Wirtschaft

So wird die Apotheke zum Local Hero

Wie man sich zu einer lokalen starken Marke entwickelt

Eine Stärke der Vor-Ort-Apotheke ist die Verankerung in der Region, im Stadtteil, Viertel oder Kiez bzw. im Ort oder der Dorfgemeinschaft. Es gilt grundsätzlich Stärken weiter zu stärken, so auch diese. Entwickeln Sie Ihre Apotheke zu einer starken lokalen Marke.

Auch wenn es vielen Menschen in Deutschland materiell gut geht – leben wir in „unruhigen Zeiten“. Zeitgleich schreitet die Digitalisierung voran. Sicherheit und Vertrauen sind daher emotionale Schlüsselreize, die hoch im Kurs stehen. Es sind menschliche Grundbedürfnisse, für die insbesondere auch die Apotheke vor Ort steht. Der lokale Bezug und das unmittelbare Umfeld wird tendenziell immer wichtiger. Und in jeder Apothekerin und in jedem Apotheker steckt somit ein „Local Hero“. Wir geben Ihnen fünf praktische Tipps für ein effektives Apothekenmarketing vor Ort.

1. Die „richtige“ Strategie

Michael Porter – Professor an der Harvard Business School – unterscheidet drei Wettbewerbsstrategien:

  • Kosten- und Preisführerschaft bzw. Discount-Strategie
  • Differenzierung bzw. Premium-Strategie sowie
  • Konzentration auf ein Markt­segment bzw. Nischen-Strategie

Vieles spricht dafür, dass die Apotheke – als Vertriebskanal – per se „premium“ ist. Das Apothekenteam verfügt über eine besondere Qualifikation, die Apotheke ist ein wichtiger Akteur im Gesundheitswesen und die Erwartungshaltung der Kundinnen und Kunden ist, eine kompetente Beratung zu erhalten. Discount passt nicht zur Apotheke. Jan Tittelbach – Inhaber der Agentur permanent. Wirtschaftsförderung aus Düsseldorf – sagt in diesem Zusammenhang: „Man kann nicht auf der einen Seite eine medizinisch-komplexe Dienstleistung anbieten und als qualitativer Teil der Versorgungslandschaft angesehen werden und gleichzeitig Discount-Niveau kommunizieren. Denn das Versprechen hinter dem Discount ist universell und erzeugt ja eine ­Erwartungshaltung. Kein Kunde erwartet zum Beispiel bei ALDI eine Verkäuferin, die eine pro­funde Ernährungsberatung gibt, nur weil ALDI Bananen verkauft. Im Gegenteil.“

Selbstverständlich ist eine Spezialisierung auf z. B. Phytopharmaka und Naturkosmetik möglich, letztendlich erwarten Patientinnen und Patienten aber, dass ihre Apotheke die Verfügbarkeit aller Arzneimittel gewährleistet. In Zeiten von massiven Lieferengpässen eine echte Herausforderung.

Vieles spricht demnach dafür, dass Differenzierung die strategische Ausrichtung schlechthin für die Apotheke vor Ort ist. Es geht also darum, Wettbewerbsvorteile entlang der Wertschöpfungskette im Vergleich zu den Versendern, den Drogeriemärkten und weiteren Einzelhändlern sowie auch gegenüber den anderen Vor-Ort-Apotheken im unmittelbaren Umfeld aufzubauen und permanent weiterzuentwickeln – selbstverständlich unter Berücksich­tigung einer wettbewerbsfähigen Kostenstruktur.

2. Auf den Standort kommt es an

„Eine Creme unter 20,– Euro brauche ich gar nicht erst in die Freiwahl zu stellen,“ sagte mir mal eine Kölner Apothekerin aus dem kaufkraftstarken Süden der Domstadt. Experten betonen, dass bei der strategischen Ausrichtung und der Preisgestaltung insbesondere auch der Standort der Apotheke miteinbezogen werden soll.

Apotheken wenden viel Zeit und Mühe auf, um sich im Wettbewerb zu differenzieren. Ein guter Ruf ist mit der Begeisterung von Stammkunden und mit der Gewinnung neuer Kunden verbunden. Dieser Ruf hängt u. a. davon ab, ob die Positionierung, das Leistungsspektrum, die Offizin und die Servicequalität der Apotheke mit dem Preisansatz übereinstimmen.

Ein Mangel an Konsistenz z. B. bei der Preisgestaltung kann das Wertversprechen, das eine Apotheke geschaffen hat, untergraben. Wenn eine Apotheke ihr Angebot und ihre Leistungen beworben hat, um eine anspruchsvolle Kundschaft anzusprechen, dann muss die Apotheke dies mit den Preisen in Einklang bringen, die der strategischen Ausrichtung entsprechen.

Ideale Preise für Ihren Standort ermittelt beispielsweise Solvena (www.solvena.de). Auf Basis von rund 7000 Panel-Apotheken des Datenspezialisten INSIGHT Health berechnen Data Science Spezia­listen die „richtigen“ Preise für preiselastische und weniger preiselastische rezeptfreie Produkte. Aber auch Softwarehäuser haben zum Teil entsprechende Angebote im Portfolio.

3. Gestalten Sie Ihre lokale Marke

Was für Coca-Cola, Porsche und Bayer gilt, gilt auch für Ihre Apotheke. Marken haben eine stärkere Wirkung als Gattungsprodukte. Insbesondere für die Apotheke, die mit einem hohen Ansehen als wesentlicher Teil der Gesundheitsversorgung punkten kann, ist die Gestaltung hin zu einer starken Marke in einem lokalen Markt ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Eine Marke ist man nicht, sondern die Apotheke wird zur Marke. Das gilt auch und gerade dann, wenn man sich in einem lokalen Umfeld bewegt und kein Global Player ist. Wichtig ist, dass Ihre Apotheke eine einzigartige Position in einem lokalen Umfeld entwickelt, die sie von der Vergleichbarkeit von Produkt, Dienstleistung und Preis absetzt.

  • Das kann die besondere Identi­fikation mit einer Stadt oder einem Stadtteil sein,
  • die Leidenschaft für einen lokalen Fußball-, Handball-, Basketball- oder Eishockey­verein,
  • die Kommunikation in der Sprache der Region oder
  • die kreative Zusammenarbeit mit weiteren Partnern vor Ort.

Im Kern geht es darum der Apotheke ein einzigartiges, verkaufsförderndes Profil zu geben.

Begeisterte Kundinnen und Kunden sind auch loyale Kunden!

4. Begeistern Sie Ihre Fans

Verbraucherinnen und Verbraucher sind wie Nomaden – sie ziehen von Schnäppchen zu Schnäppchen. Gerade während der Rezes­sion und einer gleichzeitig anhaltenden Inflation verschärft sich die Situation im Einzelhandel und auch für die Apotheke. Immer mehr Kundinnen und Kunden sind auf der Suche nach Sonderangeboten. Vereinzelt berichten Apothekerinnen und Apotheker bereits, dass relativ hochpreisige Schmerzgels der bekannten Marken durch günstigere Schmerzmittel substituiert werden – nach dem Motto: eine halbe Tablette Ibuprofen tut es ja auch. Vor diesem Hintergrund reicht es nicht mehr, nur zufriedene Kundinnen und Kunden zu haben. Vielmehr geht es darum, das Apothekenteam und die Kundinnen und Kunden Tag für Tag zu begeistern.

Was sind die kritischen Erfolgsfaktoren ihrer Apotheke? Oft ist weniger mehr. Es geht nicht darum, in jeder Hinsicht perfekt zu sein, sondern eher darum, den Schlüssel zum Erfolg Ihrer Apotheke zu erkennen. Sind es die attraktiven Öffnungszeiten? Die Empathie und Kompetenz des Teams? Eine helle und freundliche Atmosphäre? Diskutieren Sie diese und weitere Fragen mit Kolleginnen und Kollegen bzw. mit Ihrem Apothekenteam.

Marketingexperten gehen davon aus, dass nur begeisterte Kundinnen und Kunden auch loyale Kunden sind. Die Kundschaft wird zur Fanbase die mit ihrer Apotheke durch dick und dünn geht. Ein erster Schritt: Begeistern Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Begeisterung steckt an!

5. Nur in Apotheken: Eine fachkundige gesundheitsbezogene Beratung

Zum Aufbau einer lokalen Apothekenmarke zählt insbesondere auch die Beratung und der Transfer von Wissen über Produkte an die Kundinnen und Kunden. Dazu gleich ein weit verbreiteter Irrtum: Kunden hätten zu wenig Zeit für einen Apothekenbesuch. Tatsächlich nämlich nehmen sich 83% der Kunden gerne Zeit, um kompetent beraten zu werden.

Die Offizin ist der einzige Ort, an dem für Sichtwahl- und Freiwahlprodukte eine qualifizierte gesundheitsbezogene Beratung geleistet werden kann. Diesen Wettbewerbsvorteil sollten Apotheken – insbesondere im Freiwahlbereich – noch viel stärker ausspielen. Speziell ertragsstarke und beratungsintensive Produkte gilt es daher, noch exklusiver zu präsentieren. Planen Sie in diesem Zusammenhang auch Cross-Selling-Effekte, z. B. indem Sie Gesichtscremes in der Nähe von Körperpflege anbieten.

Eine weitere Idee: Studien zeigen immer wieder, dass Aktionstage von Kundinnen und Kunden gerne angenommen werden. Eine Voraussetzung ist allerdings, dass das Apothekenteam sich auf solche Tage vorbereitet. Einfach nur irgendwelche Probepackungen zu verteilen kann dilettantisch wirken und sogar einen negativen Effekt zur Folge haben. Wichtig ist, dass die Kunden einen exzellenten Service und eine qualifizierte Beratung erhalten.

Fazit

Die Apotheke als lokale Marke kann als die Summe aller Vorstellungen verstanden werden, die die Apotheke bei Kundinnen und Kunden – in einem lokalen Markt – hervorruft, um das Angebot der Apotheke von anderen Apotheken und weiteren Wettbewerbern zu unterscheiden.

Erwiesenermaßen haben lokale Marken:

  • einen höheren Umsatz pro Besuch,
  • eine höhere Kundenbindung,
  • eine höhere Frequenz und
  • weniger Personalsorgen.

Als Local Hero ist die Apotheke ein wichtiger Akteur vor Ort und ein wesentlicher Teil der Versorgungslandschaft. Es gilt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer wieder positiv zu überraschen und für die Apotheke eine Fan-Community zu entwickeln. Nutzen Sie dafür Instrumente, die ihnen offline (z. B. Aktionstage) und online (u. a. Social Media) zur Verfügung stehen. |

Frank Weißenfeldt, Senior Business Development Manager bei INSIGHT Health

Das könnte Sie auch interessieren

So gelingt Differenzierung

Premium-Apotheken

Bekannt werden, ohne zu übertreiben

Der Apotheken-Ökonom: Local Hero

Interview Markus Lewe (Oberbürgermeister Münster)

„Dass Apotheker zu viel verdienen, halte ich für eine Mär“

Ein persönliches Zwischenfazit zum Jahreswechsel

Pharmazeutische Dienstleistungen sind das „neue Normal“

Gemeinsam für die Zukunft der Apotheke vor Ort kämpfen!

Mit Protestaktionen den Zusammenhalt im Team fördern

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.