Beratung

Probleme mit dem Wechsel

Wie typische Beschwerden in der Menopause gelindert werden können

Als Wechseljahre bzw. Klimakte­rium wird die mehrere Jahre andauernde hormonelle Umstellung vor und nach der letzten Menstruation verstanden – Beginn meist um das 45. Lebensjahr. Während viele Frauen unbeschwert durch diese Zeit kommen, leiden ein Drittel erheblich unter den möglichen Symptomen. Es kommt zu Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Stimmungsschwankungen und Co. Der Informations- und Behandlungsbedarf ist groß – viele suchen Rat in der Apotheke. | Von Martina Wegener

Die Wechseljahre werden in mehrere Phasen unterteilt. Zuerst tritt die Prämenopause ein – schleichend verändert sich die Hormonproduktion in den Ovarien. Es kommt zu Zyklusschwankungen, insbesondere zu verkürzten Zyklen und verstärkten Menstruationsblutungen. Auch Zwischenblutungen können gehäuft auftreten. Kurz bevor die Periode endgültig ausbleibt, werden die Abstände zwischen den Zyklen durch Abnahme des Progesteronspiegels und dem daraus resultierenden relativen Estrogenüberschuss, wieder länger. Kommt es zum zwölfmonatigen Ausbleiben der Menstruation, ist der Zeitpunkt der Menopause erreicht. Darauf folgt die Phase der Postmenopause – die im Schnitt bis zum 65. Lebensjahr andauern kann [1 – 4].

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Reden Sie drüber! Peri- oder postmenopausale Frauen – und auch Personen in ihrem Umfeld – haben häufig ein großes Informationsbedürfnis zu physiologischen Veränderungen und Behandlungsmöglichkeiten ihrer Beschwerden, zu Lebensstilveränderungen und Maßnahmen, die die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden verbessern können, aber auch zu Nutzen und Risiken der Behandlungsmöglichkeiten.

Welche Beschwerden können auftreten?

Durch das hormonelle Ungleichgewicht kann es zu Beschwerden kommen. Die Mehrheit der Frauen klagt über vasomotorische Symptome wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche, Stimmungsschwankungen und vaginale Trockenheit. Bei einem Drittel der Betroffenen sind die Symp­tome so stark ausgeprägt, dass eine medikamentöse Behandlung erforderlich wird. Die Wechseljahre stellen eine Phase des Umbruchs dar. Neben den körperlichen Umstellungen kommt es häufig auch zu familiären und beruflichen Veränderungen – ein neuer Lebensabschnitt beginnt [2, 3, 5].

Wie können die Symptome gelindert werden?

Der Leidensdruck der betroffenen Frauen ist groß – sie wünschen sich eine effektive und schonende Therapie, um ihre Beschwerden zu lindern. Aus Angst vor der umstrittenen Hormontherapie wird oft nach nicht-hormonellen Alternativen (z. B. Phytotherapeutika) Ausschau gehalten. Dabei stellt sich in der Beratung die Frage, was kann nach derzeitiger Studienlage empfohlen werden? Hilfestellung leistet die im letzten Jahr aktualisierte S3-Leitlinie „Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen“, die von den deutschen, österreichischen und schweizerischen Gesellschaften für Gynäkologie und Geburtshilfe gemeinsam erstellt wurde. Auch die deutschen Gesellschaften für Pharmakologie und Phytotherapie wurden in die Leitlinie miteingebunden [6].

Bis zu 80% der Frauen leiden unter vasomotorischen Sym­ptomen wie Hitzewallungen und nächtlichen Schweißausbrüchen – sie zählen zu den wichtigsten klinischen Parametern und führen zu einer signifikanten Beeinträchtigung der Lebensqualität. Die Hitzewallungen kündigen sich meist durch eine aufsteigende Hitze an, die sich über Gesicht, Hals und Oberkörper ausbreitet. Die Wallungen können zwischen 30 Sekunden und bis zu maximal zehn Minuten andauern und werden oft von Gesichtsrötungen, Schwitzen und Frösteln begleitet. Oft treten die Symptome auch nachts auf, was die Schlafqualität der Betroffenen negativ beeinflussen kann.

Hormontherapie

Die effektivste Behandlungsmöglichkeit zur Linderung vasomotorischer Symptome stellt die Hormontherapie dar. Insbesondere bei starken Beschwerden, die für die betroffene Frau als belastend empfunden werden und zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen, sollte nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung eine Hormontherapie in Betracht gezogen werden. Entsprechende Kontraindikationen (z. B. bei Frauen mit Brustkrebs) sind zu berücksichtigen. Für nicht-hysterektomierte Frauen wird eine Estrogen-/Gestagen-Therapie verordnet; für hysterektomierte Frauen eine alleinige Gabe von Estrogenen. Bei der Estrogen-/Gestagen-Therapie kann die Gestagengabe zyklisch oder kontinuierlich erfolgen; dabei sollte die Anwendungsdauer mindestens zehn bis zwölf Tage pro Behandlungsmonat umfassen – eine kürzere Anwendung erhöht das Risiko für Endometriumhyperplasien oder -karzinomen. Es sollten generell transdermale Applikationsformen bevorzugt werden, da sie möglicherweise ein günstigeres Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweisen. Nach Beginn einer Hormontherapie sollten regelmäßige Kon­trolluntersuchungen beim Gynäkologen erfolgen, um die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Hormontherapie zu überprüfen. Darüber hinaus sollten nicht-hysterektomierte Frauen darauf hingewiesen werden, dass es in den ersten Monaten der Therapie zu Blutungsstörungen kommen kann.

Phytotherapeutika

Als Phytotherapeutika kommen häufig Präparate mit Cimicifuga und Phytoestrogenen zur Linderung von Hitzewallungen und Schweißausbrüchen zum Einsatz – wobei die Sicherheit vieler Zubereitungen nicht abschließend belegt ist. Die Wirksamkeit von Extrakten aus Cimicifuga racemosa wird kontrovers diskutiert. In einem Cochrane Review aus dem Jahr 2012 kamen die Autoren zu dem Schluss, dass die Wirksamkeit von Traubensilberkerze bei vasomotorischen Beschwerden nicht gesichert ist, da es nur wenige qualitativ hochwertige Studien gibt. In mehreren Studien konnte zwar im Vergleich zu Placebo eine Wirksamkeitstendenz gezeigt werden, aber keine Signifikanz. Anders sieht es die Netzwerkanalyse von NICE (National Institute for Health and Care Excellence), die Cimicifuga einen signifikanten Therapieeffekt bei Hitzewallungen bescheinigt. Auch die deutsche Gesellschaft für Phytotherapie sieht den Nutzen von zugelassenen Cimicifuga-Arzneimitteln im Gegensatz zu sonstigen Cimicifuga-Produkten (z. B. in Nahrungsergänzungsmitteln) als erwiesen an [6]. Als unerwünschte Arzneimittelwirkungen treten am häufigsten gastrointestinale Beschwerden und Muskel- und Gelenkbeschwerden auf – eine Hepatotoxizität konnte nach bisheriger Studienlage nicht gezeigt werden. Laut den Leitlinienautoren ist umstritten, ob die Wirkung von Cimicifuga-Extrakten über Estrogen-Rezeptoren erfolgt – es werden SERM-ähnliche (SERM: selektive Estrogenrezeptor-Modulatoren), antioxidative, antiphlogistische und serotonerge Wirkungen vermutet. Estrogen-artige Effekte an Brust und Uterus können nach derzeitiger Studienlage ausgeschlossen werden.

Zur Wirksamkeit von Phytoestrogenen verweist die Leitlinie auf einen Cochrane Review aus dem Jahr 2012, in dem 43 Studien mit über 4000 Probandinnen eingeschlossen wurden. Dabei betrug die täglich aufgenommene Menge an Isoflavonen mindestens 30 mg, die über Sojaprodukte, Rotklee- und Hopfenextrakte und Genistein-Präparate aufgenommen wurde. In manchen Studien konnte eine Wirksamkeit gezeigt werden, in anderen nicht. Die Netzwerkanalyse von NICE kommt hingegen zu einem positiven Ergebnis und bescheinigt Isoflavonen einen signifikanten Effekt. Andere Phytoestrogene aus Leinsamen (mindestens 100 mg/Tag), Equol (10 mg/Tag) und Rheum rhaponticum sind möglicherweise wirksam – eine abschließende Bewertung kann derzeit jedoch nicht gegeben werden. Zu beachten ist, dass bei Frauen mit Brustkrebs Phytoestrogene kontraindiziert sind.

Psychopharmaka

Der Einsatz von selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI), selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSNRI) und Gabapentin sollte nicht als erste Wahl gegen vasomotorische Symptome erfolgen – stellt jedoch eine Option für Frauen dar, bei denen eine Kontraindikation für Hormone besteht. Darüber hinaus können den betroffenen Frauen zur Linderung ihrer Beschwerden Methoden zur kognitiven Verhaltenstherapie angeboten werden [6, 8].

Wie kann vaginale Trockenheit gelindert werden?

Durch das Sinken des Estrogen-Spiegels wird das Vaginalepithel empfindlicher und dünner – es kommt zu vaginaler Trockenheit, Juckreiz, Brennen und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Hier können zur Linderung der Symptome lokal Befeuchtungs- und Gleitmittel empfohlen werden. Zusätzlich kann eine vaginale Estrogen-Therapie erfolgen. Dabei sollten Estriol-haltige Präparate und eine möglichst niedrige Dosierung bevorzugt werden. Bereits eine Therapie mit 0,03 mg Estriol zwei- bis dreimal pro Woche zeigte eine gute Wirksamkeit und führt laut der Leitlinienautoren mit aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zu einem Anstieg des Brustkrebsrisikos [3, 6].

Was tun bei urologischen Beschwerden?

Durch die Veränderungen des Vaginalmilieus steigt bei postmenopausalen Frauen das Risiko für rezidivierende Harnwegsinfekte. Auch hier kann eine vaginale Estrogen-Therapie Linderung verschaffen und sollte vor Beginn einer antibiotischen Langzeitprophylaxe durchgeführt werden. Bei Patientinnen mit Harninkontinenz kann ebenfalls eine vaginale Estrogen-Therapie und Becken­bodentraining zur Besserung der Symptomatik empfohlen werden. Sie sollten jedoch darüber informiert werden, dass eine systemische Estrogen-/Gestagen-Therapie zum Auftreten oder zur Verschlechterung einer Harninkon­tinenz führen kann [3, 6].

Psychische Veränderungen – was hilft?

Für psychische Symptome wie Niedergeschlagenheit, Stimmungsschwankungen und Ängste ist bisher kein eindeutiger Zusammenhang zu den Wechseljahren belegt – kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. Sollten die psychischen Veränderungen als Folge der Wechseljahre auftreten oder sich im Rahmen dieser verschlechtern, kann ein Behandlungsversuch mit einer Hormontherapie individuell in Erwägung gezogen werden. Eine ausreichende Evidenz zur klaren Empfehlung einer Hormontherapie oder Psychotherapie ist aktuell jedoch nicht belegt [6]. Welche Zusatzempfehlungen können gegeben werden? Mit den Wechseljahren fällt auch der schützende Effekt von Estrogenen auf die Knochen weg – das Osteoporose-Risiko steigt. Zur Prävention sollte auf eine ausreichende Versorgung mit Calcium und Vitamin D3 geachtet werden, empfohlen wird eine Zufuhr von 1000 mg Calcium und 800 IE Vitamin D3 pro Tag. Wird diese Menge nicht durch Ernährung und Sonnenlichtexposition gewährleistet, sollten entsprechende Supplemente eingenommen werden. Darüber hinaus kann man den Frauen unterstützend Maßnahmen zur Veränderung des Lebensstils empfehlen: Entspannungsübungen, eine gesunde und ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung. Jede Frau sollte selbst ausprobieren, was ihr „gut tut“ und Beschwerden lindern kann. Darüber hinaus ist es wichtig, dass Frauen in der Peri- und Postmenopause auch über Verhütung informiert werden. Bei Frauen über 50 Jahren sind Verhütungsmaßnahmen für die Dauer von einem Jahr nach Menopause notwendig; bei Frauen unter 50 Jahren für zwei Jahre danach [6].

Literaturtipp

Zeitenwende

Plötzliche Schweißattacken, kneifende Hosenbünde und borstige Härchen im Gesicht – keine rosigen Aussichten für Frauen ab 45? In den Wechseljahren justieren sich Hormone und Lebensentwürfe neu. Oft sind körperliche und psychische Beschwerden die Folge und Betroffene suchen Rat und Hilfe in der Apotheke.

Dieses Buch beschreibt die Physiologie des Klimakteriums und alterstypische Begleiterkrankungen. Die Möglichkeiten und Grenzen von Hormonersatztherapie und alternativen Behandlungsansätzen werden ausgelotet. Betroffene kommen zu Wort und die Autorin gibt Tipps für die Beratung: das Fundament für Ihre einfühlsame Beratung!

 

Von Claudia Apperger

Wechseljahre
Beratung in der Apotheke

XIII, 134 S., 28 farb. Abb., 29 farb. Tab. 
17,0 × 24,0 cm, kartoniert, 24,00 Euro

ISBN 978-3-7692-6705-1
Deutscher Apotheker Verlag 2017

 

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Die Wechseljahre – ein häufiges aber auch sensibles Thema im Apothekenalltag. Umso wichtiger, dass jede ratsuchende Frau mit ihren Beschwerden und Sorgen ernst genommen und jeder unterstützend zur Seite gestanden wird. Für das Beratungsgespräch bitte genügend Zeit einplanen und die Möglichkeit eröffnen, offen über die Probleme zu sprechen. Durch gezieltes Nachfragen sollte das gesamte Beschwerdebild erfasst und der individuelle Leidensdruck ermittelt werden. Im Anschluss kann mit der Frau gemeinsam die Behandlungsmöglichkeiten erörtert und Grenzen der Selbstmedikation aufgezeigt werden – mit dem Ziel, die Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. |

Literatur

 [1] Klimakterium. DocCheck Flexikon, https://flexikon.doccheck.com/de/Klimakterium

 [2] Wechseljahre und Wechseljahresbeschwerden. Informationen der Frauenärzte im Netz, www.frauenaerzte-im-netz.de/koerper-sexualitaet/wechseljahre-klimakterium/

 [3] Neuenfeldt M. Was sich hinter der Menopause verbirgt. DAZ 2018;5:30

 [4] Neubeck M. Evidenzbasierte Selbstmedikation. 5. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag 2021

 [5] Wechseljahresbeschwerden/klimakterische Beschwerden. Informationen der Frauenärzte im Netz, www.frauenaerzte-im-netz.de/koerper-sexualitaet/wechseljahre-klimakterium/wechseljahresbeschwerden-klimakterische-beschwerden/

 [6] Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen. S3-Leitlinie, Leitlinienprogramm Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) e.V., Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG), Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG), AWMF-Leitlinie Registernummer 015-062, Stand: Januar 2020, www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-062l_S3_HT_Peri-Postmenopause-Diagnostik-Interventionen_2021-01.pdf

 [7] Avis NE et al. Duration of menopausal vasomotor symptoms over the menopause transition. JAMA Intern Med 2015;175:531-539

 [8] Buchmann-Macrander C. Allgemeine Informationen zu den Wechseljahren, www.dr-macrander.de/de/frauenheilkunde/wechseljahre.html

 [9] Leach MJ, Moore V. Black cohosh (Cimicifuga spp.) for menopausal symptoms, The Cochrane Database of Systematic Reviews September 2012, DOI: 10.1002/14651858. CD007244.pub2

[10] Walji R et al. Black cohosh (Cimicifuga racemose [L.] Nutt.): safety and efficacy for cancer patients. Support Care Cancer 2007;15(8):913-921

[11] Hirschberg Al et al. An isopropanolic extract of black cohosh does not increase mammographic breast density or breast cell proliferation in postmenopausal women. Menopause 2007;14(1):89-96

Autorin

Apothekerin Dr. Martina Wegener Pharmaziestudium an der Universität Bonn, Promotion an der Medizinischen Fakultät der Universität Halle (Saale), Tätigkeit in einer öffentlichen Apo­theke, Lehrtätigkeit an einer Kranken- und Altenpflegeschule, freie Autorin für die DAZ

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