Arzneimittel und Therapie

Grauer Star durch niedriges Cholesterol

Genvarianten der HMG-CoA-Reduktase können das Risiko erhöhen

Genetische Veränderungen am HMG-CoA-Reduktase-Gen, die mit einer Cholesterol-Senkung einhergehen, können das Kataraktrisiko erhöhen. Was bedeutet das für eine Cholesterol-senkende Therapie?

Tierversuche und einige Studien weisen auf ein erhöhtes Kataraktrisiko unter einer Statin-Einnahme hin. Andere Untersuchungen sehen keinen Zusammenhang, und die Einstufungen, wie ein Statin das Kataraktrisiko beeinflusst, reichen von protektiv über neutral bis hin zu negativ. Da Statine häufig und meist in der zweiten Lebenshälfte eingesetzt werden – in einem Lebensalter mit zunehmendem Kataraktrisiko –, ist eine Risikoeinschätzung von großer Bedeutung. Statt epidemiologischer oder prospektiver Studien, die eines sehr langen Zeitraums bedurft hätten, schlug eine dänische Arbeitsgruppe einen anderen Weg ein. Sie prüfte Varianten in der HMG-CoA-Reduktase-Genregion (HMGCR) des menschlichen Genoms, die den LDL-Cholesterol-Spiegel beeinflussen. Ihr Ziel war es, festzustellen, ob bestimmte Gene, die dieselbe Wirkung wie Statine haben, auch das Risiko für die Entwicklung eines grauen Stars erhöhen können.

Foto: AfricaStudie/AdobeStock

Daten aus der UK Biodatenbank

Die erforderlichen Angaben wurden der UK Biodatenbank (enthält medizinische Daten von knapp einer halben Million Erwachsener) entnommen und die genetischen Daten von mehr als 402.000 Menschen analysiert. Der Fokus lag dabei auf fünf häufigen genetischen Varianten (SNPs, single nucleotide polymorphism, Punktmutationen, die sich im Genpool einer Population etabliert haben), die in unterschiedlichem Maß den LDL-Cholesterol-Spiegel senken. Diese SNPs waren vor Jahren durch ein Global Lipids Genetics Consortium auf oder in der Nähe des HMGCR-Gens entdeckt worden.

Was ist neu?

Die Studie weist darauf hin, dass einige genetische HMGCR- Varianten mit einem erhöhten Kataraktrisiko assoziiert sind.

Klinische Konsequenzen

Der klinische Nutzen von Statinen ist vor allem bei Risikopatienten unbestritten, und der Benefit von Statinen ist stärker zu werten als ein erhöhtes Kataraktrisiko, zumal der graue Star meist in fortgeschrittenem Alter auftritt. Bei jungen, familiär belasteten Patienten, die Statine eventuell lebenslang einnehmen, könnte das Risiko anders bewertet werden.

Zuerst ermittelten die Studienautoren einen Risikoscore aus den fünf häufigen Varianten in Abhängigkeit der LDL-Cholesterol-Senkung. Dann sequenzierten sie die Daten, um Träger der Loss-of-Function-Mutation, einer seltenen Mutation, zu identifizieren. [Anmerkung: Eine Loss-of-Function-Mutation im HMGCR-Gen führt zum gleichen Ergebnis wie die Einnahme eines Statins.] Bei der Sequenzierung der Daten von 169.172 Individuen wurden 32 Träger einer Loss-of-Function-Mutation identifiziert. Anschließend wurde die Wahrscheinlichkeit ermittelt, an grauem Star zu erkranken, und die, sich deshalb einer Kataraktoperation unterziehen zu müssen.

  • Jede Senkung des LDL-Cholesterol-Spiegels um 38,7 mg/dl (1 mmol/l) durch den genetischen Risikoscore war mit einem um 14% höheren Risiko für Katarakte und einem um 25% höheren Risiko für eine Kataraktoperation verbunden.
  • Bei den 32 Trägern der Loss-of-Function-Mutation war die Wahrscheinlichkeit, an Katarakten zu erkranken, mehr als viereinhalbmal so hoch (Odds ratio 4,54), und die Wahrscheinlichkeit, sich einer Kataraktoperation unterziehen zu müssen, war mehr als fünfmal so hoch (Odds ratio 5,27). |

Literatur

Ghouse J et al. Association of Common and Rare Genetic Variation in the 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl Coenzyme A Reductase Gene and ­Cataract Risk. Journal of the American Heart Association 2022;11:e025361, doi.org/10.1161/JAHA.122.025361

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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