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Management

„Ist ja spitze!“

Der Umgang mit passiv-aggressivem Verhalten in der Apotheke

„Na, was hat Frau Apothekerin denn da gemacht?“, kam die „Chef-PTA“ augenrollend und mit – vor aufgesetzter Freundlichkeit – klingelnder Stimme auf mich zu. Diesen Kommentar erntete ich im praktischen Jahr, als eine schwerwiegende Interaktionsmeldung auf dem Kassenbildschirm erschien und ich mich hilfesuchend umschaute. Mit einem Klick der Kollegin verschwand die Meldung, aber die Fassungslosigkeit über dieses verantwortungslose Handeln und das Gefühl, eine verbale Spitze kassiert zu haben, blieben. Mit passiv-aggressivem Verhalten umzugehen, ist kompliziert. Ärger und Wut werden dabei nicht offen angesprochen, sondern sind subtil vorhanden und deswegen schwer fassbar. So bleiben Sie dennoch souverän und handlungsfähig.

Um mit Schwierigkeiten, Problemen und Ärger umzugehen, entwickelt jeder seine eigene Strategie. Die einen teilen ihren Unmut mit, werden offensichtlich wütend und sogar laut. Die anderen bringen ihr Missfallen indirekt zum Ausdruck durch Sarkasmus, Ablehnung oder schnippische Kommentare, was in passiv-aggressivem Verhalten enden kann.

Den Begriff prägte der US-amerikanische Arzt und Psychiater Colonel William Menninger im Zweiten Weltkrieg durch die Beobachtung, dass Soldaten Be­fehle indirekt verweigerten, indem sie so taten, als hätten sie sie nicht verstanden oder vergessen. Diese Soldaten äußerten sich sarkastisch und lästerten über Vorgesetzte hinter deren Rücken. Sie widersetzten sich den Anforderungen sozusagen unter dem Radar.

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Passiv-aggressive Menschen gehen einer direkten Konfrontation lieber aus dem Weg. Auch wenn sie sich angegriffen oder verletzt fühlen, ziehen sie sich oft zunächst zurück. Gerne wird anderen die Schuld in die Schuhe geschoben.

Widersprüchliche Botschaften

Guy Bodenmann, Professor für Klinische Psychologie mit dem Schwerpunkt Kinder/Jugendliche und Paare/Familien an der Universität Zürich, definiert passiv-aggressives Verhalten in der Form: „Passive Aggression ist eine Form der verdeckten Aggression, welche häufig auf den ersten Blick nicht unmittelbar erkennbar ist, da widersprüchliche Botschaften gesendet werden.“ Die Intention ist meist, andere an ihrem Vorankommen zu hindern.

Die verbalen Äußerungen und die Handlungen sowie Mimik und Gestik sind häufig inkongruent, was darauf schließen lässt, dass eigentlich etwas ganz anderes gemeint ist als gesagt wurde. Beispiele sind Antworten im angespannten Ton wie „Natürlich, wie du willst“, „Ich sag einfach nichts mehr“ oder „Nein, es ist alles wunderbar“.

Vielfältige Facetten

Die Facetten, wie sich passiv-aggressives Verhalten zeigt, sind vielfältig:

  • Pseudohumor: Ein verletzender Satz wird geäußert und kommentiert mit „Nur ein kleiner Spaß!“ oder im folgenden Gespräch mit „Das habe ich doch gar nicht so gemeint“.
  • Schweigen: Der andere soll das Gefühl bekommen, etwas falsch gemacht zu haben. Die Kommunikation wird erschwert und damit beginnt die Macht­demonstration. Eine Vorstufe ist es, den Blickkontakt zu reduzieren und Gesprächen aus dem Weg zu gehen.
  • Missverständnisse oder Unverständnis: Mit dem Argument des Missverständnisses lassen sich viele mündliche Absprachen oder Kommentare aushebeln, und wer vorgibt, nicht richtig verstanden zu haben, worum es geht, kann das zu seinem Vorteil nutzen.
  • Absichtlich langsam und unsauber arbeiten: Dabei wird der Arbeitsfluss der anderen gestört. Dazu gehört auch Unpünktlichkeit oder permanenter Widerstand.

Auch wenn sich in ausgeprägten Fällen bei passiv-aggressivem Verhalten eine Erkrankung vermuten ließe, hat die „American Psychiatric Association“ es aus ihrem aktuellen Klassifizierungskatalog DSM-5 gestrichen. Im ICD-System der Weltgesundheitsorganisation wird es unter „sonstige spezifische Störungen“ geführt. Für einige Experten ist es weiterhin ein Teil von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, andere sehen darin eher einen Charakterzug oder sogar eine Art Mechanismus zum Selbstschutz.

Die Ursachen, warum so ein Verhalten an den Tag gelegt wird, sind sicher individuell und je nach Literatur werden andere Ursprünge genannt.

Wer in seinem privaten Umfeld oder bei früheren Arbeitgebern erlebt hat, dass Konflikte nicht offen ausgetragen werden dürfen, hat sich womöglich andere Wege gesucht. Überforderung, Stress, Resignation oder eine Fehlerkultur, in der Bloßstellen und Tadeln gelebt werden, können zu diesem Verhalten führen, auch wenn es für die Person eigentlich unüblich ist.

Das Gefühl, was einige Menschen mit passiv-aggressiven Verhaltensweisen begleitet, lässt sich in Worte fassen mit: „Hier geht es immer um die anderen, aber nie um mich. Ich werde ungerecht behandelt und quasi ausgebeutet.“ Das passiv-aggressive Verhalten kann dazu genutzt werden, um andere zu bestrafen und sich selbst besser und mächtiger zu fühlen.

Ganz gleich, wo der Ursprung liegt – passiv-aggressives Verhalten kann nach und nach das Betriebsklima vergiften. Einer offenen und konstruktiven Fehlerkultur läuft es vollends zuwider.

Passiv-aggressives Verhalten erkennen

Betrachtet man jede einzelne passiv-aggressive Äußerung oder Tat für sich, scheint sie es nicht wert zu sein, darauf zu reagieren. Doch darüber hinwegzusehen, macht es nicht besser, sondern für alle Beteiligten auf Dauer nur anstrengender. Mitarbeiter, die mit echtem Vorsatz agieren, können sich dadurch sogar an­gespornt fühlen auszutesten, was sie sich noch alles leisten können. Irgendwann ist es die Masse, die das Fass zum Überlaufen bringt. Achtung: Lassen Sie sich nicht provozieren!

Manchmal scheint nichts nahe­liegender als die Frage: „Warum machst du das?“ Auf ihr Verhalten angesprochen, fühlen sich viele Betroffene angegriffen. Es folgt eine Diskussion über fehlende Beweise oder eine Rechtfertigung, und gerne wird anderen die Schuld in die Schuhe geschoben. Auch Wutanfälle oder eingeschnapptes Schweigen können Reaktionen sein. Bevorzugt stellt sich die passiv-aggressive Person in der Opferrolle dar, es wäre ja alles nur gut gemeint gewesen.

Das Verhalten zu erkennen, ist der erste wichtige Schritt, bewusst über seine Reaktion nachzudenken der zweite, und die Ruhe zu bewahren, ist meistens eine gute Idee.

Es ist ein Versteckspiel der nega­tiven Emotionen. Um Verunsicherungen und Eskalationen zu vermeiden, bieten sich folgende Vorgehensweisen an:

  • Wenn jemand um den heißen Brei herumredet, ist es vergleichsweise einfach. Haken Sie nach und bitten Sie um eine offene Rückmeldung, schließlich ist jede Meinung im Unternehmen wichtig. Der Ärger lässt sich dann schlechter verstecken.
  • Falls Sie das Gefühl haben, dass jemand resigniert und überlastet ist, sollte passiv-aggressives Verhalten eher als Warnsymptom für Stress anerkannt werden. Die Umstände müssen so gestaltet werden, dass wieder entspannteres Arbeiten möglich wird. Trotz der angespannten Personalsituation lassen sich vielleicht Mittel und Wege finden.
  • Handelt es sich um einen Mit­arbeiter, der immer wieder passiv-aggressives Verhalten zeigt, enttarnen sie seine Taktik im Vier-Augen-Gespräch. Akzeptieren Sie keine fadenscheinigen Ausreden oder Entschuldigungen. Es zählen keine Absichtserklärungen, sondern nur klare Handlungen. Und wie bei jeder guten Lösung, sollten beide Seiten etwas von den Absprachen haben.

Aus Enttarnen wird Erkennen

Der Unterschied im Umgang führt dazu, dass die Gefühle und Bedürfnisse des Kollegen, der ein passiv-aggressives Verhalten zeigt, gesehen und ernst genommen werden. Geht das „Enttarnen“ mit einer Herabwürdigung einher, die die Person als manipulativ oder konfliktscheu darstellt, wird die Aggression nur weiter befeuert. Wenn das „Enttarnen“ aber zu einem „Erkennen“ wird, beinhaltet es gleichzeitig Wertschätzung.

So folgt auf einen Kommentar wie: „Oh, natürlich übernehme ich das noch gerne“ mit der passenden missmutigen Mimik eine Antwort im Sinne: „Die Aufgabe scheint nicht nach Ihrem Geschmack zu sein. Das kann ich gut verstehen. Seien Sie bitte so gut und übernehmen Sie sie trotzdem.“

Manchmal jedoch sind die wahren Aussagen so undurchsichtig, dass sie nicht zu erkennen sind. Passiv-aggressives Verhalten lebt in vielen Facetten von der Doppeldeutigkeit der Aussagen, die der Person immer die Möglichkeit gibt, sich zu verstecken oder elegant raus­zureden. Fragen Sie nach, wie die Aussage gemeint ist, wenn Ihnen widersprüchliches Verhalten auffällt. Vielleicht kommt dann eine ehrliche Antwort und es lässt sich eine Lösung finden. Wenn das Versteckspiel aber weitergeht, bekommt der Kollege zumindest ein Gefühl dafür, dass jemand versucht, seine Bedürfnisse wahrzunehmen. Das hilft den Betroffenen, ihre Gedanken und ihr Handeln in Einklang zu bringen.

Vielleicht braucht es auch hier, wie so oft, nur Anerkennung und den Respekt vor den Grenzen des Gegenübers.

Das Fazit zum Selbstschutz!

Es gibt Chefs, die passiv-aggressives Verhalten im Team nicht wahrnehmen oder dulden, weil es so praktisch ist. Um Konflikte, die unter dem Radar laufen, braucht man sich nicht zu kümmern. Das Märchen, dass das Arbeitsklima herausragend ist, lässt sich locker und ungetrübt weitererzählen. Lassen Sie sich keinen Bären aufbinden. Es ist an Ihnen zu entscheiden, ob Sie ein vergiftetes Betriebsklima tolerieren oder ob Sie aussteigen. |

Anja Keck ist Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie, Master-Coach (DGfC) und Systemische Beraterin; mehr unter www.anjakeck.de

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