Arzneimittel und Therapie

Auch Kinder profitieren von Mometason

Intranasales Glucocorticoid erhöht nasopharyngeale Biodiversität und lindert Symptome

Obwohl die Datenlage begrenzt ist, gelten nasal verabreichte Glucocorticoide in der Therapie der chronischen Rhinosinusitis auch bei Kindern als Mittel der ersten Wahl. Zu Recht – bestätigt eine aktuelle Studie der Medical University of Lodz, in der der Effekt von Mometason auf die Lebensqualität und das lokale Mikrobiom von Kindern untersucht wurde. Ob die pädiatrische Behandlung mit Mometason auch in der Langzeitanwendung sicher und wirksam ist, müssen jedoch weitere Studien belegen.
Foto: Вячеслав Краснов/AdobeStock

Bei der chronischen Rhinosinusitis (CRS) handelt es sich um eine chronische Entzündung der Nasenhöhlen- und Nasennebenhöhlenschleimhäute, die länger als zwölf Wochen persistiert. Bis zu 10% der Weltbevölkerung sind von einer CRS betroffen, deren Ursache noch nicht vollständig geklärt ist. Diskutiert werden ein Rückgang des sinunasalen Mikrobioms sowie eine mög­liche Beteiligung von angeborenen Lymphozyten, den Innate Lymphoid Cells (siehe Kasten „Was sind Innate Lymphoid Cells?“) [1, 2].

Was sind Innate Lymphoid Cells?

Die angeborenen Lymphozyten sorgen in frühen Phasen der Infektion für eine schnelle Erregerabwehr. Man unterscheidet zwischen den drei Typen ILC1, ILC2 und ILC3, von denen sich jeder gegen eine bestimmte Art von Patho­genen richtet. Bei Aktivierung produzieren sie spezifische Zytokine und verstärken die Immunantwort [4].

Als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung der chronischen Rhinosinusitis werden bei Kindern und Erwachsenen intranasale Glucocorticoide eingesetzt (in Deutschland zugelassene Präparate für Kinder und Jugendliche s. Tab.).

Tab.: Beispiele für intranasale Glucocorticoide, die für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen zugelassen sind (Rx). Anwendungsgebiete: 1) saisonale allergische Rhinitis, 2) perenniale allergische Rhinitis, 3) Nasenpolypen, 4) vasomotorische Rhinitis, 5) Dauerschnupfen.
Wirkstoff(e)
Handelspräparate (Beispiele)
Indikation
Alters­angabe
Beclometason­dipropionat
Beclometason-ratiopharm® 50 µg, 100 µg Nasenspray, Rhinivict® nasal 0,1 mg Dosierspray
1, 2
ab sechs Jahren
Beclorhinol® aquosum 50 µg Nasenspray
1, 2, 3
ab sechs Jahren
Budesonid
Aquacort® 50 µg Nasenspray, Budes® Nasenspray 50 µg
1, 2, 3, 4
ab sechs Jahren
Budapp® nasal Nasenspray
1, 2, 3
zugelassen auch für Kinder, keine Alters­begrenzung
Budes® 32 µg, 64 µg Nasenspray, Budesonid-1 A Pharma® 64 µg Nasenspray
1, 2, 3
ab sechs Jahren
Flunisolid
Syntaris® Nasenspray
1, 2
ab fünf Jahren
Fluticason­furoat
Avamys 27,5 µg Nasenspray
1, 2
ab sechs Jahren
Fluticason-17-propionat
Flutica Teva® 50 µg Nasenspray
1, 5
ab vier Jahren
Flutide® Nasal Pumpspray
1, 2
ab vier Jahren
Mometason­furoat
MomeGalen® 50 µg/Sprühstoß Nasenspray, Nasonex® Nasenspray
1, 2
ab drei Jahren
Triamcinolon­acetonid
Nasacort® 55 µg/Dosis Nasenspray, Rhinisan® 55 µg/Dosis Nasenspray
1, 2
ab zwei Jahren

Quellen: Gelbe Liste, Fachinformationen, Lauer-Taxe, Datenstand: 15. März 2023

Angesichts der fehlenden Evidenz zielte die offene, randomisierte, kontrollierte Studie der Forschergruppe um Pawel Majak darauf ab, die klinischen, immunologischen und mikrobiologischen Auswirkungen von intra­nasalen Glucocorticoiden bei Kindern mit chronischer Rhinosinusitis zu klären. Die Untersuchung war Teil der RAISE-Studie (Response of the Airway in Sinuitis and Asthma), in welcher die angeborene Immunität der Atemwege im Kindesalter bei chronischer Rhino­sinusitis und Asthma unter die Lupe genommen wurde [1, 3].

Zwölfwöchige Behandlung

Zur Studie zugelassen wurden 66 Kinder mit chronischer Rhinosinusitis zwischen vier und acht Jahren, von denen 63 die Studie abschlossen. Über einen Zeitraum von zwölf Wochen erhielten 42 Patienten einmal täglich je einen Sprühstoß pro Nasenloch eines Mometason-Nasensprays sowie 3 ml 0,9%ige Kochsalzlösung über einen Nasenvernebler. Die Kontrollgruppe mit 21 Probanden inhalierte ausschließlich die Kochsalzlösung.

Vor und nach der zwölfwöchigen Intervention erfolgte eine umfassende Untersuchung der erkrankten Kinder. Diese umfasste die Beantwortung des SN-5-Fragebogens (Sinus and Nasal Quality of Life Survey), einen Abstrich der Nasopharynxschleimhaut für die Mikrobiomanalyse sowie die Entnahme einer Nasenepithelprobe, um das Auftreten von Innate Lymphoid Cells zu überprüfen.

Der validierte SN-5-Fragebogen quantifiziert auf einer 7-Punkte-Skala die Schwere von fünf Symptomgruppen (Nasennebenhöhlenentzündung, Behinderung der Nasenatmung, Allergiesymptome, emotionale Belastung und Aktivitätseinschränkungen) und ermöglicht damit eine Beurteilung der Lebensqualität von Kindern mit chronischer Rhinosinusitis. Je höher die Werte auf der Skala, desto schwerer sind die Symptome.

Abnahme der Symptome

Ausschließlich in der Verumgruppe konnte eine klinische Symptomverbesserung gezeigt werden, die sich in der Reduktion des SN-5-Scores widerspiegelte. Dieser verringerte sich nach der Mometason-Intervention signifikant von 3,6 auf 3,1. Im Gegensatz dazu erhöhte sich der Score der Kontrollgruppe von 3,4 auf 3,8. Daraus ergibt sich eine Mittelwertdifferenz von -0,58 (95%-Konfidenzintervall [KI] = -1,31 bis -0,19; p = 0,009).

Wirkmechanismus ungeklärt

Die Analyse des Schleimhautepithels ergab in der Verumgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe sowohl einen signifikant erhöhten Reichtum des nasopharyngealen Mikrobioms als auch eine signifikant stärkere Abnahme der angeborenen Lymphozyten des Typs 3 (ILC3) in der Nase. Eine erhöhte Biodiversität war mit einer signifikanten klinischen Symptomverbesserung assoziiert und das auch nach Adjustierung auf die Wirkung des intra­nasalen Glucocorticoids (Odds Ratio [OR] = 4,6; 95%-KI = 1,1 bis 19,9). Als ebenfalls signifikant erwies sich die Korrelation zwischen der Mometason-Behandlung und der Veränderung des Mikrobioms bezüglich der Vorhersage einer signifikanten klinischen Verbesserung (OR = 1,09; 95%-KI = 1,01 bis 1,19; p = 0,03). Der zugrunde liegende Wirkmechanismus bleibt jedoch un­geklärt.

Bisher wurde die Pathogenese der chronischen Rhinosinusitis mit einer Entzündung vom Typ 2 assoziiert, bei der auch ILC2 beteiligt sind. Dagegen gibt es nur wenige Daten zu ILC3 bei chronischer Rhinosinusitis. Die unerwartete Abnahme dieser Immunzellen in der Verumgruppe bedarf daher weiterer Forschung.

Langzeitstudien nötig

Laut der Studienautoren bestärken die Ergebnisse den Einsatz von intranasalen Glucocorticoiden bei chronischer Rhinosinusitis im Kindesalter. Sie betonen jedoch, dass weitere Studien notwendig sind, um die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit dieser Wirkstoffe zu klären [1]. |

Literatur

[1] Latek M et al. Effect of an intranasal corticosteroid on quality of life and local microbiome in young children with chronic rhinosinusitis: A randomized clinical trial. JAMA Pediatr 2023;e226172, doi: 10.1001/jamapediatrics.2022.6172

[2] Rhinosinusitis. S2k-Leitlinie unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V., unter Beteiligung weiterer Fachgesellschaften, AWMF-Registernummer: 017-049 und 053-012, Stand: April 2017

[3] Response of the Airway in Sinusitis and Asthma (RAISe). Studienregister ClinicalTrials.gov, Registernummer: NCT03011632

[4] Murphy K, Weaver C. Janeway Immunologie. 9. Auflage 2018, Springer Spektrum Berlin

Apothekerin Judith Esch

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