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Management
Streit- und Konfliktkultur fördern
Verbindliche Regeln im Konsens vereinbaren
Die nachhaltige Lösung von Streitigkeiten und Konflikten ist am ehesten möglich, wenn dies im Konsens aller Beteiligten geschieht. Darum lohnt es sich, als Apothekenleitung Zeit zu investieren, um in einer Mitarbeitersitzung das Vorgehen im Streitfall mit dem Team zu diskutieren, im Commitment Spielregeln festzulegen und sich auf deren Einhaltung zu verständigen. Letztendlich führt dies zu einer erheblichen Zeitersparnis, weil sich Konflikte nun rascher lösen lassen und das Apothekenteam nicht unnütz Energie dafür verpulvert, auf die Suche nach einem Schuldigen zu gehen, wodurch Mitarbeiter verprellt und demotiviert werden. Sondern es wird Energie frei für produktive Konfliktlösungen. Apothekenleitung und Team können sich wieder ihren eigentlichen Aufgaben widmen.
Zum Aufbau der Mitarbeitersitzung
Zielführend ist es, wenn die Apothekenleitung strukturiert vorgeht: Zunächst einmal werden in der Sitzung Konflikte und Streitfälle aus der Vergangenheit beschrieben, um zu analysieren, wie bisher damit umgegangen worden ist. Entscheidend ist, mit konkreten Beispielen zu arbeiten. Die Apothekenleitung betont, dass es nicht darum geht, Streitfälle aufzuwärmen, sondern möglichst sachlich die Art und Weise zu analysieren, wie man in der Vergangenheit agiert hat. Die Aufgabe besteht darin, die eher förderlichen und die eher kontraproduktiven Vorgehens- und Verhaltensweisen voneinander zu trennen. Im Idealfall entstehen eine Positivliste mit Spielregeln, die zu einvernehmlichen Konfliktlösungen führen, und eine Negativliste mit Vorgehens- und Verhaltensweisen, die Konflikte verstärken und eskalieren lassen.
Sowohl die förderlichen als auch die destruktiven Vorgehens- und Verhaltensweisen sollten von den Teammitgliedern selbst benannt und nicht vom Apothekenleiter vorgegeben werden. Denn wenn die Mitarbeiter jene förderlichen Prinzipien in Eigenverantwortung festlegen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sie im nächsten Streitfall auch tatsächlich anwenden. Bei Spielregeln, die ihnen vorgegeben oder gar aufgedrängt werden, ist das meistens nicht der Fall.
Mit Kreativitätstechniken arbeiten
Zu der Praxis, die Spielregeln zur konstruktiven Konfliktlösung mithilfe authentischer Beispiele aus dem Apothekenalltag festzulegen, gibt es Alternativen. Zu empfehlen ist der Einsatz der Was-wäre-wenn-Technik und der Umkehr-Technik. Bei der Was-wäre-wenn-Technik schildern die Teammitglieder die aus ihrer jeweiligen Sicht hilfreichen Vorgehensweisen bei der Klärung von Streitfällen. Das Team entscheidet, ob eine Vorgehensweise in die Positivliste aufgenommen wird. Ein Teammitglied äußert zum Beispiel, es sei ihr wichtig, dass bei einer Auseinandersetzung nie die Person angegriffen wird, sondern man sich auf das kritikwürdige Verhalten fokussiert. Die Runde diskutiert eine entsprechende Regel, etwa „Verhalten kritisieren und nie die Person attackieren“.
Die Umkehr-Technik führt oft zu kreativen Ideen, weil sich hierbei die Teilnehmer erst einmal bei der Frage austoben, was passieren muss, damit ein Streit so richtig heftig eskaliert. Die Fragestellung lautet nicht „Wie klären wir Streitigkeiten konstruktiv?“, sondern „Wie lassen wir es im Konfliktfall so richtig knallen?“. Es ist gerade diese provokante Formulierung, die die Kreativität anregt und die Teilnehmer „böse“ und zugleich innovative Ideen finden lässt: „Zuerst einen Schuldigen suchen, der verantwortlich gemacht werden kann“, „Den anderen nie ausreden lassen!“ oder „Nicht sachlich argumentieren, sondern die Person frontal angreifen“ sind nur einige Beispiele.
Die Umkehr-Technik bedeutet zudem, nun die „bösen“ Ideen auf ihren konstruktiven Gehalt abzuklopfen und sich Gegenmaßnahmen zu überlegen, etwa: „Nicht die Schuldsuche steht im Fokus, sondern die produktive Problemlösung, um die Ursachen für die Auseinandersetzung zu analysieren und zu bekämpfen.“
Beispiele für Spielregeln konstruktiver Streitkultur
Eine weitere Möglichkeit zur innovativen Ideenkreation bietet die Angenommen-Frage: „Angenommen, eine Kollegin kommt so gut wie jeden Tag zu spät zur Arbeit, sodass Sie ihre Aufgaben miterledigen müssen. Wie reagieren Sie?“ Das Plenum unterbreitet Vorschläge und benennt Reaktionsmöglichkeiten, die vom Team diskutiert werden, um die nützlichsten Ideen zu einer Regel auszubauen und wiederum in die Positivliste aufzunehmen.
Selbstverständlich lässt sich nicht verbindlich festlegen, zu welchen Ergebnissen ein Apothekenleiter und sein Team gelangen. Vermutlich werden die folgenden zentralen, weil bewährten Spielregeln produktiver Streitkultur mit dabei sein: Da wäre zum einen die Regel, über mögliche Konfliktthemen nicht den Mantel des Schweigens zu breiten und sie nicht unter den berühmt-berüchtigten Teppich zu kehren. Besser ist es, Streitigkeiten sofort und zeitnah anzusprechen, bevor sie sich verfestigen und ein Eigenleben entwickeln, das immer mehr Mitarbeiter und Arbeitsprozesse in Mitleidenschaft zieht. Wenn sie angesprochen werden, sollte dies auf eine sachliche und faire Art geschehen, bei der der aktuelle Konfliktpunkt im Vordergrund steht. Falsch wäre es, auf lange zurückliegenden Dingen herumzureiten. Zielführend ist es, deutlich zum Ausdruck zu bringen, was einem nicht gefällt, dies mit belegbaren Beispielen zu untermauern und ohne Schuldzuweisungen dafür zu plädieren, den Ursachen auf die Spur zu kommen. Dabei sollte sich jeder selbstkritisch fragen, ob und inwiefern man selbst zu einer strittigen Auseinandersetzung beigetragen hat.
Achtung: Emotionen!
Es ist nicht nötig, sich zu einem Konfliktforscher oder professionellen Streitschlichter zu entwickeln. Manchmal genügt es bereits, den gesunden Menschenverstand walten zu lassen, sich in die beteiligten Personen zu versetzen und den Streitfall aus deren Perspektive zu betrachten, um Auswege zu sehen, die nicht zulasten einzelner Personen gehen, sondern vielen oder gar allen Beteiligten nutzen.
Die wohl größte Herausforderung besteht darin, die Emotionen nicht die Oberhand gewinnen zu lassen, sich nicht zu ärgern und keinesfalls wütend zu reagieren. Das ist leichter gefordert als umgesetzt. Der genannte Perspektivwechsel kann jetzt eine Option sein: Statt blockierende Emotionen den Sieg davontragen zu lassen, nutzt zum Beispiel die Apothekenleitung ihre Energien dafür, sich in die Vorstellungswelt des Gegenübers zu versetzen und den Konfliktfall durch dessen Wahrnehmungsbrille zu sehen. So gelingt es ihm, den Streitfall in einen anderen Rahmen zu stellen und zu neuen Lösungsmöglichkeiten vorzudringen.
Fazit
Zu welchen Regeln auch immer die Apothekenleitung und das Team gelangen: Sie sollten sich mit den Spielregeln einverstanden erklären können. Desto wahrscheinlicher ist es, dass sie den nächsten Konflikt- oder Streitfall produktiv klären. |
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