Management

Auf Spurensuche

Die Personalnot aus Sicht der Apothekengewerkschaft ADEXA

Foto: snaptitude/AdobeStock

Auch wenn die Zahlen von Approbierten und PTA in den letzten Jahren leicht angestiegen sind und zusätzlich – durch die Schließung von Apotheken – Fachkräfte in den Arbeitsmarkt gelangen, ist die Personalnot nicht geringer geworden.

Denn es gibt gegenläufige Tendenzen: So scheiden kontinuierlich, weil altersbedingt, die vertretungs­berechtigten Pharmazie-Ingenieure (PI) aus dem Berufsleben aus, zuletzt etwa 320 pro Jahr. Ende 2020 waren es, inklusive einiger Apothekerassistentinnen und -assistenten, noch 4661. Um das Jahr 2030 werden die letzten PI in Rente gehen. Ein Phänomen, das insbesondere die Kammerbezirke in Ostdeutschland betrifft.
Auch die Zahl an PKA ist von 2018 bis 2020 um rund 900 gesunken. PKA-Azubis werden ebenfalls immer weniger ausgebildet. Auch dies betrifft besonders, aber nicht nur, die Apotheken im Osten.
Beim PTA-Nachwuchs in den öffent­lichen Apotheken zeichnet sich eine Stagnation ab – einer der Gründe könnte sein, dass die Schulgeldfreiheit noch lange nicht bundesweit umgesetzt ist.

Aufgaben werden zeitintensiver

Gleichzeitig werden die Aufgaben in den Apotheken aber immer anspruchsvoller und zeitintensiver. Die Beratung zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und zur Selbstmedikation sowie die wachsende Zahl an Dienstleistungen und Dokumentationen, all das verlangt nach personell gut aufgestellten Teams. Zwar kann in Filialverbünden manches arbeitsteilig erledigt werden und so Entlastung entstehen. Doch ist dann eine gute Kommunikation zwischen den Filialleitungen, der Inhaberin oder dem Inhaber sowie den Kolleginnen umso wichtiger – und kostet auch Zeit.

Für die pharmazeutischen Berufe gibt es attraktive Stellen zum Beispiel im Krankenhaus, an Universitäten und Fach- bzw. Berufsschulen, in der pharmazeutischen Forschung, Herstellung sowie im Außendienst, in Kammern und Verbänden, im öffentlichen Dienst und in der Verwaltung, in Laboren und Instituten, um nur die naheliegenden Bereiche zu nennen. PKA finden besser bezahlte kaufmännische Stellen in vielen verschiedenen Branchen, vom Supermarkt-Außendienst über die Leitung eines Drogeriemarktes bis zum Auto­hausbüro.

Generation Z und folgende

Für die Personalsituation sind – neben den „nackten“ Zahlen für Auszubildende, Beschäftigte sowie für die in Rente oder in andere Branchen Ausscheidenden – zudem die beruf­lichen Ansprüche und Erwartungen beim Berufsnachwuchs wichtig.

Eine 40-Stunden-Woche wirkt heutzutage abschreckend – und zwar nicht nur auf Frauen, sondern auch zunehmend auf Männer. Eine gute Balance zwischen Familie und Freizeit einerseits und den Anforderungen im Apothekenalltag andererseits ist, neben dem Gehalt, ein zentrales Kriterium bei der Berufswahl und Stellensuche. Das merken auch Inhaberinnen und Inhaber, wenn sie eine Nachfolge für ihre Apotheke suchen. Eine Filialleitung mit vollzeitnaher Teilzeit von etwa 35 Stunden und einem übertariflichen Gehalt wirkt für viele Pharmazeutinnen und Pharmazeuten attraktiver als die freiberufliche Verantwortung für eine Apotheke oder einen Verbund, mit der unbefriedigenden Honorierung durch Politik und Kassen. Die Flexibilität ist einfach höher im Angestelltenverhältnis, gerade auch bei der fast überall hohen personellen Nachfrage.

Dazu kommen als Probleme noch die familienunfreundliche Sechs-Tage-Woche sowie für angestellte Approbierte und PI auch die Notdienstbereitschaften. In der Praxis fällt sogar oftmals mehr als die Hälfte der Notdienstbereitschaft für eine Mitarbeiterin an, was den Rahmentarifverträgen widerspricht. Dann kann aus einer übertariflichen Bezahlung de facto auch eine unter­tarifliche werden.

Vollzeit oder Teilzeit?

Nun ist es erfahrungsgemäß im Apothekenbereich relativ einfach, in Teilzeit zu arbeiten. Doch ist das die Lösung für das Fachkräfteproblem? Und ist es als Dauerlösung gut für die Apothekenangestellten? Fakt ist: Die Tarifgehälter, die immer noch als im Branchenvergleich viel zu niedrig angesehen werden (und das sogar von manchen Arbeitgebern), sind auf eine 40-Stunden-Woche ausgelegt. Teilzeit macht folglich aus dem mäßigen schnell ein nicht existenz­sicherndes Gehalt. Hier ist auch nicht hilfreich, dass viele der Frauen in Apothekenberufen noch im Zuverdienerinnenmodell arbeiten. Nach einer Trennung lässt sich zwar vielleicht die Stundenzahl aufstocken. Doch was während der familiär bedingten Teilzeitphase nicht an eigenen Rentenansprüchen erworben wurde, das ist schwer oder gar nicht aufzuholen.

Dr. Sigrid Joachimsthaler, ADEXA

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