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Management

Umgang mit Trauernden

Sensible Ansprache von Kunden, die einen Verlust erlitten haben

Der Umgang mit Trauer ist schwierig. Dabei bezieht sich Trauer nicht immer auf den Verlust eines nahestehenden Menschen durch den Tod. Auch die Trennung von einem geliebten Menschen oder der Verlust einer Beziehung können den Zustand einer Trauer hervorrufen, der auf eine ähnliche Weise bewältigt werden muss. Was ist wichtig beim Umgang mit Trauernden?

Wenngleich Tod und Trennung Teile des normalen Lebenszyklus sind, die zu einem Leben ebenso dazugehören wie die Geburt oder andere wichtige Lebensabschnitte, so zählen sie doch zu den stärksten Stressoren überhaupt. Physiologische Untersuchungen konnten aufzeigen, dass insbesondere in den ersten Tagen und Wochen nach dem Tod oder Verlust eines nahestehenden Menschen die Trauerreaktionen einem Stress-Reaktions-Modell zugeordnet werden können.

Der gesamte Organismus wird durch die vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol in Alarmbereitschaft versetzt. Die Herzfrequenz und der Blutdruck steigen, die Atmung beschleunigt sich und aus den Energiespeichern der Leber, der Muskeln sowie des Fettgewebes wird Glukose freigesetzt. Erst im Laufe des Trauerprozesses, der monatelang anhalten kann, normalisieren sich die physiologischen Werte wieder. Eine extreme Stressreaktion aufgrund des Verlustes, sei es durch den Tod oder durch das schmerzhafte Ende einer Beziehung, kann nicht selten zum Broken-Heart-Syndrom führen, das für den Betroffenen potenziell lebensbedrohlich ist.

Beileid aussprechen: Wahl der richtigen Worte

Apothekenmitarbeiter, die trau­ernde Personen betreuen, werden nicht selten durch die Situation überfordert und haben es schwer, die passenden Worte zu finden. Insbesondere dann, wenn es sich um einen unerwarteten Verlust z. B. durch einen Unfall, den plötzlichen Kinds- oder Herztod, einen Suizid oder eine akute Erkrankung handelt, stehen nicht nur die Trauernden selbst, sondern auch die Helfer und Außenstehende unter Schock und empfinden selbst mentalen Stress.

Für das erste Gespräch mit akut Trauernden gilt, dass eher sparsam mit Worten umgegangen werden sollte. Unbedingt vermieden werden sollten Sätze, die den Tod relativieren („Ihr Vater war schon 90 Jahre alt, er hat sein Leben gelebt“), Aussagen, die die Gefühle der Trauernden beurteilen („Ich weiß, wie’s Ihnen jetzt geht“) oder gängige Formulierungen, die über den Verlust hinwegtrösten sollen („Sie haben noch weitere Kinder, für die Sie da sein müssen“). Im Gegenteil: Sprach­losigkeit und Ratlosigkeit in der Akutsituation müssen nicht verborgen, sondern können angesprochen werden, Empathie und Emotionen können und dürfen gezeigt werden: „Es tut mir so leid, dass Ihrem Kind nicht geholfen werden konnte“, „Ich weiß gar nicht, was ich jetzt sagen soll“ oder „Mir fehlen die Worte, Ihre Freundin ist im Alter meiner Tochter“.

Eine App auf Rezept, die bei Bewältigung des mentalen Stresses hilft, ist die App HelloBetter: Neben Wissen über Texte, Videos und Audios vermittelt das Online-Programm wirksame Strategien aus der kognitiven Verhaltenstherapie auf dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung. Den Betroffenen steht jederzeit, insbesondere in Krisensituationen, ein persönlicher Psychologe zur Seite. Zu jeder Einheit des Kurses erhalten Nutzer innerhalb von 24 Stunden eine schriftliche Rückmeldung des persönlichen Psychologen. Diese DiGA kann von Ärzten oder Psychotherapeuten verordnet werden, die Kosten werden durch die Krankenkasse des Patienten übernommen. Versicherte, die ihrer Krankenkasse einen Nachweis über die entsprechende Indikation vorlegen, erhalten die DiGA auch ohne ärztliche Verordnung. https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis/965

Psychologische Trauertheorien

Wie lange und wie intensiv der Prozess der Trauerbewältigung dauert, ist sehr unterschiedlich. Die vermeintlich guten Ratschläge wie „Nimm dich jetzt mal zusammen!“ oder „Denk an dich, das Leben muss weitergehen!“ helfen einer trauernden Person nicht. Um diesen Prozess zu bewältigen, durchlaufen die Trauernden Phasen mit unterschiedlicher Intensität. Die Außenwelt sollte diesen Prozess verstehen, um nachvollziehen zu können, warum sich auch die Stimmung der trauernden Person im Laufe der Zeit verändert. Denn nur so gelingt eine optimale Trauerbegleitung, die dem Trauernden hilft und die Begleiter nicht überfordert.

Eine normale Trauer weist allerdings häufig keinen systematischen Verlauf auf, in dem die einzelnen Phasen klar voneinander getrennt sind. Die Symptome wie z. B. Nichtwahrhabenwollen, Sehnsucht, Wut, Machtlosigkeit, Depression werden nicht immer phasenweise durchlebt, sondern überlappend durchgemacht. Am Ende des langen Prozesses sollte der stabile Zustand der Akzeptanz erreicht werden, denn andernfalls kann es zu einer anhaltenden Trauerstörung kommen.

Anhaltende Trauerstörung als Diagnose

In die seit 1. Januar 2022 geltende ICD-11 ist die lang anhaltende Trauer als eigenständiges Krankheitsbild aufgenommen worden, welches sich von der Depression, posttraumatischen Belastungs­störung oder Anpassungsstörung unterscheidet. Demnach gehört Trauer zu Störungsbildern, die mit mentalem Stress assoziiert sind. Nicht verarbeitete Trauer kann nicht nur langfristige psychische Störungen zur Folge haben, sondern auch somatische Erkrankungen wie z. B. Herzerkrankungen, Magen-Darm-Erkrankungen, Migräne, hormonelle Schwankungen u. v. m. und generell auch eine erhöhte Mortalität aufweisen. Überforderung, Einsamkeit und Hilflosigkeit können zusätzlich das Suizidrisiko bei Trauernden erhöhen.

Hilfe durch mentales Stressmanagement

Trauer bedeutet mentalen Stress, deshalb können die Methoden des mentalen Stressmanagements hier aktiv empfohlen werden.

  • Bewusster Abschied: Die Situation als unveränderbar akzep­tieren und Abschied nehmen. Auch wenn es um das Ende einer Beziehung geht, muss diese Tatsache akzeptiert werden, wenn die bisherigen Ver­suche, die Beziehung zu retten, fehlgeschlagen haben. Manchmal hilft es den Trauernden, ihre Gedanken zu formulieren, indem sie Briefe an die verstorbene Person schreiben. Hilfreich kann es auch sein, individuelle Rituale des Abschieds zu pflegen – wie zum Beispiel das Anzünden von Kerzen, der Besuch eines besonderen Ortes, das Einpflanzen einer Pflanze im Andenken an die geliebte Person. Welches Ritual wem hilft, ist sehr unterschiedlich. Es empfiehlt sich allerdings, keine konkreten Vorschläge zu machen, denn diese können von Person zu Person sehr unterschiedlich aufgenommen werden und mitunter verletzend wirken.
  • Gefühle und Emotionen annehmen und zulassen: Trauernde, die ihre Gefühle und Emotionen mit jemandem teilen oder sie beispielsweise in einem Tagebuch niederschreiben, setzen sich aktiv auseinander mit dem, was sie fühlen. Selten benötigen sie Ratschläge dazu, was zu tun ist, vielmehr brauchen sie einfach nur einen Raum für die eigenen Emotionen – sei es, wenn es um die Machtlosigkeit gegenüber der Endlichkeit des Lebens geht oder aber um die Enttäuschung über die gescheiterte Liebe.
  • Psychotherapeutische Unterstützung und Selbsthilfe­gruppen sollten rechtzeitig als Option vorgeschlagen werden, vor allem dann, wenn die trauernde Person psychisch und körperlich sehr labil wirkt oder wenn die Umgebung, Freunde, Familie keine entsprechende Unterstützung anbieten können und die Person sich mit der Trauer alleingelassen fühlt.

Trauernde dürfen auch positive Emotionen empfinden

Trauernde sollen und dürfen auch positive Emotionen empfinden! Sie sollten von Außenstehenden nicht dafür verurteilt werden, wenn sie kurz nach dem Verlust ihres Partners oder einer anderen geliebten Person einen neuen Partner finden oder Aktivitäten nachgehen, die ihnen Spaß machen. Trauerbewältigung hat das Ziel, wieder ins eigene gesunde Leben zu finden, ohne Traurigkeit und seelischen Schmerz, Betroffene sollten daher darin unterstützt werden, möglichst schnell und ohne schlechtes Gewissen das eigene Leben zu genießen. |

Tatiana Dikta, B.Sc. Psychologie, Lehrassistentin an der PTA-Schule, PTA

 

Literaturtipp

Als eine Quelle für diesen Beitrag wurde verwendet:

Frank Lasogga (Hrsg.) / Bernd Gasch (Hrsg.)
Notfallpsychologie – Lehrbuch für die Praxis
2., überarbeitete Auflage 2011, XIII, 529 S., 
175 × 30 mm, gebunden
Springer, Berlin
ISBN 978-3-642-15307-5

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