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Gesundheitspolitik
Unzulässige Beeinflussung zugunsten von DocMorris
Erfolg für den Hamburger Apothekerverein: Werbebeilage in DAK-Mitgliedermagazin war unzulässig
In der Werbebeilage hatte DocMorris u. a. auf seinen Rezeptbonus hingewiesen. Dieser betrage garantiert 2 Euro und könne sich auf bis zu 12 Euro pro Rezept summieren. Zudem gab es den Hinweis auf einen Kennenlern-Vorteil von 5 Euro bei Rezepteinsendung durch Neukunden. Das Werbepaket komplett machte ein an die Versandapotheke adressierter Freiumschlag für die ärztlichen Verordnungen.
Im Impressum der Mitgliederzeitschrift war die DAK als Herausgeberin angegeben. Zudem fand sich hier der Hinweis, dass zur Refinanzierung in der Ausgabe gewerbliche Anzeigen sowie Beilagen zu finden seien; alle Anzeigen seien als solche gekennzeichnet und stellten keine Empfehlung der Krankenkasse dar.
Klage zunächst abgewiesen
Der Hamburger Apothekerverein und sein Vorsitzender Dr. Jörn Graue waren von Anfang an überzeugt: Mit diesem Vorgehen verstößt die Krankenkasse gegen die wettbewerbliche Neutralitätspflicht, die im Arzneiversorgungsvertrag (AVV) und seit 2020 auch in § 31 Abs. 1 Satz 6 SGB V geregelt ist. Der Apothekerverein und Graue machten daher einen Unterlassungsanspruch geltend. Nach einer erfolglosen Abmahnung der Krankenkasse lief es allerdings auch vor Gericht für den Apothekerverein zunächst nicht gut. Einstweilige Rechtsschutzverfahren, erstinstanzliche Klage und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Landessozialgericht Hamburg sah keine Beeinflussung der Versicherten durch die DAK zugunsten von DocMorris, weil sich die Kasse im Impressum vom Inhalt der Werbebeilage distanziert habe.
Daraufhin zog Graue vor das BSG, das die Revision zuließ. Sein langer Atem hat sich gelohnt. Das BSG hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verurteilte die DAK, es zu unterlassen, ihre Versicherten durch Werbung in der Mitgliederzeitschrift zu beeinflussen. Auch die vorgerichtlichen Abmahnkosten muss die Kasse nun zahlen.
Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Doch wie das Gericht in seinem Terminbericht ausführt, konnten sich die Kläger von Beginn an auf das vertragliche Beeinflussungsverbot stützen – und nunmehr auch auf die 2020 eingefügte entsprechende Regelung im Sozialgesetzbuch V. Das beanstandete Verhalten sei eine rechtswidrige Beeinflussung im Sinne dieser Regelungen.
Neutralitätspflicht im Apothekenwettbewerb
Deren Sinn und Zweck sei zum einen, das Recht der Versicherten auf freie Apothekenwahl zu sichern (§ 31 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Doch es gehe auch um die Neutralitätspflicht der Krankenkassen im Apothekenwettbewerb – diese sei dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung seit jeher immanent, betont das Bundessozialgericht. Davon ausgehend liege eine rechtswidrige Beeinflussung nicht erst dann vor, wenn eine Krankenkasse selbst und gezielt ihre Versicherten auf eine bestimmte Apotheke hinweise, damit diese dort Rezepte einlösen. Es genüge bereits, wenn sie ihrer Mitgliederzeitschrift eine Werbebeigabe wie die von DocMorris beifüge, die auf eine Einlösung von Rezepten abziele. Dies gehe zulasten aller weiteren Apotheken und sei ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht. Dass auch alle diese anderen Apotheken in dieser Weise in der Mitgliederzeitschrift werben könnten, sei ausgeschlossen, so das Gericht. „Das macht deutlich, dass von der Krankenkasse mit der Beifügung der Werbebeilage eine Auswahlentscheidung getroffen worden ist, die zudem in ihrem wirtschaftlichen Eigeninteresse liegt.“
Distanzierung im Impressum nutzt der DAK nicht
Die Kasse habe sich auch nicht dadurch freizeichnen können, dass sie im Impressum erklärte, die in der Zeitschrift enthaltene Werbung diene zur Refinanzierung der Zeitschrift und stelle keine Empfehlung dar. Denn das nehme der rechtswidrigen beeinflussenden Wirkung der Werbung auf die DAK-Versicherten zugunsten von DocMorris nichts. Maßgeblich für die Bewertung einer solchen Werbebeilage als Beeinflussung von Versicherten sei nämlich nicht, wie diese als Verbraucher und mündige Leser die Werbung verstehen. Entscheidend sei, wozu die Kasse rechtlich gegenüber den Klägern verpflichtet ist. Die Bewertungsmaßstäbe folgten dabei nicht aus dem zivilrechtlichen Lauterkeitsrecht, sondern aus dem öffentlich-rechtlich geordneten Leistungserbringungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung.
Letztlich stellt das BSG noch fest: Weil die DAK bis zum Schluss ihre Werbebeilage verteidigt hat, steht den Klägern der zukunftsgerichtete Anspruch auf Unterlassung zur Abwehr künftiger Rechtsverletzungen zu.
Für Graue zeigt das Urteil: „Es ergibt immer Sinn, gegen Krankenkassen vorzugehen, die gegen Vertragsrecht verstoßen – auch wenn der Prozess lange dauern kann“. |
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