Kongresse

Der Apotheker als Wissensmanager

Sicherheit für Arzt und Patient im Mittelpunkt des 7. Kongresses für Arzneimittelinformation

Am 6. Februar 2021 fand der 7. Kongress für Arzneimittelinformation statt – pandemiebedingt als Online-Veranstaltung. Die Inhalte der üblicherweise zweitägigen Fortbildung wurden in einem Tag zusammengefasst, an dem die Kongressbesucher an Plenarveranstaltungen, Workshops, Symposien und Posterausstellungen teilnehmen konnten. Im Nachgang standen Webcasts zum Selbststudium zur Verfügung. Rund 400 Apothekerinnen und Apotheker nutzten die Möglichkeit einer spannenden Weiterbildung rund um Fragen zur Arzneimittelinformation.

Bei der Begrüßung durch die Kongresspräsidenten hoben Dr. Claudia Mildner und Andrea Obermeier die immense Bedeutung der Beschaffung und Bewertung von Arzneimittelinformation hervor. Gerade in Zeiten wie diesen ist eine kompetente und sichere Information die Voraussetzung für präventive Maßnahmen, für die Versorgung von Patienten und für die Unterstützung von Mitarbeitern im Gesundheitswesen. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hob in seiner Videobotschaft die Bedeutung der Apotheker als erste Ansprechpartner für eine optimale Arzneimittel­therapie hervor. Dank ihres Einsatzes und ihrer Kompetenz können aktuelle und sichere Informationen am Krankenbett umgesetzt werden, was wiederum die Patientensicherheit erhöht. Der Präsident des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) Thomas Vorwerk wies ebenfalls darauf hin, dass die Beschaffung von Arzneimittelinformation eine Kernaufgabe der Apotheker ist. Der Beschaffung der Information schließt sich aber ein weiterer, wichtiger Schritt an, nämlich die Vermittlung der Information sowie die mündliche und schriftliche Kommunikation derselben.

Hämatologie in Fahrt – von CARs und TRUCKs

Jürgen Barth, Gießen, skizzierte Aufbau, Gewinnung, Einsatz und Weiterentwicklungen von CAR-T-Zellen. Das Konzept einer T-Zell-Therapie basiert auf der Idee, das patientenindividuelle Immunsystem umzuprogrammieren und spezifisch gegen Krebszellen auszurichten. Dem Patienten entnommene, autologe T-Zellen werden ex vivo genetisch so modifiziert, dass sie chimäre Antigen-Rezeptoren (CAR) exprimieren. Anschließend werden diese CAR-T-Zellen dem Patienten re-infundiert. Mithilfe des Rezeptors können die CAR-T-Zellen nun maligne Zellen erkennen, sich an das vorhandene Oberflächenantigen binden und die maligne Zelle zerstören. Ziel der Therapie ist eine stabile Immunantwort über eine längere Zeit, da die „lebende“ Immuntherapie im Körper des Patienten verbleibt und persistierende Tumorzellen abtöten soll. CAR-T-Zelltherapeutika werden derzeit bei Tumorentitäten eingesetzt, bei denen die Krebszellen den Marker CD19 aufweisen. Dies sind B-Zell-Lymphome, also hämatologische Krebserkran­kungen. In der EU zugelassen sind Axicabta­gene ciloleucel und Tisagenlecleucel, beide zur Therapie des B-Zell-Lymphoms. Die unerwünschten Wirkungen lassen sich durch die immunologische Wirkung der CAR-T-Zell-Therapie erklären: Die Reinfusion der aufbereiteten T-Zellen führt zu einer überschießenden Stimulation anderer Immunzellen und einer exzessiven Freisetzung von Zytokinen. In deren Folge erleiden viele Patienten ein Zytokin-Freisetzungssyndrom (cytokine ­release syndrom, CRS), das einen lebensbedrohlichen Verlauf nehmen kann. Meist im Anschluss an ein Zytokin-Freisetzungssyndrom können neurologische ­Störungen (ICANS, immune effector cell-associated neurotoxity syndrome) auftreten.

CAR-T-Zelltherapien wirken nicht oder schlecht bei soliden Tumoren. Dies ist unter anderem auf Vorgänge in der Tumormikroumgebung zurückzuführen, bei denen immunsuppressive Zellen angelockt werden. Makrophagen bauen um solide Tumoren eine Art physische Barriere auf und wirken gleichzeitig immunsuppressiv. Abhilfe soll die vierte Generation der CAR-T-Zellen schaffen, die sogenannten TRUCKs (T cells redirected for antigen-unrestricted cytokine-initiated killing). Sie tragen nicht nur den gentechnisch veränderten T-Zellrezeptor, sondern zusätzlich transgene Zytokine.

Auf der Suche nach Information

Wie findet man sicher und zeitnah Arzneimittelinformationen? Ein Hilfsmittel hierzu ist die Cochrane Library, deren Aufbau, Funktion und Nutzung von Dr. Viktoria Mühlbauer, Göppingen, erläuterte wurde. Die Cochrane Library besteht aus mehreren Datenbanken mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Die Cochrane Database of Systematic Reviews (CDSR) enthält systematische Übersichtsarbeiten und das Central Register of Controlled Trials beinhaltet randomisierte kontrollierte Studien. Zur Beantwortung praxisnaher Fragen hilft ein Blick in die Cochrane Clinical Answers, die ihren Fokus auf wichtige Endpunkte richten. Die Editorials fördern die Diskussion zur Evidenz-basierten Medizin und in der Datenbank der Special Collections finden sich vornehmlich aktuelle, gesundheitsrelevante Informationen, derzeit vor allem zu SARS-CoV-2. Bei welchen Fragestellungen ist nun der Blick in die Cochrane Library besonders sinnvoll? Das sind etwa Anfragen zum Nutzen oder Schaden bestimmter Interventionen, zur Prä­zision diagnostischer Tests oder zu prognostischen Parametern. Mühl­bauer wies auf die zusätzliche Möglichkeit der PICO-Suche (Suche nach Patient, Intervention, Vergleich und Outcome) hin und betonte die Notwendigkeit, die gefundene Information auch zu bewerten, insbesondere im Hinblick auf deren Aktualität, Belastbarkeit (Evidenz) und Übertragbarkeit.

Top Papers zur Arznei­mittelinformation

  • McConachie et al. Adverse drug reactions in drug information databases, 2020
  • Valeanu et al. The development of a scoring and ranking strategy for a patient-tailored adverse drug reaction prediction in polypharmacy, 2020
  • Tippenhauer et al. Integrating Pharmacogenetic Decision Support into a Clinical Information System, 2020
  • Powell et al. Drug Dosing Recommendations for All Patients: A Roadmap for Change, 2020
  • Rutter et al. Impact of pharmacy medicine information service advice on clinician and patient out­comes: an overview, 2019

Top Papers zur Arzneimittel­information

Das Auffinden, Einordnen und Ver­mitteln von Information ist aus dem Alltag eines Pharmazeuten nicht mehr wegzudenken. Dr. Dorothea Strobach, München, stellte einige der wichtigsten Publikationen vor, die sich mit unterschiedlichen Aspekten der medizinischen Information befassen (s. Kasten „Top Papers zur Arzneimittelinformation“). So etwa zur korrekten Einstufung von Nebenwirkungen [McConachie et al.] oder zur Entwicklung eines Tools, das patientenindividuell das Risiko für unerwünschte Wirkungen ermittelt [Valeanu et al.]. Eine andere Arbeit beinhaltet Empfehlungen zur Integration pharmakogenetischer Parameter [Tippenhauer et al.]. Ein weiteres Paper ging der Frage nach, wie die Real-World-Daten bestimmter Patientengruppen in die Dosierungsempfehlungen integriert werden können [Powell et al.]. Last not least untersuchte eine Arbeit, ob die durch den Pharmazeuten bereit gestellte Literatur einen klinischen Nutzen aufweist [Rutter et al.]. Die Autoren bejahen dies und bestätigen einmal mehr den Benefit, den Apotheker bei der Beschaffung medizinischer Informationen leisten können. |

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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