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Geriatrie

Achtung Luftnot!

Nachhaltige Schulung auch bei älteren Asthma- und COPD-Patienten

Chronische Lungenerkrankungen wie Asthma und COPD nehmen stetig zu und damit auch die Suche nach optimaler Prävention und Therapie. Die Auswahl an Inhalatoren ist vielfältig und individuell mit dem Patienten abzustimmen. Dennoch kommen die inhalativen Vorteile älteren Patienten nicht ausreichend zugute. Die aktuellen Leitlinien zu Therapien von Asthma und COPD beziehen sich vor allem auf Kinder und Erwachsene. Die individuelle Patientengruppe der geriatrischen Patienten (über 65 Jahre) werden in den Leitlinien nicht explizit berücksichtigt. Um unnötige Asthma- oder COPD-Exazerbationen und damit verbundene Krankenhausaufenthalte zu vermeiden, sollte gerade auf ältere Patienten verstärkt bei der Beratung in der Apotheke und beim Medikationsmanagement fokussiert werden. | Von Vanessa Reichelt, Dirk Keiner und Henning Gockel

Es klingt eigentlich ganz einfach: „Inhalator aktivieren, ausatmen, einatmen, Luft anhalten und wieder ausatmen.“ Um die Therapie respiratorischer Erkrankungen wie das Asthma oder die COPD nachhaltig zu verbessern, muss eine korrekte Anwendung der inhalativen Devices und damit verbunden eine ausreichende Wirkstoffverteilung gegeben sein. Diese fällt vielen Patienten – ob jung oder alt, ob fit oder gebrechlich – gar nicht so leicht [1 – 7]. Die Gründe dafür sind vielfältig, meist sind jedoch kognitive oder physische Einschränkungen verantwortlich. Die Fähigkeit, die Devices richtig zu handhaben, nimmt mit dem Alter ab. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit unzureichender Therapien, respiratorischer Notfälle und Funktionalitätseinbußen. Gerade deshalb ist eine wiederholte und auf den Patienten zugeschnittene Beratung bei Abgabe der Inhalativa in der Apotheke und bei der Anwendung auf Station notwendig [1, 4, 5, 7].

Lungenerkrankungen und Alter

Bei vielen geriatrischen Patienten sind chronische Lungenerkrankungen schwierig zu therapieren. Die Ursachen dafür sind sehr komplex und reichen von niedriger Compliance (z. B. aufgrund von Polypharmazie oder demenziellen Erkrankungen), nachlassender Wirkung der eingesetzten Wirkstoffe (Glucocorticoide und Bronchodilatatoren) bis hin zu einer fehlerhaften Anwendung der verschriebenen Inhalatorsysteme. Mit steigendem Alter treten anatomische und physiologische, aber auch kognitive Veränderungen auf. Unter anderem nimmt die Gesamtmuskelmasse ab, die Multimorbidität und damit einhergehend die Polypharmazie nehmen zu, die kognitive Leistungsfähigkeit nimmt ab, auch verändern sich die Lungenphysiologie und das Immunsystem. In Kombination mit respiratorischen Erkrankungen wird die altersbedingte Verringerung des FEV1-Wertes (Einsekundenkapazität) begünstigt. Da die Prävalenz der COPD mit dem Alter steigt, geht man auch davon aus, dass altersbedingte Veränderungen einen Einfluss auf die Krankheitsentwicklung der COPD haben [8, 9]. Die Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit lässt sich mithilfe von Screeningtests wie dem Mini Mental Status Test (MMST), Uhrentest und/oder dem Demenz-Test DemTect abschätzen. Je besser die geriatrischen Patienten abschneiden, desto eher erlernen sie die Handhabung eines Inhalators bzw. kommen mit der Handhabung noch zurecht [10].

Wenn der Patient das nötige Atemzugvolumen für einen Pulverinhalator aufbringen kann, dann sollte gerade bei geriatrischen Patienten ein Inhalator mit Sicht- und Geräuschkontrolle ausgewählt werden. Damit können die Patienten selbst überprüfen, ob sie tief genug eingeatmet haben. Da mit dem Alter auch die Fingerfertigkeiten sowie die Handkraft abnehmen, sollten Patienten, die deswegen keinen Inhalator mehr bedienen können, einen Vernebler benutzen. Das gilt auch für jene Patienten, die nicht das nötige Atemzug­volumen erreichen, um einen Pulverinhalator zu aktivieren oder die kognitiv nicht mehr die Fähigkeit besitzen, die Anwendung des Inhalators zu erlernen [1, 11]. Alle genannten Veränderungen bei geriatrischen Patienten sollten bei der individuellen Auswahl eines Inhalators berücksichtigt werden (Abb. 1).

Abb. 1: Auswahl eines geeigneten Device (pMDI: Dosieraerosol, pressurized metered dose inhaler, DPI: Pulverinhalator) [1]

Bei der Wahl eines geeigneten Inhalators sind neben den individuellen Fähigkeiten des Patienten und der Wirkstoffauswahl weitere Faktoren wie Kosten, Lieferbarkeit des Arzneimittels sowie die Art der Inhalationserfolgskontrolle, der Komfort und die Reinigung zu berücksichtigen (Abb. 2).

Abb. 2: Möglicher Algorithmus zur Auswahl eines Devices für geriatrische Patienten [1]

Um die Anzahl der nötigen Inhalationen pro Tag so gering wie möglich zu halten und damit die Adhärenz zu verbessern, bieten sich Inhalatoren mit Wirkstoffkombinationen (Fixkombinationen) an [1, 2]. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit des Therapiemanagements kann auch die Ökobilanz des Devices einbezogen werden. Dabei hinterlassen Pulver­in­halatoren einen signifikant geringeren CO2-Fußabdruck als Druckgasinhalatoren [12].

Devices – Anwendung und Fehler

Nicht alle der derzeit verwendeten Devices (Dosieraerosole, Pulverinhalatoren, Respimat®) eignen sich auch zur Akuttherapie, daher muss ein Patient meist mehrere Inhalationssysteme anwenden [1]. Innerhalb der großen, sich weiterentwickelnden Palette an Inhalationssystemen unterscheidet sich die Bedienung, womit einerseits die Patienten, aber nicht selten auch das medizinische sowie pharmazeutische Personal überfordert sind. Eigene retrospektive Analysen für den klinischen Bereich ergaben, dass der Anteil am Gesamtgebrauch im Jahr 2016 von Bronchodilatatoren bei COPD-Patienten (ICD-Diagnoseschlüssel J 44 in Haupt- und Nebendiagnose) für die pneumologische Fachabteilung bei 18,4% lag. Damit wird die große Bedeutung als „Hausarzt-Medikation“ und für das Medikationsmanagement auf Station deutlich.

Die wichtigsten Schritte bei jedem Inhalator (siehe Tab. 1) sind Device-abhängig und müssen im Rahmen der Erklärung und Beratung angepasst werden.

Tab. 1: Ablauf bei der Anwendung von Inhalatoren
Schritt
Beschreibung
Schritt 1:
korrekte Vorbereitung des Inhalators (je nach Device verschieden)
Schritt 2:
Entfernen der Schutzkappe
Schritt 3:
korrekte Haltung des Inhalators (je nach Device verschieden)
Schritt 4:
langsam und tief ausatmen (nicht in das Device hinein)
Schritt 5:
Mundstück komplett luftdicht mit den Lippen umschließen
Schritt 6:
Einatmen (Pulverinhalator: rasch, tief und kräftig; Dosieraerosol: Knopf betätigen und gleichzeitig langsam und tief einatmen; Respimat®: zeitgleich nach Betätigen des Knopfes langsam und entspannt einatmen)
Schritt 7:
Atem für mindestens 5 bis 10 Sekunden anhalten und durch die Nase ausatmen
Schritt 8:
Schutzkappe wieder aufsetzen bzw. schließen

Vergleiche zur Fehlerrate der Devices bei geriatrischen stationären Patienten (n = 43, Frauen: 48,8%, Alter: 76,7 ± 7,93, Asthma: 16,3%, COPD: 72,1%; Mischform: 11,6%) lassen bei der Anwendung der Pulverinhalatoren die wenigsten Fehler erkennen [1]. Allerdings konnte nicht festgestellt werden, ob die Patienten das nötige Atemzugvolumen besaßen.

Dosieraerosole führten zu den meisten Fehlern, da die Patienten hier häufig das Schütteln zur Durchmischung des Wirkstoffes im Treibgas vergessen hatten.

Die Anwendung des Respimats® (z. B. Spiriva®) fällt den älteren Patienten schwerer, da sie den zum Einsetzen der Patrone notwendigen Kraftaufwand häufig nicht mehr aufbringen können. Bei diesem Schritt kann die Apotheke den Patienten sehr gut unterstützen. Trotzdem sind manche geriatrische Patienten motorisch nicht mehr in der Lage, die Patrone um 180° zu drehen oder sie hören das Einrasten der Feder nicht. In diesem Fall sollte der Respimat® gegen ein anderes Device ausgetauscht werden. Wenn die Patienten nicht mehr in der Lage sind, eines der herkömmlichen Devices zu bedienen, dann stellt der Vernebler eine sehr gute Alternative zur Behandlung der respiratorischen Erkrankungen dar [1].

Im Folgenden sind die häufigsten aufgefallenen Anwendungsfehler unterschiedlicher Devices beispielhaft zusammengefasst [1, 13]:

  • Bei den Dosieraerosolen (pressurized metered dose inhaler; pMDI) gab es immer wieder Schwierigkeiten bei der Koordination zwischen dem Betätigen des Devices und dem gleichzeitigen Einatmen des Sprühstoßes. Zusätzlich kann die Daumenkraft der geriatrischen Patienten so stark abnehmen, dass sie den pMDI nicht mehr aktivieren können.
  • Dies trifft auch auf den Respimat® zu. Zusätzlich fiel hierbei den Patienten das korrekte Drehen der Patrone um 180° schwer.
  • Bei den Pulverinhalatoren Breezhaler® und HandiHaler® hatten die Patienten Schwierigkeiten bei dem Einführen der Kapsel in das Gerät. Manche Patienten bekamen die Kapsel nicht aus dem Blister. Andere vergaßen vor dem Inhalieren die Kapsel zu aktivieren. Im Endeffekt führte das häufig dazu, dass sich am Ende des Inhalierens noch Pulver in der Kapsel befand. Andererseits können diese Devices sehr gut zur Eigenkontrolle genutzt werden. Dabei kann kontrolliert werden, ob genug Atemzugvolumen zum Entleeren der Kapsel vorhanden ist.
  • Beim Diskus® hatten die Patienten zum einen Schwierigkeiten damit, den Hebel zu verschieben, mit dem das Gerät gespannt wird. Gelang dieses, wurde zum anderen dieser Vorgang oft auch dann noch durchgeführt, wenn das Gerät (laut Zählwerk) bereits keine Wirkstoffdosis mehr enthielt.
  • Beim Turbohaler® gelang es häufig nicht, das System während des Verdrehens in der korrekten Position (halbwegs senkrecht, Abweichungen von bis zu 45° sind erlaubt) zu halten. Auch das Drehen bis zum „Klick“ zu schaffen, war für einige Patienten problematisch.

Für die geriatrischen Patienten (80,8 Jahre + 6,3 Jahre) war im Rahmen einer Selbstbewertung von Inhalationssystemen die einfache und diskrete Handhabung bedeutsam, nicht jedoch das Design und die Farbe [7].

Beratung in der Apotheke

Inhalativa gehören zu den erklärungsbedürftigen Arzneimitteln. Bei Angehörigen der Gesundheitsberufe bestehen jedoch auch Defizite im richtigen Umgang mit Inhalatoren, wie ein Review zeigte [14]. Ein entsprechendes Training für medizinisches Fachpersonal ist daher sinnvoll. Auch schon im Medizin- sowie im Pharmaziestudium könnten flächendeckende Schulungen von großem Nutzen sein [15, 16]. Eine einmalige Kontrolle, wie der Patient das Device anwendet, reicht nicht [13]! Bei Inhalator-naiven älteren Patienten um die 80 Jahre und einer Demenz (MMST bis 10) waren im Rahmen der stationären Ersteinstellung durchschnittlich 2,47 Schulungen bis zur fehlerfreien Handhabung notwendig [7].

In der Apotheke bietet sich die Möglichkeit, regelmäßig bei der Einlösung des Rezeptes für einen Inhalator dem Patienten Erklärungen und Anweisungen mitzugeben. Bei Unsicherheit können neben Checklisten (z. B. Asthma: Checkliste „Korrekte Anwendung inhalativer Arzneimittel“ der ABDA mit Stand Februar 2017) unter anderem auch Erklär- und Trainingsvideos (z. B. von der Deutschen Atemwegsliga auf YouTube) helfen. Ein einmaliger Einsatz des zum jeweiligen Patientengerät gehörenden Schulungsvideos auf einem Tablet-PC hat sich im Stationsalltag am Patientenbett im Umgang mit Dosieraerosol und Respimat® bewährt und wurde von den Patienten sehr gut akzeptiert [17].

Bei älteren stationären COPD-Patienten verbesserte ein intensives multimodales Training (sieben bis acht Minuten) mit täglichen kurzen Videofilmen, Demonstration und Beratung über acht Tage den Umgang mit den Inhalationsgeräten und reduzierte die klinischen Symptome auch bei Patienten mit einem MMST-Score bis 14 [10].

Anhand der Abbildung 3 lässt sich erkennen, dass die Hauptfehler in der Anwendung der Devices in den Phasen S1 (Vorbereitung des Inhalators), S4 (Ausatmen vor der Inhalation) und S7 (Luft anhalten nach Inspiration) liegen. Unabhängig von der Altersklasse und der Art des Devices werden diese Fehler mehrfach als Hauptfehler bei der Anwendung beschrieben. Aufgrund dessen sollte – zusätzlich zur korrekten Erklärung der individuellen Bedienung eines Inhalators – immer der Hinweis auf das Ausatmen vor der Inhalation und Luftanhalten nach der Inhalation gegeben werden. Zudem sollten die Patienten explizit darauf hingewiesen werden, dass es sich um Langzeittherapien handelt, bei denen sich der Therapieerfolg nicht unbedingt sofort einstellt. Einige Patienten neigen dazu, den Inhalator wegzulassen, wenn sie keine deutliche Verbesserung spüren. Hierbei kann kurz und knapp die Wirkung der unterschiedlichen Arzneistoffe erklärt werden.

Abb. 3: Vergleich der einzelnen relativen Fehler zwischen den Devices bei den verschiedenen Anwendungsschritten (S).

Letztendlich sollte auch bei der Beratung in der Apotheke auf das Spülen zur Reinigung des Mundes durch Zähneputzen, Trinken oder Essen nach der inhalativen Anwendung hingewiesen werden. Bei der notwendigen wöchentlichen Reinigung gemäß Herstellerangaben wurden Genderunterschiede bei älteren Asthma-Patienten ermittelt. Besonders die Reinigung des Spacers wurde von Männern seltener vorgenommen als von Frauen (65% vs. 42%) [18].

Managementplan

Idealerweise sollte ein „Atemnotfallplan“ erstellt werden, der Angehörigen Hilfestellungen für das richtige Verhalten bei einem akuten Asthma- sowie COPD-Notfall bietet. Für mehr Sicherheit im Alltag des Patienten sind daneben im Hinblick auf die Arzneimitteltherapiesicherheit zahlreiche Aspekte zu beachten und auch mit dem Arzt abzustimmen: Das Erfragen zusätzlicher Medikationen vermeidet mögliche Wechselwirkungen und Kontraindikationen [19]. Die Zahl an Begleit­erkrankungen ist groß und erhöht die (Multi-)Morbidität [20]. Besonders relevant ist die aktive Nachfrage nach Neben­wirkungen [2]. Eine Verbindung zur inhalativen Therapie wird meist nicht hergestellt und ein Mundsoor nicht auf die Applikation von inhalativen Corticosteroiden (ICS) zurück­geführt [1]. Die Aufklärung auch über weitere, meist auch dosisabhängige Corticoid-Nebenwirkungen wie das erhöhte Osteoporose-/Frakturrisiko (Asthma < COPD) vor allem bei geriatrischen Patienten ist essenziell [21, 22]. Dabei ist ein Fraktur-Risikoscreening mittels FRAX-Tool bei COPD bisher kaum etabliert [23].

Obwohl Spacer nachweisbar positive Effekte bezüglich der Inhalator-Koordination (Dosieraerosol) und auch der Nebenwirkungsminimierung haben, werden sie allgemein und auch bei geriatrischen Patienten kaum eingesetzt [1, 3, 24].Auch wenn sich in einer Metaanalyse [25] überraschend eine höhere Fehlerrate bei Patienten mit Spacern ergab, sollte uns das nicht vom Spacer-Einsatz in der Geriatrie abbringen! Die Erklärung, wie ein Spacer angewendet wird, ist und bleibt wichtig.

Im Fokus der Leitlinien stehen auch nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Körpergewichtskontrolle, Sport- und Atemtherapie. Bei COPD ist es vor allem die Raucherentwöhnung, bei der die Apotheke unterstützen kann. Viele COPD-Patienten (18,6%) rauchten zum Zeitpunkt der stationären Auf­nahme weiterhin [1]. Verhaltensregeln beim Reisen und Empfehlungen für die ideale Wahl des Urlaubsortes richten sich nach dem Schweregrad der Lungenerkrankung und sind mit dem Pneumologen abzustimmen. Bei Asthma-Patienten sind Urlaubsziele mit geringer Allergen- und Schadstoffbelastung (z. B. Berge, Meer) zu bevorzugen. Bei Biologika-Therapien sollte die Reise zwischen zwei Behandlungsterminen liegen. Das betrifft zum Beispiel die vier­wöchige i.v.-Gabe von Resilizumab. Wenn der Patient sich die Biologika nicht selbst appliziert, dann sollte die Reise zwischen den Behandlungsterminen erfolgen. So lassen sich Exazerbationen vermeiden. COPD-Patienten müssen sich vor einer Reise einer Risikobewertung unterziehen, da Patienten mit einem erhöhten Exazerbationsrisiko auf Reisen besonders gefährdet sind. Insbesondere Langstreckenflüge (Distanz mehr als 3500 km) können ein Problem für Atemwegs- und Lungenerkrankte darstellen [26].

Die für das Krankheitsmanagement hilfreichen Tagebücher führten die geriatrischen Patienten leider nicht; ein Peak-Flow-Messgerät besaßen 20,9% der Patienten [1].

Pharmazeutische Bedenken

Müssen infolge der Rabattverträge Inhalatoren ausgetauscht werden durch ein Arzneimittel mit anderer Handhabung, sind pharmazeutische Bedenken häufig indiziert, wie Auswertungen von Krankenkassendaten 2016 durch das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e. V. (DAPI) zeigten. Der Anteil an geltend gemachten pharmazeutischen Bedenken bezogen auf alle rabattvertragliche Rezeptzeilen lag bei den Fertigarzneimitteln zur Inhalation bei obstruktiven Atemwegs­erkrankungen bei 2,0%. Unterschiede bestanden dabei bei den einzelnen Inhalatorsystemen. Besonders hervorzuheben ist der Anteil bei Atemzug-getriggerten Dosieraerosolen (64,5%). Hier hätten die entsprechenden Präparate gemäß Rabattvertrag gegen konventionelle Dosieraerosole ausgetauscht werden sollen. Aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften (notwendiger Atemzug, Erfordernis einer guten Koordination, Verwendbarkeit mit einem Spacer) ist ein derartiger Austausch aber oft nicht sinnvoll im Hinblick auf eine effektive Arzneimitteltherapie.

Bei Pulverinhalatoren wurden in 3,0%, bei Fertigarznei­mitteln für Vernebler in 1,7% der Verordnungen pharmazeutische Bedenken unter anderem wegen anderer Wirkstoffkonzentration angemeldet [27]. Auch durch die aktuellen nationalen Versorgungsleitlinien Asthma und COPD wird diese Praxis im konkreten Einzelfall unterstützt [28, 29].

Welt-Lungen-Tag

Am 25. September ist Welt-Lungen-Tag. Dieser inter­nationale Aktionstag hat sich zum Ziel gesetzt, mehr Bewusstsein für die Lungengesundheit zu schaffen. In Deutschland steht er unter dem Motto „Asthma & Allergien“. Auf den Internetseiten www.lungentag.de bietet die Deutsche Atemwegsliga e. V. viele Informationen zum Thema sowie zu Veranstaltungen rund um den Lungentag. Auch Apotheken können sich dort mit ihren Aktionen eintragen.

Supplementierung von Mikronährstoffen

Mit Blick auf bekannte multifaktorielle Mikronährstoff-Mangelzustände bei geriatrischen Patienten wie Eisen-, Magnesium- und Vitamin-D-Mangel ergibt sich die Frage nach der Evidenz der Supplementierung bei chronischen Lungenerkrankungen.

Chronische Entzündungen der Atemwege gehen mit erhöhten Entzündungsparametern wie dem C-reaktiven Protein (CRP) einher. Bei einem erhöhten CRP-Spiegel wird in der Leber Hepcidin gebildet, was nach Bindung an den Eisen-Transporter Ferroportin der Enterozyten die intestinale Aufnahme von Eisen-Ionen massiv reduziert. So kann ein Eisen-Mangel begünstigt werden. Dennoch wird anstelle einer parenteralen Eisen-Substitution eine orale Supplementierung bei COPD bevorzugt [30]. Dabei ist es nicht von Bedeutung, welches Eisen-Salz gewählt wird, alle zwei Tage sollten 100 bis 300 mg eingenommen werden. Erst wenn ein Therapieversuch mit oralem Eisen wegen schlechter Verträglichkeit oder fehlendem Hb-Anstieg fehlgeschlagen ist, sollte eine parenterale Eisen-Substitution in Erwägung gezogen werden.

Eine gezielte Supplementation von Magnesium-Ionen (z. B. 300 mg Magnesiumcitrat) kann eine gute Ergänzung und Unterstützung zur Behandlung mit antientzündlichen Arzneimitteln bei Asthma und COPD sein. Die Evidenzlage ist jedoch zu schwach, um orales Magnesium als Adjuvans zur Standardbehandlung für Patienten mit leichtem bis mittelschwerem Asthma sowie stabiler klinischer COPD zu empfehlen [31, 32]. Eine Hypomagnesämie ist auszugleichen, die auch Ausdruck von arzneimittelinduzierten Elektrolytveränderungen durch Corticoide, Diuretika, Beta-2-Agonisten, Theophyllin sowie Protonenpumpeninhibitoren (wenn sie länger als ein Jahr genommen werden) sein kann [33, 34].

Bei Patienten mit unkontrolliertem Asthma und häufigen Exazerbationen sollte gemäß der NVL der Vitamin-D-Spiegel bestimmt und – wenn notwendig – Vitamin D substituiert werden [28]. Ein Umbrella-Review fasst die Evidenz auch für COPD zusammen: Effekte einer Supplementierung sind nach randomisierten klinischen Studien nur bei Patienten mit 25OH-D-Spiegeln unter 25 nmol/l (= 10 ng/l) belegt [35]. Von einem Genderunterschied ist auszugehen, da männliche Patienten einen signifikant geringeren Vitamin-D-Spiegel (M: 23,6 ± 12,9 nmol/l; F: 57,4 ± 39,4 nmol/l) aufwiesen [1]. Bei der Frau wird durch das höhere Osteoporoserisiko häufiger an eine Supplementierung gedacht. Bei geriatrischen Patientinnen wird in der Regel nicht so hoch dosiert (1000 IE/Tag).

Tipp

Die Fehlerquote bei der Anwendung inhalativer Arzneimittel liegt bei knapp 80%. Durch eine effektive Patientenberatung kann der Apotheker die Quote auf 21% senken. Doch nur wer mit der Anwendung der verschiedenen Asthma-Devices vertraut ist, hat den sicheren Blick für die Beratung seiner Patienten.

Die Pulmobox enthält neben 16 Devices zur Demonstra­tion ein Handbuch zu den Beratungshilfen zur Inhala­tionstherapie und Merkblätter zur Patientenberatung sowie eine Inhalierhilfe.

Von Robert Jaeschke und Thomas Spindler
Pulmobox
Demogeräte und Beratungshilfen
44,5 × 22,5 × 10,5 cm, 124,90 Euro
ISBN 978-3-7692-7346-5
Deutscher Apotheker Verlag 2019

Einfach und schnell bestellen
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Abstimmung ist wichtig

Inhalator ist nicht gleich Inhalator. Die individualisierte Therapie gerade bei obstruktiven Atemwegserkrankungen bedarf einer engeren multidisziplinären Abstimmung [20]. Dazu gehören Hausärzte, Pneumologen, Geriater, gegebenenfalls weitere Fachgruppen sowie die Apothekerinnen und Apotheker. Das „geriatrische“ Medikationsmanagement steht ganz im Zeichen einfacher Botschaften, reduzierter Therapiepläne und vereinfachter Therapieschemata.

Ein besseres Verständnis geschlechtsspezifischer Prädik­toren für die Wirksamkeit aller therapeutischen Interven­tionen ist auch bei chronischen Lungenerkrankungen entscheidend für eine umfassende Patientenversorgung [36].

Aber auch das Patientenumfeld mit den Sorgen, Ängsten und der veränderten Alltagsbewältigung der jeweiligen Lebenspartner sollte stärker beachtet werden. Auch hier gibt es ebenfalls Geschlechterunterschiede [37]. Die Deutsche Patientenliga Atemwegerkrankungen informiert auf ihrer Website www.pat-liga.de auch dazu [38]. |

 

Interessenkonflikte

Die Autoren geben keine Interessenkonflikte an.

 

Danksagung

Für die konstruktive Abstimmung und Begleitung bei der Erstellung der Diplomarbeit danken wird besonders Dr. Andreas Machnik, Oberarzt der Klinik für Innere Medizin I/Kardiologie und Pneumologie (Chefarzt Priv.-Doz. Dr. Dirk Prochnau) sowie Priv.-Doz. Dr. Andreas Seeling vom Institut für Pharmazie, Friedrich-Schiller-Universität Jena.

 

Literatur

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[28] Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma – Langfassung, 4. Auflage. Version 1. 2020, Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), DOI: 10.6101/AZQ/000469. www.asthma.versorgungsleitlinien.de

[29] Nationale VersorgungsLeitlinie COPD – Langfassung, 2. Auflage. Konsultationsfassung, 2020, Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), www.copd.versorgungsleitlinien.de

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[37] Nakken N, Janssen DJA, van Vliet M et al. Gender differences in partners of patient with COPD and their perceptions about the patients. International Journal of COPD 2017;12:95-104

[38] Die Partner von COPD-Patienten – Nothelfer und selbst betroffen. Informationen der Deutschen Patientenliga Atemwegserkrankungen - DPLA e.V., www.pat-liga.de/partner-von-copd-patienten.html

Autoren

Vanessa Reichelt, Studium der Pharmazie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; Diplom-Studiengang an der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit Datenerhebung während des praktischen Jahres am Sophien- und Hufeland Klinikum Weimar; seit Januar 2021 als Apothekerin in der öffentlichen Apotheke mit Schwerpunkt in der Heim­versorgung tätig

Dr. rer. nat. Dirk Keiner, Studium der Pharmazie und Diplom an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, 2006 externe Promotion an der Humboldt-Universität Berlin; Fachapotheker für Offizin- und Klinische Pharmazie; seit 2007 im wissenschaftlichen Beirat der Zeitschrift Krankenhauspharmazie; seit 2008 Lehrbeauftragter an der SRH Hochschule für Gesundheit Gera für Biowissenschaften; seit 2017 Leiter der Zentralapotheke des Sophien- und Hufelandklinikums Weimar

Dr. med. Henning Gockel M.A., Stu­dium der Humanmedizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster; Facharzt für Innere Medizin; 2014 bis 2018 Oberarzt der Klinik für Geriatrie und Altersmedizin am St. Marien-Hospital Hamm; seit April 2018 Chefarzt der Klinik für Geriatrie am Sophien- und Hufeland-Klinikum Weimar

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