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Medizinprodukte

Noch mehr Qualität sichern

Was die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung für die Apotheken bedeutet

Ab dem 26. Mai 2021 ersetzt die Medical Device Regulation (MDR) die aktuell geltenden EU-Richtlinien für Medizinprodukte (93/42/EWG) und aktive implantierbare medizinische Geräte (90/385/EWG) komplett. Die wesentlichen Änderungen beinhalten u. a. die Erweiterung des Geltungsbereichs und neue Klassifizierungsregeln nach Risiko, Anwendungsdauer und Invasivität, strengere Anforderungen an die klinische Bewertung einschließlich klinischer Studien, das verpflichtende „System der einmaligen Produktnummer“ (unique device identification, UDI) sowie eine stärkere Überwachung nach Inverkehrbringung. Auch auf die Apotheken kommen neue Händler- und ggf. sogar Herstellerpflichten zu. Welche das sind und wie der generelle Umgang mit Medizinprodukten in den Apotheken am besten gelingt, lesen Sie im folgenden Beitrag. | Von Janna K. Schweim 

Die EU-Verordnung für Medizinprodukte wurde am 5. April 2017 verabschiedet und trat 21 Tage später in Kraft. Nach Ablauf von drei Jahren, ab dem 26. Mai 2020, sollte die nationale Übergangsfrist enden und die Verordnung in allen EU-Staaten wirksam werden. Allerdings wurde, u. a. bedingt durch die COVID-19-Pandemie, am 17. April 2020 durch das EU-Parlament der Aufschub um ein weiteres Jahr beschlossen, um insbesondere Engpässe oder Verzögerungen bei der Einführung wichtiger Medizinprodukte zu vermeiden. Somit wird die MDR nun am nächsten Mittwoch, den 26. Mai 2021, ihre volle Wirksamkeit entfalten. Zeitgleich wird das deutsche Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) in weiten Teilen in Kraft treten. Mit diesem Stichtag gehen einige bedeutsame Veränderungen für alle Akteure, die mit der Herstellung, dem Import, dem Vertrieb und der Anwendung von Medizinprodukten befasst sind, einher. Auch die Apotheken sollten in diesem Zuge ihr Handling mit Medizinprodukten kritisch beleuchten und gegebenenfalls nachjustieren. Auslöser für die Überarbeitung des europäischen Medizinprodukterechts war übrigens der Skandal um die schadhaften, aus Industriesilikon hergestellten Brustimplantate des französischen Herstellers „Poly Implant Prothèse“ (PIP), der im Jahr 2010 bekannt wurde.

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Aufgrund der Neuerungen müssen sich auch Apotheken auf weitergehende Händlerverpflichtungen einstellen. Nach Definition der MDR bezeichnet „Händler“ jede natürliche oder juristische Person in der Lieferkette, die ein Produkt bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme auf dem Markt bereitstellt, mit Ausnahme des Herstellers oder des Importeurs. Ein „Händler“ ist zudem gemeinsam mit Hersteller, dessen bevollmächtigtem Vertreter und dem Importeur „Wirtschaftsakteur“ nach der Begriffsbestimmung der MDR. Die Tätigkeit der „Bereitstellung auf dem Markt“ umfasst laut MDR jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Produkts, mit Ausnahme von Prüfprodukten, zum Vertrieb, zum Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit.

Allgemeine Pflichten des Händlers – welche auch für Apotheken bzw. die Apothekenleitung oder das Personal gelten – regelt Artikel 14 MDR. Besondere Fälle sind in Artikel 16 zusammengefasst, wonach einige Pflichten des Herstellers auch für Händler gelten können.

Medizinprodukte routinemäßig und stichprobenartig überprüfen

Gemäß Artikel 14 Abs. 2 muss sich der Händler zur Erfüllung seiner Überprüfungspflichten folgende Fragen stellen, bevor er ein Medizinprodukt auf dem Markt bereitstellen darf:

  • Ist eine CE-Kennzeichnung und/oder EU-Konformitätserklärung für das Produkt vorhanden?
  • Liegen dem Produkt die vom Hersteller gemäß Artikel 10 Abs. 11 bereitgestellten Informationen, d. h. eine gesonderte Kennzeichnung und Gebrauchsanweisung auf Deutsch, bei?
  • Bei importierten Produkten: Hat der Importeur die in Artikel 13 Abs. 3 genannten Anforderungen erfüllt, d. h. ­seinen Namen und seine Adresse auf dem Medizin­produkt bzw. der Umverpackung angegeben?
  • Wurde vom Hersteller eine einmalige Produktnummer (UDI) vergeben?

In erster Linie muss die Apothekenleitung in ihrer Händlereigenschaft das bloße Vorhandensein, z. B. der Gebrauchsanweisung oder Adressangaben, nicht aber deren Richtigkeit, überprüfen. Die Vergabe des UDI wird zukünftig über die „European Databank on Medical Devices“ (Eudamed), die europäische Medizinproduktedatenbank, welche gemäß Artikel 33 MDR errichtet bzw. um wesent­liche Bestandteile erweitert werden soll, erfolgen. Da allerdings ein gestaffelter Start der Funktionalitäten, einschließlich der Vergabe von UDIs, geplant ist, wird die Überprüfung der individuellen Produktcodes den Händlern erst nach und nach möglich sein.

Tab. 1: Beispiele für die Klassifizierung von Medizinprodukten in der Apotheke
Klasse I
Klasse IIa
Klasse IIb
Verbandmittel
Desinfektionsmittel
Kondome
Medizinischer Mund-Nasen-Schutz
Einmalspritze
Kontaktlinsenreiniger
Stützstrümpfe

In der Apotheke müssen die Anforderungen daher – am besten schon beim Wareneingang – stichprobenartig überprüft und diese Informationen in der Apothekensoftware hinterlegt werden. Die Häufigkeit der Stichproben bemisst sich nach Risiko des jeweiligen Produktes (s. Tab. 1). Insgesamt gibt es vier Risikoklassen von Medizinprodukten, bei denen der Risikograd gemäß der Nummerierung ansteigt: Klasse I (weitere Unterteilung in: MP mit Messfunktion (Im), sterile Medizinprodukte (Is) und wiederverwendbare chirurgische Instrumente der Klasse I (Ir)), Klasse IIa, Klasse IIb (z. B. aktive Produkte, die dazu bestimmt sind, ein Arzneimittel an den Körper abzugeben und/oder aus dem Körper zu entfernen) und Klasse III (insbes. implantierbare Produkte). Die recht umfangreichen Klassifizierungsregeln finden sich in Anhang VIII zur MDR, wesentlich zur Einstufung tragen der Invasivitätsgrad, Anwendung am oder im Körper sowie die Dauer der Anwendung bei. Medizinprodukte der Klasse III kommen in der Apotheke nicht zur Anwendung bzw. werden nicht in der Apotheke abgegeben und werden daher nicht näher betrachtet.

Bei neu im Sortiment aufgenommenen Produkten empfiehlt sich eine häufigere Überprüfung als bei Waren von langbewährten Lieferanten. Während die MDR eine stichprobenartige Prüfung aller Medizinprodukte vorschreibt, gibt § 12 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) die Prüfung apothekenpflichtiger Medizinprodukte vor (s. Kasten). Ein direkter Vergleich von Anforderungen in der MDR und Apothekenbetriebsordnung hinsichtlich der Qualität der Medizinprodukte ist in Tab. 2 dargestellt.

Tab. 2: Anforderungen an die Qualitätssicherung von Medizinprodukten gemäß MDR und ApoBetrO
Information
MDR
ApBetrO
Bezeichnung des Medizinprodukts
x
x
Hersteller/Bevollmächtigter (Import)
x
x
CE-Kennzeichen
x
x
Seriennummer
x
Chargennummer/Herstellungsdatum
x
Unique Device Identification (UDI)
x
Konformitätserklärung
x
Information in deutscher Sprache
x
x
Prüfdatum + Namenszeichen Apotheker
x
x

Was ist zu beachten bei mangelhaften Medizinprodukten?

Gemäß MDR darf die Apotheke ein Produkt nicht auf dem Markt bereitstellen, bei dem sie der Auffassung ist, dass dieses nicht den Anforderungen entspricht. Damit die erforderliche Konformität des Produkts wiederhergestellt werden kann, muss sie zu diesem Zweck den Hersteller, ggf. den Bevollmächtigten und den Importeur, informieren. Beispiele für die fehlende Konformität, welche ein Inverkehrbringen verbieten, wären defekte oder beschädigte bzw. abgelaufene und technisch veraltete Medizinprodukte (z. B. ein zerbrochenes Fieberthermometer).

Gemäß Artikel 14 Abs. 3 muss die Apotheke die Lagerungs- und Transportbedingungen nach Herstellervorgaben sicherstellen, während sich das Produkt in ihrer Verantwortung befindet (z. B. Temperatur zur Aufbewahrung stofflicher Medizinprodukte wie Tränenersatzflüssigkeit).

Essentiell ist die Aufgabe, die der Apotheke gemäß Artikel 14 Abs. 4 zukommt: Damit die erforderlichen Korrekturmaßnahmen ergriffen werden können, um die Konformität des Produkts herzustellen, es vom Markt zu nehmen oder zurückzurufen, muss sie mit dem Hersteller sowie mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten. Sollte die Apotheke der Auffassung sein, dass von dem Produkt eine schwerwiegende Gefahr ausgeht, muss sie darüber hinaus unverzüglich die zuständigen Behörden informieren sowie genaue Angaben zur fehlenden Konformität und zu bereits ergriffenen Korrekturmaßnahmen übermitteln. In Deutschland ist die zuständige Behörde das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM) am Dienstsitz Köln (früher: Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information, DIMDI).

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Sollte von einem Medizinprodukt eine schwerwiegende Gefahr ausgehen, wie das unmittelbare Risiko des Todes, einer schwerwiegenden Verschlechterung des Gesundheits­zustands oder einer schweren Erkrankung, muss die Apotheke in Deutschland unverzüglich das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM) informieren sowie genaue Angaben zur fehlenden Konformität und zu bereits ergriffenen Korrekturmaßnahmen übermitteln.

Wenn der Apotheke seitens anderer Angehöriger der Gesundheitsberufe, der Patienten oder Anwender Beschwerden und Berichte über mutmaßliche Vorkommnisse im Zusammenhang mit einem Medizinprodukt, das sie bereitgestellt haben, zugetragen werden, so ist sie gemäß Artikel 14 Abs. 5 verpflichtet, diese unverzüglich an den Hersteller weiterzuleiten. Damit einher geht auch die Obliegenheit, ein Register der Beschwerden, der nichtkonformen Produkte und der Rückrufe und Rücknahmen zu führen. Die Apotheke soll den Hersteller über diese Überwachungsmaßnahme auf dem Laufenden halten und bei Bedarf alle Informationen zur Verfügung stellen.

Das bedeutet im Klartext, dass jede Apotheke dazu angehalten ist, systematische Aufzeichnungen über alle „Spontanmeldungen“ im Zusammenhang mit den von ihr bereitgestellten Medizinprodukten und deren Ausgang zu führen. Damit korrespondieren die Meldepflichten der überarbeiteten Fassung der Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV) vom 1. Januar 2017, wonach Vorkommnisse (und ggf. schwerwiegende unerwünschte Ereignisse), unter anderem von Händlern, also auch Apotheken, unverzüglich und auf elektronischem Wege den Behörden (§§ 3 – 7) ge­meldet werden müssen.

Apothekenbetriebsordnung: Wie müssen Medizinprodukte überprüft werden?

§ 12 Prüfung der nicht in der Apotheke hergestellten Fertigarzneimittel und apothekenpflichtigen Medizinprodukte

(1) Fertigarzneimittel, die nicht in der Apotheke hergestellt worden sind, sind stichprobenweise zu prüfen. Dabei darf von einer über die Sinnesprüfung hinausgehenden Prüfung abgesehen werden, wenn sich keine Anhaltspunkte ergeben haben, die Zweifel an der ordnungsgemäßen Qualität des Arzneimittels begründen. Die Sätze 1 und 2 gelten für apothekenpflichtige Medizinprodukte entsprechend.

(2) Das anzufertigende Prüfprotokoll muss mindestens enthalten

1. den Namen oder die Firma des pharmazeutischen Unternehmers, bei Medizinprodukten des Herstellers oder seines Bevollmächtigten,

2. die Bezeichnung und bei Arzneimitteln zusätzlich die Dar­reichungsform,

3. die Chargenbezeichnung oder das Herstellungsdatum,

4. das Datum und die Ergebnisse der Prüfung,

5. das Namenszeichen des prüfenden oder die Prüfung beaufsichtigenden Apothekers.

Anmerkung: Die Prüfung ist eine pharmazeutische Tätigkeit und muss daher vom pharmazeutischen Personal (§ 3 Abs. 5 ApBetrO) durchgeführt werden. Nichtpharmazeutisches Personal, insbesondere Apothekenhelfer, -facharbeiter und Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte (PKA) können jedoch bei der Prüfung der Arzneimittel unterstützen (§ 3 Abs. 5a ApBetrO).

Die Mitteilungen über Vorkommnisse und andere Meldungen sollen über das Deutsche Medizinprodukte-Informa­tions- und Datenbanksystem (DMIDS) gemäß § 86 MPDG zentral erfasst werden. Ebenso ist ein Austausch mit der europäischen Datenbank Eudamed vorgesehen. Die volle Funktionalität des DMIDS soll bis spätestens zum 31. Dezember 2022 sichergestellt werden.

Gemäß Artikel 14 Abs. 6 MDR müssen die Apotheken der zuständigen Behörde auf Ersuchen alle Informationen und Unterlagen aushändigen, die ihnen vorliegen und die für den Nachweis der Konformität eines Produkts erforderlich sind. Zudem wird eine Kooperation der Apotheken mit den zuständigen Behörden vorausgesetzt bei allen Maßnahmen zur Abwendung von Gefahren, die mit Produkten verbunden sind, die sie auf dem Markt bereitgestellt haben. Die Apotheken sollen der Behörde unentgeltliche Proben des Produkts zur Verfügung stellen oder, sofern anderweitig nicht praktikabel, Zugang zu dem Produkt gewähren. Diese Zusammenarbeit inklusive kostenloser Produktstichproben wird auch gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 3 MPDG vorausgesetzt, wobei eine Entschädigung der Apotheken für die Probenahme, anders als bei Arzneimitteln, für Medizinprodukte ­offenbar nicht vorgesehen ist.

Herstellerpflichten für die Apotheken

Gemäß Artikel 16 Abs. 1 MDR kommen auf die Apotheke bei Ausführung folgender Tätigkeiten darüber hinaus die Pflichten des Herstellers zu:

  • Bereitstellung eines Produkts auf dem Markt unter dem eigenen Namen, dem eigenen eingetragenen Handels­namen oder der eigenen eingetragenen Handelsmarke, außer in den Fällen, in denen eine Vereinbarung mit einem Hersteller geschlossen wurde, wonach der Hersteller als solcher auf der Kennzeichnung angegeben wird und für die Einhaltung der nach dieser Verordnung für die Hersteller geltenden Anforderungen verantwortlich ist. Der Vertrieb von Medizinprodukten, z. B. Halspastillen mit Hyaluronsäure, unter Anbringung des Apotheken­logos, ist bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung mit dem Hersteller weiterhin möglich, ohne dass die Apotheke zum Hersteller wird.
  • Änderung der Zweckbestimmung eines bereits im Verkehr befindlichen oder in Betrieb genommenen Produkts;
  • Änderung eines bereits im Verkehr befindlichen oder in Betrieb genommenen Produkts in einer Art und Weise, die Auswirkungen auf die Konformität des Produkts mit den geltenden Anforderungen haben könnte.

Von den o. g. Änderungen hinsichtlich der Zweckbestimmung oder Änderungen, die Auswirkung auf die Konformität haben, sind Montagen und solche Anpassungen für den Patienten ohne Zweckänderungen des bereits in Verkehr gebrachten Medizinproduktes ausgenommen. Als Anwendungsfall wäre z. B. an das Anpassen von Thrombosestützstrümpfen in der Apotheke zu denken.

Keine Herstellerpflichten bei den folgenden Tätigkeiten

Gemäß Artikel 16 Abs. 2 gelten die folgenden Tätigkeiten nicht als Änderung des Produkts mit Einfluss auf die Konformität, dennoch bringen diese Tätigkeiten Händlerpflichten für die Apotheke mit sich:

  • Bereitstellung, einschließlich Übersetzung, der vom Hersteller gemäß Anhang I Abschnitt 23 bereitzustellenden Informationen über ein bereits im Verkehr befindliches Produkt und weiterer Informationen, die für die Vermarktung des Produkts in dem jeweiligen Mitgliedstaat erforderlich sind. Demnach darf die Apotheke beispielsweise eine deutschsprachige Gebrauchsanweisung des Medizinprodukts zur Verfügung stellen, ohne dadurch zum Hersteller zu werden.
  • Änderungen der äußeren Verpackung eines bereits im Verkehr befindlichen Produkts, einschließlich Änderung der Packungsgröße, falls das Umpacken erforderlich ist, um das Produkt in dem jeweiligen Mitgliedstaat zu vermarkten, und sofern dies unter Bedingungen geschieht, die gewährleisten, dass der Originalzustand des Produkts dadurch nicht beeinträchtigt werden kann. Bei Produkten, die steril in Verkehr gebracht werden, wäre der Originalzustand der Verpackung beeinträchtigt, wenn die zur Aufrechterhaltung der Sterilität notwendige Verpackung beim Umpacken geöffnet, beschädigt oder anderweitig beeinträchtigt wird. Auch durch das Auseinzeln oder Umverpacken von Medizinprodukten, wie z. B. einzeln eingeschweißter Einmalspritzen, die aus der Aneinanderreihung abgetrennt werden müssen, gilt der Originalzustand als nicht beeinträchtigt. Bei importierten Produkten, die in anderen EU-Mitgliedstaaten nur in Großpackungen erhältlich sind, ist diese Tätigkeit des Apothekers für die Verkehrsfähigkeit aufgrund der in Deutschland zulässigen, kleineren Abpackungen erforderlich.

Die Apotheken trifft gemäß Artikel 16 Abs. 3 eine Kennzeichnungspflicht bei den in Abs. 2 genannten Tätigkeiten: Daher müssen sie auf dem Produkt oder, falls dies nicht praktikabel ist, auf der Verpackung oder auf einem dem Produkt beiliegenden Dokument die Tätigkeit angeben, um die es sich handelt, sowie ihren Namen, ihren eingetragenen Handelsnamen oder ihre eingetragene Handelsmarke, ihre eingetragene Niederlassung und die Anschrift, unter der sie zu erreichen ist, so dass ihr tatsächlicher Standort ermittelt werden kann.

Voraussetzung für diese Tätigkeiten und die entsprechende Kennzeichnung ist die Etablierung und Einhaltung eines Qualitätsmanagementsystems (QMS), wie es in einer Apotheke auch für andere Aufgabenbereiche eingesetzt werden muss: Das QMS soll z. B. sicherstellen, dass die Übersetzung der Informationen korrekt erfolgt und stets auf dem neuesten Stand ist. Zudem sollen die Tätigkeiten gemäß Abs. 2 mit Mitteln und unter Bedingungen durchgeführt werden, die gewährleisten, dass der Originalzustand des Produkts erhalten bleibt und die Verpackung des umgepackten Produkts nicht fehlerhaft, von schlechter Qualität oder un­ordentlich ist. Die Apotheke als Händler oder Importeur muss zudem über alle Korrekturmaßnahmen informiert werden, die der Hersteller in Bezug auf das betreffende Produkt als Reaktion auf Sicherheitsprobleme oder zur Herstellung der Konformität ergreift.

Was gilt beim Verleih von Medizinprodukten?

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Das Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz gilt gemäß § 2 Absatz 2 auch für das Anwenden, Betreiben und Instandhalten von Produkten, die nicht als Medizinprodukte in Verkehr gebracht wurden, aber mit der Zweckbestimmung eines Medizinproduktes im Sinne der Anlagen 1 und 2 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung angewendet werden.

Weitere Pflichten der Apotheke im Hinblick auf die Anwendung von Medizinprodukten in den Apotheken (z. B. Blutdruckmessgeräte) oder den Verleih von Medizinprodukten (z. B. elektrische Milchpumpen, Inhalations- und Atemtherapiegeräte) ergeben sich schon seit dem 1. Januar 2017 aus der überarbeiteten Fassung der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV), wenn die Krankenkassen den Apotheken gemäß Versorgungsvertrag diese Aufgaben übertragen haben. Eine wichtige Hilfestellung bei der Erfassung, Wartung und Nachverfolgung überwachungspflichtiger Medizinprodukte leistet die seit Juli 2020 verfügbare webbasierte Medizinprodukteverwaltung (MPV) des Deutschen Apothekerverbands (DAV).

Umkennzeichnung und Umverpackung

Gemäß Artikel 16 Abs. 4 MDR müssen Apotheken mindestens 28 Tage bevor das umgekennzeichnete oder umgepackte Produkt auf dem Markt bereitgestellt wird, den Hersteller und die zuständige Behörde von ihrer Absicht in Kenntnis setzen. Darüber hinaus müssen Apotheken dem Hersteller und der zuständigen Behörde auf Verlangen eine Probe oder ein Modell des umgekennzeichneten oder umgepackten Produkts, einschließlich der übersetzten Kennzeichnung und der übersetzten Gebrauchsanweisung, zur Verfügung stellen. Dies bedeutet, dass die Apotheke beispielsweise sowohl über das Hinzufügen einer deutschsprachigen Gebrauchsanweisung als auch über das Umpacken von Medizinprodukten aus Großgebinden den Hersteller des betreffenden Medizinprodukts und die zuständige Behörde vorab informieren muss.

Ebenfalls erforderlich ist eine von einer Benannten Stelle (z. B. TÜV SÜD) ausgestellte Bescheinigung, in der gegenüber der zuständigen Behörde bescheinigt wird, dass das QMS der Apotheken den in Abs. 3 festgelegten Anforderungen entspricht.

Weitere Händlerpflichten der Apotheke

Zur Identifizierung innerhalb der Lieferkette sollen die Apotheken gemäß Artikel 25 Abs. 1 mit den Herstellern oder ihren Bevollmächtigten zusammenarbeiten. Dadurch wird ein angemessenes Niveau der Rückverfolgbarkeit von Produkten angestrebt. In diesem Zusammenhang ist jeder Händler gemäß Abs. 2 verpflichtet, gegenüber der zuständigen Behörde Angaben zu machen über

  • alle Wirtschaftsakteure, an die sie ein Produkt direkt abgegeben haben;
  • alle Wirtschaftsakteure, von denen sie ein Produkt direkt bezogen haben;
  • alle Gesundheitseinrichtungen oder Angehörigen der Gesundheitsberufe, an die sie ein Produkt direkt abgegeben haben.

Diese Verpflichtung gilt in einem Zeitraum von mindestens zehn Jahren, nachdem das letzte von der EU-Konformitätserklärung erfasste Produkt in Verkehr gebracht wurde. Da Apotheken Medizinprodukte vom Großhändler, der ein Wirtschaftsakteur ist, beziehen und die Produkte an Gesundheitseinrichtungen, wie Senioren- und Pflegeheime, Krankenhäuser oder Ärzte, direkt abgeben, kommt voraussichtlich ein erheblicher Verwaltungsaufwand auf sie zu, der sich nur mit entsprechenden Softwarelösungen bewältigen lassen wird.

Wie bereits kurz erwähnt, üben die zuständigen Behörden Marktüberwachungstätigkeiten aus und können gemäß Artikel 93 Abs. 3

  • Wirtschaftsakteure verpflichten, die für die Zwecke der Durchführung der Tätigkeiten der Behörden erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen und, falls gerechtfertigt, die erforderlichen Produktstichproben kostenfrei bereitzustellen oder kostenfreien Zugang zu den Produkten zu ermöglichen, und
  • angekündigte und erforderlichenfalls unangekündigte Kontrollen in den Räumlichkeiten der Wirtschaftsakteure sowie in den Räumlichkeiten von Zulieferern und/oder Unterauftragnehmern und, falls erforderlich, in den Einrichtungen beruflicher Anwender durchführen.

Insofern können auch Apotheken Adressaten solcher Maßnahmen und Kontrollen werden. Das Ergebnis des behördlichen Überwachungsberichts wird dem Wirtschaftsakteur gemäß Abs. 7 mitgeteilt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zusammenfassend ist den Apotheken zu raten, insbesondere das QMS der Apotheke mit den Vorgaben der MDR in Einklang zu bringen, um ab Ende Mai 2021 den neuen Händlerpflichten gerecht werden zu können. Bei der Qualitätssicherung können zur Unterstützung insbesondere zwei Leitlinien der BAK sowie die ergänzenden Kommentare und Flussdiagramme („Meldung von Vorkommnissen bei Medizinprodukten“) bzw. Checklisten („Prüfkriterien für apothekenpflichtige Medizinprodukte“) herangezogen und für die eigene Apotheke adaptiert werden. Diese Leitlinien geben Empfehlungen zur Prüfung und Lagerung apothekenpflichtiger Medizinprodukte sowie zu Maßnahmen bei Risiken im Zusammenhang mit Medizinprodukten. Die jeweilige verwendete Apothekensoftware sollte dahingehend überprüft werden, ob sie eine lückenlose Dokumentation der eingegangenen Medizinprodukte im Sinne eines Warenwirtschaftssystems ermöglicht, um die Herkunft und Rückverfolgbarkeit über einen Zeitraum von zehn Jahren sicherzustellen. |

Literatur bei der Verfasserin

Autorin

Dr. Janna K. Schweim, Rechtsanwältin, Köln

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