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Arzneimittel und Therapie
Hyposensibilisieren bei atopischer Dermatitis?
Grenzen und Möglichkeiten einer Allergen-Immuntherapie
Die atopische Dermatitis (AD) ist eine sehr komplexe Krankheit. Eine wichtige Rolle spielen drei zentrale Pathomechanismen: eine epidermale Barrierestörung mit genetisch bedingten, defekten Strukturproteinen, eine Dysregulation des Immunsystems mit einer erhöhten Produktion der Zytokine IL-4 und IL-13 sowie ein gestörtes Hautmikrobiom. Daneben kann eine Reihe an Provokationsfaktoren einen Neurodermitisschub auslösen. Hierzu zählen unter anderem Aeroallergene wie Pollen, Hausstaubmilbenkot oder Tierhaare. Besonders Ekzeme im Kopf-Hals-Bereich, also an luftexponierten Arealen, lassen an mögliche allergene Trigger denken. Dann ist eine entsprechende allergologische Diagnostik gefragt. Bei einem Großteil der AD-Patienten lassen sich allergenspezifische IgE-Antikörper nachweisen. Bei klarem Zusammenhang zwischen der Allergenexposition und der Verschlechterung des Hautzustandes sowie nachweisbarer Sensibilisierung ist an erster Stelle eine Allergenreduktion anzustreben, beispielsweise die Verwendung von allergen- und milbendichten Bettbezügen. Reicht diese Maßnahme allein nicht aus, kann bei ausgeprägter Symptomatik eine Hyposensibilisierung mit Allergenextrakten erwogen werden.
Die spezifische Immuntherapie (SIT) stellt einen kausalen Therapieansatz für die Behandlung IgE-vermittelter allergischer Reaktionen dar. Sie wird in der Regel über drei Jahre durchgeführt und induziert eine Toleranz des Immunsystems, so dass der Patient auf die Allergene kaum noch oder gar nicht mehr reagiert. Eine SIT wird entweder als subkutane Immuntherapie (SCIT) oder als sublinguale Immuntherapie (SLIT) angewendet. Die Wirksamkeit einer Hyposensibilisierung ist vor allem bei allergischer Rhinokonjunktivitis gut belegt. Bei der AD findet sie jedoch nur selten Anwendung, obwohl es Evidenz dafür gibt, dass Aeroallergene zur Verschlimmerung der Erkrankung beitragen können.
Die Studienlage
Generell gibt es für den Einsatz der SIT bei atopischer Dermatitis nur eine eingeschränkte Datenlage, meist aus Fallstudien oder kleineren Kohortenstudien. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2013 umfasste acht randomisierte, kontrollierte Studien mit insgesamt 385 Patienten. Hierbei zeigte sich insgesamt ein signifikant positiver Effekt der SIT auf die AD mit einer Besserung um den Faktor 5 (Odds Ratio [OR]: 5,35; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,61 – 17,77) im Vergleich zu Placebo. Ein Cochrane-Review mit zwölf Studien und insgesamt 733 Teilnehmern ergab eine große Heterogenität der Studien, wodurch die Abschätzung des wirklichen Effekts der SIT erschwert wird. Die beste Evidenz besteht bisher für eine Hyposensibilisierung gegen Hausstaubmilben. Hierzu zeigen Daten aus zum Teil randomisierten, kontrollierten Studien verbesserte Hautsymptome, eine gestiegene Lebensqualität sowie eine reduzierte Anwendung von topischen Glucocorticosteroiden. Die Therapie wurde gut vertragen, Hautexazerbationen unter einer SIT waren selten.
Leitlinien-Empfehlungen
Allgemein empfohlen werden kann die SIT gemäß der aktuellen Neurodermitis-Leitlinie des European Dermatology Forum derzeit nicht. Die deutsche Leitlinie rät zu einer SIT nur bei begleitenden atopischen Erkrankungen, also bei Rhinokonjunktivitis oder allergischem Asthma. Darüber hinaus kommt eine Hyposensibilisierung nur für Patienten mit schwerer, Aerogen-getriggerter Neurodermitis infrage. Hierbei ist zu beachten, dass es keine Zulassung für die SLIT und SCIT für die Therapie der AD gibt. Zukünftig bedarf es weiterer Studien, um den Stellenwert der SIT bei der AD-Behandlung zu klären. |
Literatur
Traidl S., Werfel T. Allergenimmuntherapie bei atopischer Dermatitis. Hautarzt 72, 1103–1112 (2021). https://doi.org/10.1007/s00105-021-04909-y
Hajdu K et al. Improvement of clinical and immunological parameters after allergen-specific immunotherapy in atopic dermatitis. J Eur Acad Dermatol Venereol 2021; 35: 1357-1361; doi: 10.1111/jdv.17018
Wollenberg A et al. Consensus-based European guidelines for treatment of atopic eczema (atopic dermatitis) in adults and children: part II. J Eur Acad Dermatol Venereol 2018; 32: 850-878; doi: 10.1111/jdv.14888
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