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Kleines Organ, großer Effekt

Funktionsstörungen der Schilddrüse und ihr Zusammenhang mit anderen Erkrankungen

cb | Die Schilddrüse ist nur ein kleines Organ, doch die Wirkungen ihrer Hormone auf praktisch alle Stoffwechselprozesse sind bedeutend. Ein Schwerpunkt des Vortrages von Prof. Dr. Onno E. Janßen, Endokrinologe in Hamburg, waren die Zusammenhänge zwischen Funk­tionsstörungen der Schilddrüse, insbesondere Hypothyreose, und anderen Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes mellitus, Wachstums­störungen, Osteoporose oder kardiovaskulären Erkrankungen.
Foto: DAZ/Alex Schelbert

Prof. Dr. Onno E. Janßen legte Wert darauf, dass nur mit einer interprofessionellen Zusammenarbeit aller ärztlichen Berufsgruppen mit den Apothekerinnen und Apothekern eine gute Betreuung von Patienten mit Hypothyreose gelingen kann.

Die häufigste Ursache einer Hypo­thyreose ist die Autoimmunthyreoiditis (AIT) Hashimoto, die bei Frauen mit einer Prävalenz von 8 bis 10% deutlich verbreiteter ist als bei Männern (1 bis 2%). Therapiestandard ist die Behandlung mit L-Thyroxin (T4), selten wird dieses mit Triiodthyronin (T3) kombiniert. Häufig wird bei Hypothyreose Selen empfohlen. Dieses Spurenelement ist ein Kofaktor einer Deiodase, die T4 in die aktive Form T3 umwandelt. Janßen hält eine Selen-Gabe bei Hypothyreose nicht für sinnvoll. Studien zufolge kann dieses Spurenelement jedoch bei Patienten mit Morbus Basedow ergänzend zu Steroiden empfehlenswert sein, wenn eine Augenbeteiligung (endokrine Orbitopathie) vorliegt. Bei Morbus Basedow handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung mit vermehrter Schilddrüsenhormonproduktion.

Mit drei Fragen zur Erkenntnis

Antriebsverlust, Müdigkeit, Fieren und Gewichtszunahme sind Hauptsymptome einer Schilddrüsenunterfunktion. Hinweise auf eine Hypo­thyreose erhält man mit drei Fragen:

  • Sind Sie müde oder nervös? – oder keins oder beides?
  • Frieren Sie oder schwitzen Sie? – oder keins oder beides?
  • Haben Sie zu- oder abgenommen? – oder ist das Gewicht stabil?

Wenn die Antworten auf zwei Fragen deckungsgleich sind – also z. B. häufige Müdigkeit und Gewichtszunahme angegeben werden –, kann das auf eine Hypothyreose deuten und Anlass zu weiterführender Diagnostik sein.

Hypothyreose macht Hypoglykämie

Eine unbehandelte Hypothyreose kann sich auf den Glucose-Stoffwechsel auswirken, was insbesondere für Diabetiker relevant ist. Normalerweise verringern Schilddrüsenhormone die Insulin-Sensitivität. Bei Hypothyreose steigt die Insulin-Sensitivität der Körperzellen jedoch an, sodass der Insulin-Bedarf verringert ist. Wird dies bei der Insulin-Menge nicht berücksichtigt (z. B. wenn der Hormonmangel noch nicht bekannt ist), kann es zu Hypoglykämien mit den bekannten Symptomen wie Unruhe, Nervosität bis hin zu Bewusstseinsstörungen kommen.

Kinder mit Hypothyreose wachsen langsamer

Direkt nach der Geburt wird beim Neugeborenen eine kleine Blutprobe aus der Ferse entnommen (Guthrie-Test). Sie dient der Detektion von Stoffwechselerkrankungen wie der Hypothyreose. Bei den darauffolgenden Vorsorgeuntersuchungen in der Kinderarztpraxis finden in der Regel keine Blutentnahmen statt, sodass eine spätere Schilddrüsenunterfunktion in der Regel nur daran erkannt wird, dass das Wachstum nicht altersentsprechend verläuft. Die gute Nachricht: Durch die Behandlung der Funktionsstörung holt das Kind das Wachstum rasch auf.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Aspekte im höheren Lebensalter

Studien mit älteren Patienten mit Schilddrüsenfunktionsstörungen haben viele interessante Erkenntnisse gebracht. So verdoppelte sich in einer Studie bereits bei latenter Hyperthyreose die kardiovaskuläre Mortalität. Bei Frauen mit niedrigen TSH-Werten (0,1 mU/L) war das Risiko für Schenkelhalsbrüche um das 3,6-Fache und das Risiko für Wirbelkörperfrakturen um das 4,5-Fache erhöht, jeweils im Vergleich zu Frauen mit normalen TSH-Spiegeln. Auch das Risiko für Vorhofflimmern stieg bei älteren hyperthyreotischen Patienten. Eine Substitution von Schilddrüsenhormon bei Älteren sollte laut Janßen vorsichtig angegangen werden, zumal sie einer weiteren Studie zufolge keine gesundheitlichen Vorteile brachte.

Natürliche Schilddrüsen­hormone – was ist dran?

Der Körper kann nicht zwischen synthetischen und endogen gebildeten oder aus anderen natürlichen Quellen stammenden Schilddrüsenhormonen unterscheiden. Dennoch werden von Betroffenen gelegentlich Präparate mit natürlichen Hormonen gewünscht, berichtete Janßen aus seiner Praxis. Sie werden aus getrockneten Schweine- oder Lämmer-Schilddrüsen hergestellt und enthalten T3 und T4 sowie Iodid. Der Grund, weshalb solche Präparate in Deutschland nur selten vorkommen, ist der deutlich höhere Preis im Vergleich zu den Präparaten mit synthetischen Wirkstoffen. In den USA ist das Gegenteil der Fall; Hormonpräparate aus natürlichen Quellen sind deutlich preiswerter und werden deshalb häufiger eingesetzt.  |

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