Prisma

Wie die Vaterliebe, so der Sohn

Beziehung senkt Testosteron-Spiegel

Foto: alfa27/AdobeStock

mp | Testosteron bestimmt, wie Mann tickt. Bei männlichen Wirbeltieren steuert die Menge an Testosteron im Blut, wie viel Energie in die Fürsorge des Nachwuchses gesteckt wird und wie viel Kraft in Paarung oder Kämpfe. Wenn weniger Testosteron im Organismus kursiert, ist dies verbunden mit mehr Fürsorge für den Nachwuchs. Im Lauf der Evolution schien es für manche Arten von Vorteil zu sein, wenn in bestimmten Lebens­abschnitten des Mannes der Testosteron-Spiegel sinkt – etwa kurz nach der Geburt eines eigenen Kindes. Auch die Körper der Männer stellen sich so auf ihr Kind ein. Dies wies der amerikanische Anthropologe Lee Gettler vor rund zehn Jahren nach. Gettler vermutete, dass der Testosteron-­Spiegel auch mit der Vater-Sohn-Beziehung zusammenhängen könnten. Er und sein Team publizierten kürzlich eine Studie, in der sie versuchten, Antworten auf diese Frage zu liefern. Für ihre Forschung griffen sie auf die Cebu-Studie zurück. Im Zuge derer bestimmten Wissenschaftler auf den Philippinen drei Jahrzehnte lang die Testosteron-Werte von fast 1000 Männern vom Säuglings- bis zum Erwachsenenalter. Infos zur Vater-Sohn-­Beziehung holten sich die Anthro­pologen von den Probanden und deren Müttern.

Heranwachsende, deren Väter sich im Jugendalter um sie gekümmert hatten, wiesen weniger Testosteron im Blut auf. Höhere Testosteron-Spiegel entdeckten die Forscher bei Jugendlichen, die ohne Vater aufwuchsen oder mit Vätern, die kaum Zeit mit ihnen verbrachten. Keinen Einfluss auf spätere Testosteron-Spiegel hatte die Frage, ob die Väter die Säuglinge oder Klein­kinder versorgten.

Wer während der Pubertät viel Zeit mit dem Vater verbracht hatte, bei dem war noch viele Jahre später, wenn ein eigenes Kind auf die Welt kam, weniger Testosteron im Blutkreislauf. Gettler und Co. leiten daraus ab: Die Vater-Sohn-Beziehung beeinflusst indirekt, wie sich Kinder später selbst um ihren Nachwuchs kümmern. |

 

Literatur
Gettler LT et al. Evidence for an adolescent sensitive period to family experiences influencing adult male testosterone production. PNAS 2022, doi: 10.1073/pnas.2202874119

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