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Arzneimittel und Therapie
ASS ist keine Alternative für Enoxaparin
COX-Hemmer unterliegt in Studie zur Thromboseprophylaxe nach Gelenkersatz
Die Implantation einer Hüft- oder Knieendoprothese (Hüft-/Knie-TEP) birgt ohne medikamentöse Prophylaxemaßnahmen ein hohes Risiko für das Auftreten von venösen Thromboembolien (VTE). Der Gelenkersatz führt bei 40 bis 60% der Patienten zu thromboembolischen Ereignissen. Die deutsche S3-Leitlinie empfiehlt zur Thromboseprävention niedermolekulare Heparine, Fondaparinux oder neue orale Antikoagulanzien (NOAK). Von ASS raten die Autoren mit der Begründung ab, dass wirksamere Arzneimittel verfügbar seien [2]. Dagegen unterstützt beispielsweise die Australische Fachgesellschaft für Endoprothesen den Einsatz von ASS [3].
Angesichts der zunehmenden Praxis, Acetylsalicylsäure präventiv gegen venöse Thromboembolien anzuwenden, untersuchte nun eine Studiengruppe in Australien deren Wirksamkeit im Vergleich zu Enoxaparin nach primärer Hüft- oder Knieendoprothese bei arthritischen Patienten. Die clusterrandomisierte Cross-over-Studie hatte zum Ziel, die Nichtunterlegenheit von ASS zu belegen. Die maximal akzeptable Abweichung der Auftrittshäufigkeiten lag bei 1%. 31 Krankenhäuser wurden der ASS- oder der Enoxaparin-Gruppe randomisiert zugewiesen. 9711 Studienteilnehmer mit einem medianen Alter von 68 Jahren wurden rekrutiert. Der Frauenanteil lag bei 56,8%. Von ihnen wurden 9203 Probanden in die Endauswertung der Studie eingeschlossen.
Ungleichverteilung der Gruppen
5416 Probanden erhielten postoperativ täglich 100 mg ASS p.o. und 3787 Teilnehmer bekamen täglich 40 mg Enoxaparin s.c. für eine Dauer von 35 Tagen nach Implantation einer Hüft-TEP bzw. 14 Tagen nach Implantation einer Knie-TEP. Präoperative Antikoagulation oder Kontraindikationen gegen die Studienmedikamente stellten Ausschlusskriterien dar. Primärer Endpunkt war das Auftreten einer venösen Thromboembolie, inklusive tiefer Venenthrombose und Lungenembolie innerhalb von 90 Tagen nach der OP. Die Disbalance der Probandenzahlen in beiden Studienarmen resultierte aus dem Nichterreichen des Cross-over-Schwellenwertes bei einigen Kliniken. So wechselten mehr Krankenhäuser in die ASS-Gruppe (3152 Patienten aus elf Kliniken) als in die Enoxaparin-Gruppe (659 Patienten aus fünf Kliniken).
Die Auswertung einer Zwischenanalyse führte schließlich zu einem vorzeitigen Studienabbruch.
Überlegenheit von Enoxaparin
Bei 3,45% der Probanden der ASS-Gruppe und bei 1,82% der Probanden der Enoxaparin-Gruppe hatte sich innerhalb des Beobachtungszeitraums eine venöse Thromboembolie entwickelt (geschätzte Differenz 1,97%; 95%-Konfidenzintervall 0,54 bis 3,41). Die Überschreitung der tolerablen Abweichung von 1% schloss nicht nur die Nichtunterlegenheit von ASS aus, vielmehr konnte eine statistisch signifikante Überlegenheit von Enoxaparin gezeigt werden (p = 0,007). Dabei ging die Signifikanz vornehmlich auf venöse Thromboembolien unterhalb des Knies zurück (p = 0,004). Für andere Ereignisse konnte kein signifikanter Unterschied gezeigt werden, z. B. venöse Thromboembolien oberhalb des Knies (p = 0,49) oder Lungenembolien (p = 0,17). Die Ergebnisse der sekundären Endpunkte wie Tod und schwere Blutungen unterschieden sich ebenfalls nicht signifikant.
Limitationen der Studie
Abschließend räumen die Autoren mehrere Einschränkungen der Studie ein: Die Zuweisung des Studienarms erfolgte für die Krankenhäuser ohne Verblindung. Obwohl präoperative Antikoagulation Studienausschluss bedeutete, wurde sowohl im ASS- als auch im Enoxaparin-Arm eine prä- und postoperative ASS-Therapie bei Vorerkrankung akzeptiert. Das vermehrte Auftreten von Lungenembolie-Ereignissen unter ASS gegenüber Enoxaparin zeichnet zwar einen Trend ab, höhere Probandenzahlen wären jedoch zum Erreichen einer statistischen Signifikanz erforderlich gewesen. Um die klinische Relevanz der Studie bewerten zu können, befürworten die Autoren eine Kosten-Nutzen-Analyse. |
Literatur
[1] Sidhu VS, Kelly TL, Pratt N et al. Effect of aspirin vs enoxaparin on symptomatic venous thromboembolism in patients undergoing hip or knee arthroplasty: The CRISTAL randomized trial. JAMA 2022;328(8):719-727
[2] Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE). S3-Leitlinie, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften und weitere Fachgeselleschaften und Organisationen, AWMF-Registernummer: 003/001 Stand: Oktober 2015
[3] VTE guidelines for hip and knee arthroplasty. Leitlinie der Arthroplasty Society of Australia (ASA), Stand: Januar 2018
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