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Neues zu SARS-CoV-2 in Kürze

mab | In Deutschland sind knapp neun Monate vergangen, seitdem die ersten Menschen gegen COVID-19 geimpft wurden. In den letzten Tagen häufen sich die Meldungen zu Durchbruchinfektionen. Doch welche Risikofaktoren tragen dazu bei, dass man sich trotz vollständiger Immunisierung mit SARS-CoV-2 infiziert?
Grafik: GEMINI / AdobeStock

„Alte“ Immunzellen schützen besser

SARS-CoV-2 ähnelt in seinen Oberflächenstrukturen stark dem Aufbau von endemischen humanen Erkältungsviren. Daher verwundert es nicht, dass immer mehr Hinweise auf eine zelluläre und humorale Kreuzimmunität aufgrund von durchlaufenen Erkältungen mit anderen Coronaviren gegenüber einer SARS-CoV-2-Infektion deuten. Forscher der Berliner Charité wollten nun herausfinden, wie sich eine solche Kreuzimmunität auf den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung auswirkt. Und tatsächlich: Die durch normale Erkältungs-Coronaviren gebildeten CD4+-T-Gedächtnis-Helferzellen in Blutproben von 60 gesunden Probanden, die noch nie Kontakt mit SARS-CoV-2 hatten, richteten sich gegen verschiedene Oberflächenproteine von SARS-CoV-2, darunter auch das Spike-Protein. Erkennbar war aber auch, dass die Anzahl und die Bindungsstärke dieser kreuzreagierenden Zellen mit zunehmendem Alter der Probanden abnahmen. In einem weiteren Versuch analysierten die Wissenschaftler die Immunantwort vor und nach einer COVID-19-­Impfung. Es zeigte sich, dass die Aktivierung normaler T-Gedächtnis-Helferzellen etwa zwei Wochen benötigte, wohingegen die Aktivierung von kreuzreagierenden T-Gedächtnis-Helferzellen nur etwa eine Woche benötigte. Die Autoren sehen in ihren Ergebnissen eine mögliche Erklärung dafür, warum manche Menschen besser vor schweren COVID-19-Verläufen geschützt sind als andere [Loyal L et al. Science 2021. doi: 10.1126/science.abh1823].

Risikofaktoren für Durchbruchinfektionen

Laut einer israelischen Fall-Kontroll-Studie, deren Ergebnisse im „JAMA“ publiziert wurden, stellt eine im eigenen Haushalt vorkommende SARS-CoV-2-Infektion bei einem Familienmitglied den größten Risikofaktor für eine Durchbruchinfektion dar. Bei der Studie wurden die Daten von 5312 geimpften Personen und 690 nicht geimpften Personen retrospektiv ausgewertet. Alle Probanden waren Mitarbeiter des Gesundheitswesens und waren durchschnittlich 38 Jahre alt (69% weiblich, 4% immungeschwächt). Im Abstand von mindestens zwei Wochen nach Erhalt der zweiten Impfdosis hatten sich bei den geimpften Probanden 0,5% mit SARS-CoV-2 infiziert, bei den Ungeimpften lag die Rate bei 10%. Es zeigte sich, dass sich die meisten immunisierten Probanden (56%) zu Hause bei einem ebenfalls erkrankten Familienmitglied angesteckt hatten (Vergleich Nichtgeimpfte: 38%). Eine weitere Fall-Kontroll-Studie aus Großbritannien, bei der mehr als 1,2 Millionen Daten ausgewertet wurden, hat zudem Gebrechlichkeit bei Älteren als Risikofaktor für Impfdurchbrüche ausfindig gemacht (Odds Ratio [OR]: 1,93). Daneben waren normalgewichtige Personen (Body-Mass-Index < 30 kg/m2) besser vor einer Durchbruchinfektion geschützt als adipöse (OR: 0,84). Generell hatten Geimpfte eine geringere Wahrscheinlichkeit für eine Krankenhauseinweisung, für eine Symptomdauer länger als 28 Tage sowie für mehr als fünf Symptome in der ersten Krankheitswoche als Nichtgeimpfte [Oster Y et al. JAMA Network 2021. doi:10.1001/jamanetworkopen.2021.25394 und Antonelli M et al. The Lancet Infect Dis 2021. doi: 10.1016/ S1473-3099(21)00460-6].

Geringeres Sterberisiko unter Baricitinib

Um der Komplikation eines Zytokin­sturms bei schwer erkrankten COVID-19-Patienten besser Herr zu werden, wurden in den letzten Monaten immer wieder Therapieversuche mit Januskinase-Hemmern vorgenommen. So auch mit Baricitinib (Olumiant®), einem oral verabreichten selektiven JAK-1/2-In­hibitor, der ursprünglich zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis zugelassen wurde. In einer Phase-III-Studie sollte nun an 1525 hospitalisierten COVID-19-Patienten aus zwölf Ländern untersucht werden, wie sich die Einnahme von Baricitinib auf den COVID-19-Verlauf auswirkt. Neben der Standardbehandlung, die systemische Glucocorticoide und Virustatika umfasste, bekamen 1 : 1 randomisiert 764 Patienten über 14 Tage einmal täglich 4 mg Baricitinib, die übrigen 761 Patienten bekamen Placebo. Der zusammengesetzte primäre Endpunkt an Tag 28 definierte den Anteil an Patienten, die eine High-Flow-Sauerstoff-Gabe, nicht-invasive Beatmung bzw. invasive mechanische Beatmung benötigten oder verstorben waren. 27,8% der Patienten in der Baricitinib-Gruppe und 30,5% der Placebo-Gruppe erreichten den primären Endpunkt, allerdings war das Ergebnis nicht signifikant (Odds Ratio: 0,85; p = 0,18). Betrachtete man jedoch lediglich die Sterblichkeit, so zeigte sich ein Benefit unter dem JAK-Inhibitor: So waren an Tag 28 lediglich 8% in der Baricitinib-Gruppe, jedoch 13% in der Vergleichsgruppe verstorben (Hazard Ratio [HR]: 0,57; p = 0,018). Dies entspricht einer relativen Verringerung der Sterblichkeit von 38,2%. Auch nach 60 Tagen waren in der Baricitinib-Gruppe signifikant weniger Patienten verstorben (10% vs. 15%, HR: 0,62; p = 0,005). Unerwünschte Ereignisse (15% unter Baricitinib vs. 18%), Infektionen (9% vs. 10%) und venöse thrombotische Ereignisse (3% vs. 3%) traten in beiden Behandlungsgruppen ähnlich häufig auf [Marconi VC et al. The Lancet Respiratory Medicine 2021. doi: 10.1016/S2213-2600(21)00331-3].

Kleiner Booster, große Wirkung

Das Unternehmen Moderna hat bei der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA einen Zulassungsantrag für seinen Auffrischungsimpfstoff, der mit 50 Mikrogramm etwa die Hälfte der Menge von mRNA-1273 (Spikevax) enthält, eingereicht. Zuvor hatte das Unternehmen 344 Personen der Phase-II-Studie angeboten, sich ein halbes Jahr nach der zweiten Dosis mit der Auffrischvakzine immunisieren zu lassen. Dabei zeigte sich, dass in allen Altersklassen die Titer an neutralisierenden Antikörpern stiegen. Auch gegen Varianten scheint man durch die Auffrischimpfung besser geschützt zu sein: So waren um den Faktor 40 höhere Antikörper-Spiegel gegen die Delta-Variante nach der Auffrischimpfung messbar. Gegen die Beta-Variante waren sie um das 32-Fache und gegen die Gamma-Variante um das 43,6-Fache erhöht. Auch in Europa soll in Kürze der Zulassungsantrag für die Auffrischimpfung gestellt werden. Biontech/Pfizer hat diesen Antrag für Comirnaty® soeben bei der EMA gestellt [Pressemitteilungen Moderna, 1. September 2021; Biontech/Pfizer 7. September 2021].

Moderna sticht Biontech / Pfizer

Eine belgische Arbeitsgruppe hat die humorale Immunantwort auf die beiden mRNA-Impfstoffe Spikevax und Comirnaty® in einer prospektiven Kohortenstudie verglichen. Dazu hat sie jeweils vor der Impfung sowie sechs bis zehn Wochen nach der zweiten Dosis die Antikörper gegen die Rezeptor-Bindungs-Domäne des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 in 1647 Mitarbeitern des Gesundheitswesens bestimmt. 688 Probanden waren mit der Vakzine von Moderna geimpft worden, 959 mit der von Biontech/Pfizer. Es zeigte sich, dass die doppelt mit Spikevax geimpften, noch nie an COVID-19 erkrankten Personen deutlich höhere Antikörper-Titer aufwiesen als die doppelt mit Comirnaty® geimpften (2881 U/ml vs. 1108 U/ml). Noch höhere Titer wiesen die Personen auf, wenn sie schon eine SARS-CoV-2-­Infektion hinter sich hatten (Moderna: 10.708 U/ml vs. Biontech/Pfizer: 8174 U/ml). Die Wissenschaftler erklären sich diesen Unterschied durch die höhere mRNA-Menge in der Moderna-Vakzine sowie dem längeren Intervall (vier bis sechs Wochen) zwischen erster und zweiter Dosis im Vergleich zu Comirnaty® (drei bis sechs Wochen) [Steensels D et al. JAMA 2021. doi:10.1001/jama.2021.15125].

Vaxzevria® schlechter wirksam bei Dialyse-Patienten

Im Vergleich zu Comirnaty® induziert Vaxzevria® bei Dialyse-Patienten eine deutlich geringere Immunantwort. Zu diesem Ergebnis kommt eine Kohortenstudie aus Großbritannien, in der die Titer an neutralisierenden Antikörpern verglichen wurden. So induzierte eine doppelte Impfung mit der Biontech/Pfizer Vakzine robuste Immunantworten gegen die Alpha- (mittlere inhibitorische Konzentration [IC50]: 174), Beta- (IC50: 136) und Delta-Variante (IC50: 276). Dagegen waren im Vergleich zu Comirnaty® die neutralisierenden Titer nach doppelter Immunisierung mit Vaxzevria® vierfach niedriger gegen die Alpha-, dreifach niedriger gegen die Beta- und sechsfach niedriger gegen die Delta-Variante. Die Forscher gehen daher davon aus, dass mit Vaxzevria® geimpfte Dialysepatienten vermutlich keinen ausreichenden Schutz vor schwerer Erkrankung haben, und raten Betroffenen zu einer dritten Dosis [Carr EJ et al. The Lancet 2021. doi: 10.1016/S0140-6736(21)01854-7]. |

 

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