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ApothekenRechtTag online
Großhandel und Apotheke: Und viele Fragen offen …
Widerspruch gegen die Rechtsauffassung vieler Behörden
Ausgangspunkt der Ausführungen Saalfranks war die Feststellung, dass zunächst einmal jede Apotheke im apothekenüblichen Rahmen Großhandelstätigkeiten ausübt. Denn der Begriff des Großhandels ist weit auszulegen. § 4 Abs. 22 AMG definiert den Großhandel mit Arzneimitteln als jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zum Zwecke des Handeltreibens, die in Beschaffung, Lagerung, Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht. Somit ist die Versorgung von Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten mit Praxis/Sprechstundenbedarf ebenso wie die Versorgung von Krankenhäusern mit Stationsbedarf Großhandel. Um keinen Großhandel mit Arzneimitteln handelt es sich bei der Abgabe von Arzneimitteln an Endverbraucher/Patienten.
Großhandel als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt
Nach § 52a Abs. 1 Satz 1 AMG ist der Großhandel mit Arzneimitteln in der Regel erlaubnispflichtig. Es handelt sich bei ihm um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, das strafbewehrt ist. Vom Erlaubnisvorbehalt ausgenommen ist der Großhandel „für die Tätigkeit der Apotheke im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs“ (§ 52a Abs. 7 AMG). Unter einem üblichen Apothekenbetrieb versteht man alle Tätigkeiten, die erfolgen (und erfolgen dürfen), um eine Apotheke zu betreiben und ihren Versorgungsauftrag (§ 1 ApoG) zu erfüllen. Keine Großhandelserlaubnis benötigen Apotheken auch für den Handel mit Arzneimitteln, für die sie eine Herstellungserlaubnis haben.
Vor diesem Hintergrund fragte Saalfrank nach der rechtlichen Einordnung von Retouren an den Großhandel. Seine These unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Da es sich bei Retouren um eine Abgabe „zum Selbstkostenpreis“ handelt, kann es sich dabei nicht um ein strafbares Handeltreiben im Sinne des § 4 Abs. 22 in Verbindung mit § 96 Nr. 14 AMG handeln. Außerdem regelt die Arzneimittel-Handelsverordnung die Rücknahme von Arzneimitteln durch den Großhandel anders als deren Erwerb/Bezug durch den Großhandel. Aber selbst wenn man Retouren zum Großhandel zähle, seien sie in Apotheken – weil zum üblichen Apothekenbetrieb zählend – erlaubnisfrei. Die rechtliche Notwendigkeit einer Identität von lieferndem und zurücknehmendem Großhändler bestehe nicht, wie inzwischen auch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Urt. v. 08.10.2019, Az.: 19 K 7581/17, A&R 2019, 274) festgestellt hat.
In rechtlicher Hinsicht komplex ist es auch, wenn eine Apotheke zusätzlich zum Apothekenbetrieb im engeren Sinne Großhandel mit einer Erlaubnis nach § 52a Abs. 1 AMG betreibt. Dieser zähle, so Saalfrank, im weiteren Sinne ebenfalls zum Apothekenbetrieb, auch wenn auf ihn nicht die Apothekenbetriebsordnung, sondern die Arzneimittelhandelsverordnung Anwendung finde. Saalfrank erläuterte zunächst, welche Voraussetzungen dafür zu erfüllen sind. Unter anderem muss derjenige, der die Großhandelserlaubnis beantragt, die Verfügungsgewalt über geeignete Räumlichkeiten haben. Wird die Apotheke unter derselben Adresse betrieben, gilt die Apotheke als Betriebstätte. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a ApBetrO schreibt allerdings die räumliche Trennung der Räume, in denen der Großhandel mit Erlaubnis nach § 52a Abs. 1 betrieben wird, vom übrigen Apothekenbetrieb vor.
Retoure an den in der Apotheke betriebenen Großhandel
Wie sieht es mit dem Sonderfall einer Retoure von der Apotheke an den in derselben Apotheke betriebenen Großhandel aus? Handelt es sich dabei um ein Arzneimittel „mit gefälschten Angaben“ über den in Aufzeichnungen und Dokumenten beschriebenen Vertriebsweg (§ 4 Abs. 40 Nr. 3 AMG), wie dies zum Teil vertreten wird? Voraussetzung hierfür wäre die Dokumentationspflicht von Retouren. Auch müsste es sich dabei um einen Bezug im Sinne von § 7 Abs. 1 AM-HandelsV handeln. Beide Voraussetzungen liegen, so Saalfrank, jedoch nicht vor. In diesem „Sonderfall“ handle es sich nämlich nur um die bloße räumliche Veränderung innerhalb ein und desselben Betriebs und somit um keinen „Vertrieb“ (Abgabe, Bezug), sondern einen ausschließlich innerbetrieblichen Vorgang. Die tatsächliche Verfügungsgewalt des Erlaubnisinhabers ändere sich durch diesen Vorgang nicht. Auch verbiete es sich aufgrund des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsverbots in Art. 103 Abs. 2 GG, ein Arzneimittel als „gefälscht“ anzusehen, das keine falschen Angaben zum Vertriebsweg enthalte.
Den Großhandel unter dem Namen der Apotheke betreiben?
Ein häufiger Streitpunkt ist in der Apothekenpraxis auch die Frage, ob die Apotheke und der Großhandel unter demselben Namen betrieben werden dürfen. „Hier gibt es ebenso wie bei der Frage, ob der Großhandel aus der Apotheke heraus als eigenes Gewerbe angemeldet werden muss, viel Unklarheit, weil es dazu keine höchstrichterliche Entscheidung gibt“, erläuterte Saalfrank. „Die sehr restriktive Auffassung vieler Behörden kann aber nicht richtig sein.“ Saalfrank verweist darauf, dass der Gesundheitsausschuss des Bundesrats im Jahre 2019 den Gesetzgeber aufgefordert hatte, „zeitnah eine gesetzliche Regelung zur strikten Trennung von pharmazeutischem Großhandel und Apotheke sowie ein Verbot des namensgleichen Großhandels zu schaffen“. Diesem Wunsch entsprach der Gesetzgeber jedoch nicht. „Somit ist der namensgleiche Großhandel nicht verboten“, konstatiert Saalfrank. Zudem werde in der Apothekenbetriebsordnung lediglich die räumliche Trennung zum erlaubnispflichtigen Großhandel verlangt, eine rechtliche oder organisatorische Trennung sei dort oder anderswo nicht vorgeschrieben. Der Großhandel müsse deshalb nicht als ein „neben die Apotheke“ tretendes Großhandelsunternehmen ausgestaltet werden. Saalfrank bedauerte, dass Aufsichtsbehörden hier teilweise eine andere Rechtsauffassung vertreten und Apotheken dabei immer wieder Steine in den Weg legen. Immerhin seien die Anforderungen an die Arzneimittelsicherheit in Apotheken, so Saalfrank, sehr hoch – mindestens so hoch wie beim apothekenexternen Arzneimittelgroßhandel, für den es keiner pharmazeutischen Ausbildung bedarf. |
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