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DAZ aktuell
Weniger Bürgertests für weniger Geld
Neue Verordnung schränkt Ansprüche ein, erhöht Kontrollpflichten und reduziert Vergütung
Die neue Testverordnung,so wie sie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) am vergangenen Freitag als Entwurf an die Verbände versendet hat, macht bei den Bürgertests deutliche Abstriche. Das ist nicht zuletzt auf Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zurückzuführen. Er machte klar: „Der Einsatz des Geldes der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wird effektiver werden. Denn es kann nicht alles auf Dauer vom Bund gezahlt werden, weil unsere Möglichkeiten an Grenzen gekommen sind.“
Und so gibt es die freien Tests künftig nur noch für bestimmte vulnerable Personengruppen. Etwa für Kinder bis fünf Jahre, Schwangere im ersten Trimenon und andere Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, aber auch für Besucher in Krankenhäusern und Pflegeheimen oder Haushaltsangehörige von Infizierten. Für alle anderen Menschen sind Bürgertests ganz ohne Anlass nicht mehr möglich. Wer eine Eigenbeteiligung in Höhe von drei Euro leistet, hat allerdings Anspruch auf Testung, wenn er den Besuch größerer Veranstaltungen, von Familienfesten oder einer Person ab 60 Jahren oder mit einer Vorerkrankung am selben Tag plant. Dasselbe gilt für jene, denen die Corona-Warn-App ein erhöhtes Risiko anzeigt. Bezieher von Sozialleistungen sind von dieser Eigenbeteiligung nicht ausgenommen. Die Verordnung stellt den Ländern aber frei, für diese Kosten aufzukommen. Ob und wenn ja welche dies tun werden, muss sich zeigen.
Vergütung sinkt auf 9,50 Euro
Die Leistungserbringer bekommen für ihre Leistung künftig weniger Geld. Bisher erstattete der Bund 11,50 Euro je PoC-Test: 8 Euro für den Abstrich, 3,50 für das Material. Künftig sind es 7 Euro für den Abstrich und 2,50 Euro für das Material. Bei Testungen, für die die 3 Euro Eigenanteil fällig werden, beträgt die Vergütung für die Leistungserbringer 4 Euro plus 2,50 Euro. Apotheken und andere Teststellen behalten dann die zusätzliche Eigenbeteiligung ein. Wie Lauterbach in der Pressekonferenz auf Nachfrage erklärte, sei es den Teststellen nicht verwehrt, auf diesen Eigenanteil zu verzichten.
Zudem soll es mehr Kontrollen und Qualitätssicherungsmaßnahmen geben, um Betrügereien zu verhindern. Testende Apotheken werden sich künftig in der Regel nicht mehr nur einen amtlichen Ausweis vorzeigen lassen müssen (ein solcher reicht nur bei Kindern, um nachzuweisen, dass sie nicht älter als fünf Jahre alt sind). Ähnlich wie im vergangenen Oktober bis November – als die Bürgertests schon einmal für wenige Wochen vom damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn heruntergefahren worden waren – muss die Anspruchsberechtigung glaubhaft gemacht werden. Schwangere können ihren Anspruch mit ihrem Mutterpass nachweisen. Personen, die eine Testung mit Eigenbeteiligung wünschen, müssen eine Selbstauskunft unterschreiben, dass der Test zu einem der genannten Zwecke durchgeführt wurde und sie einen Eigenanteil in Höhe von 3 Euro geleistet haben. Dies soll der besseren Nachweisbarkeit der tatsächlichen Zahlung des Eigenanteils dienen und Abrechnungsbetrug erschweren.
Ob die bis spätestens 29. Juni im Bundesanzeiger zu veröffentlichende Verordnung am Ende wesentlich vom Entwurf abweichen wird, scheint nicht wahrscheinlich – allerdings ist es auch nicht ausgeschlossen, dass es noch Änderungen geben wird. Auf DAZ.online halten wir Sie auf dem Laufenden. |
LAV Baden-Württemberg: „nicht nachvollziehbar“
Kritik an den neuen Test-Plänen kam am vergangenen Freitag vom Landesapothekerverband Ba-Wü. Dieser hatte sich schon im Vorfeld dafür starkgemacht, die Bürgertests weiterlaufen zu lassen. LAV-Vorsitzende Tatjana Zambo erklärte: „Die große Masse derer, die sich schnell und ohne viel Aufwand die Frage beantworten wollen, ob sie Corona-positiv oder negativ sind, wird ab Juli dafür bezahlen müssen. Es steht zu befürchten, dass sich viele Menschen angesichts der ohnehin durch hohe Energie- und Lebensmittelpreise belasteten Geldbörsen gar nicht mehr testen lassen. Mit dieser Entscheidung verabschiedet sich der Bund de facto aus der bislang erfolgreichen Teststrategie und vernichtet das gut etablierte und wirkungsvolle Kontrollsystem zur Früherkennung des Infektionsgeschehens.“ Auch aus Sicht des Infektionsschutzes – und das sei die Sicht der Apothekerinnen und Apotheker – sei die Entscheidung „nicht nachvollziehbar“.
Zudem hätten die Apotheken das Nachsehen: Mit zum Teil riesigem Aufwand hätten sie sich in den Bürgertestungen engagiert, so Zambo – „und zwar mit voller Überzeugung“. Nun werde die Nachfrage deutlich sinken. Zugleich müssten nun jede Menge zusätzliche Kontroll- und Dokumentationsaufgaben geleistet werden, um die Berechtigten von den Nicht-Berechtigten, die Selbstzahler von den Eigenbeteiligungszahlern und den Nicht-Zahlern zu unterscheiden. „Dafür gibt es gleichzeitig weniger Geld“.
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