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Aus den Ländern
Christiansen stimmt auf Strukturreform ein
Letzte Kammerversammlung der Wahlperiode in Schleswig-Holstein
Zunächst berichtete ABDA-Pressesprecher Dr. Reiner Kern über die Nachwuchsgewinnung und -förderung. Gemäß einer Szenarioanalyse der ABDA, bei der 20.740 bis 23.000 neue Approbationen für die Zeit von 2020 bis 2029 angenommen werden, reiche die Zahl der Neuapprobierten bis 2029 aus, sofern keine neuen Aufgaben für die Apotheken hinzukommen. Wenn jedoch neue Aufgaben zusätzlich zu erfüllen sind, entstehe eine Lücke von etwa zwei bis fünf Approbationsjahrgängen.
Nachwuchsarbeit der ABDA
Daher arbeite die ABDA an einem Nachwuchskonzept. Das sei viel mehr als Kommunikation und Nachwuchswerbung, erklärte Kern. Dazu würden auch die Ausbildungsplätze, -inhalte und -kosten sowie die Rahmenbedingungen für die Berufsausübung gehören, die Planungssicherheit bieten müssten. Dabei sei zu bedenken, dass die Generation Z im Vergleich zur vorherigen Generation mehr Wert auf Familienleben, Nachhaltigkeit und sinnstiftende Arbeit lege. Als Instrumente beschrieb Kern die ABDA-Kampagnen für die Öffentlichkeitsarbeit, die Kooperation mit einem Schulbuchverlag, der Lehrmaterial für frei gestaltbare Unterrichtsblöcke produziere, den Einsatz junger Beschäftigter in Apotheken als Influencer für den Instagram-Auftritt und Virtual-Reality-Filme für Berufsmessen und die Berufsberatung. Für 2023 kündigte Kern eine intensivere Datengewinnung zur Nachwuchsförderung und eine eigenständige Kampagne für das Thema an. Letztlich seien die Apotheker selbst „die wirkungsmächtigsten Botschafter für ihren Beruf“. Sie müssten die Nachwuchswerbung vor Ort leisten. Allerdings sieht Kern die Apotheker vor dem typischen „Verbandsdilemma der Kommunikation“. Gegenüber der Politik müssten die Probleme deutlich angesprochen werden, gegenüber den jungen Menschen müssten aber die Vorteile des Berufs herausgestellt werden. In der Diskussion wurde zunächst die problematische wirtschaftliche Situation der Apotheken betont. Daraufhin forderte Kern, die Apotheker müssten sich auf ihre Stärken konzentrieren und die positiven Aspekte kommunizieren. Prof. Dr. Regina Scherließ, Universität Kiel, erklärte, jede und jeder Einzelne müsse wissen, woran sie oder er im Beruf Spaß hat. Sie folgerte: „Jeder Einzelne muss etwas tun.“
Rückblick von Christiansen
Anschließend präsentierte Christiansen einen Rückblick auf die Amtsperiode der Kammerversammlung und wollte sich damit offensichtlich zur Wiederwahl empfehlen. Im Frühjahr 2023 sollen die turnusmäßigen Wahlen erstmals online stattfinden. Christiansen erinnerte an die Diskussionen über das Rx-Versandverbot und erklärte, die stattdessen ergriffenen Maßnahmen hätten bisher dazu geführt, dass die Gleichpreisigkeit hält. Christiansen ist überzeugt: Wenn die Apotheker am Rx-Versandverbot festgehalten hätten, dann hätten sie heute beim E-Rezept nichts zu melden, hätten keine erhöhte Notdienstpauschale, keinen Dienstleistungsfonds, keine Botendienstvergütung und sie hätten in der Pandemie nicht eine so entscheidende Rolle gespielt. Es sei der Apothekerschaft gelungen, das E-Rezept mitzugestalten, und dies sei auch der schleswig-holsteinischen Berufsvertretung zu verdanken. In seinem Rückblick sprach Christiansen auch einige weiterhin offene Fragen an. Die vorgeschlagene Verlängerung des Pharmaziestudiums dürfe nicht nur genutzt werden, um mehr Wissen zu transportieren, sondern müsse auch die Überfrachtung des Studiums abbauen, damit es attraktiv und studierbar ist. Außerdem fragte Christiansen, warum die Arbeit der Apotheken für Securpharm nicht honoriert werde. Zu den neuen pharmazeutischen Dienstleistungen erklärte er, viele würden diese leider mit einem Strohhalm verwechseln, „der uns vor dem Ertrinken retten soll“. Doch das sei nur eine dünne Säule, ein Anfang, „ein Konstrukt, dessen Tragfähigkeit und Bedeutung im Laufe der Jahre hoffentlich zunehmen“, erklärte Christiansen.
Viel Kooperation im Land
Zur Arbeit der Kammer auf Landesebene betonte Christiansen die enge Zusammenarbeit mit dem Pharmazeutischen Institut und der Fachschaft sowie den Austausch in der Interessengemeinschaft der Heilberufe. Außerdem erinnerte Christiansen an die außergewöhnliche Arbeit zu Beginn der Pandemie, die enge Abstimmung innerhalb des Gesundheitswesens und das große Interesse der Medien an der Arbeit der Apotheken. Insbesondere verwies er auf den Vertrag mit dem Land über honorierte Corona-Tests für Lehrer und Kita-Mitarbeiter durch die Apotheken im Frühjahr 2021. Dafür seien über zwei Millionen Euro Landesmittel ohne Inkassogebühr über die Kammer abgerechnet worden. Daraus seien später die Bürgertests geworden.
Streik als Signal der Geschlossenheit
Christiansen betonte, die Apotheken hätten in der Pandemie ihre Effizienz gezeigt. Deshalb habe es ihn umso mehr geschmerzt, dass auf einmal von Effizienzreserven gesprochen werde. Obwohl der erhöhte Kassenabschlag schon beschlossene Sache war, sei der jüngste Streik sinnvoll gewesen. Für Christiansen war der Streik „ein beeindruckender Erfolg“, weil sich so viele Apothekerinnen und Apotheker mit unterschiedlichen Ideen beteiligt hätten und das mediale Interesse „überwältigend“ gewesen sei. Es gehe darum, was passiert, „wenn wir eine solche Aktion wiederholen und ausweiten“. Die Apotheker müssten sich bei der angekündigten Strukturreform einbringen. Die ABDA müsse Vorschläge machen. Wenn immer weniger Apotheker immer mehr Menschen versorgen müssen, sollte die knappe verfügbare Arbeitszeit für Versorgung und Beratung genutzt werden „und nicht für Präqualifizierung, Retaxationsbearbeitung oder den dritten Durchschlag des vierten Dokumentationsbogens“. Außerdem erwarte er Antworten zur finanziellen Planungssicherheit und zur Frage, wie die Apotheken für die nächste Generation an Arbeitnehmern und Selbstständigen attraktiv werden. Christiansen spitzte dies auf die Frage zu: „Wie viele Apotheken will sich Deutschland leisten?“ Denn dem Handeln der Politik nach gebe es noch zu viele Apotheken. Durch die Erhöhung des Kassenabschlags vor dem Hintergrund der steigenden Preise und des zunehmenden Personalmangels werde die Apothekenzahl „weiter dramatisch sinken“, erwartet Christiansen. Natürlich würden die Wege zur nächsten Apotheke dann weiter und „im Notdienst noch viel, viel länger“. Denn „mit der Änderung, dass keine Apotheke in Schleswig-Holstein mehr als 39 Dienste machen soll, hat die Apothekerkammer deutlich gemacht, dass wir nicht bereit sind, die gleiche Zahl an Notdiensten, die über 730 Apotheken geleistet haben, durch weniger als 600 Apotheken in gleicher Weise sicherzustellen“, erklärte Christiansen und ergänzte, schon jetzt würden keine Effizienzreserven gehoben, „sondern die Politik spart die Vor-Ort-Apotheke zu Tode“. Dabei böten die Vor-Ort-Apotheken eine hocheffiziente und maximal kostengünstige Arzneimittelversorgung. „Wer hier weiter spart, spart nicht nur am falschen Ende, sondern gefährdet Menschenleben“, folgerte Christiansen und erklärte weiter, der Streik habe gezeigt, „dass wir nicht kampflos aufgeben werden“.
Rezeptur wichtig für gesellschaftliche Wahrnehmung
Die Kammerversammlung beschloss den Haushalt für 2023, unveränderte pauschale Beiträge und eine Fortsetzung der pandemiebedingt ausgesetzten Testkäufe zur Beratungsqualität, im Jahr 2023 zunächst mit reduziertem Umfang. Außerdem diskutierte die Kammerversammlung über die Qualitätssicherung für die Rezeptur. Aus Ringversuchen mit Pharmazeuten im Praktikum berichtete Scherließ insbesondere, dass teilweise ungeeignete Dosierhilfen für orale Suspensionen mitgegeben worden seien. Dr. Peter Froese betonte das enorme politische Potenzial der Rezeptur vor dem Hintergrund von Lieferengpässen. Es könnte beispielsweise sein, dass plötzlich in großen Mengen Fiebersäfte hergestellt und mit geeigneten Dosierhilfen abgegeben werden müssten. Dies sei eine wichtige Aufgabe, bei der die apothekerliche Kompetenz gesellschaftlich anerkannt werde. |
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