Goodbye Tampon

Viel Spielraum existiert in Apotheken auf den ersten Blick nicht, wenn es um nachhaltigere Alternativen zu den ­üblichen vertriebenen Produkten wie Arzneimittel geht. Die Anforderungen an Arzneimittel sowie ihre Packmittel sind aus pharmazeutischen Gründen strikt festgelegt [1]. Sie gelten für alle Hersteller gleichermaßen, sodass hier kein Handlungsraum für mehr Nachhaltigkeit besteht. In Bezug auf die angebotene Produktpalette an Nicht-Arzneimitteln kann das Apotheken-Team hingegen kreativ werden. In § 1a Absatz 10 Apothekenbetriebsordnung werden apothekenübliche Waren definiert, die in Apotheken verkauft werden können. Genannt werden unter anderem Mittel zur Körperpflege sowie Mittel und Gegenstände, die der Gesundheit unmittelbar dienen bzw. diese fördern [2]. Natürlich stellen Angebot und Verkauf solcher Waren nicht die Kernkompetenz der Apotheken dar, es handelt sich vielmehr um ein ergänzendes Serviceangebot. Da die Auswahl der Produkte in der Hand der Apotheke liegt, kann diese spezifisch auf die Bedürfnisse ihrer Kundschaft reagieren. Das Thema Menstruation ist immer noch stigmatisiert und tabubehaftet. Dabei sind rund 50% der Bevölkerung direkt davon betroffen. Und das über viele Jahre, in denen neben immensen Kosten für entsprechende Hygieneprodukte auch eine Menge Abfall anfällt [2]. In einer Online-Umfrage aus dem Jahr 2020 wurden 845 menstruierende deutsche Frauen befragt, ob sie sich den Wechsel auf wiederverwendbare Hygieneprodukte für ihre Periode vorstellen könnten. Rund 44% der Befragten im Alter zwischen 14 und 60 Jahren beantwortete dies mit „ja“. Wiederum etwa die Hälfte dieser Frauen (52%) wusste jedoch nicht, welches Produkt für sie infrage kommen würde [4]. Ihnen könnte womöglich eine gute und vertrauensvolle Beratung weiterhelfen. Apotheken können um ein entsprechendes Produktsortiment und Anschauungsmaterialien ergänzt werden.

Die derzeit beliebteste und potenziell kostengünstigste Alternative zu klassischen Einwegprodukten ist die Menstruationstasse (s. Abb. 1). Bei dieser handelt es sich um einen meist aus flexiblem medizinischem Silikon gefertigten Behälter, der vaginal eingeführt wird [5, 6]. Es gibt verschiedene Falttechniken, die das Einführen und den korrekten Sitz sicherstellen sollen. Das weiche Silikon kann z. B. mit einer Hand so zusammengedrückt werden, dass eine C-Form entsteht, die sich im Körper entfaltet. Die Tasse wird aufgrund eines leichten Unterdrucks im Vaginalgang gehalten und kann über Stunden das Menstruationsblut auffangen. Je nach Hersteller wird eine Tragezeit von sechs bis zwölf Stunden empfohlen bevor die Tasse geleert und mit Leitungswasser gesäubert werden muss [6]. Einige Modelle besitzen zur leichteren Entnahme einen Griff an der Unterseite, worauf andere Modelle zugunsten eines vermeintlich besseren Tragekomforts verzichten. Im Anschluss an die etwa einwöchige Tragezeit bzw. vor der nächsten Monatsblutung sollten Menstruationstassen gründlich, jedoch materialverträglich, desinfiziert werden. Häufig wird hierzu das Auskochen in heißem Wasser empfohlen [6]. Sicherheitshalber sollten immer die Empfehlungen des jeweiligen Herstellers befolgt werden. Bei korrekter Handhabung können Menstruationstassen über viele Jahre genutzt werden [5, 6]. Einige Firmen bieten ergänzende Reinigungsmittel und weiteres Zubehör an, der Vertrieb erfolgt jedoch teilweise nur über den eigenen Onlineshop. In Tabelle 1 sind exemplarisch einige Produkte aufgeführt, die über die Apotheken-Software bestellt werden können.

Eine weitere Möglichkeit, während der Monatsblutung auf Wegwerfprodukte zu verzichten, ist die Nutzung wasch­barer Periodenunterwäsche. Diese sieht aus wie ein gewöhnlicher Slip, wird ­genauso getragen und kann nach dem Waschen wiederverwendet werden. Im Unterschied zur herkömmlichen Unterwäsche bestehen Periodenslips jedoch aus besonders saugfähigem, mehrschichtigem Material, welches das Menstruationsblut sicher auffangen soll [5]. Die meisten Produkte können in der Wasch­maschine gereinigt werden, manche Hersteller empfehlen jedoch vorab das manuelle Auswaschen in kaltem Wasser. Um die Wiederverwendung über Jahre sicherzustellen, sollten die Reinigungsanweisungen des jeweiligen Herstellers unbedingt befolgt werden [8]. Mittlerweile gibt es die unterschiedlichsten Modelle mit ebenso verschiedenen Angaben zur z. B. Saugleistung. Die Firma The Female Company gibt für ihre Produkte beispielsweise an, dass diese so saugfähig wie sechs Tampons seien [7]. Neben kompletten Slips finden sich auch waschbare Slipeinlagen und Binden auf dem Markt (s. Abb. 2). Sie eignen sich bei korrekter Verwendung ebenfalls für eine mehrjährige Wiederverwendbarkeit [9]. Die Befestigung im Slip erfolgt durch einen integrierten Druckknopf an den umgeschlagenen Flügeln der Slipeinlage, was den bedarfsweisen Wechsel sehr einfach gestaltet. Ihre Anwendung ist also vergleichbar mit der von entsprechenden Einweg­artikeln. Lediglich mit dem Unterschied, dass sie im Anschluss ähnlich wie Periodenslips gewaschen und wiederverwendet werden [6].

Waschbare Periodenunterwäsche und Binden sind derzeit noch hauptsächlich in den Onlineshops der Hersteller ­erhältlich. In Tabelle 2 sind einige Produkte aufgeführt, die über die Apothekensoftware bestellt werden können.

Ein weniger verbreitetes Alternativ­produkt sind Menstruationsschwämme (s. Abb. 3). Bei diesen handelt es sich häufig um Naturschwämme (nicht vegan), die zum Auffangen des Blutes wie Tampons eingeführt werden. Nach ihrer Nutzung werden sie ausgewaschen und können mehrfach wiederverwendet werden. Die Reinigung vor der nächsten Nutzung erfolgt zum Beispiel in einer Lösung aus Haushalts­essig in Wasser oder einer hochverdünnten Wasserstoffperoxidlösung [10].

Das Thema Nachhaltigkeit zieht zunehmend in unsere Apotheken ein. Es kann aktiv mitgestaltet und in einen sinnvollen Kontext mit den üblichen Angeboten und Dienstleistungen gesetzt werden. So könnte beispielsweise eine Beratung zu Analgetika bei Periodenschmerzen auch durch Informationen über wiederverwendbare Hygieneprodukte ergänzt werden. Hiermit leisten Apotheken nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz, sondern erweitern ihr Serviceangebot und helfen langfristig eventuell auch dabei, die Menstruation zu entstigmatisieren. |