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Management

Führen mit und ohne Druck

Begleitumstände und Rahmenbedingungen genau analysieren

In schwierigen (Corona-)Zeiten tendieren Apothekenleiter dazu, den Druck, der auf ihnen selbst lastet, an die Mitarbeiter weiterzugeben. Das mag in manchen Situationen richtig sein, führt aber oft nur zu unheilvollem Gegendruck und einer Ver­düsterung des Betriebsklimas. Wann ist es zielführend, mit Druck zu führen – und wann nicht?

Das Thema „Führen mit Druck“ sollte vom Apothekenleiter mit Pragmatismus angegangen werden. Er prüft, ob er sich in einer Situation befindet, in der das Führen mit Druck unumgänglich ist. Oder ob er sich in einem Kontext bewegt, in dem diese Führungshaltung kontraproduktiv ist. Und dann sind da noch die berühmt-berüchtigten unklaren Situationen, in denen die Entscheidung schwerfällt. Zudem sollte er reflektieren, ob er dem Mythos anhängt, ein (guter) Chef müsse streng sein und mit Druck führen. Oder ob er meint, er käme mit Softie-Methoden eher weiter. Beides ist nicht richtig – zielführender ist es, die jeweiligen Begleitumstände unter die kritische Analyselupe zu nehmen.

Ohne Druck geht es manchmal nicht

Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Zeit drängt: Im Freiwahlbereich sollen unbedingt neue Produkte präsentiert werden, die jedoch verspätet angeliefert werden. Der Apothekenleiter sagt darum zu einem Mitarbeiter: „Herr Müller, bitte sorgen Sie sofort dafür, dass uns ein Aufsteller zur Verfügung steht, mit dem wir den Kunden die neuen Produkte darbieten können. Sie haben drei Stunden Zeit, dann will ich Ergebnisse sehen.“

Sicherlich, der Ton macht die Musik: Der Apothekenleiter könnte dem Mitarbeiter die dringliche und wichtige Aufgabe so übertragen, dass dieser sie gern angeht. Der Druck bliebe zwar bestehen, aber der Mitarbeiter würde die Aufgabe wohl doch motivierter und engagierter umsetzen. Noch zielführender ist es, wenn der Apothekenleiter bei der Über­tragung der Aufgabe das Moti­vationssystem des Mitarbeiters anspricht: „Ich bin sicher, Sie schaffen das und tragen so zum Teamerfolg bei!“ Oder: „Wenn Sie das heute noch schaffen, können Sie nächste Woche am Mittwoch früher gehen.“

Entscheidend ist, dabei die Per­sönlichkeitsstruktur und die Mentalität des Mitarbeiters zu berücksichtigen. Nicht jeder kann mit Drucksituationen gut umgehen. Der Apothekenleiter ist gut beraten, knifflige Aufgaben in einer Drucksituation zum Beispiel dem schüchtern-unsicheren Mitarbeiter empathischer zu übertragen als der robusten langjährigen „rechten Hand“, die weiß, dass es immer wieder Situationen gibt, in denen sich der Chef nicht mit ausführlichen Begründungen aufhalten kann.

Kontraproduktiver Druck

Kommen wir zu den Situationen, in denen es der Apothekenleiter besser vermeiden sollte, mit Druck zu führen. Natürlich sind wiederum die genauen Rahmen­bedingungen und der Reifegrad der Mitarbeiter zu beachten. Druckvermeidung ist in Situationen an­gesagt, in denen die Apotheke insgesamt vor einer schwierigen Herausforderung und Ausgangs­lage steht. In einer finanziellen Schieflage Druck auf das Team auszuüben, um den Umsatz zu steigern oder andere Ziele kurzfristig zu erreichen, dürfte in der Regel zum Gegenteil des Erwünschten führen. Selbst die engagiertesten und motiviertesten Mitarbeiter würden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit verschreckt und verunsichert zeigen. Und das Betriebsklima würde sich wohl kräftig verdüstern. Vielleicht ziehen sich die Mitarbeiter „nur“ in ihr Schneckenhaus zurück, im schlimmsten Fall jedoch entwickeln sie heftige Gegenwehr und fahren ihr Engagement drastisch zurück. Jetzt ist der Boden bereitet für Gerüchte, Auseinandersetzungen oder gar Intrigen, weil jeder versucht, sich doch noch Vorteile zu sichern.

Für Handlungsalternativen sorgen

Besonders spannend und herausfordernd sind die Situationen, in denen keine eindeutige Zuordnung möglich ist. Wird die Führung mit Druck die Mitarbeiter noch mehr in eine Abwehrhaltung zwingen? Ist es richtig, die Zügel ein klein wenig anzuziehen, damit sich die Mitarbeiter der Schwere der Herausforderung bewusst werden? Oft führen Konflikte dazu, dass sich ein Apothekenleiter entscheiden muss. Ein Patentrezept gibt es hier nicht, nur den Hinweis, den Konflikt eingehend zu untersuchen, um auf dieser Basis zu entscheiden, ob es mehr Nach- oder Vorteile hat, den Druck auf die Konfliktparteien zu erhöhen.

Oft üben Apothekenleiter nur deswegen mehr Druck aus, weil sie über keine Alternativen verfügen. Sie möchten, dass sich die Mit­arbeiter auf eine bestimmte Art und Weise verhalten, es fällt ihnen aber nichts anderes ein als die Druckausübung. Stattdessen könnte sich ein Chef die selbstkritische Frage stellen, ob es nicht möglich ist, die Mitarbeiter so anzusprechen, dass sie gern und bereitwillig das gewünschte Verhalten an den Tag legen. Natürlich ist dazu eine längere Vorbereitung notwendig: Der Apothekenleiter formuliert für sich und das Team konkrete Ziele und veranschaulicht nachvollziehbar, in welche Richtung sich die Apotheke entwickeln soll. Er leitet daraus eine Kernbotschaft ab, die er an die Mitarbeiter kommuniziert, er begründet weitreichende Entscheidungen, sodass sie deren Sinnhaftigkeit, Notwendigkeit und oft auch Unumgänglichkeit nachvollziehen können. Und er beteiligt sie, wo immer möglich, an Entscheidungsprozessen.

All dies führt nicht immer, aber häufig dazu, dass die Beteiligten freiwillig mitziehen, weil sie auf die positive Weiterentwicklung der Apotheke fokussiert sind und weniger auf die Berücksichtigung ihrer Einzelinteressen.

Druck abbauen und sich entlasten

Apothekenleiter, die sich Handlungsalternativen erarbeiten, tun sich selbst etwas Gutes. Denn zweifelsohne stehen auch sie unter erheblichem Druck, und wer in solchen Situationen unter mehreren Optionen auswählen kann, entlastet sich und kann Druck abbauen. Und dieser Druckabbau ist oft entscheidend, denn dass es in der Apotheke vollkommen ohne Druck zugeht, ist nicht zu erwarten.

Das folgende Beispiel veranschaulicht dies: Ein gut verlaufenes Kundengespräch, das zu einem zufriedenen Kunden führt, animiert dazu, mit Zuversicht und Optimismus in den nächsten Kontakt zu gehen. Während mehrere Kundengespräche, die nicht optimal verlaufen, kräftig am Selbstbewusstsein nagen und den Druck erhöhen, dass es „beim nächsten Kunden aber unbedingt funktionieren muss“. Das Problem: So besteht die Gefahr, dass ein Mit­arbeiter den Druck an den Kunden weitergibt. Dieser spürt, dass der Mitarbeiter unbedingt etwas verkaufen will, ja muss, er baut Widerstand auf und zieht sich verunsichert zurück. Mit anderen Worten: Der konstruktive Umgang mit Druck zieht unter Umständen sogar eine höhere Kundenzufriedenheit nach sich. |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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