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Landapotheker aus Überzeugung

Interview mit Hans-Günter Lund, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein

tmb | Hans-Günter Lund wurde am 31. März 2022 von der Delegiertenversammlung des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein zum neuen Vorsitzenden des Verbandes gewählt. Wer ist der Neue an der Verbandsspitze? Wofür steht er? Was sind seine Ziele? Darüber hat die DAZ in einem Interview mit Lund gesprochen.
Foto: privat

Dr. Hans-Günter Lund ist neuer Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein und folgt ­damit auf Dr. Peter Froese, der nach über 20 Jahren nicht mehr für das Amt kandidiert hatte.

Hans-Günter Lund betreibt seit 1999 die Königlich privilegierte Apotheke in Leck, im dünn besiedelten Kreis Nordfriesland, wenige Kilometer von der dänischen Grenze entfernt. Die Apotheke hat Tradition. Das Privileg stammt aus dem Jahr 1836 vom dänischen König Frederik VI. Seit 2006 gehört Lund dem Vorstand des Apothekerverbandes an, seit 2019 war er einer der Stellvertreter des vorherigen Vor­sitzenden Dr. Peter Froese, der nach über 20 Jahren nicht mehr für das Amt kandidiert hatte. Lund ist zugleich seit 1994 Mitglied der Kammerversammlung in Schleswig-Holstein. Er war dort in mehreren Ausschüssen tätig und von 1997 bis 1998 Vorstandsmitglied als Nicht-Selbstständiger. Seit 2013 ist er Kreisapotheker für Nordfriesland.

DAZ: Zunächst Gratulation zur Wahl als Verbandsvorsitzender. Was haben Sie sich für Ihr neues Amt vorgenommen?

Lund: Vielen Dank. Es ist mir ganz wichtig, alle Mitglieder mitzunehmen. Wir haben eine inhomogene Apothekenlandschaft, einige Riesen-Versorger und sehr viele lokale kleine Apotheken, die eine große Versorgungsleistung stemmen – als Mittler im Gesundheitswesen und als Kummerkasten mit persönlichen Gesprächen. Diese Vielfalt müssen wir abbilden und klar machen, dass wir jedes Mitglied optimal nach außen und gegenüber dem Gesetzgeber vertreten. Wir müssen die Apotheken in der Fläche stärken. Noch gibt es keine weißen Flecken bei der Versorgung, aber das kann mittelfristig kommen. Darum müssen wir denen zur Seite stehen, die täglich ihren Job machen. Die Apotheken sind einfach da. Die Politik muss begreifen, wie wichtig wir sind. Die CDU hat gerade in Schleswig-Holstein einen Riesen-Wahlsieg eingefahren, aber wir kommen im Wahlprogramm der CDU und auch bei den anderen Parteien so gut wie nicht vor. Dort steht viel über Pflege und Ärzte, aber kaum etwas über Apotheken. Uns nimmt man als gegeben hin. Dabei ­haben wir gerade in den vergangenen zwei Jahren meines Erachtens sehr eindrucksvoll bewiesen, wie niedrigschwellige Angebote von uns flächendeckend und zuverlässig funktionieren. Offensichtlich waren wir da zu geräuschlos tätig.

DAZ: Der Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, Dr. Kai Christiansen, betont immer wieder, dass der Personalmangel für ihn das größte Problem ist. Welche Möglichkeiten sehen Sie, um diesem Problem zu begegnen?

Lund: Das ist eine große Herausforderung. Ich bin ja auch stellvertretender Vorsitzender beim ADA. Wir würden gerne bessere Gehälter zahlen, aber wir kommen gegen die Industrie nicht an. Wer mit Menschen zu tun haben möchte, ist bei uns richtig, aber ein angemessenes Gehalt ist auch wichtig. Doch langfristig brechen die Rohgewinne zum Beispiel durch immer mehr Hochpreiser ein. Wir wollen unsere Mitarbeiter gerne mehr wertschätzen, aber die Inhaber müssen auch ihre Familien ernähren, ihre Alterssicherung finanzieren, für die Zukunft investieren und die finanzielle Verantwortung tragen. Das kannibalisiert sich. Analog zu MVZs kann das dazu führen, dass nur noch große Konglomerate die Fläche aus einer Zentrale versorgen. Doch mir ist wichtig, dass die inhabergeführte Apotheke in der Fläche eine Existenzgrund­lage für gute Arbeit hat.

DAZ: Der Apothekerverband Schleswig-Holstein hat viel Mühe in das Projekt QT-Life investiert (siehe DAZ 2021, Nr. 4, S. 20). Wie steht es damit?

Lund: Es war sehr gut, so etwas mit vielen Partnern zu machen, aber leider kam uns Corona dazwischen. Viele Patienten wollten da keinen körpernahen Kontakt mit dem Anlegen der Sensoren. Darum gab es weniger Teilnehmer als geplant, aber meines Wissens haben wir unser Ziel trotzdem erreicht und in mehreren Fällen kardiale Komplikationen durch eine verlängerte QT-Zeit verhindert. Näheres wird die spätere Auswertung zeigen. Derzeit ruht das Projekt. Auf jeden Fall war die gemeinsame Arbeit ein toller Ansatz für künftige Projekte. Viele Ärzte hier in Nordfriesland haben das sehr begrüßt. So sollten die künftigen pharmazeu­tischen Dienstleistungen aussehen.

DAZ: Auf Bundesebene sind die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen aber noch nicht vorangekommen. Wir warten weiter auf das Ergebnis der Schiedsstelle. Wie sehen Sie das?

Lund: Ich frage mich, wovor der GKV-Spitzenverband Angst hat. Die Krankenkassen können doch froh sein, wenn weniger Menschen wegen Komplikationen ins Krankenhaus eingewiesen werden. Diese Komplikationen sind doch viel teurer für die Kassen. Ich habe nicht das geringste Verständnis für diese Haltung.

DAZ: Wie sieht es unabhängig davon in Schleswig-Holstein aus? Plant der Verband nach QT-Life ein weiteres Projekt?

Lund: Ähnlich wie in Niedersachsen haben wir einen Antrag an die Landesregierung gestellt, um Zuschüsse für PoC-NAT-Tests in Apotheken zu erhalten. Die Abrechnung der Test-Kits ist nicht kostendeckend. So ist diese Aufgabe nicht zu erfüllen, aber mit der richtigen Finanzierung könnten wir in der Fläche einen guten Beitrag für die Gesundheit der Menschen leisten. Auch mit der Sensorik ist mehr möglich. QT-Life ist nur ein Einstieg. Ich sehe auf diesem Gebiet eine große Aufgabe der Apotheken für die Zukunft. Das geht aber nur gemeinsam mit den anderen Heilberuflern. Dafür ist die Interessengemeinschaft der Heilberufe hier in Schleswig-Holstein ein großartiges Forum. Ich denke, das ist richtungsweisend.

DAZ: Ihr Amtsvorgänger Dr. Peter Froese ist als IT-Experte unter den Apothekern über das Bundesland hinaus bekannt. Haben Sie auch ein Gebiet, das Ihnen so besonders am Herzen liegt?

Lund: Ich bin Landapotheker in einem Ort mit etwa 8000 Einwohnern und betreibe meine Apotheke seit über 20 Jahren. Das ist für mich das Sinnbild der Apotheke, wie sie sein sollte. Wir kennen die Patienten und die Ärzte gut. Wir haben ein großes Einzugs­gebiet und eine wichtige Aufgabe. Wir koordinieren, sorgen für Sicherheit in der Arzneimittelanwendung und bieten eine Rund-um-Betreuung. Damit wir das so weitermachen können, müssen wir die Position der Apotheke stärken. Das soll die Politik verstehen.

DAZ: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Lund. |

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