Pandemie Spezial

Wenn Riechen zum Problem wird

Geruchsverlust nach COVID-19 ist reversibel – früher oder später

In den letzten Monaten ist der Geruchsverlust als Frühsymptom einer SARS-CoV-2-Infektion häufig beschrieben worden. Wie schnell die Riechfähigkeit zurückkehrt, lässt sich kaum voraussagen. Doch Betroffene können etwas tun: HNO-Ärzte raten dazu, zweimal täglich an speziellen Duftproben zu „schnuppern“. Eine Methode, die schon vor der Corona-Pandemie genutzt wurde, um von Riechverlust Betroffene zu unterstützen.

Riechstörungen sind nicht selten, im Gegenteil. Etwa 5% der Bevölkerung leiden unter Anosmie – diese Personen können überhaupt keinen Geruch wahrnehmen. Bei etwa 20% ist der Geruchssinn nicht besonders gut ausgeprägt (Hyposmie). Vor der Corona-­Pandemie wurde ein Geruchsverlust allgemein als Zeichen dafür gewertet, dass sich eine Erkältung anbahnt. Doch dann sind in der Regel noch weitere Symptome wie eine verstopfte Nase oder Kopfschmerzen vorhanden. Bei Geruchsverlust infolge einer SARS-CoV-2-Infektion, der immerhin 50 bis 60% der COVID-19-­Patienten betrifft, ist die Symptomatik ein wenig anders ausgeprägt: Der Riechverlust tritt plötzlich auf, die Nase bleibt dabei meistens frei, Niesen oder ein Niesreiz sind nicht vorhanden. Die bisherigen Erkenntnisse zur Dauer von Corona-bedingtem Geruchsverlust sind uneinheitlich. Innerhalb von ein bis zwei Monaten erlangen 80 bis 90% der Betroffenen ihre vorherige Riechfähigkeit zurück. Bei 5 bis 20% können sich die Symptome über mehrere Monate bis Jahre hinziehen. [1]

Was tun bei plötzlichem Geruchsverlust?

Das Corona-bedingte Nachlassen des Geruchssinns – ohne nasale Obstruktion oder andere Schnupfensymptome – tritt bei vielen Patienten oft bereits innerhalb von drei Tagen nach der Infektion auf. Zu diesem Zeitpunkt können sich Betroffene noch völlig gesund fühlen. HNO-Ärzte empfehlen, sich vorsorglich in Quarantäne zu begeben und einen SARS-CoV-2-Test vornehmen lassen.

Wie kommt es zum Riechverlust?

Wie Prof. Dr. med. Thomas Hummel, Universitätsklinikum Dresden, auf einer virtuellen Pressekonferenz anlässlich der Jahresversammlung 2021 der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V., erläuterte, gelangen die SARS-CoV-2-Viren bei einer Corona-Infektion zum Riechepithel ganz oben in der Nase, wo sie sich anheften (s. Abb.). Bei einer temporären Störung der Riechzellen kehrt der Geruchssinn schon nach Tagen oder Wochen zurück. Es kann aber auch zu deren Absterben kommen. Wenn dann zusätzlich die Basalzellen, aus denen die Riechzellen normalerweise regeneriert werden, geschädigt wurden, sind längerfristige, über Monate bis Jahre andauernde Riechstörungen die Folge.

Abb.: Die Geruchswahrnehmung läuft über vier Stufen von der Nase zum Gehirn: 1: Duftstoffmoleküle binden an die Geruchsrezeptoren. 2: Die Riechzellen werden aktiviert und geben ein elektrisches Signal. 3: Die Signale erreichen die Glomeruli und Mitralzellen im Riechkolben und werden dort gebündelt. 4: Die Signale werden in die Großhirnrinde weitergeleitet und dort verarbeitet.

Was kann man tun?

Wenn sich eine Corona-bedingte Riechstörung nicht innerhalb von vier Wochen weitgehend zurückgebildet hat, sollten Betroffene einen HNO-Arzt oder Neurologen konsultieren. Denn der Verlust des Geruchssinns kann auch ein Frühsignal für andere Erkrankungen sein. Dazu zählen neurodegenerative Erkrankungen wie die Alzheimer-­Demenz und Morbus Parkinson. Im Gegensatz zu viral bedingten Riech­störungen sind bei diesen Erkrankungen vor allem die verantwortlichen Regionen in der Großhirnrinde betroffen, weshalb der Riechverlust nur schleichend einsetzt. Auch ein Schädel-Hirn-Trauma, ein Tumor oder chronische Rhinosinusitiden (mit oder ohne Nasenpolypen) können zum Verlust des Riechvermögens führen. Riech- und Schmeck-Tests, Labordiagnostik, Bildgebung und Endoskopie sind dann die gängigen Verfahren zur Abklärung [1]. Mit Riechtraining kann laut Hummel die Rückkehr des Geruchssinns beschleunigt werden. Diese Methode gibt es nicht erst seit der Corona-Pandemie. Sie wird beispielsweise angewendet, um nach Atemwegsinfekten den Geruchssinn schneller wiederzuerlangen. Betroffene werden dabei angehalten, über eine längeren Zeitraum morgens und abends jeweils eine halbe Minute an vier verschiedenen Proben mit Rose-, Zitronen-, Eukalyptus- und Gewürznelken-Duft zu riechen.

Riechtraining für zu Hause

Wer nach einem Corona-bedingten Geruchsverlust seiner Nase wieder „auf die Sprünge“ helfen möchte, kann sich einen Riechtest selbst herstellen. Dafür werden in identischen verschließbaren Probengefäßen typische Geruchsträger wie Gewürznelken, Zitronenschalen, Pfefferminzblätter oder auch ein geruchsintensives Kosmetikum aufbewahrt und gegebenenfalls erneuert. An diesen Duftproben sollte morgens und abends jeweils eine halbe Minute lang „geschnuppert“ werden. Ein derartiges Training kann auch dem Nachlassen des Geruchssinns im Alter vorbeugen.

Verwechslung von Riechen und Schmecken?

Aufwendigere Tests sind notwendig, wenn Betroffene beim HNO-Arzt auch über einen Verlust des Geschmackssinns berichten. Häufig ist bei ihnen jedoch die gustatorische Wahrnehmung, also das Schmecken von süß, sauer, salzig, bitter und umami, gar nicht behindert, sondern „nur“ das Riechen. Weil dabei aber auch die nasale Wahrnehmung von Aromen aus dem Essen gestört ist, kann bei Betroffenen der Eindruck entstehen, sie würden nicht richtig schmecken. Eine Riechstörung verursacht also auch eine Veränderung des Feingeschmacks von Lebensmitteln, was sehr belastend sein kann. Die gute Nachricht: Wenn sich die Riech­störung bessert, kommt auch der Geschmack zurück. |

Zum Weiterlesen

„Kein Duft in der Nase“ von Prof. Dr. med. Hermann Feldmeier, DAZ 2021, Nr. 3, S. 34

Literatur

Berlit P et al. Neurologische Manifestationen bei COVID-19, S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Stand 22. Februar 2021, www.dgn.org/leitlinien, Abruf am 20. Mai 2021

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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