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So sollen die Grippe-Impfungen ablaufen

Pflegebonusgesetz ebnet den Weg für eine neue Regelversorgung in den Apotheken

eda/cm | Am Donnerstagnachmittag in der vergangenen Woche votierten die Bundestagsfraktionen mit Ausnahme der Linken für die Grippe-Impfungen in den Apotheken. Zur Debatte und Abstimmung standen sie im Rahmen des Pflegebonusgesetzes, das auch eine Prämienzahlung an Pflegekräfte von insgesamt 1 Milliarde Euro aus dem Bundeshaushalt vorsieht. In der kommenden Saison können Apothekerinnen und Apotheker nun also niederschwellig, flächendeckend und unabhängig von Modellprojekten Schutzimpfungen gegen die Grippe anbieten. Welche Voraussetzungen und Regeln hierfür gelten, finden Sie im folgenden Beitrag.

Mit dem Pflegebonusgesetz soll es dem Wortlaut nach ermöglicht werden, vor allem den Pflegekräften für ihren Einsatz und ihre Verdienste während der Corona-Pandemie eine Geldprämie auszuzahlen. Insgesamt 1 Milliarde Euro soll dafür aus dem Bundeshaushalt bereitgestellt werden. Doch das Gesetzesvorhaben nutzte die Ampel-Koalition, bestehend aus SPD, Grüne und FDP, auch, um Grippe-Impfungen in Apotheken als Regelversorgung zu realisieren. Einen entsprechenden Änderungsantrag reichte die Regierungskoalition im April ein, der es Apotheken dauerhaft und unabhängig von Modellprojekten ermöglicht, Menschen gegen Grippe zu impfen.

Für das Pflegebonusgesetz votierten die Fraktionen von SPD, Grünen, FDP, CDU/CSU und AfD, die Linke enthielt sich. Es tritt am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Die Zustimmung des Bundesrats ist nicht erforderlich.

Mit dem Änderungsgesetz wird nun unter anderem die einschlägige Vorschrift im Sozialgesetzbuch V angepasst. In § 132e wird ein neuer Absatz 1a eingefügt, der den GKV-Spitzenverband verpflichtet, im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung einen Vertrag mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) auszuhandeln, der insbesondere die Vergütung und Abrechnung der apothekerlichen Leistungen enthalten soll. Dafür haben die Vertragspartner zwei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes Zeit – kommen sie zu keiner Einigung, muss die Schiedsstelle ran und innerhalb eines Monats eine Entscheidung fällen. Noch laufende Modellprojekte sind innerhalb von neun Monaten, nachdem ein Vertrag oder ein Schiedsspruch zustande gekommen ist, zu beenden (§ 132j neuer Absatz 8).

Foto: imago images/photothek

Der Bundestag hat mit der Verabschiedung des Pflegebonusgesetzes den Weg freigemacht für regelhafte Grippe-Impfangebote in den Apotheken.

Umfangreiche Anpassungen von Gesetzen und Verordnungen

Auch das Infektionsschutzgesetz erhält ein Update: Es enthält künftig die Vorgaben zur ärztlichen Schulung der impfenden Apotheker:innen. Die Bundesapothekerkammer (BAK) soll auf Basis des Curriculums für Grippe­impfungen in Modellprojekten die ­Vorgaben für die Schulung gemeinsam mit der Bundesärztekammer (BÄK) erarbeiten. Dafür setzt der Gesetzgeber eine Frist bis einen Monat nach Inkrafttreten des Gesetzes.

Das Apothekengesetz wird ebenfalls fit gemacht für die neue Aufgabe, die Apotheken übernehmen sollen. Wichtig dabei: Im überarbeiteten Änderungs­antrag von SPD, Grünen und FDP weiten die Ampel-Partner das sogenannte Bevorzugungsverbot (§ 10 ApoG) auf anzuwendende Arzneimittel aus. Dieser Paragraf verbietet es Apothe­kerinnen und Apotheker, sich zu verpflichten, bestimmte Arzneimittel „ausschließlich oder bevorzugt anzubieten (neu hinzukommt: anzuwenden) oder abzugeben oder anderweitig die Auswahl der von ihm abzugebenden Arzneimittel auf das Angebot bestimmter Hersteller oder Händler oder von Gruppen von solchen zu beschränken“.

Bemerkenswert sind aber vor allem die umfangreichen Änderungen an der Apothekenbetriebsordnung. Detailliert schreibt diese künftig vor, welche Pflichten dem Apothekenleiter obliegen, wenn in seinem Betrieb gegen Grippe geimpft wird.

Im Folgenden stellen wir diese Voraussetzungen und Regeln anhand von Fragen und Antworten vor.

Wer darf in den Apotheken ­gegen Grippe impfen?

Apothekerinnen und Apotheker sind zur Durchführung von Grippe-Impfungen bei Personen berechtigt, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Das Impfpersonal muss zum Personal der Apotheke gehören und ärztlich geschult worden sein. Die erfolgreiche Teilnahme an der Schulung ist nachzuweisen.

Wie sieht die Schulung aus?

Zunächst ist festzuhalten, dass es einer ärztlichen Schulung nicht bedarf, wenn die Apothekerin oder der Apotheker bereits im Rahmen von Modellvorhaben zur Grippe-Impfung in Apotheken oder zur Durchführung von COVID-19-Impfungen erfolgreich eine ärztliche Schulung absolviert hat.

Die ärztliche Schulung hat insbesondere die Vermittlung der folgenden Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu umfassen:

  • Aufklärung, Erhebung der Anam­nese (einschließlich Impfanamnese) und der Feststellung der aktuellen Befindlichkeit zum Ausschluss akuter Erkrankungen oder Allergien, weitere Impfberatung sowie die Einholung der Einwilligung der zu impfenden Person
  • Kontraindikationen
  • Notfallmaßnahmen

Die Bundesapothekerkammer entwickelt bis spätestens einen Monat nach Inkrafttreten des Gesetzes in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer ein entsprechendes Mustercurriculum.

Welche Räumlichkeiten müssen die Apotheken bereitstellen?

Für die Aufklärung, die Anamnese, das Einholen der Einwilligung von impfwilligen Personen, die Vorbe­reitung und die Durchführung der Grippe-Impfungen müssen die Apotheken geeignete Räumlichkeiten bereitstellen. Hierzu gehört auch ein Wartebereich. Die Räumlichkeiten müssen über die Ausstattung verfügen, die für die Durchführung von Grippe-Impfungen erforderlich ist. Der ordnungsgemäße Apothekenbetrieb darf durch die Nutzung der Räumlichkeiten nicht gestört werden. Insbesondere sollen keine Räume genutzt werden, die für einen anderweitigen Zweck vorgesehen und in denen die notwendigen Hygienemaßnahmen nicht umsetzbar sind. Ein unbefugter Zugriff auf apothekenpflichtige Arz-neimittel, Ausgangsstoffe und Chemikalien ist auszuschließen. Trotzdem müssen die Räumlichkeiten in angemessener Nähe zu den übrigen Be-triebsräumen liegen. Sowohl beim Aufklärungsgespräch als auch bei der Durchführung der Grippe-Impfung ist die Privatsphäre der zu impfenden Personen zu schützen. Dazu gehört beispielsweise ein Sichtschutz. Auch das Mithören anderer Kundinnen und Kunden soll verhindert werden. Die Räumlichkeiten müssen auch die Möglichkeit zur Durchführung von Maßnahmen bei Sofortreaktionen einschließlich einer entsprechenden Ausstattung bieten. Dazu kann ins­besondere auch eine Liege gehören.

Wie sollen die Impfungen durchgeführt werden?

Nur Apothekerinnen und Apotheker, die zur Durchführung von Grippe-Impfungen berechtigt sind, dürfen auch die Aufklärung, die Anamnese, das Einholen der Einwilligung der zu impfenden Personen durchführen. Bei der Vorbereitung und der Dokumenta­tion der Impfung darf das pharmazeutische Personal der Apotheke unterstützen. Das pharmazeutische Personal der Apotheke muss für die ­Tätigkeit ausreichend qualifiziert sein und regelmäßig geschult werden. Diese Maß­nahmen sind zu dokumentieren. Damit der ordnungsgemäße Apothekenbetrieb und der Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrages nicht beeinträchtigt werden, muss entsprechend des Umfangs der Impfungen ausreichend Personal vorhanden sein.

Die Apothekenleitung hat sicherzustellen, dass Grippe-Impfungen nur durchgeführt werden, wenn für die jeweilige Apotheke eine Betriebshaftpflichtver­sicherung besteht, die mögliche Schä­digungen aus der Durchführung der Impfung abdeckt.

Das Impfen und die Berufsordnung

In der Begründung zum Pflegebonusgesetz findet sich übrigens ein Passus, in dem es heißt, die Durchführung der Schutzimpfung sei „nur gestattet, sofern das Berufsrecht dem nicht entgegensteht. Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Regelungen in den jeweiligen Berufsordnungen der Apothekerkammern“. Nach aktuellem Stand beträfe dies nur die Landesapotheker­kammer Thüringen. Nach Einschätzung von Kammer­geschäftsführer Danny Neidel hätte diese Formulierung im Gesetztestext selber stehen müssen, um tatsächlich eine Wirkung zu entfalten. Das hat die Ampel nicht getan – somit steht Neidel zufolge auch in Thüringen der Grippeimpfung in den Apotheken nichts mehr im Weg, auch ohne eine Anpassung der Berufsordnung.

Wie müssen die zu impfenden Personen aufgeklärt werden?

Vor der Grippe-Impfung hat die impfende Person die zu impfende Person über die zu verhütende Krankheit und die Impfung aufzuklären, die Anamnese durchzuführen und die Einwilligung der zu impfenden Person einzuholen. Die Aufklärung umfasst insbesondere:

  • Informationen über den Nutzen der Impfung und über die zu verhütende Krankheit,
  • Hinweise auf mögliche Neben­wirkungen, Komplikationen und Kontraindikationen,
  • Empfehlungen über Verhaltens­maßnahmen im Anschluss an die Impfung und
  • Informationen über Beginn und Dauer der Schutzwirkung

Was muss dokumentiert werden?

Die Dokumentation der Grippe-Impfung muss Angaben enthalten zu:

  • Datum und Durchführung der Aufklärung der zu impfenden Person,
  • Datum und Durchführung der Anamnese,
  • Einwilligung der zu impfenden Person,
  • Datum der Impfung,
  • Bezeichnung und Chargenbezeichnung des verwendeten Impfstoffes,
  • Name der geimpften Person, deren Geburtsdatum und Anschrift,
  • Name und Anschrift der Apotheke und
  • Name und Bestätigung der Person, die die Aufklärung, Anamnese und Impfung durchgeführt hat.

Erfolgt nach Durchführung der Aufklärung oder der Anamnese keine Impfung, ist keine Dokumentation erforderlich. Die Dokumentation der Grippe-Impfung ist für die Dauer von zehn Jahren ab dem Datum, an dem die Impfung durchgeführt wurde, aufzubewahren. Im Qualitätsmanagementsystem (QMS) sind zur Vorbereitung und Durchführung von Grippe-Impfungen insbesondere Festlegungen zu treffen:

  • zur Vorbereitung der Impfung,
  • zur Aufklärung und Einholung der Einwilligung der zu impfenden Person,
  • zur Anamnese und zur Entscheidung, wann die Grippe-Impfung nicht durchgeführt wird,
  • zur Durchführung der Impfung,
  • zur Dokumentation der Impfung,
  • zu den Hygienemaßnahmen einschließlich des hygienischen Ver­haltens der an den Vorbereitungen und der Durchführung der Grippe-Impfung beteiligten Personen und
  • zur Meldung bei Verdacht auf eine über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung

Darüber hinaus muss der zuständigen Behörde die Durchführung von Grippe-Impfungen und die dafür vorgesehenen Räumlichkeiten spätestens eine Woche vor Aufnahme der Impfungen angezeigt werden.

Wie wird vergütet?

Der GKV-Spitzenverband ist verpflichtet, im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung einen Vertrag mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) auszuhandeln, der insbesondere die Vergütung und Abrechnung der apothekerlichen Leistungen enthalten soll. Dafür haben die Vertragspartner zwei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes Zeit – kommen sie zu keiner Einigung, muss die Schiedsstelle ran und innerhalb eines Monats eine Entscheidung fällen. Noch laufende Modellprojekte sind innerhalb von neun Monaten, nachdem ein Vertrag oder ein Schiedsspruch zustande gekommen ist, zu beenden.

Klar ist: Für die Beschaffung der Grippeimpfstoffe erhalten die Apotheken 1 Euro je Einzeldosis plus Umsatz­steuer. Darüber hinaus soll es mit den Bestellungen der Apotheken übrigens ebenso laufen wie mit denen der Ärzte. Das heißt: Der DAV meldet künftig bis zum 15. Januar eines Kalenderjahres den Bedarf an saisonalen Grippeimpfstoffen auf Grundlage der durch die Apotheken geplanten Bestellungen an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Das PEI wiederum prüft dann bis zum 15. März diesen übermittelten Bedarf unter Berücksichtigung einer zusätz­lichen Reserve von 10 Prozent, indem es ihn mit den von den Impfstoffherstellern mitgeteilten Daten zu Absatzmenge und Verschreibungsvolumen vergleicht. |

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