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Früherkennung
Ist das Krebs?
Der Pap-Test und seine Bedeutung im Kampf gegen Gebärmutterhalskrebs
Zervixkarzinome umfassen bösartige Gewebeveränderungen im Bereich des Gebärmutterhalses, also der Verbindung zwischen dem oberen Teil der Gebärmutter und der Scheide, meist im Bereich des Muttermundes. Gebärmutterhalskrebs ist weltweit die dritthäufigste Krebserkrankung der Frau [1]. Nach Daten des Robert Koch-Institutes (RKI) erkranken in Deutschland jährlich ca. 6500 Frauen, von denen fast 1700 daran versterben [2]. Es handelt sich dabei nicht um eine Krebserkrankung des Alters. Frauen zwischen 40 und 59 Jahren sind besonders betroffen. Vorstufen und Frühformen von Gebärmutterhalskrebs werden häufig bereits ab einem Alter von 20 Jahren festgestellt. In Deutschland setzt das Früherkennungsprogramm bereits zu diesem Zeitpunkt an. Der Erfolg gibt ihm Recht: Die Zahl der Neuerkrankungen ist in den vergangenen Jahren gesunken. Ein weiterer Grund für die positive Entwicklung ist die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV), die von der STIKO für Mädchen und Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren empfohlen wird (s. Kasten „Zum Weiterlesen: Die HPV-Impfung“).
Zum Weiterlesen
Die HPV-Impfung
Humane Papillomviren (HPV) gelten als Hauptursache für Gebärmutterhalskrebs. Mit der Impfung steht jedoch eine wirksame Waffe in der Prävention zur Verfügung. Derzeit sind in Deutschland als HPV-Impfstoffe z. B. Cervarix® und Gardasil® 9 auf dem Markt. Im Fokus stehen insbesondere die Hochrisikotypen HPV-16 und HPV-18, die zusammen für etwa 70% der Fälle von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich sind. Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen humane Papillomviren für Mädchen und Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren. Mehr zu aktuellen Erkenntnissen über deren Wirksamkeit lesen Sie im Artikel: Wegener M. Wenn es nicht bei Feigwarzen bleibt. DAZ 2022, Nr. 5, S. 30.
HP-Viren als Übeltäter
Humane Papillomviren (HPV) sind für etwa 90% aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich. Heute werden mehr als 200 unterschiedliche Genotypen unterschieden, wobei etwa 40 davon den Genitalbereich infizieren können. Einige von ihnen, etwa Typ 16 und 18, wurden aufgrund ihrer Kanzerogenität als Hochrisiko-Typen identifiziert. HPV-Typen mit Niedrigrisiko verursachen zum Beispiel gutartige Kondylome der Zervix und Genitalwarzen.
HPV-Infektionen gehören weltweit zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen. Das Ansteckungsrisiko ist bis zum Alter von etwa 30 Jahren am größten. Für eine Weitergabe reichen bereits kleine Mengen virushaltiger Körperflüssigkeiten oder winzige Hautschüppchen, wenn sie auf verletzte Haut oder auf Schleimhäute gelangen. Die Infektion verläuft in der Regel unbemerkt und heilt innerhalb von zwei Jahren von selbst aus. Nur selten führt eine chronische Infektion Jahre später zu einer Krebserkrankung. Das dauert im Durchschnitt zehn bis 15 Jahre – Zeit genug, um Vorstufen und frühe Formen rechtzeitig zu erkennen und mit entsprechend guten Heilungsaussichten zu behandeln, weshalb Vorsorgeuntersuchungen in dieser Indikation eine unverzichtbare Rolle spielen.
Welche Vorsorge für wen?
Seit dem 1. Januar 2020 wird die Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs in Deutschland als ein organisiertes Screening angeboten [2]. Die Krankenkassen informieren die gesetzlich versicherten Frauen im Alter von 20 bis 65 Jahren alle fünf Jahre per Brief über das Programm. Bis zu einem Alter von 34 Jahren haben Frauen einmal jährlich den Anspruch auf einen zytologischen Abstrich, den sogenannten Pap-Abstrich, und eine klinische Untersuchung. Bei auffälligem Pap-Befund kommt ein HPV-Test dazu. Ab 35 Jahren wird der Pap-Test nur noch alle drei Jahre von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Dafür besteht zusätzlich der Anspruch auf einen HPV-Test. Dieser Strategiewechsel hat einen gut belegten Hintergrund: Die Aussagekraft des Pap-Abstrichs ist abhängig vom Alter der Frau. Bei älteren Frauen sind HPV-Infektionen insgesamt seltener, und ein positiver HPV-Test weist zuverlässiger ein erhöhtes Risiko für Zellveränderungen am Gebärmutterhals nach. Das Co-Testing bietet ab 35 Jahren damit mehr Sicherheit als ein Pap-Abstrich allein. Die Streckung des Untersuchungsintervalls von einem auf drei Jahre ist Studien zufolge sicher. Frauen ab 35, die weiterhin jährlich einen Pap-Abstrich zur Früherkennung möchten, müssen diesen außerhalb des Turnus als Individuelle Gesundheits-Leistung (IGeL) selbst zahlen, außer es liegen auffällige klinische Befunde vor. Frauen ohne Gebärmutterhals steht im Rahmen des Programms weder eine Abstrichentnahme noch ein HPV-Test zu. Pap- und HPV-Test kommen darüber hinaus auch im Rahmen der Empfängnisregelung und als kurative Untersuchung zum Einsatz.
Pap-Test mit langer Geschichte
Der Pap-Test verdankt seinen Namen seinem Erfinder, dem griechischen Arzt George Papanicolaou, der den Test bereits 1928 entwickelte. Untersucht werden die Zellen des äußeren Muttermunds, bestehend aus mehrschichtigem, unverhorntem Plattenepithel (s. Abb. 1). Der Abstrich wird mit einem speziell dafür entwickelten Spatel vorgenommen, auf einen Objektträger überführt und mit 96%igem Alkohol fixiert. In einem Labor werden die Zellen nach dem Verfahren von Papanicolaou gefärbt und ihre Morphologie unter dem Mikroskop beurteilt. Bei der Färbung kommen drei Reagenzien zum Einsatz, die in aufeinanderfolgenden Schritten mit zwischenzeitiger Spülung mit Ethanol aufgebracht werden: Hämatoxylin nach Harris, Orange G und Polychromlösung [4]. Glykogen und Keratin weisen dabei eine unterschiedliche Färbecharakteristik auf, die Rückschlüsse auf den Reifegrad der Zellen zulässt und sich zum Nachweis zytopathologischer Veränderungen wie Dysplasien (zervikale intraepitheliale Neoplasie) eignet. Der Arztpraxis liegen die Ergebnisse meist innerhalb einer Woche vor.
Der konventionelle Pap-Test besticht durch eine hohe Spezifität. Limitationen betreffen unter anderem die niedrige Sensitivität für den Nachweis einer präkanzerösen Läsion und die hohe Variabilität der Ergebnisse zwischen einzelnen Laboren [5].
Die Münchener Nomenklatur
Die Pap-Befunde werden in fünf Gruppen unterschieden: Pap I bis Pap V (s. Tab.). Zusätzliche Buchstaben zeigen an, wie ausgeprägt die Veränderungen sind (z. B. Pap IIID) und von welchem Gewebe sie ausgehen [6]. Ein kleines „p“ steht für Plattenepithelveränderungen, ein „g“ für glanduläre Veränderungen (also Drüsenzellen mit Anomalien) und ein „e“ für „Endometrium vorhanden“ (aus dem Inneren der Gebärmutter). Ein „x“ steht für „unklare Herkunft“, ein „a“ für Auffälligkeiten in der Anamnese. Ebenso berücksichtigt wird, wie alt eine Frau ist. Das Ergebnis Pap 0 bedeutet, dass der Abstrich im Labor nicht beurteilbar war, meist aus technischen Gründen.
Befund | Was bedeutet der Befund? | Handlungsempfehlungen |
---|---|---|
Pap 0 | unzureichendes Material, Abstrich kann nicht beurteilt werden | Abstrich innerhalb von drei Monaten wiederholen |
Pap I | unauffälliger Befund | Kontrolle im normalen Vorsorgeintervall, Ausnahme: Frauen über 35 Jahre mit positivem HPV-Test |
Pap II | bedingt auffälliger Befund, keine Krebsvorstufen gefunden | weiteres Vorgehen abhängig von Alter, Grad der Zellveränderung und Ergebnis des HPV-Tests, Empfehlung weiterer Kontrollen im Abstand von sechs bis zwölf Monaten |
Pap IIa | unauffälliger Befund, auffällige Befunde in der Anamnese | gegebenenfalls Wiederholung des Tests |
Pap III | unklarer Befund | Wiederholung des Tests, gegebenenfalls Kolposkopie innerhalb von drei Monaten |
Pap IIID1 | eindeutig veränderte Zellen mit geringem Risiko, sich zu Krebszellen zu entwickeln | Watchful Waiting, weitere Tests im Abstand von sechs bis zwölf Monaten, gegebenenfalls Kolposkopie innerhalb von drei Monaten |
Pap IIID2 | stärkere Zellveränderungen, Chance auf Spontanremission sinkt | Watchful Waiting, Kolposkopie innerhalb von drei Monaten empfohlen |
Pap IVa | stark veränderte Zellen, unmittelbarer Verdacht auf eine Krebsvorstufe oder Krebs im Frühstadium | sofortige Kolposkopie, gegebenenfalls Biopsie |
Pap IVb | große Wahrscheinlichkeit für Krebs, Krebszellen können sich eventuell schon ausgebreitet haben | sofortige Kolposkopie und Biopsie |
Pap V | Krebszellen eindeutig nachgewiesen, möglicherweise nicht mehr auf die oberflächliche Schleimhaut des Gebärmutterhalses begrenzt | sofortige Kolposkopie und Biopsie |
Pap I und II: (Fast) nichts zu tun
Pap I stellt einen unauffälligen bzw. unverdächtigen Befund dar. Bei Pap II sind einzelne, leicht auffällige, aber keine stark veränderten Zellen unter dem Mikroskop beobachtet worden. Es besteht kein Verdacht auf Krebs oder eine andere schwerwiegende Gewebeveränderung. Pap II gilt noch als „Normalbefund“. Laut S3-Leitlinie „Prävention des Zervixkarzinoms“ wird bei Pap IIp ein HPV-Test empfohlen [1]. Sind die Zellveränderungen etwas ausgeprägter, kann dies auf eine Entzündung an Muttermund und Gebärmutterhals hindeuten. Eventuell wird eine Therapie eingeleitet, beispielsweise mit Antibiotika oder Antimykotika. Bei Frauen in und nach der Menopause kann der Pap-Abstrich auch auf einen Hormonmangel hinweisen, der gegebenenfalls behandelt werden muss.
Pap III: Genauer hinschauen
Bei Pap III muss der Abstrich wiederholt werden. Das Ergebnis ist unklar. Es liegen veränderte Zellen vor, die nicht eindeutig als gutartig oder bösartig eingestuft werden können. Möglich wäre auch, dass nur das Probenmaterial ungewöhnlich schlecht erhalten ist. Liegen eindeutige Dysplasien vor, ist der Befund um den Buchstaben D ergänzt. Doch selbst das Ergebnis Pap IIID erfordert noch keine Eile. Es lässt lediglich die Interpretation zu, dass sich aus den Dysplasien Krebszellen entwickeln könnten. Es besteht noch die Chance, dass sich die Zellveränderungen von allein zurückbilden (Spontanremission). Erst wenn solche Dysplasien nicht ausheilen, müssen sie entfernt werden. Pap IIID wird nochmals untergliedert in Pap IIID1 und Pap IIID2, abhängig von der Schwere der Veränderungen.
Lautet das Ergebnis des Abstrichs Pap III oder Pap IIID, werden Kontrollen in drei- bis sechsmonatigen Abständen empfohlen (Watchful Waiting). Dazu gehören zum Beispiel umfangreichere gynäkologische Untersuchungen als bei der normalen Früherkennung und die Testung auf HP-Viren. Zeichnet es sich nicht ab, dass die Zellveränderungen von alleine ausheilen, wird eine Gewebeprobe entnommen, entweder via Kolposkopie oder einer kleinen Biopsie (siehe „Der nächste Schritt: Kolposkopie und Biopsie“).
Pap IV: Verdacht auf Krebs
Bei Pap IV wurden hochgradig veränderte Zellen, also (teils schwere) Dysplasien gefunden. Der Befund wird weiter unterteilt: Pap IVa bedeutet, dass der Verdacht auf eine schwere Gewebeveränderung oder auf Krebs im Frühstadium (In-situ-Karzinom) im Raum steht. Beim Befund Pap IVb kann es sein, dass sich die Krebszellen eventuell schon ausgebreitet haben. Es bedarf einer erneuten Abstrichuntersuchung und einer Kolposkopie sowie einer histologischen Abklärung.
Pap V: Krebs wahrscheinlich
Der Befund Pap V ist relativ eindeutig: Veränderte Zellen deuten auf ein invasives Zervixkarzinom oder einen anderen invasiven Tumor hin. Die histologische Untersuchung von Gewebeproben gibt nur noch Aufschluss darüber, wie weit die Tumorzellen schon tiefere Gewebezellen erreicht haben.
Der nächste Schritt: Kolposkopie und Biopsie
Der Pap-Abstrich lässt nur eine Beurteilung darüber zu, ob und wie stark Zellen krankhaft verändert sind. Das Probenmaterial sind vergleichsweise oberflächliche Zellen vom Muttermund und dem oberen Teil des Gebärmutterhalses. Möchte man erfahren, wie weit und tief sich die Veränderungen bereits ausgebreitet haben (eventuell auch über den Gebärmutterhals hinaus), muss eine Biopsie durchgeführt werden.
Ab einem Befund von Pap IIID2 folgt in der Regel zunächst eine erweiterte gynäkologische Untersuchung: die sogenannte Kolposkopie oder Scheidenspiegelung. Dabei wird die Schleimhaut mit einer Art Lupe mit einer Lichtquelle untersucht. Das Gerät selbst muss nicht in die Scheide eingeführt werden. Kranke Zellen können mit Flüssigkeiten sichtbar gemacht werden, beispielsweise durch Betupfen mit verdünnter Essig- oder Jod-Lösung.
Bei einer Biopsie werden mit einer kleinen Zange Gewebeproben aus den verdächtigen Bereichen entnommen. Der Gebärmutterhals ist recht unempfindlich, was die Untersuchung wenig schmerzhaft macht. Die Beurteilung des Materials wird in einem dafür spezialisierten Labor unter dem Mikroskop vorgenommen. Bis der Befund vorliegt, können einige Tage vergehen.
Sind die Ergebnisse unklar oder besonders schwierig zu beurteilen, kann die Patientin auch an eine sogenannte Dysplasie-Sprechstunde überwiesen werden, die von den Frauenkliniken der Universitäten und anderen größeren Frauenkliniken angeboten wird (www.dysplasieportal.de, www.oncomap.de).
Was heißt CIN?
Die Befunde der Gewebeuntersuchung werden danach eingeteilt, ob eine Veränderung vorliegt und ob sie auf die Schleimhaut begrenzt war oder bereits auf tiefere Gewebeschichten übergegriffen hat. Möglicherweise wird die Diagnose einer „CIN“ gestellt. CIN steht für zervikale intraepitheliale Neoplasien (cervical intraepithelial neoplasia), das heißt, auf die Schleimhaut begrenzte Zellveränderungen am Gebärmutterhals.
CIN 1 bezeichnet frühe, aber kontrollbedürftige Befunde [6]. Es handelt sich um Präkanzerosen, die sich nicht zwangsläufig zu einem bösartigen Tumor entwickeln müssen. Es werden Kontrollen im Abstand von etwa sechs Monaten empfohlen. Sind die Veränderungen nach zwei bis vier Untersuchungen noch immer nachzuweisen, sinkt die Wahrscheinlichkeit für eine Rückbildung, insbesondere wenn eine HPV-Infektion vorliegt. Im Fall von CIN 2 sind spontane Heilungen seltener, aber immerhin noch möglich. Das Risiko für ein invasives Zervixkarzinom steigt mit zunehmendem Alter. Hochgradige CIN-Veränderungen haben eine Chance von 1 : 3, sich in Gebärmutterhalskrebs zu entwickeln, aber viele CIN-Läsionen entwickeln sich von selbst zurück und bleiben harmlos [7]. CIN 3 bedeutet, dass bereits fortgeschrittene Krebsvorstufen gefunden wurden, die entfernt werden sollten.
Letzte Möglichkeit: Gewebe entfernen
Sollen Krebszellen oder Krebsvorstufen entfernt werden, geschieht dies meist im Rahmen einer Konisation: Mittels Laser, Skalpell oder einer elektrischen Schlinge wird der erkrankte Bereich kegelförmig aus dem Gebärmutterhals ausgeschnitten [6]. Bei Frauen, die ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen haben, wird möglichst wenig Gewebe entnommen. Der Eingriff kann ambulant oder im Ausnahmefall stationär durchgeführt werden und erfolgt von der Scheide her. Er ist nicht zu verwechseln mit der Entfernung des kompletten Gebärmutterhalses oder gar der Entfernung der gesamten Gebärmutter (Hysterektomie).
Was bedeuten auffällige Pap-Befunde für den Kinderwunsch?
Zellveränderungen, die von selbst ausheilen, haben keine bekannten Auswirkungen auf spätere Schwangerschaften [6]. Selbst eine Konisation steht einem Kinderwunsch nicht im Weg. Allerdings steigt bei wiederholten Eingriffen am Gebärmutterhals das Risiko einer Frühgeburt.
Bei etwa fünf von 100 Frauen werden während einer Schwangerschaft verdächtige Zellveränderungen gefunden. Der Pap-Abstrich ist in dieser Zeit jedoch schwierig zu beurteilen, da der veränderte Hormonspiegel auch Auswirkung auf die Beschaffenheit des Gewebes an und in der Zervix hat. Die Chancen stehen gut, dass sich etwaige Dysplasien nach der Geburt wieder zurückbilden. Es muss im Einzelfall entschieden werden, wie es weitergeht, in der Regel im Rahmen einer Dysplasie-Sprechstunde. Eine Kolposkopie ist während der Gravidität ebenso möglich wie eine Biopsie. Doch selbst bei fortgeschrittenem CIN-Befund wird in der Regel versucht, die Geburt abzuwarten, bevor das betroffene Gewebe operativ entfernt wird.
Abwarten …
Die Nachricht von einem auffälligen Pap-Befund kann Betroffene sehr verunsichern. Das diagnostisch indizierte Warten auf die nächste Kontrolluntersuchung kann lang werden, und viele Frauen wünschen sich, in dieser Zeit aktiv werden zu können, um die Situation zu verbessern oder wenigstens nicht zu verschlechtern.
Die Fachwelt diskutiert darüber, welche Auswirkung weitere Infektionen oder Reizungen auf die Wahrscheinlich der spontanen Ausheilungen von Zellveränderungen haben. Studien haben gezeigt, dass sich CIN1- oder CIN2-Befunde bei Frauen, deren Männer regelmäßig über zwei Jahre Kondome verwendeten, häufiger spontan zurückbildeten als bei Frauen mit CIN ohne Kondomschutz [8, 9]. Eine Übersichtsarbeit zum Nutzen von Kondomen gegen HPV-Infektionen und bei bereits bestehenden Veränderungen am Gebärmutterhals zeigte bei konsequentem Einsatz eine höhere Wahrscheinlichkeit der Rückbildung einer bereits bestehenden Gewebeveränderung am Gebärmutterhals, ohne dass chirurgische Maßnahmen notwendig werden [10]. Ein weiterer positiver Effekt: Durch die Nutzung von Kondomen kann das Risiko für eine HPV-Infektion gesenkt werden, und es besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Ausheilen einer bereits bestehenden HPV-Infektion. Einen hundertprozentigen Schutz bieten Kondome allerdings nicht, da es sich bei der HPV-Infektion nicht um eine klassische Geschlechtskrankheit handelt, sondern um eine Kontaktinfektion.
Den Autoren der S3-Leitlinie reichen die bisher verfügbaren Daten nicht aus, um Kondome generell zur Prävention weiterer Dysplasien zu empfehlen [1]. Die Benutzung von Kondomen darf auf keinen Fall dazu führen, gynäkologische Vorsorgemaßnahmen auszulassen. Zudem sollten Frauen ein paar Faktoren berücksichtigen, wenn eine Vorsorgeuntersuchung mit Pap-Test bevorsteht (siehe Kasten „Diese Faktoren können den Pap-Test beeinflussen“).
Diese Faktoren können den Pap-Test beeinflussen
- Der Pap-Abstrich sollte nicht während der Menstruation gemacht werden, da Blut und Schleimhautreste eine Beurteilung erschweren.
- Mindestens 24 Stunden vor dem Pap-Abstrich sollten keine Spermizide (chemische Verhütungsmittel) oder Gleitmittel verwendet werden, weil diese den Test verfälschen können.
- Infektionen, Schwangerschaft und Stillzeit, starke seelische Belastungen und Stress können sich ungünstig auf die Gebärmutterhalszellen bzw. auf die Aussagekraft des Pap-Abstriches auswirken.
(nach Informationen des Frauengesundheitszentrums Kärnten [16])
… und das Risiko senken?
Seit Februar 2020 steht in Deutschland eine Option zur Verfügung, mit der die Wartezeit beim Watchful Waiting überbrückt werden soll: das verschreibungspflichtige Medizinprodukt DeflaGyn®. Das Vaginalgel soll zur Förderung der Remission und Regression bei unklaren Zervixabstrichen (Pap II-P, Pap III-p, Pap IIID1, Pap IIID2 oder Pap III, Pap IIID) und zur Behandlung HPV-induzierter zervikaler Läsionen, p16/Ki-67-positiver zervikaler Läsionen oder zervikaler Erosionen eingesetzt werden [11]. Inhaltsstoffe sind neben hochdispersem Siliciumdioxid Zitronensäure und Natriumselenit. Diese Kombination soll Krankheitserreger binden, deren Ausbreitung hemmen und den antioxidativen Schutz fördern. Im Set sind zwei wiederverwendbare Applikatoren enthalten. Empfohlen wird eine einmal tägliche Anwendung von 5 ml Vaginalgel, bevorzugt am Abend vor dem Schlafengehen, über einen Zeitraum von drei Monaten. Die gleichzeitige Anwendung von Produkten, die in der Vagina verbleiben (zum Beispiel Vaginalringe), kann die Wirksamkeit dieser Produkte einschränken.
Wie kann DeflaGyn® eingeordnet werden?
Die Deutsche Apotheker Zeitung bat die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) um eine Einschätzung, inwieweit Frauen mit zytologisch auffälligen Befunden oder einem positiven HPV-Test der Einsatz von DeflaGyn® empfohlen werden kann. Hintergrund ist die Tatsache, dass es bei Frauen mit niedriggradigen zytologischen Befunden und/oder einem positiven HPV-Test bislang keine therapeutischen Möglichkeiten gab.
Zur Darstellung ihres Präparates sowie zum Einsatz des Gels informiert die Firma Exeltis Germany GmbH auf mehreren Seiten im Internet. Zusammenfassend wird den Frauen empfohlen, bei Untersuchungsbefunden der Gruppen Pap III und Pap IIID im Intervall bis zur nächsten gynäkologischen Untersuchung DeflaGyn® anzuwenden. Es wird zwar darauf verwiesen, dass sich die Veränderungen am Gebärmutterhals von selbst wieder zurückentwickeln können, allerdings stehe jetzt mit dem Vaginalgel erstmals ein Produkt zur Verfügung, welches diesen Prozess der Rückbildung unterstützt. Darüber hinaus verweist der Hersteller darauf, dass im Rahmen eines neuen Screeningprogramms (oKFE-RL) auch Frauen mit einem positiven HPV-Test oftmals erheblich verunsichert sind. Auch hier bestünde die Möglichkeit, mit dem Medizinprodukt die Eradizierung des HPV-Befundes zu unterstützen. Um die Regression und Remissionsraten zu belegen, wurden der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe fünf Publikationen zur Verfügung gestellt. Diese Publikationen beziehen sich auf zwei unterschiedliche Patientinnengruppen, wobei ein Teil der Patientinnen in Österreich, ein anderer Teil in der Schweiz und der Tschechischen Republik rekrutiert wurde. Kritisch merkt die DGGG an, dass zwei der Arbeiten aus der Feder von Mitarbeitern der Firma Exeltis stammen. Eine Originalarbeit sowie ein Review sind unter dem Mentoring eines Wissenschaftlers publiziert, der der DGGG bislang eher aus der Endokrinologie bekannt war. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe betont, dass es natürlich ein großer Schritt nach vorne wäre, wenn es gelänge, auf diesem relativ einfachen Wege das humane Papillomavirus an der Zervix zu eradizieren. Die vorliegenden Arbeiten geben einen Hinweis darauf, dass das Vaginalgel zu Regressionen und Remission führen kann. Allerdings sei das Studiendesign nicht dazu geeignet, dass man auch von einem Beleg sprechen könnte, so die DGGG. Es sei interessant, dieser Innovation gezielt nachzugehen. Hierzu bedarf es jedoch einer weiteren Studie mit adäquatem Studiendesign, welches auch kolposkopische und bioptische Untersuchungsmethoden miteinbeziehen muss. Hierdurch würden die bislang vorliegenden Ergebnisse dann auch wirklich belastbar, so die DGGG. „Dies gebietet sich sowohl aufgrund der Verantwortung, welche wir übernehmen, wenn wir den Frauen das Produkt empfehlen, andererseits besteht natürlich auch ein großes wissenschaftliches Interesse an der Klärung der Zusammenhänge.“
Die Exeltis Germany GmbH wirbt damit, dass DeflaGyn® Testergebnisse von Hochrisiko-Typen des humanen Papillomvirus (hr-HPV) deutlich verbessern kann, und führt mehrere Studien als Beweis ins Feld. In einer rückblickenden Kohortenstudie von Mueller et al. [12] wendeten 100 Frauen, bei denen auffällige Zervixabstriche diagnostiziert wurden, drei Monate lang das Vaginalgel an. Nach Ablauf des Behandlungszeitraums wurden sie mit 106 Frauen verglichen, die dieselben Einschlusskriterien erfüllten, aber keine Intervention durchliefen. Nach sechs Monaten hatten sich die zytologischen Pap-Befunde bei 81% der Teilnehmerinnen in der behandelten Gruppe verbessert. In 53% der Fälle wurde die Beseitigung von hr-HPV beobachtet. In der Vergleichsgruppe verbesserten sich 37% der Pap-Abstriche, aber es wurde keine Beseitigung von hr-HPV beobachtet.
In einer prospektiven, kontrollierten, offenen Studie von Major et al. wurden 216 Frauen im Alter von 25 bis 60 Jahren eingeschlossen [13]. Bei 78 von 108 Patientinnen (72%) der Interventionsgruppe wurde nach drei Monaten eine Rückbildung der CIN-Läsionen beobachtet im Vergleich zu 27 von 108 Patientinnen (25%) in der Kontrollgruppe. Die Prävalenz von hr-HPV ging in der Behandlungsgruppe signifikant zurück (von 87% auf 40%, p < 0,001), während sie in der Kontrollgruppe leicht anstieg (von 79% auf 83%). Die zytologische Regression war in der Behandlungsgruppe noch nach sechs Monaten nachweisbar. In der deutschen S3-Leitlinie „Prävention des Zervixkarzinoms“ wird das Vaginalgel nicht erwähnt [1]. Wir baten die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) um Einordnung der bisher verfügbaren Erkenntnisse und um ein Fazit für die Praxis, auch vor dem Hintergrund von Therapiekosten von etwa 100 Euro für drei Monate, die die Anwenderin selbst tragen muss. Die Einschätzung der DGGG lesen Sie im Kasten „Wie kann DeflaGyn® eingeordnet werden?“. |
Literatur
[1] Prävention des Zervixkarzinoms. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), Langversion 1.1, Stand: März 2020, AWMF-Registernummer 015/027OL
[2] Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Erreger und Impfung. Informationen des Robert Koch-Instituts, Stand: 22. Oktober 2020, www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/HPV/FAQ-Liste_HPV_Impfen.html
[3] Früherkennung Gebärmutterhalskrebs: Fragen zum Pap-Test. Informationen des Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Stand: 19. Mai 2020, www.krebsinformationsdienst.de/fachkreise/nachrichten/2020/fk12-zervixkarzinom-frueherkennung-abstrich-hpv-abrechnung.php
[4] Papanicolaou-Färbung. Doccheck-Flexikon, https://flexikon.doccheck.com/de/Papanicolaou-F%C3%A4rbung
[5] Vorsorge mit der Pap-Zytologie und dem HPV-Test. Informationen der Roche Deutschland Holding GmbH, www.roche.de/diagnostik-produkte/loesungen/zervixkarzinom/pap-zytologie-und-hpv-test/
[6] Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs. Informationen des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Stand: 6. März 2020, www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/gebaermutterhalskrebs/vorstufen.php
[7] Ein neuer Cochrane Review bewertet verschiedene HPV-Impfstoffe und Impfschemata bei Mädchen und Jungen. Cochrane Deutschland, Stand: 22. November 2019, www.cochrane.de/news/ein-neuer-cochrane-review-bewertet-verschiedene-hpv-impfstoffe-und-impfschemata-bei-m%C3%A4dchen-und
[8] Hogewoning CJ et al. Condom use promotes regression of cervical intraepithelial neoplasia and clearance of human papillomavirus: a randomized clinical trial. Int J Cancer 2003;107(5):811-816
[9] Vaccarella S et al. Prevalence and determinants of human papillomavirus infection in men attending vasectomy clinics in Mexico. Int J Cancer 2006;119(8):1934-1939
[10] Lam JU et al. Condom use in prevention of Human Papillomavirus infections and cervical neoplasia: systematic review of longitudinal studies. J Med Screen 2014;21(1):38-50, doi: 10.1177/0969141314522454, Epub 31. Januar 2014
[11] DeflaGyn® – innovativstes Produkt zur Behandlung zervikaler Dysplasien/Erosionen: jetzt auch für die Behandlung HPV-induzierter zervikaler Läsionen. Pressemitteilung der Firma Exeltis, Februar 2022
[12] Mueller A et al. Treatment with an intravaginal gel containing siliceous dioxide, selenite and citric acid to promote regression of ASC-US-, LSIL, ASC-H, HSIL, p16/Ki61 status, and improve clearance of hr-HPV in cervical specimens. International Journal of Medical Device and Adjuvant Treatments 2020;3:e270
[13] Major AL et al. Efficacy and safety of an adsorbent and anti‑oxidative vaginal gel on CIN1 and 2, on high‑risk HPV, and on p16/Ki‑67: a randomized controlled trial. Archives of Gynecology and Obstetrics 2021;303:501–511
[14] Gebärmutterhalskrebs-Vorsorge: Was bedeutet mein Test-Befund? Informationen der Roche Deutschland Holding GmbH, www.roche.de/en/patienten-betroffene/informationen-zu-krankheiten/gebaermutterhalskrebs/gebaermutterhalskrebs-vorsorge-auffaellige-test-befunde/
[15] Münchner Nomenklatur III für die gynäkologische Zytodiagnostik der Zervix ab 1. Juli 2014. Koordinations-Konferenz Zytologie (KoKoZyt), www.ag-cpc.de/wp-content/uploads/2018/07/131218-m-nomenklaturiii.pdf
[16] Häufige Fragen und Antworten rund um den PAP-Abstrich und Gebärmutterhalskrebs. Informationen des Frauengesundheitszentrums Kärnten, www.fgz-kaernten.at/wp-content/uploads/2018/01/haeufiggestelltefragenzumpaphomepage.pdf
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