenn statt einer gemischten Referenzkost eine vollständig vegane Ernährungsweise gewählt würde. Die etablierten Ernährungsgewohnheiten sowie das eigene Konsumverhalten werden deshalb immer häufiger hinterfragt. Neben dem Verzicht auf Lebensmittel tierischen Ursprungs, wie beispielsweise Fleisch und Milch, werden auch in allen weiteren Lebensbereichen tierische Produkte gemieden. Zusätzlich werden die Herkunft der Konsumgüter und die Umstände ihrer Herstellung ebenfalls immer gründlicher und kri­tischer beäugt. Durch den regen Austausch in verschiedensten Onlinemedien findet ein laufender Wissensaustausch über die Verstrickungen von Veganismus und Umweltschutz statt. Auch gesundheitliche Benefits werden, je nach Ernährungsweise, diskutiert und können für nicht wenige Menschen den ersten Impuls für einen Lebenswandel geben.

Insbesondere vegan lebende Menschen legen also häufig Wert darauf, dass ihr gesamter Alltag sich möglichst umweltbewusst und frei von tierischen Produkten gestalten lässt. Neben Ernährung, Kleidung und Transportmitteln spielt zunehmend auch das Thema nachhaltige und vegane Körperpflege eine Rolle. Doch gerade dieser Bereich ist häufig ein schwierigeres Unterfangen als zunächst erwartet.

Was bedeutet „nicht-tierisch“?

Als erste Herausforderung stellt sich bereits die grundsätzliche Frage: Was genau bedeutet vegan überhaupt? Ist beispielsweise eine Gesichtscreme bereits dann vegan, sobald sie ausschließlich aus nicht-tierischen Inhaltsstoffen besteht? Das klingt im ersten Moment zumindest logisch.

Für viele vegan lebende Menschen ist der Gedanke an dieser Stelle hingegen noch lange nicht zu Ende gedacht: Wurde die Creme an Tieren getestet? Oder die verwendeten Inhaltsstoffe? Und sind vielleicht Stoffe enthalten, für die Tiere ausgebeutet wurden? Gerade am letzten Punkt scheiden sich allerdings oft die Geister. Während es wahrscheinlich jedem einleuchten mag, wieso Milchprodukte oder Eier zwar (ovo-lacto-)vegetarisch, jedoch nicht vegan sind, fällt die Abstufung bei Bienenwachs oder Propolis in der Regel etwas schwerer. Obwohl für die Herstellung der Letztgenannten grundsätzlich keine Bienen sterben müssten, macht ein Großteil veganer Menschen bewusst einen Bogen um diese Produkte. Ein Grund hierfür ist die Erzeugung dieser Stoffe im Rahmen der Massentierhaltung, bei welcher den Bienenköniginnen teils die Flügel gestutzt oder die Bienenstöcke manipuliert werden. Auch der allgemein sehr grobe Umgang mit den Tieren wird bemängelt. Übrigens kommt es auch nicht allzu selten vor, dass Bienen, vor allem die Königinnen, bei der Hoch­leistungsproduktion von Honig und Wachs bewusst oder versehentlich getötet werden. Einige weitere Beispiele nicht-veganer Kosmetikinhaltsstoffe sind in Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1: Beispiele tierischer Inhaltsstoffe in gängigen Kosmetika und Pflegeprodukten.
Inhaltsstoff
Anwendung in (z. B.)
Herkunft
Bienenwachs
Cremes, Lippen(pflege)stifte
Bienenwaben
Chitin und Chitosan
Haarprodukte, Deodoranzien
Außenskelett von Gliedfüßern
Cholesterol
Augencremes, Shampoos
Herstellung aus Lanolin oder pflanzlichen Quellen
Elastin
Anti-Falten-Cremes
Rind (Nackensehne)
Gelatine
Shampoos und Gesichtsmasken
Knochen, Haut und Bänder von Säuge­tieren
Gelée Royale
Anti-Aging-Produkte (auch oral)
Futtersaft aus Arbeiterbienen-Drüsen zur Königinnenaufzucht
Glycerin
Dermatika und Haarprodukte
Rindertalg (kann auch pflanzlich gewonnen werden)
Guanin
Effektpigment in Lidschatten
Fischschuppen
Hyaluronsäure
Anti-Aging-Produkte
Hahnenkämme oder biotechnologisch
Karmin
Farbstoff z. B. in Lippenstiften (Zusatzstoff E120 oder Colour Index CI 75470)
getrocknete weibliche Cochenille-Schildläuse
Kollagen
Anti-Aging-Produkte
tierische Gewebe (kann auch aus Algen oder biotechnologisch gewonnen werden)
Lanolin und Wollwachs­alkohole
Hautpflegemittel, Anwendung als Salbengrundlage und Emulgator
Talgdrüsen vom Schaf
Lecithin
Dermatika und Haarprodukte
tierisches Nervengewebe, Eier, Soja oder Sonnenblumenkerne
Propolis
Dermatika, Zahnpflegeprodukte, Pastillen
Kittharz aus Bienenstöcken
Schellack
Kosmetika wie Mascara oder Nagellack, Verwendung als Überzugsmittel für Tabletten oder Dragees
Absonderungen der Lackschildlaus
Stearinsäure
Verwendung als emulsierender Stabilisator und zur Rückfettung in Dermatika
Rindertalg, Schweineschmalz, pflanzliche Lipide
Vitamin A
Anti-Aging-Produkte
Fischleber, Butter, Eigelb

Die Kosmetikverordnung und der Tierschutz

Nicht nur die Abwesenheit tierischer Inhaltsstoffe spielt also eine Rolle bei der veganen Lebensweise, der generelle Tierschutz ist in der Regel ebenso wichtig. Daher lehnt ein großer Teil veganer und vegetarisch lebender Personen auch Tierversuche entschieden ab. Tierversuche sind in der EU zwar für Kosmetikprodukte seit 2013 gemäß der Verordnung (EG) 1223/2009 verboten, Kosmetik aus der EU ist dadurch aber nicht automatisch tierversuchsfrei. Das Verbot gilt lediglich für neue Produkte sowie für Inhaltsstoffe, die ausschließlich für den Einsatz in Kosmetika hergestellt werden. Wenn die Produkte also bereits vor 2013 im Handel waren, ­dürfen diese weiterhin vertrieben werden, obwohl sie auf Tierversuchen basieren. Über Umwege können ebenfalls an Tieren getestete Rohstoffe in neue Kosmetika einfließen. Dies geschieht beispielsweise beim Einsatz von Stoffen, die auch bei der Herstellung von Arznei- oder Reinigungsmitteln Anwendung finden und hierzu an Tieren untersucht werden. Für solche Chemikalien gilt die EU Kosmetikverordnung – und damit auch das Tierversuchsverbot – nicht. Sogar ganz im Gegenteil: Die europäische Chemikalienverordnung REACH (Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien) schreibt die Prüfung an Tieren für viele dieser Stoffe ausdrücklich vor. Da die Herstellungs- und Handelswege von Kosmetik und ihren Inhaltsstoffen für Außenstehende oft sehr intransparent sind, ist auch die Frage nach der Freiheit von Tierversuchen nur schwer zu beantworten.

Zum Teil kryptische Kennzeichnung

Ein weiteres Problem bei der Suche nach veganer Kosmetik stellt die Art der Kennzeichnung auf den Produkten dar. Zwar gibt es verbindliche Regelungen, wie Inhaltsstoffe von Kosmetik auf der Verpackung anzugeben sind, wirklich laienfreundlich sind die Angaben dadurch jedoch nicht. In der EU ist bereits seit den 1990er-Jahren die Verwendung der sogenannten internationalen Nomenklatur kosmetischer Inhaltsstoffe (INCI) vorgeschrieben. Sie ist heute einer der Kernbestandteile der europäischen Kosmetikverordnung und genießt in der Verbraucherschaft seit einigen Jahren eine immer größer werdende Aufmerksamkeit. Diese Nomenklatur regelt neben der Reihenfolge der Inhaltsstoffe (nach Mengenanteil abnehmend) ebenfalls, wie diese zu bezeichnen sind. Die genaue Bezeichnung der Bestandteile gemäß INCI richtet sich in erster Linie nach ihrer chemischen Struktur. Auch bereits etablierte Bezeichnungen gemäß Europäischem Arzneibuch sowie Internationale Freinamen können zulässig sein. Hinzu kommen verschiedene Festlegungen, die in den regelmäßig aktualisierten Nomenklatur-Konventionen vorgegeben werden. Eine solche Festlegung betrifft beispielsweise die Kennzeichnung von enthaltenen Aroma- oder Duftstoffen. Verschiedene Aromastoffe können laut INCI unter den Schlagworten „Aroma“ oder „Parfum“ zusammengefasst werden, sofern für die jeweiligen Stoffe keine explizite Ausnahme geregelt ist. Sie müssen also nicht allesamt namentlich aufgelistet werden. In Kosmetika enthaltene Farbstoffe wiederum können laut INCI-Festlegungen unter Verwendung der sogenannten Colour-Index-Nummer (CI-Nummer) angegeben werden. Der Colour-Index stellt ein weiteres internationales Nomenklatursystem dar, mit dem verschiedene Farbstoffe anhand ihrer chemischen Eigenschaften kategorisiert und vernummert werden. Unter diesen können sich aber auch Farbstoffe tierischen Ursprungs befinden. Diese werden nicht gesondert hervorgehoben, sondern verbergen sich hinter kryptischen Kürzeln. Auf manchen Nagellacken oder Lippenstiften wird beispielsweise die Bezeichnung CI 75470 angegeben, die CI-Nummer für den Farbstoff Karmin. Dieser wird aus getrockneten weiblichen Cochenille-Schildläusen gewonnen, ist also weder vegan noch vegetarisch.

Und was zeigen die Siegel an?

Als Orientierungshilfe für Verbraucherinnen und Verbraucher existieren mittlerweile diverse Siegel, die auf das Freisein von Tierversuchen hinweisen sollen (s. Kasten). Beispiele sind das Logo des Internationalen Herstellerverbandes tierschutzgeprüfter Naturkosmetik, Kosmetik und Natur­waren e. V. oder das Leaping Bunny Label als internationales Siegel verschiedener Tierschutzorganisationen. Die zu erfüllenden Ansprüche sind jedoch je nach vergebenem Siegel unterschiedlich und die Produkte nicht immer vegan.

Wichtige Siegel im Überblick

Das Siegel des Internationalen Herstellerverbands tierschutzgeprüfter Naturkosmetik, Kosmetik und Naturwaren e. V. (links) und das Leaping-Bunny-­Label können bei der Produktauswahl hilfreich sein. Jedoch sind nicht alle durch sie gekennzeichneten Kosmetika gleichzeitig auch vegan.

Das neue (links) sowie das alte Cruelty-Free-Siegel der Tierschutzorganisation PETA. Beide Varianten werden genutzt. Ein Vorteil dieses Siegels ist, dass von ihm auch eine Version für vegane Produkte zur Verfügung steht.

Das Prüfsiegel des BDIH. Laut Statusbericht des Verbands aus dem Jahr 2016 sind mehr als 10.000 Produkte aus etwa 30 Ländern berechtigt dieses Naturkosmetik-Siegel zu tragen.

Darüber hinaus bietet die Tierschutzorganisation PETA Deutschland e. V. eine Art eigenes Zertifizierungsprogramm an. Firmen können sich selbstständig an den Verein wenden und darlegen, dass für ihre Produkte weltweit keinerlei Tierversuche vorgenommen wurden. Ebenfalls ist zu bestätigen, dass die Produkte nicht in Ländern vermarktet werden, die Tierversuche vorschreiben. Sofern die Firma glaubhaft nachweisen kann, dass die geforderten Standards im Bezug auf Tierversuche eingehalten werden und die Firmenpolitik zu den Grundsätzen des Vereins passt, verleiht dieser dem Hersteller das PETA-Cruelty-Free-Siegel. Die Liste der zertifizierten Kosmetikfirmen wird auf der Homepage von PETA Deutschland e. V. fortlaufend geführt. Sie liefert zusätzlich auch Informationen darüber, ob die angebotene Kosmetik vegan ist (siehe Tab. 2). Die amerikanische Mutterorganisation PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) führt ergänzend eine internationale Positivliste. Auf dieser werden Firmen aufgeführt, die laut Vereinsrecherchen Tierversuche durchführen oder für ihre Produkte von anderen Unternehmen durchführen lassen – dazu gehören auch einige bekannte Vertreter aus den Apotheken-Kosmetikregalen. Diese Produkte kommen somit für immer mehr Kundinnen und Kunden aus ethischen Gründen nicht infrage. Eine verlorene Möglichkeit also für sinnvolle Zusatzverkäufe oder auch die generelle Kundenbindung.

Naturkosmetik – ein Begriff ohne rechtliche Definition

Sind diese Hürden schon einmal genommen und das gewünschte Produkt stellt sich als vegan heraus, ergibt sich vielfach jedoch auch noch die Frage seiner Nachhaltigkeit. Inhaltsstoffe klassischer Körperpflegemittel basieren oftmals auf umweltschädigenden Ressourcen. Ein prominentes Beispiel stellt Palmöl dar, das in einer Vielzahl von Pflegeprodukten wie auch in Lebensmitteln enthalten ist. Dabei ist dessen Anbau und Gewinnung sowohl ökologisch als auch menschen- und tierschutzrechtlich überaus problematisch. Aus diesem Grunde versuchen zunehmend mehr Menschen auf derartige Stoffe zu verzichten. Anbieter sogenannter Naturkosmetik versuchen diesen gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, indem sie Pflegeprodukte mit zusätz­lichen Qualitätsansprüchen herstellen. Dabei wird auf möglichst nachhaltige und natürlich vorkommende Inhaltsstoffe zurückgegriffen. Problematisch ist jedoch, dass der Begriff „Naturkosmetik“ bislang weder eindeutig rechtlich ­definiert noch geschützt ist. Verschiedene Definitionsansätze haben indes gemein, dass die verwendeten Bestandteile aus pflanzlichen, tierischen oder mineralischen Quellen stammen sollen und auch noch weitere Qualitätskriterien festgelegt und überprüft werden. Verschiedene Verbände haben ­daher jeweils unterschiedliche Richtlinien und Gütesiegel anhand eigener Kriterien entwickelt. Allerdings sind viele Verfahren intransparent und unterscheiden sich inhaltlich teils sehr deutlich voneinander. Eine in Deutschland gängige Richtlinie stammt vom Bundesverband Deutscher Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und Körperpflegemittel (BDIH). Die Richtlinien des BDIH enthalten neben Vorgaben zum Tierschutz ebenfalls zulässige Produktionskriterien und eine Auflistung erlaubter Inhaltsstoffe. Die Einhaltung der Richtlinie wird geprüft und schließlich durch ein eigenes Siegel auf den Verpackungen kenntlich gemacht.

Neben diesen zertifizierten Naturkosmetika existieren außerdem Produkte, denen lediglich einzelne pflanzliche, tierische oder mineralische Inhaltsstoffe zugesetzt sind. Diese werden auf der Verpackung sowie in der Werbung mitunter deutlich hervorgehoben, um Ihre Natürlichkeit zu unterstreichen und die entsprechende Zielgruppe zu erreichen. Bei solchen Pflegeprodukten handelt es sich nicht um die oben genannte Naturkosmetik, da sie neben den hervorgehobenen Inhaltsstoffen auch synthetische oder umweltbelastende Rohstoffe enthalten. Die Abgrenzung dieser naturnahen Kosmetik von tatsächlicher Naturkosmetik ist oftmals nicht einfach, gerade auch durch den Mangel an bindenden rechtlichen Vorgaben.

Tab. 3: Beispiele an apothekenüblichen Kosmetikmarken und Einstufung des Sortiments gemäß Firmenhomepage und (sofern enthalten) laut Listen von PETA Deutschland e. V. und PETA USA.
Marke (Hersteller)
Vegan
Vegane Produktbeispiele
Tierversuche
Bioderma
(NAOS)
keine offiziellen Informationen
keine offiziellen Informationen
nein, nur wenn zwingend erforderlich
Belieferung von Ländern, die Tierversuche vorschreiben
Dr. Hauschka
(WALA)
teilweise
auf Homepage eigene Liste über vegane Produkte
Shampoo, Reinigungsmilch
nein (PETA-Logo)
Eucerin
(Beiersdorf)
nein
keine offiziellen Informationen
nein, nur wenn zwingend erforderlich
Belieferung von Ländern, die Tierversuche vorschreiben
Ladival
(Stada)
teilweise
In FAQ werden nicht-vegane Produkte aufgelistet.
Spray für Kinder, Sonnengel Kinder bei allergischer Haut, Spray für empfindliche Haut
ja (Tierversuche sind für viele UV-Filter üblich)
Lavera
(Laverana)
nicht alle, aber die meisten
Filter auf Homepage verfügbar, der ausschließlich vegane Produkte anzeigt
Pflegeshampoo Family, MY AGE Festigende Tagespflege, Feste Pflegedusche High Vitality
nein (PETA-Logo)
L‘Oréal
nein, größtenteils nicht
(aber: Tochterfirma Santé größtenteils vegan)
Santé Glanz Shampoo, Santé erfrischende Feuchtigkeitscreme
teilweise
Einige Tochterfirmen sind in der tierversuchsfreien PETA-Liste geführt (z. B. Sante, NYX).
Louis Widmer
(Louis Widmer)
nicht alle
Viele Produkte sind vegan, die Ausnahmen sind auf der Homepage gelistet und vegane Produkte zusätzlich gekennzeichnet.
All Day 50+ Sonnenmilch, Sun Gel 30, Acne Creme Plus, Deo Creme, Spray und Stick
nein (PETA-Logo)
Medipharma
(Dr. Theiss)
ja (neue Pflegeserie)
Olivenöl Festes Shampoo, Olivenöl Reichhaltige Gesichtscreme
keine offiziellen Informationen
Tattoomed
(Tattoomed)
ja
TattooMed After Tattoo, Sun Protection Series
nein (PETA-Logo)
Vichy
(L‘Oréal)
nein
keine offiziellen Informationen
nein, nur wenn zwingend erforderlich
Belieferung von Ländern, die Tierversuche vorschreiben
Weleda
(Weleda)
nicht alle
Suchfunktion auf Homepage kann vegane Produkte filtern
Sensitiv Reinigungsmilch, Ratanhia-Zahncreme, Calendula Massageöl
nicht für Kosmetiklinien

Die Nachfrage boomt – doch mitunter mehr Schein als Sein

Hinzu kommen weiterhin Produkte, die bloß einen umweltfreundlichen Eindruck machen. Tatsächlich sind es aber klassische Pflegeprodukte, die keinerlei Zertifizierungsverfahren durchlaufen haben. Die zulässigen gesetzlichen Grenzen bei Produktaufmachung und Werbung werden hierbei bis aufs Äußerste ausgereizt. Durch die Farbwahl der Verpackung, Abbildungen von Pflanzen sowie die Verwendung selbst entwickelter Siegel wird suggeriert, dass es sich um naturnahe Kosmetik oder sogar Naturkosmetik handelt. Dieses sogenannte Greenwashing wird von Firmen betrieben, um von der Nachfrage an natürlichen Pflegemitteln zu profitieren.

Durch die Masse an benötigten Informationen bei der Suche nach tierversuchsfreien, veganen sowie nachhaltigen Pflegeprodukten verlagert sich die Recherche vielfach ins Internet.

Laut Statista-Erhebung betrug der durch Körperpflegeprodukte und Duftstoffe erzielte Umsatz der deutschen Industrie im Jahr 2019 insgesamt rund 6,2 Milliarden Euro. Der Marktanteil naturnaher Kosmetik sowie von Naturkosmetik belief sich 2019 auf ca. 18%, von denen 10,8% auf zertifizierte Naturkosmetik und 7,5% auf naturnahe Kosmetik entfallen. Tendenz steigend. Die Nachfrage ist also da, das Angebot – zumindest online – ebenso. Auch durch die wachsende Verfügbarkeit und den heutigen Stellenwert von sozialen Medien wächst der Bedarf an veganen, nachhaltigen Kosmetikprodukten kontinuierlich. Ein boomender Markt mit dreistelligem Millionenumsatz, der online schon lange etabliert ist, vielen Vor-Ort-Apotheken jedoch bis heute verwehrt bleibt. Und damit wandert auch die Kundschaft ab, erst recht in Zeiten von Online-Konkurrenz und Drogeriemarktketten mit breitem Portfolio und günstigen Preisen.

Die Chance für Apotheken

Veganerinnen und Veganer stellen eine grundsätzlich gut informierte und anspruchsvolle Kundengruppe dar. Umso wichtiger ist es, sie und ihre Wünsche im Beratungsgespräch ernst zu nehmen und ihnen mit einem mindestens ebenbürtigen Wissensstand entgegenzutreten. Gerade von der pharmazeutischen Expertise in den Apotheken kann dieses Kundenkollektiv nämlich profitieren. Durch den Fokus auf Fragestellungen des Tier- und Umweltschutzes werden galenische oder medizinische Aspekte potenziell nicht oder nur unzureichend bei der Produktauswahl priorisiert. Hinzu kommt auch der Umstand, dass gerade online immer wieder Fehlinformationen geteilt werden, die zu Verunsicherungen führen. Die Auswahl verlässlicher Quellen ist bei der Masse an verfügbaren Informationen nur schwer möglich. Auch vermitteln uneindeutige Werbeaussagen wie „frei von Chemie“ oder „natürlicher Ursprung“ den Eindruck, dass die Produkte gut verträglich und umweltfreundlich seien. Hierzu existieren zwar rechtliche Rahmenbedingungen, wie die Verordnung (EU) 655/2013 über zulässige Werbeaussagen, diese lassen den Herstellern allerdings noch einiges an Handlungsspielraum. Auch für gut informierte Laien ist es deshalb schwierig einzuschätzen, wie verlässlich solche Behauptungen sind und ob das Produkt sich für den eigenen Hauttyp oder Hautzustand eignet. Das ist die Chance für die persönliche und fachlich fundierte Beratung in den Apo­theken.

Gefahren durch laienhafte Selbstherstellung

Besonders aus Gründen des Umweltschutzes, aber auch aus Kostengründen werden außerdem viele Menschen zunehmend selbst aktiv. Über die sozialen Medien tauschen sich mittlerweile unzählige vegane Personen und Gleichgesinnte darüber aus, wie sich tierversuchsfreie, vegane Naturkosmetik selbst herstellen lässt. Neben den offensichtlichen Vorteilen selbstgemachter Kosmetik, wie der absoluten Kontrolle über die Inhaltsstoffe, der Verzicht auf Verpackungsmaterialien sowie die eingesparten Lieferwege, können sich allerdings auch Probleme abzeichnen. Mangelnde galenische Expertise, die „Angst“ vor Konservierungsstoffen oder chemischen Bezeichnungen und die nicht geprüfte Verträglichkeit der in der heimischen Küche selbst angerührten Cremes und Shampoos können potenziell zu gravierenden Hautirritationen führen.

Beratung auf Augenhöhe

Umso wichtiger ist es also, dass die fachkundige Beratung dieser immer größer werdenden Kundengruppe auch Einzug in unsere Apotheken findet. Eine reine Abwesenheit tierischer Inhaltsstoffe bei der Entscheidung für ein Produkt wird den meisten Ansprüchen nicht gerecht werden. Die Umstände der Gewinnung sowie Herstellung von Inhaltsstoffen und Zubereitungen spielen eine ebenso große Rolle. Zusätzlich nimmt auch das Umweltbewusstsein einen immer höheren Stellenwert für viele ein.

Gerade bei krankhaften Hautzuständen oder empfindlichen Hauttypen ist es neben den wertebasierten Vorstellungen jedoch ebenso wichtig, dass verwendete Dermatika gut verträglich und für die Person geeignet sind. Für eine bestmögliche Beratung zu veganen Körperpflegeprodukten sind ausreichende Kompetenzen zu den Kernthemen dieses Kundenstamms unabdingbar. Empfehlenswert ist es bei etwaigen Kundennachfragen innerhalb des Apothekenteams auf Expertinnen oder Experten für vegane Kosmetik verweisen zu können und dieses neue Geschäftsfeld nicht als Rand­erscheinung abzutun. Neben der fachlichen Eignung spielen in diesen Kundengesprächen nämlich auch vor allem die persönliche Bindung zwischen Kundschaft und Personal eine große Rolle. Tierschutz, Umweltschutz und auch die pharmazeutische Eignung sollten idealerweise und letztendlich gleichberechtigte Kriterien für die Produktauswahl sein. |

Literatur

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Autorin

Jessica Geller, Apothekerin und DAZ-Autorin

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