Arzneimittel und Therapie

Gefährliches Duo: orale Glucocorticoide und NOAK

Risiko für gastrointestinale Blutungen ist nahezu verdoppelt

Einer Registerstudie zufolge erhöht die gleichzeitige Behandlung mit einem neuen oralen Antikoagulans (NOAK) und oralen Glucocorticoiden die Rate an gastrointestinalen Blutungen. Im Vergleich mit einer NOAK-Mono­therapie ist das absolute Blutungsrisiko nahezu verdoppelt. Zudem steigt das Risiko mit höheren Glucocorticoid-Dosen.
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Sowohl orale Glucocorticoide als auch neue orale Antikoagulanzien erhöhen das Risiko für gastrointestinale Blutungen. Da Vitamin-K-Antagonisten zunehmend von NOAK abgelöst und Glucocorticoide bei zahlreichen Erkrankungen eingesetzt werden, ist die Frage, ob und in welchem Ausmaß ihre gemeinsame Verordnung das Blutungsrisiko erhöht, von klinischer Relevanz. Eine dänische Registerstudie befasste sich daher mit dieser Frage. Die Studie schloss nahezu 100.000 Patienten ein, die zwischen 2012 und 2018 aufgrund von Vorhofflimmern ein neues orales Antikoagulans (36% Rivaroxaban, 35% Apixaban, 28% Dabigatran, 2% Edoxaban) erhalten hatten. Aus dieser Kohorte wurden diejenigen selektiert, die bis zu 60 Tage vor dem Auftreten einer gastrointestinalen Blutung ein orales Glucocorti­coid eingenommen hatten. Dieser Gruppe wurde eine nach Alter, Geschlecht und Medikation entsprechende Kontrollgruppe ohne orale Glucocorticoid-Einnahme gegenübergestellt und das Blutungsrisiko in Abhängigkeit einer kurzfristigen Cortison-Einnahme (innerhalb von 60 Tagen vor der Blutung) ermittelt.

Höchstes Blutungsrisiko unter Rivaroxaban

Neue orale Antikoagulanzien erhöhen das Risiko für gastrointestinale Blutungen unterschiedlich stark. So war einer retrospektiven Kohortenstudie zufolge das Risiko für eine gastrointestinale Blutung unter Rivaroxaban im Vergleich zu Warfarin leicht erhöht (Hazard Ratio [HR]: 1,11). Unter Apixaban (HR: 0,59) und Dabigatran (HR: 0,78) fiel das Blutungsrisiko deutlich geringer aus. Immerhin schützten alle drei getesteten NOAK im Vergleich zu Warfarin besser vor einem Schlaganfall und/oder systemischer Embolie (Apixaban HR: 0,6; Dabigatran HR: 0,75; Rivaroxaban HR: 0,79). An der Studie hatten 381.054 Probanden mit nicht valvulärem Vorhofflimmern und mindestens einem Risikofaktor für Blutungen (z. B. erhöhtes Alter, chronische Nierenerkrankung, gleichzeitige Einnahme von Glucocorticoiden, Thrombozytenaggregationshemmern oder NSAR) teilgenommen.

Lip GYH et al. Oral Anticoagulants for Nonvalvular Atrial Fibrillation in Patients With High Risk of Gastrointestinal Bleeding. JAMA Netw Open. 2021;4(8):e2120064. doi:10.1001/jamanetworkopen.2021.20064

Erhöhtes Blutungsrisiko

Im Vergleich mit Patienten, die bis zu 60 Tagen vor Auftreten der Blutung kein Glucocorticoid eingenommen hatten, war das Blutungsrisiko nach einer kurzfristigen Glucocorticoid-Einnahme erhöht. So betrug die Hazard Ratio bei Cortison-Dosierungen unter 20 mg pro Tag 1,54 (95%-Konfidenzintervall [KI] 1,29 bis 1,84). Bei höheren Glucocorti­coid-Dosierungen (> 20 mg pro Tag) lag die Hazard Ratio sogar bei 2,19 (95%-KI: 1,81 bis 2,65). Das auf 60 Tage bezogene absolute Risiko, eine gastrointestinale Blutung zu erleiden, lag unter der Glucocorticoid-Einnahme bei 0,71% (95%-KI: 0,58% bis 0,85%) versus 0,38% (95%-KI: 0,32% bis 0,43%) in der Kontrollgruppe (ohne Glucocorticoid-Therapie). Das relative Risiko war ebenfalls erhöht und lag bei 1,89 (95%-KI: 1,43 bis 2,36). Die Studienautoren raten daher zu einer engmaschigen Kontrolle von Patienten, die unter einer NOAK-Therapie zusätzlich Glucocorticoide erhalten sollen. |

Literatur

Holt A et al. Gastrointestinal bleeding risk following concomitant treatment with oral glucocorticoids in patients on non-vitamin K oral anticoagulants. Heart. 2021 doi: 10.1136/heartjnl-2021-319503

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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