Foto: Petra Homeier/AdobeStock

Beratung

Immer schön sauber bleiben

Die richtige Seife für jeden Hauttyp

Seife ist fester Bestandteil der regelmäßigen Körperpflege. Vor allem zum Händewaschen ist sie in Zeiten der Corona-Pandemie unverzichtbar. Allerdings können Hautirritationen als Folge eines übermäßigen Einsatzes von Seife auftreten. Dabei ist es unerheblich, ob Seife zum Duschen oder zur Haar­pflege verwendet wird. Denn Seife kann den natürlichen Säureschutzmantel der Haut sowie die Hautflora beeinträchtigen. Gerade bei empfindlicher Haut kann dies zu länger anhaltenden Beschwerden führen. | Duc Son Nguyen

Eine gesunde Haut schützt sich selbst. Hierzu produzieren Hautdrüsen Absonderungen wie Talg (Sebum) und Schweiß, welche zusammen den sogenannten Säureschutzmantel der Haut (pH-Wert 4,7 bis 5,7) bilden. Dieser Hydrolipidfilm liegt der obersten Hautschicht (Epidermis) auf und bildet eine natürliche Barriere gegen das Eindringen von fremden Substanzen von außen und der Wasserverdunstung von innen nach außen. Darüber hinaus bietet der Hydrolipidfilm ein ideales Milieu für Mikroorganismen, die Bestandteil einer gesunden Hautflora sind. So verhindern residente Bakterien und Pilze des Hautmikrobioms, dass sich pathogene Mikroorganismen auf der Hautoberfläche ansiedeln und vermehren können. Der Säureschutzmantel trägt damit wesentlich zum Schutz der Haut vor Krankheitserregern bei.

Was sind Seifen?

Unter handelsüblicher Seife werden langkettige Alkalisalze höherer Fettsäuren verstanden (s. Abb.). Sie werden durch die Reaktion einer wässrigen Base mit pflanzlichen oder tierischen Fetten und Ölen hergestellt. Chemisch betrachtet, wird hierbei die Ester-Bindung der Triglyceride durch eine basenkatalysierte Hydrolyse aufgespalten. Als Produkte erhält man den Alkohol Glycerin und die Salze der ent­sprechenden Fettsäuren. Diese chemische Reaktion wird als Verseifung (Saponifikation) bezeichnet. Zur Herstellung von festeren Seifen (zum Beispiel Kernseife) wird vorzugsweise Natronlauge eingesetzt, wohingegen bei der Verseifung mit Kalilauge halbfeste bzw. flüssige Seifen (zum Beispiel Schmierseife) entstehen. Ebenso können durch ausgewählte Kombinationen von verschiedenen Fetten und Ölen die Eigenschaften der Seife wie Konsistenz, Schäumungsver­mögen und Waschkraft eingestellt werden.

Seifen zählen zu den anionischen Tensiden. Tenside haben alle einen ähnlichen chemischen Aufbau und bestehen aus einem hydrophilen und einem lipophilen Teil. Sie sind dadurch imstande, die Oberflächenspannung von Wasser herabzusetzen, und ermöglichen dadurch die Bildung von Emulsionen. Als grenzflächen- und waschaktive Substanzen spielten sie eine bedeutende Rolle bei der Körperpflege und Entwicklung von Waschmitteln und Emulgatoren.

Abb.: Tenside sind grenzflächenaktive Substanzen. Ihre Moleküle enthalten mindestens je eine hydrophile und eine lipophile Gruppierung. Sie ähneln dadurch sowohl der Wasser- als auch der Lipidphase und haben damit eine Affinität zu beiden Phasen, was ihre Tendenz zur Anreicherung in Grenzflächen erklärt. Hier A der Aufbau eines Seifenmoleküls (Natrium-Stearat) und B die Anordnung von Tensidmolekülen an einer Wasseroberfläche (zunehmende Konzentration) (nach [Fahr A. Voigt - Pharmazeutische Technologie. 13., völlig neu bearbeitete Auflage Deutscher Apotheker Verlag 2021])

Seifenwirkung auf der Haut

Seifen besitzen entfettende, emulgierende und antiseptische Eigenschaften. Dadurch lösen sie neben Verschmutzungen auch Lipide aus dem Säureschutzmantel der Haut und führen zu einer Quellung des Stratum corneum. Zudem können die alkalischen Seifen den leicht sauren pH-Wert der Haut verändern. Seife erhöht aber nicht nur den pH-Wert der Haut, sondern kann auch die Mikroorganismen der Haut­flora schädigen. Eine gesunde Haut kann diese Effekte bereits nach kurzer Zeit wieder ausgleichen. Problematisch werden diese Veränderungen, wenn grundsätzliche Hautfunktionen durch Krankheiten gestört sind oder vermehrter bzw. übermäßiger Hautkontakt mit Seifenlösungen besteht. Aufgrund dieser Einschränkungen wurden Seifen bei der Hautpflege weitgehend durch Syndets ersetzt.

Rückfettende Lipide in Hautreinigern

Tenside differenzieren nicht zwischen Sebum oder interzellulären Lipiden des Stratum corneum. Daher reichern Hersteller ihre Hautreiniger mit Lipiden an, um …

  • intrazelluläre Lipide der obersten Hautschicht zurückzuführen
  • das Austrocknen der Haut nach dem Waschen zu verhindern
  • den Hydrolipidfilm der Haut wiederaufzubauen.

Bei tensidhaltigen Reinigungsprodukten ist diese rückfettende Wirkung zu hinterfragen. So bedarf es einer gewissen Kontaktzeit von Reinigungsprodukt und Haut, in der Lipide die oberste Hautschicht penetrieren müssten. Zudem werden Hautreiniger nach dem Auftragen mit Wasser abgewaschen, wobei rückfettende Lipide durch die Tenside entfernt werden. Grundsätzlich lassen sich diese negierenden Effekte für alle Zusatzstoffe in Reinigungsprodukten diskutieren.

Syndets: die modernen „Seifen“

Heutzutage werden vor allem synthetische Detergenzien (Syndets) als besser verträgliche Alternative zur Seife beworben. Durch die gezielte Synthese der Tenside lassen sich für die Hautreinigung abgestimmte Eigenschaften entwickeln. So sind moderne Hautreiniger an den leicht sauren pH-Wert der Haut angeglichen. Damit soll beim Waschen nur eine geringfügige Veränderung des pH-Wertes der Hautoberfläche eintreten. Eine Quellung der Haut wird weitestgehend vermieden und die Beeinträchtigung der Hautflora verringert. Weiterhin reinigen Syndets die Haut deutlich milder als herkömmliche Seifen. Die Haut wird weniger stark entfettet, wovon besonders Personen mit trockener oder bereits geschädigter Haut profitieren. Hierbei gibt es aber auch zwischen den Syndet-Typen erhebliche Unterschiede in der Hautverträglichkeit:

  • kationische Tenside gelten schlechter verträglich
  • besser verträglich sind anionische Tenside, wie Fett­alkoholethersulfonate
  • als hautverträglich gelten amphotere Tenside wie Cocamidopropyl-Betaine
  • besonders hautverträglich sind nichtionische Tenside wie Alkylpolyglykoside

Seifen und Syndets lassen sich anhand der Inhaltsstoffe-Bezeichnungen leicht unterscheiden. So enthalten Seifen als waschaktive Tenside die Salze von Fettsäuren, wie Sodium Palmitate (Palmitinsäure), Sodium Cocoate (Kokosfettsäuren), Sodium Stearate (Stearinsäure) oder Sodium Tallowate (Rindertalg). Hingegen finden sich bei Syndets in der Inhaltsstoffdeklaration synthetische Tenside mit komplexeren Bezeichnungen, wie Sodium Lauryl Sulfate (SLS), Sodium Laureth Sulfate (SLES), Ammonium Lauryl Sulfate (ALS) oder Sodium Myreth Sulfate. Zudem sind Produktbezeichnungen wie „seifenfrei“, „pH-hautneutral“ oder „pH-Wert 5,5“ weitere Indikatoren für Syndet-haltige Produkte.

Zu beachten ist, dass die meisten Reinigungsprodukte eine Kombination aus mehreren Seifen und Syndets sind. Die Hautverträglichkeit eines Produktes muss daher auf Basis aller Tenside und Zusatzstoffe beurteilt werden.

Fest oder flüssig – das ist hier die Frage

Es existieren wissenschaftliche Studien zur Frage, welche Seifenform beim Händewaschen hygienischer ist. Prinzipiell lassen sich auf einem Stück Seife, das von einem größeren Personenkreis benutzt wird, Keime nachweisen. Doch für eine Übertragung auf eine andere Person mangelt es an eindeutigen Ergebnissen. So überleben Erreger auf einem Seifenstück nur eine begrenzte Zeit. Die Wahl der Seife ist daher weniger eine Frage der Hygiene, sondern der persönlichen Vorlieben.

Feste Seifen

Die Konsistenz einer Seife ist – neben der verwendeten Base – auch von der Kettenlänge der freigesetzten Fettsäuren abhängig. So führen langkettigere Fettsäuren wie Stearinsäure oder Palmitinsäure zu tendenziell festeren Produkten. Daher handelt es sich bei festen Seifenprodukten überwiegend um Kernseife aus langkettigen Fettsäuren, wobei vereinzelt auch stückförmige Syndets (Waschstücke) erhältlich sind. In der Praxis werden feste Seifen daher im Bereich der Hauthygiene fast ausschließlich zum Reinigen der Hände verwendet. Hierbei können sie sich für Allergiker eignen, da aus natürlichen Fetten hergestellte Seifen, häufig gute verträglich sind.

Foto: shaiith/AdobeStock

Die ökologische Sicht Feste Seifenstücke können umweltfreundlicher in Papier oder Kartons verpackt werden, wodurch Plastikmüll vermieden wird. Sie benötigen zur Herstellung zudem weniger Wasser und haben ein kleineres Volumen. Durch letzteres wird auch weniger Verpackungs­material verwendet.

Flüssige Seifen

Im Unterschied zu fester Seife enthält Flüssigseife zusätzlich Wasser, in dem das Tensid gelöst vorliegt. Sie werden meistens als Körperpflegemittel und Reinigungsmittel verwendet. Doch nicht alle Flüssigseifen sind auch wirklich Seifen. Viele moderne flüssige Hautreinigungsmittel wie Shampoo, Duschgel oder Badezusatz sind in der Regel Syndets oder Mischungen aus Syndet und Seife. Dadurch eignen sich flüssige Seifen zur Reinigung bei Hauterkrankungen, trockener oder auch empfindlicher Haut. Verschiedene Studien belegen die mildere Wirkung von Syndets gegenüber Seifen und eine bessere Verträglichkeit bei Erkrankungen wie Dermatitis und Akne.

„Cleane“ Seifen – clean ist nicht gleich green!

Unter der Bezeichnung „clean beauty“ also „saubere“ oder „reine Kosmetik“ werden Pflege- und Reinigungsprodukte zusammengefasst, die keine kontrovers diskutierten Inhaltsstoffe enthalten. „Clean beauty“ kann als eine Bewegung verstanden werden, die auf einem bewussteren Umgang mit Inhaltsstoffen aufbaut. Hier eine Auswahl an kontrovers ­diskutierten Inhaltsstoffen:

  • Silikone
  • Parabene
  • synthetische Duftstoffe und Farbstoffe
  • Erdöl- und Mineralölprodukte

Dabei unterliegen „cleane“ Produkte keiner Regulierung oder Richtlinie. Auch ist der Begriff „clean beauty“ nicht geschützt. Daher können Angaben zu „cleanen“ Produkten irreführend sein. Clean darf nicht mit nachhaltig oder natürlich gleichgesetzt werden. Die „cleanen“ Produkte müssen weder natürliche oder pflanzliche Inhaltsstoffe enthalten, noch müssen sie nachhaltig produziert worden sein. Inhaltsstoffe unter dem Begriff „clean beauty“ können auch synthetischen oder tierischen Ursprungs sein.

Beratung bei Akne

Bei Akne-Patienten soll das Waschen der Haut helfen, den normalen Hautzustand wiederherzustellen. Eine gründliche Reinigung entfernt hierbei überschüssigen Talg und Schmutz. Dabei werden aber stets auch Hornschicht, Säureschutzmantel und Hautflora beeinträchtigt. Bei bereits geschädigter Akne-Haut würde eine stark entfettende Reinigung mit Seife zu einem weiteren Lipidverlust in den obersten Hautschichten führen. Das initiiert eine reaktive Nachproduktion von Talg. In der Folge kann es zu einer weiteren Verschlechterung der Dermatose kommen. Die Verwendung eines milden Reinigungsmittels mit Syndet ist hier ratsamer.

Für jeden Hauttyp die passende Beratung

Jedes Reinigungsmittel, ob Seife oder Syndet, beeinflusst die Hautoberfläche und das Hautmikrobiom. Dennoch treten bei gesunder Haut in der Regel keine Unverträglichkeiten auf. Zur Reinigung eignen sich dann sowohl Seifen als auch Syndets. Die modernen „Seifen“ auf Syndet-Basis haben allerdings einen deutlichen Vorteil bei beeinträchtigter Haut. Insbesondere bei empfindlicher Haut, wie sie bei Kleinkindern oder älteren Kunden anzutreffen ist, sind milde Tenside den herkömmlichen Seifen vorzuziehen. Für beide gilt aber: grundsätzlich in Maßen verwenden!

Es gibt Wege, die Hautoberfläche möglichst wenig zu schädigen und trotzdem gründlich zu reinigen. Dazu sollten Reinigungspräparate

  • mild wirksame Tenside (z. B. nichtionische Syndets) enthalten
  • auf Seifenbasis nur bei gesunder Haut verwendet werden
  • einen sauren oder hautneutralen pH-Wert um 5,5 besitzen
  • frei von Duft- und Farbstoffen sein
  • einen Lipidanteil enthalten

Auch wenn die rückfettende Wirkung von Fetten und fetten Ölen nicht garantiert werden kann (s. Kasten „Rückfettende Lipide in Hautreinigern“), ist die mildere Reinigungswirkung dieser Emulsionen unbestritten. Die Lipidbestandteile dieser Produkte binden einen Teil der Tenside, was die Reinigungskraft der Formulierung insgesamt reduziert. Aber auch das mildeste Reinigungsmittel kann nicht verhindern, dass der schützende Hydrolipidfilm Schaden nimmt. Deshalb geht es bei häufigem Waschen nicht ohne eine pflegende Creme. Leidet ein Kunde an einer Hautkrankheit, sind Spezialprodukte in Erwägung zu ziehen. |

 

Literatur

[1] Mijaljica D, Spada F, Harrison IP. Skin Cleansing without or with Compromise: Soaps and Syndets. Molecules 2022;27:6

[2] Issa MCA, Tamura B, eds. Daily routine in cosmetic dermatology, Springer International Publishing. Imprint: Springer, Cham, 2020

[3] FDA issues final rule on safety and effectiveness of antibacterial soaps. Informationen der Food and Drug Administration (FDA), Stand: 2. September 2016, https://news.asu.edu/20160831-solutions-asu-professor-antimicrobial-soap-tainted-water

[4] Nguyen DS. Unreine Haut ade: Wie die Galenik zum Erfolg der Hautpflege bei Akne beiträgt. DAZ 2018;35:40

[5] Coiffard L, Couteau C. Soap and syndets: Differences and analogies, sources of great confusion. European review for medical and pharmacological sciences 202;24(21):11432–11439

[6] Ananthapadmanabhan KP, Mukherjee S, Chandar P. Stratum corneum fatty acids: Their critical role in preserving barrier integrity during cleansing. International Journal of Cosmetic Science 2013;35(4):337–345

[7] Fahr A. Voigt - Pharmazeutische Technologie für Studium und Beruf. 13., völlig neu bearbeitete Auflage, Deutscher Apotheker Verlag 2021

[8] Draelos ZD. The science behind skin care: Cleansers. Journal of Cosmetic Dermatology 2018;17(1):8–14

Autor

Apotheker Duc Son Nguyen, Pharmaziestudium an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Aufbaustudium Diplom-Pharmazie in Jena und Nürnberg, aktuell tätig als Industrieapotheker im Bereich pharmazeutische Technologie und Qualitätssicherung.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.